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Linzer Budgetdebatte: SPÖ konnte Swap nicht ausblenden

  • Donnerstag, 15. Dezember 2011 @ 23:00
Linz Gute elf Stunden dauerte die Budgetdebatte des Linzer Gemeinderates am 15. Dezember 2011. Neben den RednerInnen der sechs Gemeinderatsparteien in der Generaldebatte gab es 39 Statements in der Spezialdebatte.

Zu Beginn der Sitzung begrüßte Bürgermeister Franz Dobusch (SPÖ) wieder zahlreiche Spitzenbeamte und Manager ausgegliederter Unternehmen sowie frühere Stadtsenats- und Gemeinderatsmitglieder auf der Galerie. Auch heuer wurde die Budgetdebatte wieder via Livestream von dorf.tv im Internet übertragen. Als einzige Erinnerungen zum Voranschlag 2012 lagen jene des KPÖ-Bezirksvorstandes auf.

Mayr als Schönfärber

Finanzreferent StR Johann Mayr (SPÖ) versuchte in seiner fast eineinhalbstündigen Budgetrede, unterstützt von Powerpoint-Präsentationen, die Finanzlage der Stadt durch demonstrative Betonung des Vermögens der Stadt und der Unternehmensgruppe Linz im besten Licht darzustellen und brachte es fertig kein einziges Mal das Reizwort Swap zu erwähnen. Demonstrativ war auch sein Bekenntnis zum öffentlichen Eigentum. Mit dem Zitieren aus einem Interview im Jahre 2003, bei dem sich ÖVP-Vizebürgermeister Erich Watzl für die 49-prozentige Privatisierung der Linz AG ausgesprochen hatte, löste eine heftige Debatte aus, die sich wie ein roter Faden dann durch die ganze Budgetsitzung zog.

Als fragwürdig ist der von Mayr getroffene Vergleich der Stadt mit ATX-Unternehmen zu sehen, gelten doch für dem Gemeinwohl verpflichtete Gebietskörperschaften andere Regeln als für profitorientierte Kapitalgesellschaften. Manipulativ auch Mayrs Vergleich der Arbeitslosigkeit in Linz mit derzeit 3,8 Prozent mit ÖVP-regierten Landeshauptstädten mit deutlich höherer Arbeitslosigkeit, während er wohlweislich das SPÖ-regierte Wien mit dem höchsten Wert unterschlug.

Wie zu erwarten lösten Mayrs Attacken gegen die hohen Transferzahlungen an das Land für Landesumlage, Sprengelbeitrag und Sozialhilfeumlage heftigen Widerspruch der ÖVP aus. Der Finanzreferent wies dabei darauf hin, dass Linz bei einem Bevölkerungsanteil von 17 Prozent 25 Prozent der gesamten Landesumlage aufbringen muss und diese Zahlungen weit über der Inflationsrate gestiegen sind, und ohne diesen Geldfluss zum Land das Stadtbudget einen Überschuss ausweisen würde.

Während die Ertragsanteile seit 2003 um 25 Prozent gestiegen sind, wuchsen die Transferzahlungen um 45 Prozent. Erschwerend und leistungsfeindlich sei, so Mayr, dass Linz für seine Wirtschaftskraft bestraft wird, weil die Kommunalabgabe in die Berechnung der Landesumlage einfließt. Mussten 2000 noch 40 Prozent der Ertragsanteile für die Transferzahlungen aufgewendet werden, so sind es 2012 bereits 50 Prozent.

Als fragwürdig ist auch Mayrs mit großem Aufwand eruiertes Abstimmungsverhalten zu Anträgen mit Fremdfinanzierung zu werten: Demnach stimmten seit 2003 die SPÖ zu 100 Prozent, die ÖVP mit 95,9 Prozent, die FPÖ mit 97,2 Prozent, die Grünen mit 97,7 Prozent, das BZÖ mit 86,9 Prozent und die KPÖ mit 91,9 Prozent für solche Anträge. Unterschlagen wurde dabei von Mayr, dass etwa für die KPÖ die Gründe für die Ablehnung der betreffenden Anträge nicht die Fremdfinanzierung, sondern durchwegs andere Gründe waren und das dürfte auch für die anderen Parteien zutreffen.

Berechtigt ist jedoch die von Mayr in Richtung ÖVP erfolgte Forderung nach „Ehrlichkeit und Anständigkeit in der öffentlichen Argumentation“, profiliert sich doch die ÖVP hauptsächlich damit, durch eine Flut von Anträgen laufend neue Projekte zu verlangen, dann aber über den hohen Schuldenstand zu lamentieren.

Aufhorchen ließ Mayr mit dem Vorschlag die Bezirkshauptmannschaften aufzulösen („Wir brauchen sie nicht“) und deren Aufgaben großteils den Gemeinden, wo dies nicht möglich ist, dem Land zuzuweisen oder fünf Verwaltungszentren für Oberösterreich einzurichten und Ried sowie Vöcklabruck zu Statutarstädten aufzuwerten. Er rechnete dabei vor, dass Linz rund 15 Millionen Euro für Bezirksverwaltungsaufgaben ausgibt, davon zwölf Millionen für Personal, im Unterschied zu den Bezirkshauptmannschaften die Statutarstädte dafür kein Geld vom Land erhalten.

Wenig rosig sind laut Mayrs Darstellungen die Aussichten für die nächsten Jahre: Laut mittelfristiger Finanzplanung ist bis 2015 mit einem Minus im ordentlichen Haushalt zu rechnen, ebenso beim Maastricht-Ergebnis. Wie heuer ist auch für 2012 eine Ausgabensperre vorgesehen, die bei Bedarf vom Stadtsenat in Kraft gesetzt werden kann.

Einmal mehr brüstete sich der Finanzreferent, wie stark im Magistrat Linz rationalisiert und Personal abgebaut wurde. Im eigentlichen Magistrat gibt es 2012 um 583 Arbeitsplätze weniger als 2000, einen Zuwachs gab es nur beim Kinder- und Jugendservice durch den Ausbau der Kindergärten. Während im Kern-Magistrat 40,6 Prozent der Beschäftigten Frauen sind, beträgt ihr Anteil bei den Pragmatisierten nur 32,7 Prozent, die Teilzeitquote liegt bei 21,2 Prozent.

Luger adelt Linz zur „europäischen Sozialhauptstadt“

SPÖ-Fraktionssprecher VBgm. Klaus Luger sprach von der „klaren sozialen Handschrift“ im Budget und der „Handlungsfähigkeit der Stadt“. Während andere Städte Kürzungen im Sozialbereich vornehmen, sei Linz die „soziale Hauptstadt Europas“, so Luger großspurig. Wie schon Mayr attackierte auch Luger die ÖVP, welcher er ein „politisches Doppelspiel“ und „politische Schmähführerei“ vorhielt, nämlich für alle Projekte zu sein, um dann über Schulden und die Finanzlage zu klagen. Er kritisierte die Privatisierung der landeseigenen Energie AG und der Bundeswohnungen und betonte die Bedeutung der stadteigenen Linz AG.

Fürlingers Häuselbauer-Argumentation

Offenbar um die SPÖ zu reizen, bezeichnete ÖVP-Fraktionschef Klaus Fürlinger Linz neuerlich als Abgangsgemeinde und ging ausführlich auf die Swap-Thematik ein. Er meinte es sei Widerspruch zu behaupten, dass die Stadt gut dasteht, während sie gemeinsam mit den ausgegliederten Unternehmen über eine Milliarde Euro Schulden hat.

Das wirtschaftspolitische Credo der ÖVP demonstrierte Fürlinger einmal mehr mit dem hanebüchenen Vergleich mit Häuselbauern und Kleinunternehmern. Seine Kritik, die Stadt habe sich auf das internationale Finanzparkett bewegt und „Linz tanzt den finanzpolitischen Sirtaki“ provozierte Finanzstadtrat Mayr zum Zwischenruf „Vorsicht!“ Die enormen Zahlungen an das Land argumentierte er mit der Solidarität, bei welcher „alle Gemeinden ein bisschen einzahlen“ und drohte gleichzeitig die „Hand, die einem füttert nicht zu beißen“.

Ohne näher auf das Was und Wie einzugehen forderte Fürlinger von der SPÖ die Strukturen zu ändern. Sein auf die SPÖ gemünztes Richelieu-Zitat „Der Haushalt ist der Nerv des Staates, daher muss er den Augen der Bürger entzogen werden“ trifft freilich auf die Praxis der ÖVP in den von ihr regierten Gebietskörperschaften ebenso zu. Abschließend meinte Fürlinger Linz brauche bald einen Masseverwalter oder Sachwalter und meinte „Der Bürgermeister sitzt in einer Lok, die mit 300 km/h auf eine Wand zufährt und zusätzlich Gas gibt.“

Wimmers Attacken auf die Sozialpolitik

Für die FPÖ sprach in der Generaldebatte nicht wie vorgesehen Fraktionschef Sebastian Ortner, sondern Stadtrat Detlef Wimmer, was auf innerparteiliche Differenzen in der FPÖ schließen lässt. Wimmer rühmte die Rolle seiner Partei bei der Aufklärung des Swap-Debakels und kritisierte nicht nur, dass von der SPÖ erst im Frühjahr 2011 der Sachverhalt öffentlich gemacht wurde, sondern auch die Rolle der ÖVP und fragte „Was wusste Watzl?“ dem er vorwarf „die ÖVP geißelt alles, bringt aber keine Lösungsvorschläge“.

Heftig kritisierte Wimmer, dass im Städtebund kürzlich Vorschläge für zusätzliche Gemeindeeinnahmen durch eine Alkoholsondersteuer, Nahverkehrsabgabe und Grundsteuererhöhung gemacht wurden. Einmal mehr kritisierte der FP-Sprecher die Sozialpolitik und forderte Einschnitte beim Gratismittagessen in den Kindereinrichtungen, Deutschkenntnisse als Grundlage für Wohnungsvergabe und lehnte das Integrationsbüro ab.

Schobesberger: MIV stoppen, Umwelt und Budget entlasten

Grün-Stadträtin Eva Schobesberger bezeichnete den Voranschlag 2012 als „nicht erfreulich“, weil der Swap seit Monaten alles überschattet. Der Sonder-Kontrollausschuss habe daher eine wichtige Aufgabe zu klären, wie dieses Geschäft zustande gekommen war und wer dafür politisch verantwortlich ist: „Auch beim Budget stellt sich die Frage, ob die Politik bestimmt oder das Diktat des Finanzkapitals“, so Schobesberger und meinte es sei absurd, dass die Staaten von Ratingagenturen bewertet werden anstatt durch die BürgerInnen.

Weiters ging Schobesberger auf die Umweltthematik ein und kritisierte den Umgang mit dem Kioto-Protokoll und wandte sich entschieden gegen die Forderungen von FPÖ und BZÖ analog Kanada aus dem Protokoll auszusteigen, um Strafzahlungen zu vermeiden: „Die Förderung des Autoverkehrs zu stoppen entlastet Budget und Umwelt“, so ihre Schlussfolgerung mit Verweis auf die Überschreitung der Feinstaub-Grenzwerte. In diesem Zusammenhang lehnte die Umweltstadträtin neuerlich den Westring ab und plädierte für eine City-Maut und betonte das Energieeffizenzprogramm der Stadt.

Weiter ging Schobesberger auf die ihr Ressort betreffende Bildungspolitik und den Frauenbericht ein und kritisierte den Ordnungsdienst, mit dem durch eine „populistische Agitation ein Sicherheitsproblem herbeigeredet“. Zum sichtlichen Unbehagen der ÖVP formulierte sie das Leitl-Motto als „Geht’s den Menschen gut, geht’s der Umwelt gut, geht’s auch der Wirtschaft gut“ um. Als „Geringschätzung der Arbeitsleistung“ der Gemeindebediensteten kritisierte Schobesberger abschließend die im Landtag von ÖVP, FPÖ und auch Grünen beschlossene Kürzung des Gehaltsabschlusses um ein Prozent als Eingriff in die Sozialpartnerschaft.

Populistische Rundumschläge eines Ex-BZÖlers

Der mittlerweile aus dem BZÖ ausgeschlossene Mandatar Reinhard Reiman meinte in seiner Rede, Linz leide an Größenwahn und „kollektiver Wahrnehmungsstörung“ und behauptete der Reformwille sei in seiner Person als „Prediger in der Wüste“ verkörpert. Nutznießer der Schulden seien die Banken durch ein „perverses Zinsensystem“ die zu einer „metastasenhaften Ausbreitung“ derselben führen und er bezeichnete gar Linz als „Eldorado der Banken“.

Reiman forderte, statt einer Schuldenbremse gleich ein Schuldenverbot und verlangte Subventionen an Leistungen zu binden. Weiters behauptete er die „soziale Musterstadt“ sei zum „Sozialfall“ geworden, sprach zum wiederholten Male von einer „semantischen Verwahrlosung“ des Begriffes sozial und bezeichnete die Sozialausgaben als „Horror“. Der SPÖ warf er Hochverrat wegen Zocken mit Steuergeld vor und verlangte den Rücktritt von Dobusch und Mayr.

Grünn: Schuldenbremse trifft die Falschen

KPÖ-Gemeinderätin Gerlinde Grünn stellte ihre Betrachtung des Voranschlages 2012 in Zusammenhang mit der Debatte über eine Schuldenbremse und stellte klar, dass Sparprogramme auf Kosten der Allgemeinheit kontraproduktiv sind und der Ruf nach dem Gürtel enger schnallen wieder mal die Falschen trifft. Als zentrale Frage bezeichnete sie die Umverteilung und forderte, dass sich die Reichen und Superreichen, die Konzerne und Banken, ihrer Pflicht durch entsprechende Steuerleistungen zum gesellschaftlichen Wohl beizutragen, nicht entziehen dürften.

Weiters kritisierte Grünn das Ausblenden des Swap-Debakels durch Finanzreferent Mayr: „Auch ist es ein offenes Geheimnis, dass beim vorliegenden Voranschlag immer das SWAP-Debakel mit gedacht werden muss. Durch die Klage gegen die BAWAG-PSK mit einem für mehrere Jahre anberaumten Rechtsstreit und der Einstellung der horrenden Zahlungen für den SWAP wurde zwar der unmittelbare Druck auf die Stadtfinanzen genommen und schlägt sich daher nicht auf das Budget nieder. Im Falle eines negativen Ausgangs wird die Stadt dann aber vor enormen Finanzproblemen stehen.“

Ein Schwerpunkt ihrer Rede war die kommunale Demokratie: „Generell lässt sich sagen, führt man gerne das Wort Transparenz und Partizipation im Mund, damit ist es aber meistens schnell vorbei, wenn es ans Eingemachte geht. Einzig alleine der SPÖ kann man eine missbräuchliche Verwendung nicht vorwerfen, sie steht wenigstens konsequent zur Haltung „bloß ned zviel mitreden lassen.“ Zugegeben mit vielen Köchen kochen ist mühsam, ergibt aber mitunter neue schmackhafte Rezepte, die dringend nötig wären“, so Grünn.

Grünn kritisierte die die gängige Verkehrspolitik und trat für einen Nulltarif auf öffentlichen Verkehrsmitteln ein, ebenso für eine bessere Dotierung der freien Kulturszene. Sie wies auf den verstärkten Leistungsdruck der Magistratsbediensteten hin und protestierte gegen die Kürzung des Gehaltsabschlusses durch den Landtag. Weiters forderte sie neuerlich die Auflösung der Stadtwache und legte abschließend Forderungen der KPÖ zur besseren finanziellen Dotierung der Gemeinden vor.

Große Mehrheit für das Budget

Nach einer intensiven Spezialdebatte wurde die Budgetsitzung erst um 20 Uhr beendet und der Voranschlag 2011 sowie die Wirtschaftspläne für den Kinder- und Jugendservice und die Museen, der Dienstposten- und Stellenplan sowie die mittelfristige Finanzplanung (MFP) bis 2015 von SPÖ, ÖVP, FPÖ und Grünen beschlossen, während der mittlerweile aus dem BZÖ ausgeschlossene Mandatar Reiman und KPÖ-Gemeinderätin Grünn dagegen stimmten.

Einzelne Teilbereiche wurden von den Stadtsenatsparteien abgelehnt. So stimmte die ÖVP gegen das gesamte Kapital 9 (Finanzwirtschaft) und die mittelfristige Finanzplanung, die FPÖ lehnte den Zuschuss für das Musiktheater, die Mittel und das Personal für das Integrationsbüro ab und enthielt sich zum Winterdienst und zur MFP der Stimme, die Grünen lehnten die Mittel für die Stadtwache ab.

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