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Burggartenbesetzung in Wels

  • Dienstag, 8. August 2006 @ 08:19
Kommunal Schon seit 1997 ist es im Welser Burggarten verboten, im Rasen zu sitzen. Seit 1998 darf auch kein Alkohol mehr konsumiert werden. Wer sich nicht daran hält, hat mit einer Verwaltungs- bzw. Geldstrafe zu rechnen. Seit 1999 veranstaltet der Kulturverein Infoladen aus Wels daher jedes Jahr symbolische Besetzungen des Burggartens, um gegen diese Politik der Verbote zu demonstrieren. Wir wollen nicht akzeptieren, dass das Nutzungsrecht für öffentliche Flächen, die jedem Menschen gehören, durch engstirnige Verbote eingeschränkt wird. Die Politik versucht mit ihren Gesetzen, bestehende Probleme wie Alkoholmißbrauch zu verdrängen.

Mit Verboten, Videoüberwachungsanlagen und Kontrollen durch Polizei und Sicherheitspersonal will man unerwünschte Personen (z. B. alkoholisierte Jugendliche, Obdachlose etc.) aus dem öffentlichen Bild verdrängen.

So werden etwa die Bushaltestelle am Welser Kaiser-Josef-Platz und der neugestaltete Bahnhof flächendeckend mit Videoanlagen und Securities überwacht, am Bahnhof setzt man zusätzlich auf möglichst unbequeme Sitzgelegenheiten, um längere Aufenthalte zu verhindern.

Diese Maßnahmen passen in das Bild einer menschenfeindlichen, kapitalistischen Politik, in der nur akzeptiert wird, wer konsumiert.
Während in Diskotheken und Lokalen der massenhafte Alkoholmißbrauch gefördert wird, soll der Alkoholkonsum im öffentlichen Raum kriminalisiert werden. Videoüberwachung, Security-Patrouillen, Aufenthaltsverbote und Vertreibung sind in vielen Städten längst zum Ausdruck einer Politik geworden, die auf sterile Innenstädte und ein „sauberes“ öffentliches Bild setzt, um ein reibungsloses Funktionieren des Tourismus und der Einkaufsmeilen zu garantieren.

Im Burggarten haben die „Sicherheitsleute“ wenig Skrupel, wenn es darum geht, mißliebige Personen zu vertreiben bzw. zu kriminalisieren. Jüngst bekam ein junger Mann, der sich zum Lesen eines Buches auf einer Parkbank des Burggartens niedergelassen hatte, von einem „Security“ einen Schlag in den Magen, nachdem er sich geweigert hatte, sein Fahrrad, das niemandem im Weg stand, zu beseitigen. Erst die herbeigerufene Polizei konnte den – vermutlich an Testosteron-Überschuss leidenden - „Security“ in seine Schranken weisen.

Dem Wachpersonal, das von der Stadt Wels engagiert ist und auch die Welser Spielplätze (zB auf Einhaltung des Alkoholverbotes) überwacht, ist es auch nicht zu blöd, an von Gästen mitgebrachten Getränken zu riechen, um festzustellen, ob es sich um Alkohol handelt. Es stellt sich die Frage, wer ihnen dazu überhaupt das Recht gibt – die Securities haben nämlich gar nichts zu sagen und können lediglich die Polizei rufen, wenn sie sich nicht mehr helfen können.

Ebenso fragen wir uns, ob es in Wels keine größeren „Probleme“ gibt, als ein paar Menschen, die im Rasen liegen und die Natur genießen und dazu vielleicht ein Bier trinken. Immer mehr Menschen haben mit enormen finanziellen Problemen zu kämpfen und verlieren ihre Wohnungen, weil die Mietwohnungen völlig überteuert sind, während haufenweise Immobilien leerstehen und sich Immobilienfirmen aus Profitgier weigern, die Preise zu senken. In Oberösterreich sind derzeit zwischen 20 und 30.000 Haushalte vom finanziellen Kollaps und somit von Obdachlosigkeit bedroht (OON, 29.03.2006).

Immer mehr Jugendliche haben keine Chance auf eine Lehrstelle oder einen Arbeitsplatz. Daran ändern auch kurz vor der Nationalratswahl aufgemotzte Arbeitslosenstatistiken nichts. Die Politik, die sich anmaßt, die Interessen der Bevölkerung zu vertreten, sollte lieber Geld in Bildung und günstige Wohnungen investieren, anstatt hirnlose „Sicherheitsleute“ dafür zu bezahlen, ParkbesucherInnen zu schikanieren.

Nach der letzten Burggartenbesetzung schrieb die „Welser Rundschau“, dass eine „illegale Anarcho-Demo“ stattgefunden habe. Wahr ist hingegen, dass die Besetzung ordnungsgemäß nach Paragraph 2 des Versammlungsgesetzes angemeldet wurde. Es gab keinen Vandalismus, jeglicher Müll wurde beseitigt. Uns geht es nicht um die Förderung des Alkoholkonsums, sondern um die freie Nutzung öffentlichen Eigentums.

Die Kundgebung war wie immer von musikalischen Darbietungen, Speis und Trank sowie guter Laune geprägt. In diesem Sinne fordern wir alle, die ein Interesse an einer sinnvollen Nutzung des öffentlichen Raumes haben und sich gegen Verbote und Vertreibung aus dem öffentlichen Raum einsetzen wollen, dazu auf, sich an den Burggartenbesetzungen zu beteiligen bzw. eigene Aktionen durchzuführen. Die nächste Besetzung kommt bestimmt...!

Infos: http://www.infoladen-wels.at

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