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Politiker unterwegs

  • Sonntag, 27. August 2017 @ 08:00
Kommunal Von Kurt Benedikt (1927-1995)
Redakteur der "Neuen Zeit"
Langjähriger KPÖ-Gemeinderat In Stadl-Paura

Sie überreichen Orden und auch Ehrenzeichen.
Sie weihen eine neue Schule ein.
Man sieht sie durch die Klassenzimmer schleichen.
Beim Festmahl stopfen sie In sich hinein.

Sie stehn vor einer neuen Wohn-Anlage
Und lauschen andachtsvoll dem Schüler-Chor.
Die hohen Mieten standen für sie nie In Frage.
Das Glück steht Ja den Mietern noch bevor.

Sie übergeben einen neuen Rettungswagen,
Der aus den Spenden kleiner Leute kam.
Der Beifall, den sie dann gelassen tragen,
Enthebt sie vorsorglich der falschen Scham.

Sie halten Reden vor dem Kindergarten.
Eröffnen hier ein Schwimmbad, dort ein Klo.
Sie schenken Pensionisten Eintrittskarten
Zu einem bunten Nachmittag und so.

Sie stehn am Faulturm eines Klärschlammbeckens.
Am Pult im neuen Turnsaal, schwarz befrackt.
Sind Meister gegenseitigen Beleckens.
Die Bühne frei. Es folgt der nächste Akt.

Sie schauen neidvoll zu beim Straßenkehren.
Sie finden Lobesworte für die Müllabfuhr.
Sie segnen Spritzen für die Feuerwehren
Und blicken unentwegt auf Ihre Uhr.

Die neue Kirchenorgel wurde endlich fertig,
Nachdem die alte krächzend an Vernutzung litt.
Die Tasten drückt der Lehrer, fromm und bärtig,
Indes der Landeshauptmann stolz den Blasbalg tritt.

Und beim Büffet am Sportplatz, der vollendet,
Da konzertiert in Eile ein Quartett. Im Altersheim,
wohin man sich dann wendet,
Bestaunen sie gerührt ein Stahlrohr-Bett.

Sie ziehn von Haus zu Haus wie Marktfieranten,
Verschenken Dosenbier und Lutschbonbons,
Und Ihr Symbol, so ätzen Querulanten,
Sind aufgeblasne, bunte Luftballons.

Verstopft wird Jeder Türspalt mit Broschüren.
Exakte Wärmedämmung fürs Gehirn.
Politiker mit Osterhas-Allüren,
Die zwischendurch ein faules Ei verliern.

Besorgt und kummervoll sie Anteil nehmen,
Womit der kleine Mann sie konfrontiert.
Sie sagen, daß sie nur deswegen kämen,
Damit es endlich bei uns anders wird.

Sie predigen: „Den Gürtel enger schnallen!“
Und Opfer bringen war nun an der Zeit.
Sie lassen große Worte lässig fallen
Und preisen Ihre eigne Tüchtigkeit.

Sie trinken aus der neuen Wasserleitung
Und kriechen in das Loch vom Ortskanal.
Am nächsten Tag liest man dann in der Zeitung:
“Am 28. September ist Gemeinde-Wahl!“

Aus „Tatort Gemeinderat“

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