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FPÖ, ÖVP und auch SPÖ im Sicherheitsfieber

  • Donnerstag, 26. Januar 2017 @ 22:00
Linz Trotz einer vergleichsweise kurzen Tagesordnung dauerte die 13. Sitzung des Linzer Gemeinderates am 26.1.2017 letztlich wieder mehr als sechs Stunden. Ein Novum war gleich zu Beginn, dass KPÖ-Gemeinderätin Gerlinde Grünn die bisherige Praxis kurzfristig eingebrachten Anträgen generell die Dringlichkeit zuzusprechen in Frage stellte und sich dem dann auch NEOS und Grüne anschlossen.

Anlass dafür war das populistische Wetteifern von FPÖ und ÖVP, die in zwei Anträgen den forcierten Ausbau der Videoüberwachung in den Fahrzeugen der Linz Linien forderten, obwohl die Forderungen dazu hinreichend bekannt sind und dazu erst im September 2016 ein Beschluss gefasst wurde, so Grünn als Begründung für ihre Ablehnung.

KPÖ-Anfrage zum Winterdienst

Laut Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) wurden für diese Sitzung insgesamt sieben Anfragen eingebracht. VBgm. Bernhard Baier (ÖVP) beantwortete als zuständiges Stadtsenatsmitglied die KPÖ-Anfrage zum Thema Winterdienst. Laut Baier wurde vom 1.11.2016 bis 23.1.2017 bisher 765.000 Euro für den Winterdienst aufgewendet, davon 270.000 Euro für externe Routen. Dabei wurden 1.640 Tonnen Streusalz um 175.000 Euro und 160 Tonnen Streusplitt um 8.000 Euro eingesetzt. Der Winterdienst unterscheidet zwischen Haupt- und Nebenstraßen, der von der KPÖ erfragte Anteil der Geh- und Radwege sei vernachlässigbar und werde wegen eines zu hohen administrativen Aufwandes nicht gesondert erfasst, so Baier.

Beim Einsatz der 1.640 Tonnen Streusalz wurden 730 Tonnen um 78.000 Euro auf Hauptstraßen und 910 Tonnen um 97.000 Euro auf Nebenstraßen aufgewendet, die 160 Tonnen Streusplitt wurden ausschließlich auf Nebenstraßen eingesetzt. Um den Verbrauch von Salz zu senken wird laut Baier seit Jahren die Feuchtsalztechnologie verwendet, bei welcher eine Solelösung beigefügt wird um das Aufwirbeln von Trockensalz durch Wind oder Fahrzeuge zu reduzieren, wodurch sich auch entsprechende Einsparungen ergaben.

Laut der Winterdienstrichtlinie für Bund, Länder und Gemeinden hat beim Winterdienst der Autoverkehr Vorrang und werden auch die Betreuungszeiten festgelegt, was auch in Linz auch aus Haftungsgründen eingehalten werde. Seit einigen Jahren gebe es jedoch einen Schwerpunkt bei der Räumung von Radwegen, hingegen seien Gehsteige laut § 93/1 der Straßenverkehrsordnung Sache der Hauseigentümer_innen. Davon gibt es derzeit nur elf Ausnahmen durch entsprechende Verordnungen der Bezirksverwaltung. Für den Vollzug der Gehsteigräumung seien Polizei und Stadtwache zuständig, Zahlen über Ermahnungen seien ihm daher nicht bekannt, so Baier, der abschließend die ausgezeichnete Arbeit des Winterdienstes würdigte, der freilich nicht überall gleichzeitig sein könne. Eine weitere KPÖ-Anfrage zu ökologischen Aspekten des Winterdienstes wird von Umweltstadträtin Eva Schobesberger (Grüne) schriftlich beantwortet.

Kritik an Tiefgaragen

Bei Stimmenthaltung der KPÖ wurden Beschlüsse über Bebauungspläne im Bereich Rudolfstraße-Webergasse, Lederergasse-Kaisergasse, Sintstraße und Bismarckstraße-Humboldtstraße gefasst. Gemeinderätin Grünn wollte damit ein Zeichen gegen den Bau von Tiefgaragen setzen. Beim Beschluss im Bereich Lederergasse-Kaisergasse handelte es sich um eine auf Einspruch der Landesregierung erfolgte Neufassung, dem Beschluss hatte die KPÖ bereits im Vorjahr nicht zugestimmt. Im Fall Sintstraße enthielten sich auch die Grünen der Stimme.

Zur Präsentation von Kontrollamtsdirektor Schönberger über die Prüfung des Rechnungsabschlusses 2015 kritisierte GR Grünn, dass die KPÖ im Gegensatz zu den Fraktionen nach wie vor die Berichte des Kontrollamtes nicht erhält und kritisierte dieses Demokratiedefizit: „Ich nehme den Bericht zur Kenntnis, auch wenn ich die Schlussfolgerungen nicht mittrage“ so Grünn. Bei der Budgetkonsolidierung stelle sich die Frage wer die Kosten durch Kürzungen zu tragen habe: Es ist Aufgabe des Kontrollamtes Vorschläge zu machen, für die Umsetzung ist jedoch die Politik zuständig“ so Grünn.

Rot-blau-schwarz für Zivilkontrollen

Mit den Stimmen von SPÖ, FPÖ und ÖVP wurde ein FP-Antrag für temporäre Zivilkontrollen der Stadtwache gegen Bettler_innen beschlossen. GR Grünn meinte dazu sie beobachte ein Law-and-Order-Suchtverhalten der Politiker und wies auf den Widerspruch hin, dass im Antrag selbst ein Nachlassen des Bettelns konstatiert werde. Die Lösung sei eine gute Sozialpolitik, Grünn wandte sich gegen jede Kompetenzausweitung der Stadtwache.

FPÖ scheiterte mit Kopftuchverbot

Gescheitert ist die FPÖ hingegen mit einem Antrag gegen ein „Zurschaustellen religiöser Einstellungen“ im Magistratsdienst hinter dem sich schlicht die Forderung nach einem Kopftuchverbot verbarg – ganze neun von 4.280 Beschäftigten im Magistrat und ausgegliederten Unternehmen sind als Kopftuchträgerinnen bekannt – durch Stimmenthaltung von SPÖ, ÖVP und Grünen und Gegenstimmen von NEOS und KPÖ. Gemeinderätin Grünn setzte sich pointiert mit der Scheinheiligkeit der FPÖ auseinander, die sich als Kreuzritter für Frauenrechte aufspielt. Sie meinte, dass Fortschritte bei der Emanzipation der Frauen viele Aspekte aufweisen.

Als wichtig bezeichnete sie ein Wahlrecht für Migrant_innen für mehr politische Mitsprache, den Zugang zur Erwerbsarbeit und sie kritisierte, dass vielfach erworbene Qualifikationen nicht anerkannt werden. Grünn erinnerte an die Aktion „Halbe-Halbe“ der früheren Frauenministerin Helga Konrad als wichtig für ein eigenständiges Leben. Ebenso die Verfügung über den eigenen Körper durch das Recht auf Abtreibung. Sie sprach von einem Pseudo-Diskurs und rassistischen Ressentiments: „Sich für Frauenrechte einsetzen würde den Antrag erübrigen“.

Mehrheit gegen Bürger_innenbefragung

Dass die Sonntagsreden über die Mitsprache von Bürger_innen nichts wert sind demonstrierten SPÖ, FPÖ, ÖVP und Grüne beim NEOS-Antrag über das Vorhaben der Baufirma Swietelsky unter dem Andreas-Hofer-Park eine Tiefgarage zu errichten, welche mit teilweise kuriosen Begründungen abgelehnt wurde. GR Grünn meinte in der Debatte: „Es ist schade, dass die Stadtpolitik nicht klar sagt, dass sie nicht bereit ist einen Park für eine Tiefgarage zu opfern. Es geht um eine generelle Haltung im Umgang mit der Autoflut“. Der Vorschlag einer Befragung sei gut, es gebe eine Bürger_inneninitiative gegen das Projekt und die Menschen seien aufgebracht.

Während Bgm. Luger von Anfang an seine Bereitschaft für das Projekt signalisierte, zeigte sich in den Aussagen von Planungsstadtrat Markus Hein (FPÖ) ein Schwenk in Richtung einer rot-blauen Mehrheit für die Wünsche des Baukonzerns. Hein sprach von einer „Gerüchteküche“ durch welche eine objektive Befragung nicht möglich sei. Antragsteller Lorenz Potocnik (NEOS) betonte, dass die Planung vorhanden sei, womit es an den Betreibern liegt durch Offenlegung des Projekts den angeblichen Gerüchten entgegenzuwirken und klarzustellen, welche Auswirkungen eine solche Tiefgarage auf Grünflächen und Baumbestand haben würde. Der NEOS-Antrag wurde schließlich nur von der KPÖ unterstützt, was Potocnik zur Aussage veranlasste „Sie glauben gar nicht, wieviel KPÖ und NEOS gemeinsam haben“.

Sozial- und Umweltstandards im Visier

Eine hitzige Debatte entwickelte sich auch um eine SPÖ-Resolution zum „Stahlstandort Österreich und Europa“. Obwohl SPÖ-Stadträtin Karin Hörzing als Antragstellerin betonte, dass es in der voestalpine hunderte flexible Arbeitszeitmodelle gibt wird in der Resolution eine weitere Flexibilisierung gefordert. Und obwohl betont wird, dass in Linz eine der saubersten Stahlproduktionen stattfindet werden errungene Umweltstandards in Frage gestellt.

KPÖ-Gemeinderätin Grünn meinte, sie sei unzufrieden mit dem Antrag. Zwar sei es legitim etwas zu schützen, abzulehnen sei es jedoch erreichte Umwelt- und Sozialstandard über Bord zu werfen. Im Gegenteil müssten diese erhalten und weiterentwickelt werden. So wie Grünen-Gemeinderat Klaus Grinninger forderte auch Grünn eine Arbeitszeitverkürzung statt Ausweitung derselben.

VBgm. Baier (ÖVP) demaskierte die offensichtlich vom voestalpine-Vorstand inspirierte und als Schützenhilfe für Kanzler Kerns „Plan A“ zu interpretierende Resolution durch das süffisante Lob für die SPÖ, weil diese auf die Bundes-SPÖ in Hinblick auf die Flexibilisierung der Arbeitszeit einwirkt. Baier wetterte gleichzeitig gegen AK-Präsident Johann Kalliauer (SPÖ) der das Standortgesäusel der Unternehmer kritisiert hatte und beschämte damit Bgm. Luger. Die Resolution wurde gegen die Stimmen von NEOS, Grünen und KPÖ beschlossen.

Sicherheitsmanie

Per Schulterschluss von SPÖ, FPÖ, ÖVP und Grünen wurde die FPÖ-Resolution für mehr Polizei für Linz beschlossen. Lediglich bei der Forderung nach mehr Polizeiinspektionen gingen die Grünen nicht mit. Gescheitert ist die FPÖ mit der Forderung nach Aufhebung des Wachkörperverbots für Magistratsstädte durch die Enthaltung von SPÖ und Grünen. Generell gegen den Antrag stimmten KPÖ und NEOS. Gemeinderätin Grünn sprach sich gegen die Aufhebung des Wachkörperverbots aus und meinte, mehr Polizei sei nicht die richtige Antwort auf die angeblich wachsende Unsicherheit, notwendig seien mehr Prävention und eine gute Sozialpolitik.


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