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Stadtbahn und neuer O-Bus: Teure und problematische Prestigeprojekte

  • Freitag, 22. März 2024 @ 05:58
Gemeinderat
Statement von Gemeinderat Michael Roth-Schmida bei der Gemeinderatssitzung am 21.3.2024 zum Abschluss einer Finanzierungsvereinbarung mit dem Land OÖ für die Regionalstadtbahn Linz (RSB LINZ) und O-Busachse Linz (O-Bus):

Was hier heute beschlossen werden soll, hat schon eine lange (vor allem politische und weniger auch fachliche) Vorgeschichte. Der langjährige Machtkampf zwischen Stadt und Land beeinflusst maßgeblich auch die Verkehrspolitik und den Ausbau des öffentlichen Verkehrs in Linz bzw. verzögert v.a. auch die Umsetzung. Projekte wie die 2. Straßenbahnachse gegen die "City-S-Bahn" oder zuletzt Stadtbahn (Tram-Train) gegen O-Bus waren Gegenstand politischer Auseinandersetzungen und es dauerte bis ein Kompromiss gefunden wurde. Ein solcher Kompromiss muss sich aber leider nicht immer als die beste Lösung für alle (v.a. für die Bevölkerung und Nutzer:innen des ÖVs) herausstellen.

Ein kurzer Blick zurück: Die Diskussion über eine zweite Schienenachse in Linz reicht zurück bis zur Einführung der sog. "Ruck-Zuck-Züge" auf der Mühlkreisbahn im Jahr 1989. In den Jahren danach gab es verschiedene Initiativen und Vorschläge zur Verbesserung des Schienenverkehrs in Linz. Da gab es die "City-S-Bahn" (1994), den "Regio-Liner" (2008), die "Neue Schienenachse Linz" (2009), die "Mühlkreisbahn NEU" - auf 900-mm-Spur (!) bis Rohrbach - (2011).

Die Schweizer Firma "Metron" hat im Auftrag des Landes OÖ dann 2016 eine Systemstudie zum Erhalt der Mühlkreisbahn gemacht und eine (nahezu ideale) Vorgangsweise, was sofort, was vielleicht später, (was vielleicht gar nicht) getan werden könnte/müsste vorgelegt: Dieser Vorschlag war "typisch schweizerisch": Sparsam, mit maximaler Wirkung. Dabei wurde dringend die „Erhaltung und Sanierung der bestehenden Normalspur-Trasse“ und vor allem die Optimierung des „Umsteigeknotens Bahnhof Urfahr“ empfohlen.

Doch dann kam wieder die Politik samt beteiligter Unternehmen Schiene Oberösterreich und Linz AG: Weder das Land und schon gar nicht die Stadt konnten sich mit diesen pragmatischen Empfehlungen wirklich anfreunden. Entgegen kam bzw. kommt beiden Seiten, dass die ÖBB das Interesse an der Regionalbahntätigkeit (abwertend auch Nebenbahnen genannt) verloren haben und sich zunehmend davon zurückziehen wollen. Die Stadt hat seitdem alles getan um auf den bestehenden, bereits vorhandenen Trassen eine Normalspur-Stadtbahn zu verhindern. Die Linz AG hat sofort die Eisenbahnbrücke erworben und gemeinsam mit der Stadt schleunig abgerissen. Beim Gasthaus Lindbauer hat sie eine Straßenbahngleisschleife errichtet, um damit querende Normalspurgleise zu verhindern. Aus der Reindlstraße wurden die Normalspurgleise herausgerissen. Und auf der Linzer Seite wurde die Gleistrasse zur Hafenbahn in einen Radweg (wer benötigt einen dort?) verwandelt. Alles nur um ihr Projekt, nämlich die 2. Straßenbahnachse zu realisieren. Dabei waren übrigens die Obuslinien ursprünglich als Vorläuferlinien der 2. Straßenbahnachse gedacht.

Da sich das Stadtprojekt 2. Straßenbahnachse (auch Neue Schienenachse Linz, kurz NSL genannt) aber ohne dem Land bzw. vor allem ohne dem Geld vom Land nicht verwirklichen lässt, musste die 2. Straßenbahnachse-Achse dann offiziell aufgegeben werden (2019). Als Ersatz wurde von der Stadt und Linz AG nun wieder die Obuslinien (z.B. Linie 47) zum MKB-Bahnhof in Urfahr (in Wahrheit aber nur zur Rudolfstraße / Reindlstraße) ins Spiel gebracht. Jetzt ist "der Kompromiss" (?), dass nur die Linie 48 ab Karlhof geplant wird. Ab Karlhof verkehren jetzt schon die Buslinien 12 und 25 (aber nur die neue Linie 48 wird elektrisch sein).

Wir halten auch diese O-Bus-Linie 48 für entbehrlich. Sie ist ohne viel Nutzen für (nur relativ wenigen) Fahrgäste. Sie bedient nur auf einer sehr kurzen Strecke bisher nicht erschlossene Bereiche, der Rest ist ein Parallelverkehr zu anderen Buslinien (12,25,27) bzw. zu den Straßenbahnlinien 1 und 2 und zu der neu zu errichtenden Regionalstadtbahn. Bezeichnend auch die Aussage der Linz AG dass eine gemeinsame Trasse mit der S-Bahn deshalb auch sein muss, um Platzprobleme zu vermeiden und den motorisierten Individualverkehr nicht zu behindern.

Viel gescheiter wäre es unserer Meinung nach, das Geld in den Ausbau des bestehenden Angebots der Linz Linien zu investieren, z.B. in die Elektrifizierung und Umstellung auf O-Bus-Betrieb bei bestehenden Buslinien - da fielen mir sofort die Linien 12, 25 aber auch 27 ein. Auch bei den anderen Linien gibt es viel Optimierungspotential: So kann man von den Linien 12 und 25 - wegen der Linienführung Richtung Süden über die Rechte Brückenstraße und mangels einer geeigneten Haltestelle - nicht auf die Linie 27 (Richtung Hafen und Industriezeile) umsteigen. (Auch Ergebnis der Planungen für eine 2. Straßenbahnachse!!!) Auch bei anderen bestehenden Bus-Linien z.B. 17 und 19, aber auch 11 und 29, 45 und 46, usw. ist nicht alles zum Besten bestellt. In der Goethestraße bspw. hängt eine ungenutzte Obusleitung. Oder wann kommt endlich die geplante Verlängerung der O-Bus-Linie 43 vom Stadtfriedhof zur Trauner Kreuzung? Und dann erst die Fahrpläne .... lichte nicht dichte Takte, löchrige Takte am Tag, fehlende Angebote am Abend und an den Sonntagen ...... Und schließlich: Auch das stärksten ÖV-Angebot als PULL-Faktor nützt nichts, wenn die Nutzung des MIV in keiner Weise eingeschränkt wird (die sog. PUSH-Faktoren).

Und noch ein Wort zur Regionalstadtbahn: Die besagte Metron-Studie hat auch (zumindest zur S6) Empfehlungen abgegeben. Nämlich die Verlängerung der Mühlkreisbahn als Vollbahn zum Hauptbahnhof. Sie sah aber diesen Lückenschluss als nicht so dringlich an.

Die nun geplante Regionalstadtbahn, insbesondere die S7, weist einige Problem- und Kritikpunkte auf, darunter:

- Tw. schwierige Trassenführung -und gestaltung
- Erhebliche Eingriffe in ein Naherholungsgebiet
- Großer CO2-Abdruck
- Errichtung eines Stürzbahnhofs in Urfahr mit Tieflage der Straßenbahn inkl. Wendeschleife
- unterirdische Führung und Haltestellen
- Hohe Kosten und lange Realisierungszeiten
- Unsicherheit bezüglich des Lückenschlusses für die MKB als Vollbahn trotz Normalspur
- Kein Güterverkehr auf der neuen Trasse
- Wichtige städtische Gebiete (wie z.B. das Industrie- und Hafenviertel) werden zu wenig erschlossen bzw. angeschlossen
- Probleme mit den Radwegeverbindungen im gesamten Bereich des Nahverkehrsknotens Linz Urfahr-Ost
- usw. usf.

Angesichts der Tragweite und der Kosten der Entscheidung müsste daher eine vorbehaltlose Diskussion darüber geführt werden. Und auch eine klare "Kosten-Nutzen-Rechnung" der einzelnen Vorhaben (S6, S7, O-Bus) sollte gegeben sein. Stattdessen sehen wir aber teure Prestigeprojekte (Insgesamt ist ja von Jahrhundertprojekt oder Meilenstein die Rede) als Ergebnis eines politischen Kompromisses zwischen Land und Stadt, der als alternativlos dargestellt wird und wo noch nicht einmal die Finanzierung des Bundes vorliegt. Deshalb Enthaltung (wie übrigens auch schon 2011 wo wir als einzige Partei dem Grundsatzbeschluss für eine zweite Schienen- bzw. Straßenbahnachse nicht zugestimmt haben)!

Es gilt das gesprochene Wort.

Videoaufzeichnung der Statements von GR Michael Roth-Schmida bei der Gemeinderatssitzung: https://youtu.be/nr1jG3ti2Hc?si=IxsymeVcHwLOLRDz

(Bild: Geplante Radwegeverbindungen nach Errichtung des Nahverkehrsknotens Urfahr-Ost im Bereich Donaubrücke - Gasthaus Lindbauer)

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