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Die Stadt als Holding

  • Donnerstag, 1. Dezember 2016 @ 22:00
Linz Wichtigstes Thema der 11. Sitzung des Linzer Gemeinderates am 1. Dezember 2016 war die Beschlussfassung für eine Zielstruktur für eine Unternehmensgruppe Linz Holding.

Im Rahmen der Anfragebeantwortung nahm Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) zur KPÖ-Anfrage betreffend die Förderung des von der türkischen Regierung bzw. deren Religionsbehörde gesteuerten türkisch-nationalistischen Vereins ATIB im Zusammenhang mit der zunehmend autoritär-diktatorischen Ausrichtung des Erdogan-Regimes Stellung.

Luger meinte, er müsste diese Frage „eigentlich nicht beantworten, da es sich um eine politische Einschätzung handelt“, bekannte sich aber dann ausdrücklich dazu, dass der (mit der SPÖ eng kooperierende) Verein ATIB von der Stadt weiterhin subventioniert wird, städtische Volkshäuser nutzen darf und im Migrations- und Integrationsbeirat (MIB) vertreten ist. Er halte das nicht nur für vertretbar, sondern Vereine seien unabhängig von politischer oder religiöser Haltung zu fördern, die Grenze liege dort, wo der Verfassungsschutz eingreife. Zur Frage nach der Förderung von antinationalistischen und antiautoritären Initiativen meinte Luger, dies beziehe sich nicht auf eine Community, sondern sei insgesamt Ziel der Integrationspolitik der Stadt.

Mehr Selbstbehalt bei Naturalsubventionen

Einstimmig zur Kenntnis genommen wurde die Friedenserklärung 2016. Gegen die Stimmen von KPÖ und ÖVP und bei Enthaltung von Grünen und NEOS wurde von der rot-blauen Mehrheit die Anhebung des Selbstbehalts bei den Naturalsubventionen von 25 auf 50 Prozent beschlossen. GR Grünn (KPÖ) plädierte ebenso wie ein (abgelehnter) Änderungsantrag der Grünen dafür, gemeinnützige Vereine auszunehmen. Dazu meinte FPÖ-Stadtrat Markus Hein, damit würde „das Sparpotenzial ausgehebelt“ und sprach von 50 Prozent als einem „großzügigen Zuschuss“.

Bei Enthaltung der Grünen und Gegenstimme der KPÖ wurde der Grundsatzbeschluss über die Zielstruktur für die Unternehmensgruppe Linz Holding gefasst. Gemeinderätin Grünn stellte klar, dass nach Auffassung der KPÖ „die Stadt als Gebietskörperschaft im Interesse der Bürger und nicht als kapitalistisches Unternehmen nach Kriterien der Wirtschaft“ agieren darf und kritisierte die mit der Holding verbundene weitere Entmachtung des gewählten Gemeinderates.

„Filetstück“ für private Investoren

Entsprechend ihrer kritischen Haltung zum Kepler Universitäts Klinikum (KUK) lehnte die KPÖ einen Zusatz zur Rahmenvereinbarung ab. Analog auch Änderungen bei der Durchführung des Bieterverfahrens zur Investoren- und Projektsuche für die Tabakfabrik Linz (TFL) und GR Grünn kritisierte neuerlich die Öffnung für private Investoren.

Hingegen sprach Bgm. Luger von einer „sinnvollen Partnerschaft mit privaten Investoren“ und empörte sich darüber, dass Grünen-Gemeinderat Michael Swoboda von einem „Filetstück“ für Private gesprochen hatte. SPÖ-Gemeinderat Jakob Huber meinte hingegen, er habe Respekt vor dem Stimmverhalten von Grünen und KPÖ und bezeichnete dieses als konsequent. Bei Stimmenthaltung von Grünen und KPÖ wurde der Verkauf von vier städtischen Grundstücken beschlossen.

Parkmünzenaktion auch 2017 fortgesetzt

Im Gegensatz zu Berichterstatter VBgm. Detlef Wimmer (FPÖ) wandte sich GR Grünn gegen die auch für 2017 verlängerte Parkmünzenaktion zugunsten des City Rings bzw. der Geschäftswelt. Sie meinte, ausnahmsweise würde die KPÖ dem ursprünglichen Vorschlag des KDZ, die Naturalsubvention für die Parkmünzenaktion zu streichen und damit 110.000 Euro jährlich einzusparen zustimmen: „Wenn dem Handel das Einkaufen mit dem Auto in der Innenstadt so wichtig ist, dann soll er bitte doch selber dafür aufkommen und sich das nicht aus Steuergeldern finanzieren lassen“. Im Vergleich dazu sei man bei der Anhebung der Bastelbeiträge in den Kindergärten nicht so einfühlsam.

Wimmer und andere Redner versuchten diese Subventionierung mit Verweis auf die seit 2013 geplante Mobilitätskarte kleinzureden, deren Umsetzung aber offensichtlich vom City Ring erfolgreich blockiert wird. VBgm. Wimmer warf der KPÖ vor, die Wirtschaft kaputtzumachen, er meinte, die Sozialförderung könne sich nicht selber finanzieren und bezeichnete die Ablehnung als „einen kurzfristigen Populismus“. Die Parkmünzenaktion wurde von einer rot-blau-schwarzen Eintracht bei Enthaltung von Grünen und NEOS und Gegenstimme der KPÖ beschlossen.

Bei Enthaltung von Grünen und KPÖ wurde ein Bekenntnis des Gemeinderates für einen donauseitigen kombinierten Geh- und Radweg Richtung Puchenau beschlossen, eine Maßnahme die der Errichtung der Donaubrücke beim geplanten Westring zugunsten der ASFINAG geschuldet ist und durch Druck derselben auf Stadt Linz, Gemeinde Puchenau und das Land zustande gekommen ist.

Alt-Urfahr wird demoliert

Mit den NEOS als Anhängsel beschloss die rot-blaue Mehrheit den Abbruch des Objekts Ottensheimer Straße 35-37, bei Enthaltung von ÖVP und Grünen und Gegenstimme der KPÖ. Gemeinderätin Grünn bezeichnete die Maßnahme als bedauerlich, zur Begründung, dass die Ensemblewirkung nicht mehr gegeben sei, meinte sie, dass hier die Stadt zuwenig eingegriffen habe.

Grünn erinnerte daran, dass in den 1970er geplant war mitten durch Alt-Urfahr eine Straße zu schlagen, durch den beharrlichen Widerstand dies aber verhindert und in der Folge der Stadtteil zu einer beliebten Wohngegend geworden ist. Sie befürchtet eine zunehmende Verdrängung der ökonomisch schwächeren Bevölkerung aus dem Viertel und erinnerte an einen Antrag der Grünen für Schutzmaßnahmen um das Ensemble zu erhalten und nicht den Investoren auszuliefern.

Abgelehnt wurde von der KPÖ ein ursprünglich von der FPÖ eingebrachter und dann vom Ausschuss behandelter Antrag zur Förderung der E-Mobilität. GR Grünn meinte dazu, E-Autos seien ökologisch nicht förderungswürdig, nützten nur Begüterten und könnten auch den Stau nicht lösen.

Werkbeiträge vervierfacht

Heftig diskutiert wurde beim Beschluss über die Anhebung der Werkbeiträge in Kindereinrichtungen von elf auf 48 Euro, der von SPÖ, FPÖ und NEOS durchgepeitscht wurde. GR Grünn bezeichnete dies als Frage der Gewichtung, stellte dies dem Beschluss über die Parkmünzenaktion um 110.000 Euro gegenüber und forderte mehr soziale Sensibilität insbesondere in Hinblick auf Alleinerzieherinnen für die jeder Euro zählt.

SPÖ-Gemeinderat Huber sprach hingegen von einem „Schlechtreden der Stadt“ und kritisierte die ÖVP mit dem Verweis, dass laut Landesregierung eine Obergrenze von 110 Euro möglich sei, als heuchlerisch. Die Kritik von Grünen und KPÖ sei berechtigt, so Huber, aber für die SPÖ würden „finanzpolitische Aspekte überwiegen“. NEOS-Gemeinderat Felix Eypeltauer wetterte die rot-blaue Koalition assistierend gegen die „Gratismentalität“ aus der Ära Dobusch.

Blau-schwarzer Populismuswettbewerb

Nach den Amtsanträgen standen 17 Fraktionsanträge und ein Dringlichkeitsantrag auf der Tagesordnung. Einmal mehr versuchten sich FPÖ und ÖVP im Populismuswettbewerb gegenseitig mit fast gleichlautenden Anträgen für mehr christliche Brauchtumspflege in städtischen Kindereinrichtungen zu übertrumpfen, scheiterten damit aber an der Mehrheit von SPÖ, Grünen, NEOS und KPÖ.

GR Grünn meinte dazu, sie habe während ihres Studiums auch Vorlesungen zur Volkskultur absolviert und betonte, dass sich die Festkultur und auch traditionelle christliche Kulte verändern und verschiedenen Einflüssen unterliegen: „Der größte kulturelle Einfluss ist der Kommerz als Ausdruck einer entwickelten kapitalistischen Gesellschaft.“ Atheistisch eingestellte Menschen hätten andere Vorstellungen von Festen als Katholiken, so Grünn.

Starke Emotionen löste eine FPÖ-Resolution zum Thema „Remigrationslehrgänge statt Übergangsklassen“ für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF) aus, der wie mehrere Redner_innen kritisierten, mit falschen Behauptungen gespickt und ausgesprochen rassistisch war und schließlich auch von allen anderen Parteien abgelehnt wurde. Bezugnehmend auf die in der den Gemeinderatsmitgliedern vorliegenden Umfrage des Projekts „City of Respect“ enthaltenen Fragestellung „Was ist Respekt?“ meinte KPÖ-Gemeinderätin Grünn in Richtung FPÖ „Wenn der Gemeinderat auf rassistische Anträge verzichtet“.

Wird Altstadt gentrifiziert?

Eine grundsätzliche Stellungnahme zum Thema Gentrifizierung gab die KPÖ-Gemeinderätin zum gemeinsamen Antrag von Grünen, NEOS, SPÖ und FPÖ für ein Pilotprojekt Business Improvement District für die Altstadt ab und stellte sich auf die Seite der Bewohner_innen, die bei solchen Projekten durch die Interessen von Investoren, Eigentümer_innen und Geschäftswelt aus ihrem angestammten Wohnviertel vertrieben werden.

NEOS-Gemeinderat Lorenz Potocnik meinte, die Idee für das Projekt komme von der Altstadt-Lobby „die hervorragend gearbeitet hat“, die Parteien würden hier nur als Vermittler agieren. Zu den Ängsten, dass Private die Führung übernehmen meinte er, in Zeiten knapper Budgets müsse man solche Partnerschaften lernen. Die geplanten Finanzierungsbeiträge seien „keine klassische Abgabe, sondern eine neue zeitlich begrenzte Finanzierungsform“.

Dem stellte ÖVP-Klubchef Martin Hajart eine Zweckbindung der Grundsteuer als Alternative gegenüber. FPÖ-Klubchef Günther Kleinhanns würdigte den gemeinsamen Antrag als Schritt vorwärts. Antragsteller Bernhard Seeber (Grüne) versuchte Bewohner mit WLAN zu locken, was diesen freilich herzlich wenig nützt, wenn sie die Miete für teuer sanierte Wohnungen nicht mehr zahlen können.


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