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Für jene, die es sich nicht richten können

  • Donnerstag, 17. Dezember 2015 @ 12:00
Linz Budgetrede von KPÖ-Gemeinderätin Gerlinde Grünn zum Voranschlag 2016 bei der Sitzung des Linzer Gemeinderates am 17. Dezember 2015.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, werte Kollegen und Kolleginnen, sehr geehrte Zuhörerinnen und Zuhörer auf der Tribüne und bei Dorf-TV, im Zentrum steht für mich als Vertreterin der KPÖ bei der Beurteilung des vorliegenden Voranschlages wie immer die soziale Frage.

Die Frage danach, wie sich die vorgeschlagenen Maßnahmen auf das Leben der Menschen in dieser Stadt auswirken werden. Soziale Gerechtigkeit und Chancengleichheit sind dabei meine Maßstäbe.

Es ist nicht mein Part die Interessen der Vermögenden und Eliten zu wahren. Ihnen öffnen Geld und Netzwerke alle Türen, sie können sich in der etablierten Stadtpolitik ohnehin gut vertreten fühlen. Mein Interesse gilt denjenigen, die es sich nicht richten können und daher auf eine gut entwickelte städtische Infrastruktur angewiesen sind.

Leistbarer Wohnraum, ein gut funktionierender Nahverkehr, Betreuungseinrichtungen für Jung und Alt, vielfältige Freizeit- und Bildungsangebote, Strom und Wärme und Gesundheitseinrichtungen - all das gehört zur Daseinsvorsorge und damit zu den Aufgaben der Stadt. Und diese Leistungen machen einen nicht unerheblichen Teil unserer städtischen Budgets aus.

Und es wird wohl allen nicht entgangen sein, dass unter dem Druck des neoliberalen Sparzwanges hier Lücken entstanden sind und ein Paradigmenwechsel stattfindet. Hieß es unter Langzeit-Bürgermeister Dobusch noch etwas vollmundig „Sozialhauptstadt Linz“, bevorzugt unser jetziger Bürgermeister Luger den Ausdruck „Lebensstadt Linz“. Es ist halt immer nur die Frage, für wen Linz ein gutes Leben verheißt.

Daseinsvorsorge muss sich ja nicht unbedingt auf leistbare Wohnungen, günstigen Nahverkehr und soziale und kulturelle Dienstleistungen konzentrieren, sondern kann ebenso auf Eigentumswohnungen, Elitebildungseinrichtungen und Straßenbau fokussieren. Alles eine Frage der Gewichtung.

Emanzipatorische Elemente in der Daseinsvorsorge, nämlich die auf eine Überwindung sozialer Ungleichheit und damit der von Armut betroffenen Bevölkerung ein Entkommen aus ihrer Lage ermöglichen, verschwinden aus einer sich zurückziehenden Sozialpolitik, die sich nur mehr auf den Erhalt des Status quo beschränkt.

Noch gut in Erinnerung ist hier etwa die Aufgabe des Gratismittagessens in den Kinderbetreuungseinrichtungen 2014 und die darauffolgenden Tariferhöhungen auch für Einkommensschwache für selbiges durch SPÖ und FPÖ. Wer einen Blick in das Koalitionsabkommen der SPÖ und FPÖ wirft, kann auch hier die Fortsetzung dieser Rückbaupolitik im Sozialen schon ablesen.

Oder wie ist es zu verstehen, wenn darin über zu reformierende Höchstgrenzen des Haushaltseinkommens beim Aktivpass zu lesen ist. Wissen wir doch alle, das die Ausstellung des Aktivpasses derzeit nicht an das Haushaltseinkommen gekoppelt ist. Eine begrüßenswerte Tatsache, die vor allem Frauen im Niedriglohnsektor, Teilzeitbeschäftigten oder Pensionistinnen zu Gute kommt.

Ich kann Ihnen in Folge meiner Ausführungen versichern, dass ich noch öfters auf das Thema Daseinsvorsorge zurückkommen werde und wohl hier eine der wenigen sein werden, die auch Alternativen zur leeren Haushaltskassen jenseits des Sparens aufzeigen wird.

Sehr geehrte Damen und Herren, unbestritten sind die Rahmenbedingungen für die Erstellung eines Budgets denkbar unerfreulich. Die volkswirtschaftlichen Indikatoren sind ernüchternd. Das reale Wachstum des Bruttoinlandsproduktes wird mit 1,4 Prozent, der Verbraucherpreisindex mit 1,7 Prozent, die Arbeitslosenrate mit 9,7 Prozent angenommen. Der Schuldenberg der öffentlichen Hand ist weiter im Steigflug.

Unser Finanzreferent Forsterleitner zeigt sich heuer zufrieden mit dem eingeschlagenen Weg der Konsolidierung. Er beklagt aber unter anderem die Auswirkungen der Steuerreform. Da muss man aber schon einwenden, dass es ja auch seine Partei die SPÖ, immerhin Kanzlerpartei, war, die trotz vollmundiger Vorankündigungen letztendlich auf eine Gegenfinanzierung derselben mittels einer Millionärssteuer verzichtet hat. Mit dem Ergebnis, dass die nun Entlastenden letztendlich wieder selbst dafür aufkommen müssen. Detto gilt für die Spitalsreform, die ja auch von der SPÖ-OÖ mitgetragen worden ist und sich jetzt mit Mehrkosten bei den Pflichtausgaben niederschlägt.

Die anhaltende Finanz- und Wirtschaftskrise manifestiert sich natürlich auch im Alltag der LinzerInnen. Die Sorge um den Arbeitsplatz und steigenden Lebenserhaltungskosten beschäftigen nicht nur die, die es auch bisher schwer hatten über die Runden zu kommen, sondern sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Dazu kommt die Flüchtlingsbewegung. Die von Kriegen, Ausbeutung und Armut Geschundenen haben sich auf die den Weg nach Europa gemacht und lassen sich weder durch lebensgefährliche Fluchtwege noch Grenzen aufhalten. Das Schicksal dieser Menschen ist nicht nur mehr eine virtuelle Angelegenheit im Fernsehen oder Presse, sondern für alle die nicht wegschauen, spürbar im Lebensumfeld geworden. Besonders dringlich ist hier die Versorgung der wachsenden Zahl von obdachlosen AsylwerberInnen, die nach wie vor tagtäglich in der Drehscheibe am Bahnhof auf ein warmes Bett hoffen.

Sehr geehrte Damen und Herren, deutlich abzulesen ist die wachsende Armut an den Ausgaben der Stadt für existenzsichernde Maßnahmen. Die Ausgaben für die bedarfsorientierte Mindestsicherung, also diejenigen Unterstützungszahlungen für Menschen ohne ausreichendes Einkommen schießen weiter in die Höhe. 17,5 Millionen sind hier veranschlagt. Eine Steigerung von 3,8 Millionen zum Vorjahr. Und es ist hier anzunehmen, dass angesichts der schlechten Arbeitsmarktdaten keine Entspannung in Sicht ist. Ein nicht unerheblicher Anteil macht dabei die Unterstützung von Menschen aus, die trotz Ansprüchen aus dem Sozialversicherungssystem oder Arbeit kein Auslangen mehr mit ihrem Einkommen finden können.

Die Stadt veranschlagt also 1,9 Prozent ihrer Ausgaben für die Existenzsicherung von Menschen ohne ausreichendes Einkommen. Im Gegensatz zur ÖVP, die ja kürzlich erst eine Diskussion zur Mindestsicherung vom Zaun gebrochen hat, sehe ich von Armut betroffene Mensch nicht als reinen Kostenfaktor, die es durch Restriktion und Deckelung zu maßregeln gilt. Die Forderung eines Herrn Lopatka, nämlich die Deckelung der Mindestsicherung für Mehrkindfamilien, nimmt bewusst einen Anstieg der Kinderarmut in Kauf. Besonders infam dabei ist der Versuch, die als notwendig verkauften Einschnitte in die Existenzsicherung den Flüchtlingen in die Schuhe zu schieben. Erstaunlich dabei ist die hier von der SPÖ signalisierte Gesprächsbereitschaft, hier würde man sich eine entschiedenere Gegenwehr wünschen.

Was es hier wirklich braucht sind die von mir am Anfang genannten emanzipatorischen Maßnahmen der Armutsbekämpfung, nämlich eine Erhöhung der Mindestsicherung über die Armutsgrenze – übrigens auch eine Forderung der Volkshilfe in ihrer derzeitig laufenden Kampagne gegen Kinderarmut – und einen Vorschlag der Armutskonferenz aufgreifend die Einrichtung einer unabhängigen Sozialanwaltschaft, die Armutsbetroffene in ihren Rechten stärkt.

Ein Ausgabenvergleich sei mir hier auch noch gestattet. Die Stadt Linz lässt sich die Weihnachtsbeleuchtung, zu deren alternativen Finanzierung durch die Handelstreibenden ja schon seit Jahren Vorschläge vorliegen, 324.000 Euro kosten, der Heizkostenzuschuss damit es auch in den weniger wohlbestallten Wohnungen im Winter warm bleibt ist mit 620.000 Euro veranschlagt. Alles also immer eine Frage der Gewichtung. Die Kaufleute und großen Handelskonzerne der Landstraße, übrigens eine der umsatzstärksten Einkaufsstraße Österreichs, müssen sich um ihr Wohlergehen keine Sorgen machen, für sie ist auch im Voranschlag 2016 gut gesorgt.

Ich denke nur 1,9 Prozent des Gesamtbudgets für die Existenzsicherung der ärmsten Bevölkerungsteile ist nicht nur aus humanitären Gründen kein Ruhmesblatt, sondern gemessen an den volkswirtschaftlichen Folgekosten manifester Armut mit schlechten Bildungschancen und fehlender Teilhabe eine langfristig recht teure Angelegenheit. Und die vielbeschworene Integration zum Nulltarif wird es auch nicht spielen.

Sehr geehrte Damen und Herrn, hier sind auch einige Worte zur Personalpolitik der Stadt zu sagen. War die Stadt früher stolz darauf eine beliebte Arbeitgeberin zu sein, hat man sich in den letzten Jahren dem Personalabbau verschrieben. Der Dienststellenplan weist den weiter schrumpfenden Personalstand für 2016 mit 1.721 aus, nur im Bereich des Kinder- und Jugendservice gibt es einem dem Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen geschuldeten Personalzuwachs.

Die Vielfalt der städtischen Dienstleistungen braucht aber eine entsprechende Personalausstattung und setzt zudem wichtige volkswirtschaftliche Impulse. Die Verunsicherung des Personals mittels Umstrukturierungen und Ausgliederungen im Zuge der Magistratsreform ist ein schlechter Ratgeber in schwierigen Zeiten.

Auch Linz leidet unter einem ungerechten Finanzausgleich und den Vorgaben des Stabilitätspakts. Aber wäre es hier nicht an der Zeit sich nicht länger diesen Vorgaben zu beugen und sich trotz besserem Wissen letztendlich nicht immer wieder der neoliberalen Haushaltspolitik zu unterwerfen?

Und hier muss man auch die Frage stellen, ob es angesichts der mageren zur Investitionen zur Verfügung stehenden Mitteln von 65,77 Mio. Euro es Aufgabe der Stadt sein kann, Bundesprojekte wie Westring, Autobahnabfahrten oder die KUK mit zu finanzieren. Die Großmannssucht ist der Linzer Politik angesichts der knappen Kassen offensichtlich noch nicht vergangen.

Meiner Ansicht nach wären diese Investitionsmittel in regionalen Projekte, die den Zusammenhalt und die Grundversorgung stärken besser aufgehoben. Die Kraft zivilgesellschaftlichen Engagements beweist sich ja gerade jetzt in der Bewältigung der Flüchtlingskrise, ohne sie würde es auch in Linz angesichts des Versagens der verantwortlichen Politik und Behörden traurig ausschauen.

Der Schluss daraus auf Dauer wichtige gesellschaftliche Arbeit auf Freiwillige abwälzen zu können, ist allerdings ein Trugschluss. In der letzten Legislaturperiode wurde ja auch viel Papier in Form von Programmen produziert – ein Sozialprogramm, ein Frauenprogramm und der KEP neu. Besonders die freie Szene harrt nach wie vor auf die Umsetzung der im KEP neu zugesagten Erhöhung der Förderungen und hätte es wohl längst verdient durch eine längerfristig planbare Förderung auch finanziell gewürdigt zu werden.

Und hier sind einige Worte zum sozialen Klima in der Stadt angebracht. Und da bläst ein rauer Wind. Besonders für die Notreisenden, denen in Linz nicht Barmherzigkeit, sondern Bedrängnis mittels restriktiven Bettelverbot und Überwachung entgegenschlägt. Und hier kann man angesichts des Koalitionsabkommens zwischen SPÖ und FPÖ auch auf keinen Haltungswandel hoffen. Besteht man darin doch auf eine konsequente Umsetzung des Bettelverbotes. Nicht unbekannt in diesem Haus ist es ja, dass die KPÖ eine andere Vorstellung von Sicherheit, jenseits von Law and Order hat, und jede Ausgabe für ein Law-and Order Instrument wie die Stadtwache in der Höhe von 1,4 Mio. ablehnt.

Dass auch ein anderer Umgang mit Armutsreisenden anstatt Kriminalisierung möglich wäre, zeigt immer wieder die Bettellobby auf. Wie sich der raue Umgang der Friedensstadt Linz mit den Armutsreisenden mit der derzeit laufenden Kampagne „City of Respect“ verträgt, die für einen wertschätzenden Umgang aller StadtbewohnerInnen miteinander wirbt, unter einen Hut zubringe ist, dass weiß wohl auch nur unser Bürgermeister.

Sinnvolle Investitionen in die soziale Sicherheit wären Projekte, die die sozialen Beziehungen der StadtbewohnerInnen stärken und Teilhabe an der Entwicklung der Stadt gewährleisten. Auch eine Erweiterung des Stadtentwicklungsprojekt Tabakfabrik, das derzeit vor allem als Quartier für die Kreativwirtschaft vorangetrieben wird, hin zu einem Laboratorium für soziale Innovationen wäre sinnvoll.

Auf keinen Fall darf dieses Stadtentwicklungsprojekt privaten Investoren ausgeliefert werden. Denn öffentliche Investitionen müssen den Menschen zu Gute kommen und nicht in den Geldbeuteln privater Investoren verschwinden. Besonders zu warnen ist an dieser Stelle auch vor PPP-Unternehmungen zur Finanzierung von Großprojekten, die allzu oft zu Kosten der Allgemeinheit enden. Denken wir hier nur an die Kritik des Landesrechnungshofs an der mittels PPP finanzierten Umfahrung Ebelsberg. Wie ungeeignet das Mittel der Privatisierung von öffentlichen Eigentums wie Energie AG, Hypo oder Wohnbaudarlehen zur Geldbeschaffung ist sieht man ja auch an der gescheiterten Politik der von 2003 bis 2010 gefeierten Schuldenfreiheit des Landes OÖ.

Hier ist besonders auch Bürgermeister Luger in die Pflicht zu nehmen, der bei seinem Antritt ins neue Amt versprochen hat, jegliche Versuche der Privatisierung der Linz AG abzuwehren. Besonderes Augenmerk wird hier auch auf das bis dato nur als Schlagwort formulierte Projekt „Linz Holding“ zu legen sein. Eine Privatisierung von öffentlichen Eigentums und eine weitere Entdemokratisierung von Entscheidungen durch die Hintertür sind hier zu befürchten. Ein Hinweis darauf findet sich ja schon im Koalitionsübereinkommen von SPÖ und FPÖ in dem es etwa heißt: „Finanz- und Minderheitenbeteiligungen der Stadt Linz bzw. städtischer Unternehmungen können jedoch einer kritischen Prüfung unterzogen und ihrer strategischen Relevanz neu bewertet werden.“

Werte Damen und Herren, neben dem sozialen und kulturellen sind natürlich auch die Mobilitätsinfrastruktur ein lohnender Bereich für Investitionen. Europaweit machen innovative Verkehrsprojekte, die auf den nichtmotorisierten und den Ausbau von Öffis setzen von sich Reden.

Nicht so Linz, dass beharrlich an einer auto-orientierten Verkehrspolitik festhält. Das findet sich etwa im außerordentlichen Voranschlag seinen Niederschlag mit 1,07 Millionen für den Westring, dem Einsparungen für den Ausbau von Radwegen, die nur mehr mit 100.000 Euro statt 285.000 Euro ausgewiesen sind, gegenüberstehen. Zurecht empört sich hier die die OÖ Radlobby, die den bereits gefassten Beschlüssen für die Anhebung des Radverkehrs auf 15 Prozent bis 2010 durch diese Sparmaßnahmen konterkariert sieht.

Der Wechsel des Verkehrsressorts von einer roten zu einem blauen Verkehrsreferenten lassen derzeit aber auch auf keine Kehrtwende hoffen. Sieht sich ja unser Verkehrsreferent derzeit lieber als Kämpfer gegen ihm nicht genehme Ampelpärchen in der internationalen Presse als sich durch Vorschläge für eine zukunftsorientierte Verkehrspolitik zu profilieren.

Da sag ich Ihnen in Oslo müsste man sein. Dort hat sich die neu gewählte linke Stadtregierung in Oslo dazu entschlossen, den Autoverkehr bis 2019 in der Innenstadt um 30 Prozent zu reduzieren und zwar durch eine engagierte Investitionspolitik in den Nahverkehr, in die Infrastruktur für FußgeherInnen, RadfahrerInnen und e-Bikes. Diese Vorgehensweise entspricht auch unseren verkehrspolitischen Vorstellungen. So gesehen wäre es auch wünschenswert vor Rückschritten in der Parkraumbewirtschaftung Abstand zu nehmen und die veranschlagten rund 10 Millionen Euro für Maßnahmen zur Förderung ökologisch verträglicheren Mobilitätsformen zu verwenden. Unerfreulich auch in diesem Zusammenhang die ab 1. Jänner 2016 ins Haus stehenden Tariferhöhungen um zehn Prozent bei den Linz Linien. Wohl auch keine Maßnahme zur Attraktivierung des öffentlichen Nahverkehrs.

Sehr geehrte Damen und Herren, „Wer soll das bezahlen, wer hat so viel Geld“ heißt es in einem populären Schlager aus den Wirtschaftswunderjahren. Und da sind wir bei der Verteilungsfrage angelangt. Eine Debatte über ein kommunales Budget ohne die ungerechte Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums anzusprechen ist ein Ablenkungsmanöver. Bertolt Brecht bringt die Verteilungsfrage recht gut auf den Punkt: „Reicher Mann und armer Mann / standen da und sah'n sich an. / Und der Arme sagte bleich: / „Wär´ ich nicht arm, wärst du nicht reich“

Laut D.A.CH-Report stieg 2013 die Zahl der Euro-MillionärInnen in Österreich auf 83.200. Ihr Vermögen wird auf 262 Milliarden Euro geschätzt. Jedes Prozent Vermögenssteuer würde also 2,6 Milliarden Einnahmen für die Staatskassa bringen. Allein das in steuerschonenden Privatstiftungen geparkte Vermögen beläuft sich auf 100 Milliarden Euro. Ohne eine gerechte Steuerpolitik wird sich also an den matten Stadtfinanzen nicht recht viel ändern.

Auch die Schuldenproblematik ist Teil der Verteilungskrise. Der Schuldenstand der Stadt (ohne ausgegliederte Gesellschaften) ist per Jahresende 2016 mit 778,06 Mio. veranschlagt, wobei 2016 erstmals keine Netto-Neuverschuldung erfolgt. Mit einem Schuldenstand von 3.946 Euro pro EinwohnerIn liegt Linz auch 2016 an der Spitze der Landeshauptstädte.

Als einzige Profiteur lassen sich hier die Banken ausmachen, die sich über Zinsen in der Höhe von 17,23 Mio. Euro freuen können. So wandern etwa die städtischen Einnahmen aus der Grundsteuer in der Höhe von 20,8 Mio. zum größten Teil in die Bedienung der Bankzinsen. Mit 32,92 Prozent ist die Raiffeisenlandesbank weiterhin bei den aushaftenden Darlehen dominant, ihr Einfluss auf die Politik der Stadt ist ja seit Jahren unübersehbar. Unerwähnt soll hier auch nicht das hausgemachte Swap-Debakel bleiben, ein Thema das dieses Haus ja noch weiter beschäftigen wird.

Sehr geehrte Damen und Herrn, in der ersten Arbeitssitzung des neugewählten Gemeinderats wurde ja schon über die Attraktivierung der Budgeterstellung debattiert. Ich bin der Ansicht, dass die von vielen MandatarInnen vermisste Interesse der BürgerInnen an Budgetdebatten vor allem im Vorgang selbst begründet liegt. Denn die Erstellung des Voranschlages ist ein ausgesprochen bürgerInnenfernes Metier. Das liegt einerseits an dem recht sperrig aufgemachten Rechenwerk mit seinen oft recht kryptisch formulierten Titeln, andererseits am exklusiven Kreis der GestalterInnen desselben.

So bleibt es den Stadtsenatsparteien vorbehalten, daran mitzuwirken. Partizipative Budgetgestaltungselemente etwa durch BürgerInnenversammlungen fehlen in Linz völlig, erfahrungsgemäß steigt die Anteilnahme an Politik aber nur dann wenn nicht nur Eliten ihre Interessen formulieren und durchsetzen können. Hier gäbe es also noch viel zu tun, als kleinen Fortschritt kann man die Veröffentlichung des Budgets auf der Homepage werten.

Sehr geehrte Damen und Herrn, zu guter Letzt noch Vorschläge meiner Partei zur Einnahmensteigerung. Die durchaus beachtlichen Einnahmen aus der Kommunalsteuer mit einem Pro-Kopf-Aufkommen von 714 Euro könnten mit einer Umstellung der Bemessung von drei Prozent der Lohnsumme auf die gesamte Wertschöpfung noch weiter gesteigert werden. Mehreinnahmen für die Stadt könnte auch eine Zeitwohnsitzabgabe bringen. Dafür gibt es ja auch einen gültigen Gemeinderatsbeschluss.

Ebenso wäre auch eine Leerstandsabgabe, die etwa über die Stromrechnung eingehoben werden könnte, wenn der Stromverbrauch eine regelmäßige Nutzung ausschließt, anzugehen. Wie man hört ist die Einführung einer Leerstandsabgabe auch für die rotgrüne Regierung in Wien kein Tabu mehr, zumal für Wien im August 2015 eine entsprechende Studie zu Leerständen vom dortigen SPÖ -Wohnungsstadtrat präsentiert wurde. Die Linderung der Wohnungsnot durch „Vermieten statt Spekulieren“ und zusätzliche Einnahmen für die Stadtkasse sprechen dafür. Es ist zu hoffen, dass sich Bürgermeister Luger nicht weiter beharrlich weigert die Linzer Leerstände zu erheben. Wie man am Wiener Beispiel sieht ist das mittels eines Rechnungsmodells auf Basis der Daten der Statistik Austria und der Meldedaten möglich. Die Datenerhebung wäre daher durchaus auch der Linzer Abteilung Stadtforschung zu zutrauen. Angesichts des Zuzugs zum Zentralraum und des nur schleppenden Vorankommens des öffentlichen Wohnbaus wird es nicht ausbleiben, hier auch am privaten Wohnungsmarkt Maßnahmen zu setzen um dem Menschenrecht nach einem Dach über dem Kopf gerecht zu werden.

Zu verweisen ist auch auf die Ausstände bei der Kommunalabgabe und die Befreiung der Religionsgemeinschaften von der Grundsteuer. Nicht zu vergessen auch auf eine Nahverkehrsabgabe zur Finanzierung des öffentlichen Verkehrs, wie es sie ja seit den 70er Jahren in Wien als U-Bahnsteuer schon gibt.

Ich werde wie in den vergangenen Jahren dem Voranschlag und Dienstposten- und Stellenplan aus grundsätzlichen Erwägungen nicht zustimmen. Das heißt nicht Ablehnung aller Maßnahmen, die darin enthalten sind. Im Laufe des kommenden Jahres werde ich allen auf der Tagesordnung stehenden Maßnahmen zustimmen, wenn diese Verbesserungen für die das Gedeihen der Stadt bringen. Gleichzeitig möchte ich den Mitarbeitern und MitarbeiterInnen der Finanzverwaltung Dank und Anerkennung für die Erstellung des Voranschlags aussprechen. Respekt! Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

Es gilt das gesprochene Wort.


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