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KOMMUNAL fragt, die KPÖ antwortet

  • Freitag, 9. August 2013 @ 12:19
Kommunal 1: Wie sehen Sie die Zukunft der Gemeinden bzw. des ländlichen Raumes im Hinblick auf die demografische Entwicklung und die anhaltende Abwanderung?

Die Abwanderung aus dem ländlichen Raum hängt maßgeblich mit dem Mangel an Arbeitsplätzen und leistbaren Mietwohnungen zusammen. Mit der Zerschlagung der verstaatlichten Industrie ging ein wichtiges Beschäftigungsinstrument verloren.

Die Schließung von Postämtern, Bezirksgerichten und Polizeidienststellen, die Stilllegung von Regionalbahnen und das Zusperren von Nahversorgern haben die ländliche Infrastruktur massiv ausgedünnt. Der Wildwuchs im Umland der Städte und die Zersiedelung ländlicher Regionen ist Folge einer verfehlten Struktur- und Raumordnungspolitik und führte zu einem enormen Wachstum des Autoverkehrs und einer zunehmende Belastung der Umwelt. Für eine Aufwertung des ländlichen Raums sind die Ausrichtung der Wohnbauförderung auf leistbare Mietwohnungen, der verstärkte Ausbau des öffentlichen Verkehrs mit dem Ziel einer Freifahrt sowie gezielte Betriebsansiedlungen erforderlich. Dabei kommt der öffentlichen Hand und damit politischen Entscheidungen eine zentrale Bedeutung zu. Auch für die Entwicklung der ländlichen Regionen gilt, dass der „freie Wettbewerb“ die Probleme nicht löst, sondern im Gegenteil verschärft.

2: Im Hinblick auf die Finanzierbarkeit der Gemeinden (und der Länder) wird immer wieder Steuerautonomie für Gemeinden und Länder gefordert. Wie steht ihre Partei dazu?

Um einen unerwünschten Konkurrenzkampf zwischen Gemeinden zu verhindern, halten wir eine Steuerautonomie nur innerhalb einheitlicher bundesweit geltender Regelungen für sinnvoll.

3: Wie stehen Sie zur Zwangsweisen Zusammenlegung von Gemeinden?

Eine zwangsweise Zusammenlegung von Gemeinden lehnt die KPÖ ab. Für uns steht im Vordergrund die Förderung von Kooperationen von Gemeinden über Gemeindeverbände oder Verwaltungsgemeinschaften mit entsprechenden Synergieeffekten. Wenn als Folgewirkung eine freiwillige Zusammenlegung von Gemeinden oder die Eingemeindungen von Ortsteilen erfolgt ist das zu begrüßen. Jedenfalls müssen Gemeindezusammenlegungen und Eingemeindungen von Ortsteilen in andere Gemeinden durch eine Mehrheit bei einer Volksabstimmung der jeweiligen Gemeinden legitimiert werden. Gleichzeitig müsste die Mitsprache der BürgerInnen, etwa durch regelmäßige BürgerInnenfragestunden, Gemeinde- oder Stadtteilversammlungen, BürgerInnenbefragungen oder lokale Volksabstimmungen ausgebaut werden.

4: Falls Sie gegen eine Steuerautonomie sind: Wie sollen die Gemeinden die Grund-Infrastruktur aufrechterhalten und finanzieren? Und nach welchem Schlüssel sollen die Steuergelder verteilt werden, denn der abgestufte Bevölkerungsschlüssel hat sich ja nach allgemeiner Ansicht überlebt?

Die Schlüsselfrage für die Gemeindefinanzen ist und bleibt ein gerechter Finanzausgleich. Derzeit erhalten die Gemeinden (ohne Wien) nur rund zwölf Prozent aus dem FAG, sie tätigen aber rund 40 Prozent der öffentlichen Investitionen. Für die Diskrepanz sind mit entsprechenden Bittgängen und Auflagen verbundene Zuschüsse von Land und Bund erforderlich. Die KPÖ plädiert für einen aufgabenorientierten Finanzausgleich, der den erhöhten Finanzierungsbedarf für überörtliche Aufgaben berücksichtigt. Eine bloße Umverteilung zwischen den Gemeinden lehnen wir ab. Durch eine entsprechende Besteuerung von Millionenvermögen und Profiten der Konzerne und Banken muss der Topf des FAG insgesamt vergrößert und der Anteil der Gemeinden daraus erhöht werden.

5: Bei den kommunalen Sommergesprächen Ende Juli in Bad Aussee wurde unter anderem eine „Aufgabenreform nach Schweizer Muster“ mit viel mehr Subsidiarität – aber keine Kopie der direkten Demokratie der Schweiz – gefordert. Ihre Meinung dazu?

Angesichts der Fülle von Aufgaben, die schon jetzt den Gemeinden durch EU, Bund und Länder aufgelastet werden und sie zur Mitfinanzierung auch von Aufgaben nötigen, für die sie eigentlich nicht kompetent sind, stehen wir dem Gedanken der Subsidiarität skeptisch gegenüber. Vor allem weil die vielzitierte Gemeindeautonomie durch den finanziellen Druck, die chronische Unterfinanzierung der meisten Gemeinden und auf oberster Ebene getroffene Budgetauflagen (Maastricht-Kriterien, Stabilitätspakt, Fiskalpakt) ohnehin kaum noch gegeben ist.

6: Wie könnte/sollte ein „reformierter Föderalismus“ in Österreich aussehen?

Neun Versionen wichtiger Gesetze wie Bauordnung, Jugendschutz, Gemeindeordnungen, Kommunalwahlrecht, Tierschutz etc. in einem so kleinen Land wie Österreich sind unsinnig. Die KPÖ plädiert daher für die Abschaffung der Landesgesetzgebung zugunsten einheitlicher Bundesgesetze und die Reduzierung der Länder auf eine Verwaltungsebene. Die Stärkung der Gemeinden in Hinblick auf ihre Finanzen und damit verbunden auch der Autonomie ist eine entscheidende Frage einer Bundesstaatsreform. Es ist widersinnig, wenn 80 Prozent der Kompetenzen auf EU-Ebene vorgegeben und die nationale Entscheidungsebene ausgehöhlt wird, gleichzeitig unter dem Stichwort „Europa der Regionen“ der Föderalismus gestärkt und die Gemeinden als den BürgerInnen nächste Ebene zu Nachvollzugsorganen ohne eigene Entscheidungsmöglichkeit degradiert werden.

7: Es wird immer schwieriger, Bürgermeister zu finden. Welche Rahmenbedingungen würde Ihre Partei schaffen, um die Attraktivität kommunaler Funktionen, vor allem die des Bürgermeisters, zu erhöhen und deren soziale Absicherung zu gewährleisten?

Die zunehmende Schwierigkeit BürgermeisterInnen zu finden resultiert nicht zuletzt aus der durch Vorgaben von EU, Bund und Ländern den Gemeinden aufgelasteten Aufgabenfülle. Es ist eine falsche Entwicklung, wenn Gemeinden als Unternehmen und BürgermeisterInnen als ManagerInnen verstanden werden. Die Personalisierung der Politik, etwa durch die BürgermeisterInnendirektwahl, verstärkt das „Ortskaisertum“ auf Kosten des Gemeinderates. Politik soll daher unter möglichst breiter und aktiver Einbeziehung der Bevölkerung als Gestaltungsprozess stattfinden.

Leo Furtlehner, Kommunalsprecher des KPÖ-Bundesvorstandes

Zur Information: KOMMUNAL ist das Organ des Österreichischen Gemeindebunds und DAS Fachmagazin für kommunalpolitische Belange. Kein vergleichbares Medium in Europa hat eine höhere Reichweite - KOMMUNAL wird an 35.826 kommunale Entscheidungsträger (ÖAK 2012) in ganz Österreich versandt! Und die meisten unserer Leser empfangen ihr KOMMUNAL an der Privatadresse, nicht im papierüberfluteten Gemeindeamt. Unsere Leser bestimmen über jährliche Investitionen von rund 3. Milliarden Euro in den 2.354 österreichischen Gemeinden. Infos www.kommunal.at


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