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Ein "Sowohl-als-auch" im Verkehr ist die Fortsetzung der alten Politik

  • Donnerstag, 10. September 2015 @ 11:52
Linz In Wahlkampfzeiten haben nun fast alle Parteien auch die RadfahrerInnen als Zielgruppe für ihre Wahlwerbung entdeckt. Es wird viel versprochen.

Ein Kommentar von Michael Schmida, Verkehrssprecher der KPÖ-Linz. Er kandidiert an zweiter Stelle auf der Gemeinderatsliste.

Immerhin hat sich die Politik in Land und Stadt ein sehr ehrgeiziges Ziel gesetzt, nämlich den Radverkehrsanteil schrittweise zu erhöhen. Derzeit liegt er z.B. in Linz gerade einmal bei 7% und damit an vorletzter Stelle aller österreichischen Landeshauptstädte. Bis 2020 will man den Radverkehrsanteil auf 15% ausbauen. 2012 hat der Linzer Gemeinderat dazu sogar einen einstimmigen Beschluss gefasst. Eine solche Absichtserklärung muss aber auch umgesetzt werden, sonst bleibt sie nur eine leere Willensbekundung mit der sich die Politik schmücken kann. Am Ende sind dann doch die verkehrspolitischen Realitäten eine andere. Die Schuld wird die Politik dann im individuellen Verhalten oder nicht vorhersagbaren Entwicklungen suchen. Dass sie selbst mit vielen Entscheidungen und Festlegungen genau diese Tatsachen geschaffen hat, kommt ihr jedoch nicht in den Sinn.

Jahrzehntelang wurde der motorisierte Individualverkehr bevorzugt. Das Auto stand und steht noch immer im Mittelpunkt, wenn neue Verkehrswege erschlossen, Mobilität geplant und erzeugt wird und letztlich Städte und Räume entwickelt werden. Da hat sich wenig verändert. Um es auf den Punkt zu bringen: Die nunmehr proklamierte Sowohl-als-auch-Politik, also nun alle Verkehrsformen zu fördern, für alle neue Verkehrswege, Infrastruktur, etc. zu schaffen und sich nicht eindeutig festlegen zu wollen und Prioritäten zu setzen, ändert daran wenig. Mehr noch, indem die Politik nicht gegensteuert, klare eindeutige Vorgaben macht, die den Nicht-Auto-Verkehr in seiner Gesamtheit (Fuß- und Radverkehr, öffentlicher Verkehr) bevorzugt, wird der motorisierte Individualverkehr prozentuell nicht weniger und in absoluten Zahlen sogar noch weiter steigen.

Wir von der KPÖ haben uns in unseren Vorstellungen, aber auch in der konkreten Gemeinderatstätigkeit in Abstimmungen und Statements, bemüht einer anderen Verkehrspolitik zu folgen. Bei den großen Straßeninfrastrukturprojekten ist das relativ einfach. Die Westring-Autobahn oder die geplante Autobahn-Ost"umfahrung" sind Verkehrsprojekte aus der Steinzeit. So sieht keine Verkehrspolitik aus, die zukunftsfähig sein will und zu einer Verminderung bei den Verkehrsbelastungen beiträgt.
Schon schwieriger wird das bei Infrastruktur-Vorhaben im öffentlichen Verkehr (ÖV). Natürlich wird niemand etwas gegen den Ausbau des öffentlichen Verkehrs grundsätzlich haben. Aber der Teufel steckt da im nicht so kleinen Detail. Wenn etwa die neue, zweite Straßenbahnachse größtenteils unterirdisch geplant und gebaut wird oder wenn weniger viele kleine Einzelaktivitäten im ÖV umgesetzt werden, sondern stattdessen ein großes und teures ÖV-Projekt als Leuchtturmprojekt alles andere gut machen soll. Auf die negativen Wirkungen für Fahrgäste und Kosten der unterirdischen Führung haben wir immer wieder hingewiesen. Nur Nebenbei: Die Projektierung der zweiten Straßenbahnachse hat auch dazu geführt, dass die Mühlkreisbahn keine Zukunft mehr hat und in den Planungen nur noch als eventuelle Regiotram-Verlängerung bis möglicherweise Kleinzell vorkommt. Wieder eine Nebenbahn der man erfolgreich den Garaus gemacht hat.
Der öffentliche Verkehr muss als Teil einer Gesamtstrategie in der Stadtentwicklung gesehen werden, anstatt ihn sinnbildlich unterirdisch - wie bei der neuen Straßenbahnlinie - aus dem Sichtfeld zu verbannen. Aber noch mehr: Flächenwidmungen und Bebauungen müssten unter dem Gesichtspunkt der Verkehrsentwicklung betrachtet werden. Deshalb haben wir im Gemeinderat einigen Anträgen über Bauprojekte nicht zugestimmt. Etwa dem überbordenden Bau neuer Tiefgaragen oder die Erweiterung von Park- und Geschäftsflächen für große Einkaufsmärkte. Interessanterweise war hier die KPÖ oftmals allein auf weiter Flur. Und selbstverständlich kann auch die Verkehrs- und Stadtplanung die Straßen und Wege so planen, dass nicht immer zuerst an das Auto gedacht wird. In einer verkehrspolitischen Resolution der KPÖ-Linz haben wir gefordert: "Die Bewegungslinien der FußgängerInnen und RadfahrerInnen dürfen sich nicht wie derzeit dem Auto unterordnen, sondern diesen muss Vorrang eingeräumt werden. Die Bauordnung sollte so ausgelegt sein, dass ein öffentliches Verkehrsmittel näher als der PKW-Stellplatz erreichbar ist."[1] Zu den Stellflächen haben wir erst kürzlich eine Anfrage an den Bürgermeister eingebracht.[2] Andere Städte haben niedrige Stellplatz-Verpflichtungen mit sogar Obergrenzen, in Linz sind ein bis zwei Stellplätze pro Haushalt, in der Regel als Tiefgarage ausgeführt, Normalität.

Verkehrspolitik besteht darin mit geeigneten Push- und Pullmaßnahmen bestimmte Ziele zu erreichen. Das kann man ernst nehmen oder man überlässt das dem Zufall oder der Tradition ("das haben wir immer schon so gemacht"). Wir sind für die Trendwende im Verkehr, dazu braucht es viele, viele Maßnahmen und Aktivitäten.[3] Aber eines ist klar: Man muss sich dafür entscheiden und diese auch wollen! Sonst geht es weiter wie in der Vergangenheit. Ein "Sowohl-als-auch" bedeutet ein weiter wie bisher in der Verkehrspolitik!

PS: Am Samstag, 12.9. veranstaltet die Radlobby Oberösterreich eine RAD-PaRADe in Linz, welche vorher mit einem SternRADLn aus den Linzer Umlandgemeinden beginnt.[4] Es werden auch fast alle Parteien vertreten sein und große Versprechungen bezüglich Ausbau des Radverkehrs in Linz und Oberösterreich machen. An den Taten in der Vergangenheit, aber auch in der Zukunft, werden wir sie messen!

1 Resolution 1: Mehr Lebensqualität durch weniger Autoverkehr
2 Anfrage Stellplätze KPÖ-Linz
3 Maßnahmen/Forderungen der KPÖ zum Radverkehr:

  • Deutliche Anhebung des Budgets für den Radverkehr
  • Ausbau des Radwegenetzes
  • Sichere und praxistaugliche Radwege
  • Tempo 30 im Stadtgebiet für alle VerkehrsteilnehmerInnen
  • Eine sichere und fahrradfreundliche Nibelungebrücke
  • Aufhebung der Radwegebenützungspflicht in Straßen mit wenig Verkehrsaufkommen
  • Ausbau der Radservice-Stationen in Linz
  • Mehr und bessere Radabstellanlagen
  • Fahrradmitnahme in den Linz Linien
  • Städtische Kampagnen für das Radfahren
  • Radfahrbeauftragte der Stadt Linz mit Ressourcen und Kompetenzen ausstatten
  • Lastenfahrradverleih durch die Stadt Linz
4 Radlobby RAD-PaRADe am 12.9.2015

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