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Auch Linzer Budget im Krisenstrudel

  • Donnerstag, 16. Dezember 2010 @ 23:48
Linz Mehr als zehn Stunden dauerte die Budgetdebatte des Linzer Gemeinderates am 16. Dezember 2010, neben fünf RednerInnen in der Generaldebatte gab es 41 Statements von GemeinderätInnen in der Spezialdebatte.

Bürgermeister Franz Dobusch begrüßte zu Beginn der Sitzung zahlreiche Spitzenbeamte und Manager ausgegliederter Unternehmen sowie frühere Stadtsenats- und Gemeinderatsmitglieder auf der Galerie und wies darauf hin, dass diese Sitzung erstmals via Livestream auch im Internet zu verfolgen war. Ebenfalls wies Dobusch auf die vorliegenden Erinnerungen der KPÖ hin, die einzigen die zum Voranschlag 2011 eingebrachten.

Mayr: Strukturelle Probleme

Dass Finanzstadtrat Johann Mayr (SPÖ) an die Spitze seiner Erläuterungen zum Voranschlag 2011 eine buchhalterische Vermögensbilanz mit der Conclusio eines Verhältnisses von Anlagevermögen zu Darlehen bzw. Verbindlichkeiten von 1:4 stellte lässt vermuten, dass damit die auch in Linz verschärfte Finanzlage beschönigt werden soll.

Mayr wies auf strukturelle Probleme durch Verluste an Ertragsanteilen infolge der Krise und dramatisch steigende Transferzahlungen an das Land sowie die rigiden Vorschriften des Finanzministeriums bei der Maastricht-Budgetierung hin. Nicht angesprochen wurde von Mayr hingegen die viel zu geringe Dotierung der Gemeinden beim Finanzausgleich. Fakt ist jedenfalls, dass die Stadt Linz bereits die gesamte Kommunalsteuer bzw. die Hälfte der erhaltenen Ertragsanteile als Transferzahlung an das Land abgeben muss. Eine Diskussion über die Dimension dieser Transfers gibt es auch bereits im Städtebund, berichtete Mayr.

Stolz bekannte sich der Finanzreferent beim Dienstposten- und Stellenplan zu einer massiven Rationalisierung, indem von 2002 bis 2011 409 Dienstposten bzw. 13 Prozent abgebaut wurden. Dabei gab es im eigentlichen Magistrat mit 575 bzw. 24 Prozent ein großes Minus, im ausgegliederten Kinder- und Jugendservice hingegen um 168 Posten bzw. 23 Prozent mehr Personal.

SPÖ mit Schwerpunkt AKH

SPÖ-Fraktionssprecherin VBgm. Christiana Dolezal stellte an die Spitze ihrer Rede ein demonstratives Bekenntnis zu Linz als „Sozialhauptstadt Österreichs“, einen Titel den freilich auch Wien für sich beansprucht und warnte vor „polemischen, parteipolitischen Forderungen“. Sie beklagte die Belastung durch Landesumlage und Sprengelbeitrag.

Während das Land bei den Gespag-Krankenhäusern 100 Prozent und bei den Ordensspitälern 80 Prozent der Defizite abdeckt sind das beim Linzer AKH nur 80 Prozent. Die Stadt ist nicht nur mit einem auf 50 Millionen Euro gestiegenen Sprengelbeitrag belastet, sondern zusätzlich mit einem Nettodefizit von 18 Millionen. Die Notwendigkeit einer Entlastung bei der AKH-Finanzierung ist freilich nicht neu, sie wurde von der KPÖ schon in den 80er Jahren thematisiert.

Die Gynäkologie im AKH wird laut Dolezal als „Knackpunkt der Spitalsreform“ in Oberösterreich bezeichnet: „Wenn von Einsparungen die Rede ist, sei ist befürchten, dass diese auf Kosten des AKH gehen“, so die Vizebürgermeisterin.

Sie meinte weiter, die öffentliche Hand habe andere Handlungsmaximen als die Betriebswirtschaft, ein Anspruch der freilich in der Praxis der Linzer Kommunalpolitik durch die zahlreichen Ausgliederungen und die Rationalisierung oft nicht mehr erkenntlich ist.

Die Vizebürgermeisterin führte weiter aus, dass „gemessen am Bruttoverdienst der öffentliche Verkehr in Linz am billigsten“ sei – um umgehend die Brücke zum Lieblingsprojekt von SPÖ, ÖVP und FPÖ, dem umstrittenen Westring zu schlagen. Es sei „Realitätsverweigerung, einen Investitionsstopp für den Autoverkehr zu verlangen“, es gelte den Verkehr in die richtigen Bahnen zu lenken, nämlich wo ihn die Wirtschaft benötigt“, so Dolezal in Richtung Westring-Gegner und meinte weiter, eine „Verhinderung sei ein Schaden für das Image der Stadt Linz“.

Zu ihrem Lieblingsthema Sport wies Dolezal stolz auf die Förderung für 150 Sportstätten und 450 Vereine hin und sprach sich für ein „Station mit Maß und Ziel“ aus. Zur immer wieder von der ÖVP ventilierten Idee eines neuen Fußballstadions für den LASK merkte sie an, dass bis dato kein vernünftiger Vorschlag für einen Standort gekommen sei und die Kosten ein Vielfaches der laufenden Stadionsanierung auf der Gugl betragen würden.

ÖVP mit Zahlenspielereien

„Kein guter Tage für Linz“ sei die Budgetsitzung zeigte sich ÖVP-Klubobmann Klaus Fürlinger betroffen, weil mit dem VA2011 „Linz zur Abgangsgemeinde“ würde. Er wies aber auch darauf hin, dass sich Gemeinde- und Städtebund gegen die laufend erfolgende Übertragung von Aufgaben von Bund und Ländern an die Gemeinden ohne entsprechende Abgeltung aussprechen und meinte, dass die Systeme mit automatischen Kostensteigerungen nicht mehr steuerbar seien.

Dass Linz jetzt zur Abgangsgemeinde würde sei liege aber nicht an der Krise, sondern daran, dass in guten Zeiten keine Rücklagen gebildet worden seien. Mit nicht nachvollziehbaren Zahlenspielereien machte Fürlinger LH Pühringer die Mauer und behauptete, dass die hohen Transferzahlungen an das Land durch Rückflüsse wieder ausgeglichen würden und meinte man dürfe „nicht die Hand beißen, die füttert“.

Weiters kritisierte der ÖVP-Sprecher die Verluste der Stadt durch Swap-Geschäfte zur Absicherung von Franken-Anleihen die heuer 15 Millionen betragen und sprach sich gegen „Förderungen quer durch den Gemüsegarten“ und Fortschreibungen solcher aus. Wohl nicht gemeint hatte er damit freilich die hohen Kosten für die Weihnachtsbeleuchtung und den Cityring als Subvention für den Handel oder das Sponsoring der Stadt für das „Krone“-Stadtfest.

Abschließend zitierte Fürlinger den sozialdemokratischen Sektionschef Gerhard Steger im Finanzministerium mit der Aussage, dass „Schulden schlecht sind, weil sie eine Umverteilung nach oben“ bedeuten. Was freilich zur Rolle der Banken und zur Notwendigkeit deren Vergesellschaftung führen würde, von Fürlinger aber wohl nicht gemeint war.

FPÖ: Für Westring, gegen Zuwanderung

Mit einem historischen Ausflug über die Entwicklung des Linzer Stadtwappens stieg FP-Klubchef Sebastian Ortner in die Budgetdebatte ein und zeigte sich verwundert, dass auf dem Umschlag des Budgets noch immer das Stadtwappen statt des Slogans „Linz verändert“ abgebildet ist. Die Symbolik der Gastfreundlichkeit, früher durch zwei offene Torflügel im Wappen abgebildet, kann freilich die FPÖ am allerwenigsten für sich beanspruchen, denkt man nur an ihre Haltung in der Asyl- und Migrationspolitik.

Zum „vorliegenden Kostenvoranschlag“ äußerte sich Ortner besorgt über laufende Defizite und die Entwicklung der Sozialausgaben. Heftig polemisierte er gegen eine zusätzlichen Posten für das Integrationsbüro und eine MigrantInnenquote im öffentlichen Dienst, womit deutlich wird, dass es der FPÖ nach wie vor gar nicht um Integration geht, sondern sie auf ein schlichtes „AusländerInnen raus“ setzt um ihr politisches Klientel zu bedienen. Ähnlich die Haltung zur Kultur mit einer unter der Formel „Kleiner Mann“ für „Große Oper“ definierten Polemik gegen den städtischen Beitrag zum Musiktheater

In einem quasi-militärischen Jargon bezeichnete Ortner den Westring als „von höchster strategischer Bedeutung“ gestützt auf die Exportorientierung der Linzer Wirtschaft. Neuerlich zog er die Zusammenlegung der Bezirkshauptmannschaften Urfahr-Umgebung und Linz-Land mit dem Magistrat an, wovon sich die FPÖ große Einsparungen verspricht, die wohl nur beim Personal möglich wären. Als Drohung muss das abschließende Bekenntnis, die FPÖ wolle „Linz aktiv verändern“, nämlich zur „sozialen Heimatstadt“ machen, empfunden werden.

Grüne für Parksteuererhöhung

„Die Situation für das Budget ist nicht erfreulich“ meinte Grünen-Stadträtin Eva Schobesberger in ihrer Fraktionsrede, betonte aber, dass der Maßstab alle LinzerInnen unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Religion oder sexueller Orientierung sein müssten. Ganz im Stile einer Regierungspartei trat sie für Geldbeschaffung durch eine Anhebung der Parkgebühren von 50 auf 73 Cent und längerfristig an eine Angleichung an die Tarife in den privaten Parkgaragen ein. Ob der davon erwartete Lenkungseffekt durch Eindämmung der Parkplatzsuche ohne zwingende Umschichtung der aus einer solchen Erhöhung lukrierten Mittel zum öffentlichen Verkehr und Angebote wie etwa einer Freifahrt eintritt bleibt freilich offen.

Verbunden mit einem Bekenntnis zur zweiten Schienenachse der Straßenbahn kritisierte Schobesberger heftig Bürgermeister Dobusch und LH Pühringer, die bei Verhandlungen in Wien 78 Millionen Mitfinanzierung für den Westring angeboten hatten. Auch kritisierte sie die Kürzungen bei den psychosozialen Diensten durch das Land, von welchen Beschäftigte und KlientInnen betroffen sind.

Bezugnehmend auf die jüngste PISA-Studie bezeichnete Schobesberger die „Volkshochschule als Reparaturwerkstatt“, die immer mehr Menschen Elementarkenntnisse vermitteln muss. Weiters sprach sie sich mit Verweis auf „entsprechende Stimmen aus der SPÖ“ gegen die Wiedereinführung der Studiengebühren aus.

Weiters wies sie auf die nach wie vor bestehende Benachteilung von Frauen bei Einkommen und die Thematik der Gewalt gegen Frauen hin, wozu mit Aktionstagen öffentliches Bewusstsein geschaffen werde und kündigte den ersten Linzer Frauenbericht an. Einsparungspotential sehen die Grünen bei der Stadtwache, die von „zweifelhaften Nutzen“ sei. Schobesberger meinte abschließend, es sei „Zeit mit den Personaleinsparungen aufzuhören“ und nannte als Beispiel dafür die Museen.

Reiman im Schuldenturm

Mit einem historischen Ausflug über die Behandlung von Schuldnern im Mittelalter und dem Versuch den Schuldenstand der Stadt samt ausgegliederter Unternehmen von bereits einer Milliarde Euro anschaulich darzustellen versuchte sich BZÖ-Sprecher Reinhard Reiman dem Budget zu nähern: „Mayr verharmlost die Schulden, er steigt aufs Gas, statt auf die Bremse“ kritisierte er den Finanzreferenten.

Mit Aussagen zur Finanzkrise, dass die „Menschen an eine Finanzdiktatur verkauft“ worden seien und den „Heuschrecken auf den Leim gegangen“ seien bewegte sich Reiman freilich im Rahmen einer mit verschwörungstheoretischen Ansätzen verbundenen esoterischen Weltsicht die in die obskure Aussage „Sozialismus ist nur bei florierendem Kapitalismus finanzierbar“ mündete. Mit der Verlesung eines Leserbriefes an die „Kronenzeitung“ in dem Reiman den Mittelstand als Opfer darstellte, der den Staat erhalten müsse stellte der BZÖ-Mandatar seine Weltsicht zum Budget dar.

KPÖ-Gemeinderätin Grünn verhindert

Krankheitshalber war KPÖ-Gemeinderätin Gerlinde Grünn an der Teilnahme bei der Budgetsitzung verhindert. Sie hatte im Vorfeld der Sitzung ihre Haltung klargestellt: „Ich würde diesem Budget jedoch keineswegs zustimmen, weil es die falschen Schwerpunkte setzt, das Soziale zu wenig berücksichtigt und mit dem Ansatz für die Stadtwache in eine Richtung weist, die nichts mit demokratischer Politik und Verwaltung zu tun hat.“

Große Mehrheit für das Budget

Nach einer intensiven Spezialdebatte die erst nach 19 Uhr beendet wurde der Voranschlag 2011 sowie die Wirtschaftspläne für den Kinder- und Jugendservice und die Museen, der Dienstposten- und Stellenplan sowie die Mittelfristige Finanzplanung (MFP) bis 2013 mit großer Mehrheit beschlossen.

Gegen das Budget stimmte der BZÖ-Gemeinderat. Die Grünen lehnten den Budgetansatz für die Stadtwache ab. Die FPÖ lehnte den Budgetansatz für das Integrationsbüro und die Mitfinanzierung des Musiktheaters ab und enthielt sich zu den Budgetansätzen für den Bezirksschulrat, die Museen, die Straßenreinigung sowie zur MFP der Stimme. Gegen die MFP stimmte die ÖVP. Die durch Krankheit verhinderte KPÖ-Gemeinderätin Gerlinde Grünn hatte im Vorfeld der Sitzung ihre Ablehnung des Budgets bekundet.

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