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Soziale Frage und Verkehr für KPÖ zentral

  • Freitag, 15. Dezember 2023 @ 08:50
Gemeinderat
Budgetrede von KPÖ-Gemeinderätin Gerlinde Grünn zum Voranschlag 2024/2025 bei der Sitzung des Linzer Gemeinderates am 14. Dezember 2023:

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, werte Kollegen und Kolleginnen, sehr geehrte Zuhörerinnen und Zuhörer im Saal und per Stream, ich bin nun bereits 14 Jahre Mitglied des Linzer Gemeinderates und beteilige mich jedes Jahr an der Generaldebatte in der Budgetsitzung, um die Positionen der Linzer KPÖ zum Voranschlag darzulegen.

Im Zentrum steht wie immer die soziale Frage. Soziale Gerechtigkeit und die Vorstellung einer solidarischen Stadt für alle – ungeachtet ihres staatsbürgerlichen Status oder ihrer Besitzverhältnisse – sind unsere Maßstäbe der Beurteilung.

Erlauben Sie mir zunächst eine kurze Vorbemerkung.

Die vorliegenden Voranschläge für 2024 und 2025 sind geprägt von Auswirkungen der Pandemie, dem Krieg in der Ukraine, den steigenden Energiekosten und der massiven Teuerungswelle. Das ist nicht nur ein Problem für den öffentlichen Haushalt, sondern die Teuerungswelle spüren alle bei ihren täglichen Ausgaben. So sind die Ausgaben für Wohnen und Energie im Zeitraum von Mai 2021 bis Auguste 2023 um 27 Prozent gestiegen und die Ausgaben für Ernährung im selben Zeitraum um 24 Prozent. Bekanntlich blieb die Regierung gezielten Preiseingriffen bei Mieten, Energie und Lebensmitteln aber säumig und beließ es bei Einmalzahlungen. Ein Tropfen auf dem heißen Stein.

Und wie immer trifft die Teuerungswelle nicht all gleich. Kennt Gewinner und Verlierer. VerliererInnen sind die, die von Lohnarbeit angesichts sinkender Reallöhne leben, PensionistInnen und BezieherInnen von nicht indexierten Leistungen wie Arbeitslose oder Sozialhilfe. Und es sind vor allem Frauen. Alleinverdienerinnen mit Kindern und Pensionistinnen mit Ausgleichszulage. Von einem niedrigen Einkommen zu leben heißt auch einen höheren Anteil des Haushaltseinkommen für Wohnkosten und den täglichen Bedarf aufbringen zu müssen. Der finanzielle Polster ist klein, die Gefahr auf Grund der Inflation in Armut abzurutschen steigt. Ja und auch in Linz gibt es Menschen, die sich zwischen warmer Wohnung und Essen entscheiden müssen.

Leider fehlt in Linz ein aktiver Umgang mit der sich verschlechternden sozialen Lage. Vor einem Jahr hat die KPÖ einen Antrag für eine Linzer Sozialstudie eingebracht. Dieser Antrag zu Erfassung der Lebenssituation von LinzerInnen in prekären Lebenslagen fand keine Mehrheit. Nun mangelt es in Linz nicht an Strategiepapieren aller Art, die sich die Stadt ja auch einiges an Ressourcen kosten lässt. So ist derzeit etwa eine Innenstadt- und eine Fahrradstrategie in Arbeit und demnächst soll eine Sport- und Gesundheitsstrategie entwickelt werden. Es ist höchst an der Zeit sich auch der zunehmenden Armutsgefährdung zu widmen und hier Maßnahmen auf städtischer Ebene zu entwickeln. Ein Vorschlag der KPÖ dazu ist etwa die Wiedereinführung eines kostenlosen Mittagessens in den städtischen Kindereinrichtungen und Schulen. Wie man ja lesen konnte, ist auch der neu SPÖ-Vorsitzende Babler solchen Ansinnen nach einer gesunden und vollwertigen Mahlzeit für Kinder einmal am Tag zumindest ist seiner Heimatgemeinde Traiskirchen nicht abgeneigt – vielleicht auch ein Ansporn für Linzer SPÖ, die ja noch vor kurzen einen Antrag der Grünen und KPÖ für ein kostenloses Mittagessen für Kinder aus einkommensschwachen Haushalten im Gemeinderat abgelehnt hat. Im übrigen die zynischen Aussage von Bundeskanzler Nehammer zur Kinderarmut haben es als „Kanzlermenü“ zum Wort des Jahres 2023 geschafft.

Sehr geehrte Damen und Herren,

zum dritten Mal liegt nun ein Voranschlag in Form der Doppik statt der Kameralistik vor. Mit der Doppik als klassische Buchführung von gewinnorientierten Unternehmen wird die Stadt ebenfalls vermehrt als Unternehmen gesehen. Der Körperschaftscharakter der Stadt tritt damit weiter in den Hintergrund.

Wie 2021 ist es auch wieder ein Doppelbudget geworden. War es anfangs das Argument politische Begehrlichkeiten im Wahljahr 2021 abzuwenden, so wird diesmal die stringentere Planung ins Treffen geführt. Da kann man nur antworten, dass die nun nur mehr alle zwei Jahre vorgesehen Budgetdebatte im Gemeinderat auf Kosten der Demokratie geht. Denn bekanntlich wird der Voranschlag vom Stadtsenat erstellt, die anderen im Gemeinderat vertretenen Parteien bleiben außen vor. Und werden nun auch um die jährliche Debatte beschnitten. Auch kann man sich fragen ob nicht angesichts der unsicheren wirtschaftlichen Lage ein jährliches Budget nicht die flexiblere Option wäre.

Auch die einzige Möglichkeit der BürgerInnen auf das Budget Einfluss zu nehmen -nämlich die Erinnerungen - ist davon betroffen. Man kann also hier von einem schleichenden Entdemokratisierungsprozess im Gemeinderat sprechen. Zumal hier auch noch angemerkt sei, dass im Gegensatz zum internationalen Trend partizipative Elemente der Budgetgestaltung in Linz vollkommen fehlen.

Apropos Erinnerungen: Der Ausstieg aus der Finanzierungsvereinbarung zwischen Stadt, Land und ASFINAG für die A26 würde der Stadt Millionen ersparen und damit erhebliche Mitteln für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs freimachen. So sind mit der mittelfristigen Finanzplanung bis 2029 23 Millionen für den Westring vorgesehen und das kann angesichts von Preissteigerungen und fehlendem Deckel noch mehr werden. Kurzum das ist Geld das für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs fehlt und noch dazu die Klimaziele konterkariert.

Sehr geehrte Damen und Herren,

Es ist hier positiv zu vermerken, dass die Stadt zur Stabilisierung ihrer Leistungsfähigkeit vermehrt auf Investitionen in Soziales und Klimaschutz setzt – etwa in den notwendigen Ausbau der Seniorenzentren, Baumpflanzungen, Klimafonds oder die Neugestaltung des Urfahraner Jahrmarktgeländes.

Kritisch anmerken muss man hier aber, dass die Widersprüche dieses Bekenntnisses zum Klimaschutz und der realen Stadtpolitik besonders an der gelebten Verkehrspolitik deutlich werden. Die Versäumnisse einer auto-orientierten Retroverkehrspolitik der letzten Jahrzehnte wiegen nun umso schwerer. Das beharrliche Festhalten an Autobahnprojekten ist nicht nur eine enorme budgetäre Belastung, sondern widersprechen auch dem Bekenntnis für eine klimafreundliche Mobilität. Ein wirksamer Klimaschutz ist aber auch hier nur durch eine Kehrtwende möglich. Hochhausbauten, Tiefgaragenbauten und Investorenbegehrlichkeiten, die die Lebensqualität nicht nur der Anrainerinnen und Anrainer bedrohen, stehen einer klimagerechten Stadt im Weg. Eine radikale Verkehrswende durch eine konsequente Förderung des öffentlichen Verkehrs und der sanften Mobilitätsformen ist ein Gebot der Stunde. Das ist aber im vorliegenden Verkehrsbudget nicht abzulesen.

Und die Klimakrise ist auch eine soziale Frage. Wer sich die Hitzekarte der Stadt Linz genau angesehen hat, weiß, dass sich die Hitzeinseln in der Stadt mit den Stadtteilen decken, in denen die StadtbewohnerInnen über das geringste Einkommen verfügen. Also Stadtteile mit geringer Durchgrünung und Durchzugsstraßen. Und BewohnerInnen, die sich wohl keine Klimaanlage oder die Flucht bei Hitzetagen und Tropennächten ins Zweitdomizil am Land leisten können. Eine konsequente Klimaschutzpolitik ist also auch ein großer sozialpolitischer Auftrag, der sich aber noch nicht in der Finanzplanung abzeichnet.

Und da wir ja jetzt wieder bei der sozialen Frage angekommen sind. Für eine Strategie gegen Verarmung sind leider keine zusätzlichen Mitteln veranschlagt. Und da gab es ja schon in den vergangenen Jahren Instrumente etwa den Solidaritätsfonds 2021 oder dieses Jahr das Schulstartpaket die als fixe freiwillige Leistungen in die Finanzplanung aufgenommen werden sollten. Auch die Stabilisierung der Lebensgrundlagen von Menschen, die von existenziellen Nöten geplagt sind, ist eine wichtige Investition und humanitäre Pflicht für eine solidarische Stadtgesellschaft. Sofortige Mitteln für das Sozialbudget könnten etwa durch die Auflösung des Ordnungsdienst - immerhin 4,1 Millionen für die kommenden zwei Jahre - lukriert werden. Ein Ausbau der Stadtteilzentren und Gemeinwesenarbeit statt Law and Order wäre eine Wohltat für städtische soziale Klima.

Sehr geehrte Damen und Herren,

Zu Recht wird wie jedes Jahr die hohe Belastung durch Zahlungen an das Land Oberösterreich kritisiert. Besonders die Landesumlage mit 33,7 bzw. 35,1 Millionen und der Sprengelbeitrag mit 97,3 bzw. 103,1 Millionen fallen hier schwer ins Gewicht. Bei einem Anteil von 13,8 Prozent an der Bevölkerung wird Linz beim Transfer mit 17 Prozent, bei der Landesumlage sogar mit 22,3 Prozent belastet. Bei einem Anteil am Bevölkerungsschlüssel von 19 Prozent erhält Linz nur 4,9 Prozent der Bedarfszuweisungen. Da kann man getrost immer wieder den ehemaligen Bürgermeister von Steyregg Josef Buchner zitieren „Es ist eine Verhöhnung und ein Ärgernis, weil das Land Oberösterreich seit vielen Jahren die Gemeinden mittels Transferleistungen wie eine Weihnachtsgans ausnimmt.“ Wahr ist aber auch, dass die ungerechte Verteilung ob Finanzausgleich oder Landesumlage zuungunsten der Gemeinden ein seit Jahrzehnten ungelöstes Problem ist wo jammern nichts hilft, sondern nun Taten folgen müssen. Und da sind vor allem die Parteien in Regierungsverantwortung gefordert – nämlich ÖVP und Grüne auf Bundesebene und ÖVP und FPÖ im Land Oberösterreich.

Sehr geehrte Damen und Herren, die erwarteten Einnahmen der Stadt aus der Kommunalabgabe mit 201,4 Millionen Euro für 2024 sind beachtlich. Hier ist anzumerken, dass die Umstellung der Bemessung von drei Prozent der reinen Lohnsumme auf die Berücksichtigung der gesamten Wertschöpfung eines Unternehmens erheblich mehr einbringen würde.

Die Grundsteuer ist mit 23,1 bzw. 23,5 Millionen Euro veranschlagt. Auch hier ist die Berechnung nach Einheitswerten statt Verkehrswerten hemmend für die Einnahmen. Natürlich darf diese Umstellung nicht auf die Betriebskosten für Wohnungsmieten umgeschlagen werden. Ein Vergleichswert dazu: Österreichweit wurden laut einer KDZ-Studie aus der Grundsteuer 2019 nur 724 Millionen Euro erlöst und das bei einem Grund- und Immobilienvermögen von vielen Milliarden Euro.

Die Schuldenproblematik stellt sich natürlich angesichts der Krise neu. Und hier gehört wie jedes Jahr daran erinnert, dass wer über die Schulden der öffentlichen Hand jammert, aber verschweigt, dass dem gegenüber ein Riesenvermögen in der Hand weniger existiert, das mangels Vermögenssteuer dem Gemeinwohl entzogen ist, lieber schweigen soll. Die langjährige Steuerschonpolitik für die Reichen hat Folgen, nämlich Mangel in den Kassen der öffentlichen Hand auf allen Ebenen. Und besser auf den Punkt gebracht als Bertolt Brecht hat es bis jetzt niemand: „Reicher Mann und armer Mann, standen da und sah´n sich an. Und der Arme sagte bleich: Wär´ ich nicht arm, wärst du nicht reich.“

Sehr geehrte Damen und Herren, hier sind nun auch noch einige Worte zur Personalpolitik angebracht. Der viel zitierte Fachkräftemangel hat aufgezeigt wie wichtig gut ausgebildete MitarbeiterInnen sind. Zuwenig Personal in Betreuungseinrichtungen und Verwaltung schwächt die Leistungsfähigkeit der Daseinsvorsorge. Das Primat des Sparens auf Kosten der MitarbeiterInnen und Dienstleistung wird da zum Boomerang und es ist zu hoffen, dass man aus der Krise lernen wird und einen neuen Weg einschlägt und zu einer gemeinwohlorientierten Personalpolitik mit Arbeitszeitverkürzung, Personalausgleich und besonders im Sozial- und Pflegebereich besseren Bezahlung findet.

Sehr geehrte Damen und Herren, nun noch einige Vorschläge zu Einnahmensteigerung: die Wertschöpfungsabgabe habe ich ja schon erwähnt, ebenso wäre auch eine Leerstandsabgabe hier eine interessante Einnahmenquelle.

Bei der letzten Gemeinderatssitzung hat unser Antrag zur Schaffung der Datengrundlage für eine Leerstandsabgabe noch keine Mehrheit gefunden. Laut der letzten Erhebung der Statistik Austria gibt es allein in Linz über 10.000 Wohnungen ohne Meldeadresse. Es spricht also viel dafür hier aktiv zu werden wie es ja in anderen Städte und Bundesländern schon geschieht. Wohnungen statt Leerstand reaktivieren, zusätzliche Einnahmen lukrieren und Ressourcen durch Nutzung von Leerständen schonen.

Zu verweisen ist auch auf die Ausstände bei der Kommunalabgabe und die Befreiung der Religionsgemeinschaften von der Grundsteuer. Eine Nahverkehrsabgabe analog der Wiener U-Bahnsteuer zur Finanzierung des öffentlichen Verkehrs und eine Verkehrserregerabgabe für Einkaufszentren, die neben Einnahmen auch einen Lenkungseffekt hin zu ökologisch verträglichen Verkehrsformen haben könnte.

Wir werden wie in den vergangenen Jahren dem Voranschlag aus grundsätzlichen Erwägungen nicht zustimmen. Das heißt nicht Ablehnung aller Maßnahmen, die darin enthalten sind. Im Laufe der beiden kommenden Jahre werden wir allen auf der Tagesordnung stehenden Maßnahmen zustimmen, wenn diese Verbesserungen für das Gedeihen der Stadt bringen.

Gleichzeitig möchte ich den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Finanzverwaltung Dank und Anerkennung für die Erstellung des Voranschlags aussprechen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Es gilt das gesprochene Wort. Videoaufzeichnung der Rede: https://youtu.be/ogTrH8SO4rA?si=UNwgJvPLIwof98cw)

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