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Die KPÖ zum Thema Baukultur

  • Mittwoch, 2. September 2015 @ 11:15
Linz Stellungnahme der Architekturhistorikerin und Linzer KPÖ-Gemeinderatskandidatin Mag.Dr. Edith Friedl zur Umfrage Baukultur der Plattform Baukultur und der Kammer für Architekten und Ingenieurkonsulenten für Oberösterreich und Salzburg

KONZEPTIVER STÄDTEBAU UND RAUMPLANUNG:

Die Gesellschaft ermöglicht durch Umwidmungsverfahren einigen wenigen Akteuren enorme Wertsteigerungen. Die Gemeinschaft sollte jedoch verstärkt mit diesem Entgegenkommen auch einen respektvollen Umgang mit dem, was bereits vorhanden ist, mit wertvollen Naturräumen, alter Bausubstanz, bewährten Wegen, sozialen Beziehungen einfordern.

Stadtentwicklung ist eine komplexe Materie. Sie bedingt bereits in der Projektentwicklungsphase eine vitale Zusammenarbeit zwischen Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Fachplanern, Soziologen, Mobilitätsexperten und Bevölkerung, den Experten vor Ort, um vorausschauend, effektiv und effizient den nächsten Schritt, den offenen Wettbewerb und in der Folge eine nachhaltige Projektabwicklung vorzuplanen. Es gilt auch, jedes Projekt als Teil etwas Größerem zu betrachten. So ist beispielsweise ein Wohnbauvorhaben optimal in das jeweilige Stadtquartier durch eine Gesamtbetrachtung einzubinden.

FRAGE AN DIE PARTEI: Werden Sie einen Antrag auf eine Gesetzesinitiative, die Qualitäten, wie exzellente, städtebauliche, integrale, partizipative Planungs- und Bauprozesse, die die Phase nach der Beauftragung bzw. Bestellung beschreibt, und bei öffentlichen Bauaufgaben schlagend wird, unterstützen?

Antwort: Ja, unbedingt! Es kann nicht sein, dass für die Profite Weniger gewachsene und bewährte Strukturen eliminiert werden. Hier ist das interdisziplinäre Zusammenwirken von ExpertInnen aus den oben genannten Bereichen mit der Bevölkerung besonders gefragt. Nur mit so einer Gesetzesinitiative ist echte Nachhaltigkeit und - ganz wichtig - Transparenz garantiert. Dazu Leseempfehlung v.a. für Linzer PolitikerInnen: Alexander Mitscherlich, Die Unwirtlichkeit unserer Städte; Christopher Alexander, Eine Muster-Sprache: Städte - Gebäude – Konstruktionen

DER MENSCHLICHE MASSSTAB:

Die Zukunft unserer Stadt liegt auch im Spannungsfeld der Bandbreite zwischen kleinen Stadtdetails bis hin zu raumplanerisch großen Maßstäben. Jede Maßnahme im halböffentlichen und öffentlichen Raum bedarf fachlicher Diskurse und Gestaltmaßnahmen. Ein Qualitätsmerkmal der Planung urbaner Räume ist die Wahrnehmung derer, die sich darin wiederfinden sollen - der Bürgerinnen und Bürger. Ein dänischer Städtebauer meint, die Zukunft unserer Städte liegt in der Gewichtung notwendiger Maßnahmen eindeutig auf einer menschlichen Maßstabsebene, die sich beispielsweise nach den Möglichkeiten und Bedürfnissen von Kindern und älteren Menschen, von Fußgängern und Radfahrern orientiert und nicht nach jenen des motorisierten Automobilverkehrs.

FRAGE AN DIE PARTEI: Teilen Sie diese Meinung und mit welchen konkreten Strategien werden Sie sich einsetzen, Stadt-, Quartiersentwicklung und infrastrukturelle Entwicklungen besser als bislang voranzutreiben, die der Vielschichtigkeit menschlicher Bedürfnisse und dem menschlichen Maßstab gerecht wird?

Antwort: Ich teile diese Meinung absolut. Eine Strategie könnte sein, vor jeder größeren - und damit für die Zukunft einschneidenden -Veränderung ein verpflichtendes Hearing mit Gestaltungsbeirat, Fachexperten für Verkehr, Stadtsoziologie etc., allen Gemeinderats-Mitgliedern und der betroffenen Bevölkerung zu installieren. Das Ergebnis aus den Erkenntnissen des Hearings müsste verbindlichen Charakter für die letztgültige Projekt-Entscheidung haben, um Mauscheleien hinter verschlossenen Türen zuungunsten der Bevölkerung möglichst zu unterbinden. (Beispiel: Hochhaus Bulgariplatz)

MOBILITÄTSKONZEPTE:

Wohnen ist eine Nutzung, die unabdingbar mit Mobilität verknüpft ist, sobald wir auch an Arbeit, soziales Miteinander, Kultur und Bildung denken. Um Wohnen in einer menschengerechten Qualität sicherzustellen und dennoch mit den finanziellen Möglichkeiten der Gemeinschaft in Einklang zu bringen, sind auch zeitgemäße, zukunftssichere Mobilitätskonzepte vorausschauend Teil jeder Planung wahrzunehmen. Linzer Vorgaben wie z.B. der Ausbau der Straßeninfrastruktur und Förderung von zwei Tiefgaragenplätzen pro Wohneinheit stehen im Gegensatz zu zeitgemäßen Mobilitätskonzepten, die bereits evaluiert neue, tatsächlich finanzierbare Wege in Europäischen Metropolen aufzeigen. Car Sharing Angebote, die beispielsweise im Zuge der Errichtung oder Sanierung von Wohnbauten implementiert werden, vergünstigen enorm diese Projekte in Errichtung und Betrieb.

FRAGE AN DIE PARTEI: Wie werden Sie diese Erkenntnisse und Bedürfnisse nach zeitgemäßen und nachhaltigen Mobilitätskonzepten in unserer Stadt umsetzen?

Antwort: Verbindliche ‚Seminare‘ für Gemeinderatsmitglieder, Ressort-LeiterInnen etc. mit Experten aus Städten (etwa Curitiba/Brasilien) und Ländern (z.B. Schweiz) und österr. Verkehrs- und MobilitätsexpertInnen (Prof. Knoflacher usw.), damit die Linzer Politik auf den neuesten Informationsstand einer zeitgemäßen, internationalen Umsetzung kommt, die sich bereits in anderen Regionen der Welt bewährte.
Damit einhergehend eine verstärkte Einbindung der Öffentlichkeit und der Medien – und die gezielte Ausbildung einer sog. ‚kommunalen Intelligenz‘ für PolitikerInnen (dafür gibt es bereits gute Programme).

BAUKULTUR UND VERGABEKULTUR:

Baukultur ist eine Querschnittsmaterie. Sie ist ein Spiegel unserer Gesellschaft, ein Indikator, in welcher Qualität unsere Generation im Stande ist, für die Bedürfnisse der Menschen heute und morgen zukunftsfähige, finanzierbare, urbane und lebenswerte Räume zu entwickeln und zu Verfügung zu stellen. Hierzu bedarf es ausgezeichneter Prozesse. Diese beginnen mit hoher Bestellqualität öffentlicher Auftraggeber. Sie führen über ausgezeichnet fachlich begleitete Projektentwicklung, und über faire, offene Vergabeverfahren mit unabhängigen Planern und Prozessbegleitern, über integrale Planungsleistungen hin zur unabhängig, kontrollierter Baubegleitung der Bauausführung. In OÖ trägt eine qualifizierte Zahl an Ziviltechnikern unterschiedlichster Disziplinen an einer Lösung dieser alltäglichen Herausforderungen bei. In der Praxis wird diese Kompetenz nicht ausreichend abgefragt. Zudem widerspricht die Vergabepraxis der öffentlichen Hand in vielen Fällen der Intention der Gesetzgebung und den Interessen der Steuerzahler.

FRAGE AN DIE PARTEI: Stehen Sie dafür ein, dass in Zukunft öffentliche Planungs- und Bauaufgaben auf transparenten, offenen und fairen Vergabe- und exzellenten Planungs- und Bauprozessen fundieren? Werden Sie unsere Anliegen offene Architekturwettbewerbe als Regelverfahren zu etablieren, als Basis für die Vergabe von Architekturleistungen unterstützen?

Antwort: Hundertprozentiges JA!

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