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Rettungsschirm für die Opfer des realen Kapitalismus

  • Donnerstag, 15. Dezember 2011 @ 15:00
Linz Beitrag von KPÖ-Gemeinderätin Magª Gerlinde Grünn zum Kapitel Soziales in der Spezialdebatte des Linzer Gemeinderates am 15. Dezember 2011 zum Voranschlag 2012.

Sehr geehrte Damen und Herren, folgende Fragen werden mich in meinem Beitrag zur Spezialdebatte „Soziales“ beschäftigen. Nämlich warum ein Ausbau der sozialen Dienstleistungen und Investitionen in das Soziale dringend geboten sind? Und warum letztendlich alle von einem funktionierenden gerechten Verteilungssystem nur profitieren können?

Fangen wir zunächst auf der düsteren Seite an. Wer von ihnen regelmäßig die Aussendungen der österreichischen Armutskonferenz verfolgt, kann nur feststellen, dass sich ein tiefer Graben zwischen denen, die alles im Überfluss haben und denen die am Rand des Überflusses leben, gebildet hat. Laut Armutskonferenz gelten aktuell 993.000 Menschen in Österreich, immerhin das viertreichste Land der EU, als armutsgefährdet, weil sie monatlich weniger als 994 Euro zum Leben haben, 488.000 davon gelten als manifest arm.

Gleichzeitig sind laut Arbeiterkammer 330.000 Personen von Energiearmut betroffen, weil sie Probleme haben Strom und Heizung zu bezahlen. Auf Linz heruntergerechnet bedeutet das rund 23.600 armutsgefährdete, 11.600 manifest Arme und 7.900 von Energiearmut betroffene Menschen.

Und an vergleichbaren Befunden mangelt es leider nicht. Ein Griff zum erst heuer erschienen „Ersten Linzer Frauenbericht“ liefert ebenso Unerfreuliches. Nur ein Zitat daraus, nämlich, dass das durchschnittliche monatliche Pensionseinkommen einer Linzer Seniorin im Jahr 2008 nur 915 Euro betrug und damit an der österreichischen Armutsgefährdungsschwelle liegt, sagt schon vieles über die soziale und geschlechtsspezifische Schieflage in Linz aus.

Besonders zynisch ist in diesem Zusammenhang der am Montag in der Landesregierung in der unheiligen Allianz von ÖVP und FPÖ getroffene Beschluss zur Kürzung der Wohnbeihilfe. Diese Maßnahme trifft hauptsächlich den Teil der Bevölkerung, der an oder unter der Armutsgrenze lebt. Also Alleinerzieherinnen, Familien mit vielen Kindern und alleinlebende Seniorinnen. An dieser politischen Praxis weist sich, wie sehr einem die kleinen Leute wirklich am Herzen liegen oder ob das Herzerl wirklich so christlich-sozial schlägt, wie es vorgibt.

Sehr geehrte Damen und Herren, wer spannt nun einen Rettungsschirm auf für alle jene, die dem Tempo des real existierenden Kapitalismus nicht folgen können, die durch Herkunft, Flucht, Langzeitbeschäftigungslosigkeit, mangelnder Bildungschancen, Krankheit oder Alter an den Rand des Wohlstands gedrängt werden?

Klar ist, allein auf kommunaler Ebene können all diese systembedingten sozialen Probleme nicht gelöste werden. Denn Sozialgesetzgebung, Steuer- und Lohnpolitik wird auf höherer Ebene verhandelt. Eine wesentliche Aufgabe der Stadt ist es jedoch, die materielle und finanzielle Grundvorsorgung zu betreiben. Dafür zu sorgen, dass ausreichend leistbarer Wohnraum, Grundbildungseinrichtungen von der Krabbelstube bis zur Volkshochschule und Einrichtungen, die Lebensrisiken zu bewältigen helfen, zur Verfügung stehen.

Und dies gilt es in Linz, wo ja anerkennenswert in den letzten Jahrzehnten schon viel geschehen ist, weiter voranzutreiben. Um die soziale Infrastruktur und Dienstleistung entsprechende des im Gemeinderat beschlossenen Sozialprogramms voranzutreiben, braucht es wohl mehr Mitteln als die im Budget veranschlagten 10,6 Millionen Euro Investitionen.

Es besteht die reale Gefahr, dass unter dem enormen Finanzdruck vieles auf der Strecke bleibt und große Pläne zum zahnlosen Papiertiger verkommen. Was eine weitere Aufspaltung und Entsolidarisierung der Gesellschaft zu Folgen haben wird und den Apologeten der ausgrenzenden Law and Order Politik von ÖVP und FPÖ in die Hände spielt.

Natürlich kosten soziale Dienstleistungen und Investitionen eine Menge Geld, 35 Prozent des Linzer Budgets rund 238 Millionen Euro sind dafür vorgesehen. Mir ist das noch viel zu wenig. Vieles gäbe es hier noch zusätzlich zu tun, um wirklich allen EinwohnerInnen eine gerechte Teilhabe am gesellschaftlichen Reichtum unserer Stadt zu ermöglichen.

Ein besonders dringliches Problem ist etwa die Energiearmut. Eine Energiegrundsicherung, die durch die Garantie eines Energiekontingents verlässlich für Wärme und Licht in allen Linzer Wohnungen sorgen könnte, wäre hier ein wirksames Mittel. Eine Stadt, die sich auch nächstes Jahr wieder eine Weihnachtsbeleuchtung um mehr als 300.000 Euro leisten will, täte hier gut daran, erste Schritte in diese Richtung zu setzen.

Und übrigens, auch im Sozialen kostet nicht alles Geld. Die Haltung, dass „was alle brauchen auch allen gehören soll“ und dass nur eine Sozialpolitik, die alle hier lebenden ungeachtet ihres staatsbürgerlichen Status miteinschließt, diesen Namen auch verdient, gibt es von mir gratis dazu. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

Es gilt das gesprochene Wort.

Video der Rede: http://www.youtube.com/watch?feature=...Lo#t=4494s

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