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Rechnungsabschluss der Stadt Linz 2019

  • Donnerstag, 2. Juli 2020 @ 08:00
Linz Auch der Rechnungsabschluss 2019 ist wie die gesamte Budgetpolitik der Stadt Linz seit 2011 vor dem Hintergrund des Swap-Debakels zu sehen. Unabhängig davon hat sich die Finanzlage bereits in den letzten Jahren spürbar verschärft und Linz hat den Ruf einer finanzstarken Stadt verloren.

Durch die Klage gegen die BAWAG-PSK mit einem langwierigen Rechtsstreit und der Einstellung der desaströsen Zahlungen für den Swap wurde zwar der unmittelbare Druck auf die Stadtfinanzen genommen und schlägt sich nicht mehr direkt im Budget nieder. Bei einem negativen Ausgang für die Stadt oder einem teuren Vergleich wird die Stadt Linz aber vor enorme Finanzprobleme gestellt.

Der Rechnungsabschluss 2019 ist im oHH mit 828,41 Mio. Euro (VA 806,34) höher, im aoHH mit 219,34 Mio. Euro (VA 224,93) niedriger und als Gesamtbudget mit 1.047,75 Mio. Euro (VA 1.031,26) höher als der Voranschlag und ausgeglichen.

Der Finanzspielraum wurde in den vergangenen Jahren durch Auflagen von EU, Bund und Land immer mehr eingeengt. Der Budgetvollzug durch die Geschäftsgruppenbudgetierung und Druck auf Dienststellen findet in dem seit Beginn der Maastricht-konformen Budgetierung 1996 definierten „öffentlichen Sparen“ als freie Mittel Ausdruck. Laut RA 2019 betrug dieser Wert 16,74 Mio. Euro (VA 1,96).

Das Maastricht-Ergebnis verzeichnete 2019 ein Minus von 16,75 Mio. Euro (VA minus 33,62). Die mit Fiskalpakt und Schuldenbremse verstärkten Maastricht-Kriterien wirken als Druckmittel für Tarif- und Gebührenerhöhungen, Ausgliederung und Privatisierung kommunaler Einrichtungen, Druck auf das Personal durch Leistungsverdichtung. Eine Modifizierung durch soziale Kriterien lehnt die EU jedoch ab.

Der Schuldenstand ist von 754,88 Mio. Euro per Jahresanfang auf 742,76 Mio. Euro per Jahresende 2019 zum dritten Mal in Jahresfolge leicht gesunken, die Pro-Kopf-Verschuldung beträgt 3.574 Euro und somit das 17fache von 1991. Damit befindet sich Linz weiterhin im Spitzenfeld der Verschuldung der Städte.

Von den aushaftenden Anleihen und Darlehen entfallen 518,83 Mio. Euro auf inländische Banken, 223,93 Mio. Euro auf ausländische Banken und 0,01 Mio. Euro auf Bund und Land. Stellten die Banken 1986 nur 73,2 Prozent aller Darlehen, so waren es 2019 faktisch 100 Prozent. Der Bund gewährt nach Eliminierung der günstigen Fondsdarlehen so gut wie gar keine Darlehen mehr, die Abhängigkeit vom Finanzkapital wird also immer stärker. Daraus erklärt sich auch die jahrelang praktizierte leichtgläubige Bereitschaft riskante Spekulationsgeschäfte (Fremdwährungsdarlehen, Cross Border Leasing, Public Private Partnership, Swaps etc.) auf dem Finanzmarkt einzugehen, deren Risiken nach der Finanzkrise 2008 zutage traten.

Der Zinsendienst sank 2019 mit 15,71 Mio. Euro neuerlich leicht gegenüber dem bisherigen Höchstwert von 2016, die Zinsen verschlangen 2019 etwa dreiviertel der Grundsteuer (21,33 Mio. Euro). Zum Vergleich betrug die Tilgung 57,12 Mio. Euro bei Neuaufnahmen von 45,00 Mio. Euro.

Die Leasingfinanzierung erweitert die offiziell ausgewiesenen Schulden und ist durch die Maastricht-Budgetierung bedingt. 2019 betrugen die Leasing-Zahlungen 5,07 Mio. Euro. Früher als Leasing aufscheinende Zuschüsse für Linz AG, AEC etc. wurden mittlerweile in Gesellschafteranteile umgewandelt.

Die Rücklagen sanken 2019 nach dem absoluten Tief von 6,46 Mio. Euro 2011 gegenüber dem Vorjahr auf 13,44 Mio. Euro und betrugen damit 1,28 Prozent des Gesamtbudgets.

Das Vermögen weist 2019 mit 1.231,59 Mio. Euro und gemessen an der Budgetsumme mit 118 Prozent den bislang niedrigsten Wert aus.

Die Investitionen stiegen 2019 auf 97,02 Mio. Euro bzw. 9,2 Prozent des Gesamtbudgets an, zum Vergleich war 1993 die Investitionsquote mit 26,3 Prozent am Höchsten.

Für Wohnbauförderung wurde 2019 im oHH und aoHH zusammengerechnet ein Zuschuss von 0,50 Mio. Euro gewährt. In den Jahren 1985-91, 1993-96 und 1998-2001 sowie 2007 und 2010-2012 wurde ein Überschuss bedingt durch größere Rückzahlungen als neue Förderungen verzeichnet. Die Wiederaufnahme eines eigenen städtischen Wohnbaus für den dringendsten Bedarf an Sozialwohnungen wäre notwendig.

Der Zuschussbedarf für wichtige Posten im Sozialbereich (Kindergärten, Horte, Seniorenheime, Essen auf Rädern, Krippen) betrug 41,09 Mio. Euro bzw. 3,92 Prozent des oHH.

Die Ertragsanteile erreichten 2019 mit 284,24 Mio. Euro den bisherigen Höchststand, sie waren 1994-95, 1999 sowie 2002-03 und 2005 sowie 2009-2010 und 2019 durch Finanzausgleich und Budgetpolitik der Regierung gegenüber dem Vorjahr rückläufig. Die Relation zwischen dem Anteil der Gemeinden am FAG (13 Prozent) und ihrem Anteil an den öffentlichen Investitionen (39 Prozent ohne Wien) ist schieflastig.

Die eigenen Steuern stiegen 2019 auf den bisherigen Höchstwert von 201,41 Mio. Euro. Langfristig negativ wirkte sich für die Gemeinden die 2002 erfolgte Abschaffung der Getränkesteuer als Folge einer EuGH-Entscheidung und die Umwandlung der Anzeigen- und Ankündigungsabgabe in die Werbeabgabe seit 1995 aus. Die 2009 erfolgte Einigung von Städte- und Gemeindebund mit dem Handel über die Rückzahlung von Getränkesteuer ist ein Verlust für die Gemeinden und ein Betrug an den Konsument*innen, von welchen diese Steuer kassiert wurde.

Die Kommunalabgabe stieg 2019 auf den bisherigen Höchststand von 156,50 Mio. Euro, sie lag 2001, 2004 und 2010 und 2017 unter dem Vorjahreswert. Linz hat mit einer Pro-Kopf-Quote von 753 Euro Kommunalabgabe pro Einwohner*in den Spitzenplatz der Landeshauptstädte. Durch die verstärkte Rationalisierung und den Ersatz von Vollarbeitsplätzen durch Teilzeitarbeitsplätze und geringfügige Beschäftigung bleibt sie jedoch weit hinter der Produktivität zurück. Die Umstellung der KoA auf eine Bemessung nach der gesamten Wertschöpfung statt wie bisher nur drei Prozent der Bruttolohnsumme wird immer dringender.

Eine Zweckbindung von drei Posten für Parkgebühren und Verkehrsstrafen mit insgesamt 5,49 Mio. Euro, für Förderung des öffentlichen Verkehrs in Richtung Freifahrt wäre sinnvoll und notwendig.

Die Beiträge stellen weiterhin eine große Belastung dar. Der Sprengelbeitrag hat 2019 mit 62,03 Mio. Euro den bisherigen Höchstwert erreicht, ebenso die Landesumlage, die mit 26,72 Mio. Euro, beide stellen eine hohe Belastung für Linz dar.

Die Transferbilanz der Zahlungen von und an EU, Bund, Land und andere Gemeinden weist vor dem Jahre 2000 nur vereinzelt (1986, 1992, 1998), seit 2000 aber kontinuierlich das Land als Nutznießer der Transferzahlungen aus. 2019 zahlte die Stadt Linz 100,69 Mio. Euro mehr an das Land als es von diesem erhalten hat.

Die Kosten für Politiker*innen und Parteien betragen laut RA 2019 5,52 Mio. Euro, davon 2,86 Mio. Euro für Stadtsenat, Reisekosten und Gemeinderat bzw. 2,66 Mio. Euro Parteienfinanzierung.

Der Personalaufwand betrug laut RA 2019 134,15 Mio. Euro, der Pensionsaufwand 60,04 Mio. Euro. Die Personalpolitik ist seit Jahren durch zu geringe Gehaltsabschlüsse und Druck auf Arbeitsplätze gekennzeichnet. Die Magistratsreform wurde vor allem zur Kostenersparnis beschlossen und hat den Leistungsdruck erhöht. Pro Beschäftigten betrug 2019 die Haushaltssumme 613.053 Euro (plus 66 Prozent gegenüber 2010), die Personalkosten 78.492 Euro (plus 20 Prozent gegenüber 2010).

Der Personalstand wurde mit 1.709 Vollzeitäquivalenten gegenüber dem Voranschlag von 1.758 auch 2019 weiter reduziert. Einen verstärkten Druck erzeugen die geltende Geschäftsgruppenbudgetierung und die Magistratsreform. Negative Auswirkungen haben sich bei der „Aktenaffäre“ gezeigt, indem rund 2.000 Strafbescheide unbearbeitet blieben und großteils verjährt sind.

Die Betriebsrechnung erfolgte seit der Ausgliederung von Friedhöfen, Wirtschaftshof und Müllabfuhr aus dem Budget und Übertragung an die Linz AG, Herausnahme der Seniorenheime aus der Betriebsrechnung und der Ausgliederung des AKH und der Museen in eine eigene Gesellschaft vor dem Hintergrund einer Maastricht-konformen Budgetierung nur mehr für die Märkte.

Aus linker Sicht sind die Ausgaben für die Stadtwache (1,52 Mio. Euro) ebenso abzulehnen wie Subventionen zur Wirtschaftsförderung (Krone-Stadtfest, City-Ring, Weihnachtsbeleuchtung etc.). Ebenso lehnt die KPÖ laufende Gebührenerhöhungen (Marktgebühren, Botanischer Garten, Musikschule etc.) ab. Weiters den Druck auf Gebühren- und Tariferhöhungen durch die jährliche Tarifautomatik für Kinder- und Senioreneinrichtungen.

Die bisherigen städtischen Beteiligungen wurden 2019 in die Linz Holding eingebracht, und stiegen 2019 gegenüber dem Vorjahr leicht auf 1.070,33 Mio. Euro. Hauptbeteiligungen der Stadt sind bei Linz AG, KUK, SZL, GWG, Flughafen Linz und ILG. Sollte die Swap-Klage negativ für die Stadt ausgehen, wird der Druck für Privatisierungen (Stromsektor der Linz AG…) zunehmen.

Im Sinne der Bürger*innennähe und einer partizipativen Demokratie wäre ein für die Allgemeinheit verständliches Budget erforderlich, das damit beginnt, dass Budgetposten klar erkennbar bezeichnet werden (und nicht etwa, dass die Parteienförderung als „Lfd. Transferzahlungen an priv. Institutionen“ verschleiert wird).

Zu betrachten ist der RA 2019 auch in Hinblick auf das als Ergebnis der Stadtsenatsklausur vom Februar 2015 beschlossene Sparprogramm und das im Oktober 2016 beschlossene Maßnahmenpaket zur Budgetkonsolidierung, das neben durchaus sinnvollen Maßnahmen auch eine neuerliche Magistratsreform sowie Kürzungen bei sozialen Leistungen und der Kulturförderung beinhaltete, hingegen an den wirklich aufwendigen Projekten (Westring, Abfahrt A7, Med-Fakultät, Stadtwache usw.) festhält.

Grundlagen sowohl für den VA als auch den RA sind die VRV 1997, das FAG 2008, der Stabilitätspakt 2012 sowie das Statut 1992 und die Haushaltsordnung 2006. Der RA2019 ist der letzte in der alten Form, weil ab 2020 das Budget von der bisherigen Kameralistik auf die Doppik umgestellt wurde.

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