Willkommen bei KPÖ Oberösterreich 

Statement zum Linzer Hauptbahnhof

  • Freitag, 23. September 2022 @ 05:47
Verkehr
Gemeinderat Michael Schmida zum Antrag der ÖVP einen Sicherheitsgipfel für das Linzer Bahnhofsviertel einzuberufen: https://www.linz.at/Politik/GRSitzung...tragId=525


Anlass für den gegenständlichen Antrag ist ja ein Online-Bahnhofstest vom VCÖ, wo der Linzer Hauptbahnhof im Vergleich zu anderen Bahnhöfen nur mehr auf Platz 8 kommt. Grundsätzlich gilt bei diesen Befragungen/Tests: Wenn der Bahnhof neu ist, dann ist er ganz vorne im Ranking. Danach verschlechtert sich das Ergebnis und andere, neuere Bahnhöfe rücken weiter vor. Wobei - das muss ich gleich dazusagen - so ganz hab ich es sowieso nie verstanden, warum gerade der Linzer Bahnhof inkl. Nahverkehrsdrehscheibe nach dem Neubau der "beste Bahnhof" Österreichs gewesen sein soll.

Es fängt beim Ankommen oder Abfahren am Bahnhof selbst an. Nicht gerade breite Bahnsteige führen dazu, dass sich Ankommende und Abreisende aneinander vorbeidrängeln müssen. Die Rolltreppen rauf und runter (wenn es sie überhaupt in beide Richtungen gibt) mussten auf den zu schmalen Bahnsteigen separat hintereinander angeordnet werden. Das wiederum verengt den ohnehin schmalen Bahnsteig zusätzlich. Durch die Fußgängertunnel unter den Gleisanlagen kommt man dann in die Haupthalle des Bahnhofs und ist im Untergeschoß. Im Obergeschoß – zur ebenen Erd' – herrscht hingegen eher „tote Hose“. Ein immer wieder geforderter Durch- bzw. Zugang von südlicher Seite, von der Unionstraße oder etwa eine Überfahrtsmöglichkeit für Radfahrer_innen wurde nie verwirklicht.

Auch ist der Weiterweg zumindest für Ortsunkundige aus dem Untergeschoß des Bahnhofs zu den Fußwegen zur Innenstadt, zu den Straßenbahnen und vor allem zu den städtischen Linienbussen verwirrend, kompliziert und unübersichtlich. Auf fünf recht weit auseinander liegenden Abfahrtshaltestellen ist der städtische Linienverkehr verteilt: Da ist einmal ein lauter, unterirdischer Straßenbahntunnel samt Haltestelle, der dafür sorgt, dass die Straßenbahnen nicht auf Sicht fahren können und so ein dichterer Takt auf der wichtigen Nord-Süd-Achse verhindert wird. Besonders raffiniert und schwer zu finden, ist der lange Weg aus der Bahnhofshalle, unter der Kärntnerstraße durch, zu den stadtauswärts führenden Buslinien. Oder der verwinkelte Weg zu den Obussen stadteinwärts, im düsteren und immer schmutzig wirkenden Busterminal, unter dem Landes-Dienstleistungs-Zentrum.

Abreisende, die zu Fuß, über die Kärntnerstraße zum Hauptbahnhof gehen, kommen auf einen, als Fußgängerzone ausgewiesen, Platz vor dem Landes-Dienstleistungs-Zentrum. Von dort führen eine Treppe und eine Rolltreppe hinunter zum Untergeschoß des Hauptbahnhofes. Am Fuße der Treppen - beim sog. "Kärnter Auge" - wird es martialisch: Im Eck, ein großer, leerer Eisengitterkäfig und dann zwischen den beiden Eingangstüren, mannshohe, dicke trennende Eisenstangen.

Aber noch weitaus gruseliger wird es für Radfahrer_innen, wenn sie die Rad-Garage nutzen. Der Zugang über eine Treppe mit einer Fahrradschieberampe oder über einen Lastenlift ist nur mit Bankomat- oder Kreditkarte mit NFC-Funktion möglich. Es kommt des öfteren vor, dass deshalb versucht wird die Türen gewaltsam aufzumachen und dann manchmal gar kein rein- und rauskommen mehr möglich ist. Und dann im „Keller“: Ein von Schmutz und Unrat übel riechender Fahrradkäfig, innerhalb einer Auto-Tiefgarage. Wer trotzdem sein Rad in diesem Keller abstellt, muss beim Abholen den Lastenlift benutzen oder muss sein Rad durch das Stiegenhaus nach oben schieben. Für Linz als Fahrradstadt eigentlich ein No-Go.

Was der Hauptbahnhof Linz, als so genannte „Nahverkehrsdrehscheibe“ nötig hat, ist somit wahrlich kein zum x-ten mal ausgerufener oder eingeforderter Sicherheitsgipfel. Denn wer so öffentliche Infrastrukturen baut, darf sich nicht wundern, wenn es entsprechendes Nutzungsverhalten nach sich zieht.

Wir brauchen also keinen Sicherheitsgipfel. der nur das Law&Order-Spiel weiter spielt und Randgruppen und andere missliebige Personengruppen wieder einmal verdrängt, sondern wir brauchen vielmehr einen Infrastruktur-Offensive für den Bahnhof, von der alle etwas haben. Die erst hier gerade beschlossene Resolution, eine ordentliche Park&Ride Anlage am Bahnhofsvorplatz einzufordern, geht in diese Richtung. Aber das ist nur ein kleiner Schritt. Es braucht noch viel mehr: Da ja bekanntlich auch der Busterminal saniert werden soll, wäre das eine passende Gelegenheit gleich insgesamt das Mobilitätsgeschehen im und rund um den Bahnhof neu zu organisieren und den sog. Umweltverbund maßgeblich aufzuwerten. Derzeit hat man ja eher den Eindruck, der Bahnhof (v.a. der Bahnhofsvorplatz) ist in 1. Linie als Umsteigeort für Fernzug-Reisende auf das private KFZ gebaut. Zur Aufwertung gehören etwa zeitgemäße und angemessene Abstellanlagen und Zufahrtswege für das Fahrrad - auch im Keller. (Stichwort Rampe statt Lift) Außerdem gehört statt der derzeit nicht gerade einladenden Vorplatzsituation (das liegt meiner Meinung nach aber zuallererst am KFZ-Verkehr) eine Begegnungszone vor dem Bahnhof errichtet und die Parkplätze reduziert oder ganz abgeschafft. „Kiss and ride“ sollte am Hauptbahnhof (nach Salzburger Vorbild) ausschließlich auf Tiefgaragenebene erfolgen. Und dann sollte auch am Linzer Bahnhof attraktive und klar erkennbare Umsteigemöglichkeiten zwischen dem öffentlichen Verkehr geschaffen werden und bspw. der innerstädtische ÖV nur mehr über die Kärnterstraße bedient werden. Dazu müsste die Kärnterstraße neu aufgeteilt werden, indem z.B. die Bushaltestelle der Linz Linien für beide Richtungen (stadtein- und -auswärts) auf der Bahnhofseite der Kärntnerstraße angeordnet wird.

Und natürlich heißt Infrastruktur-Offensive auch inklusive - also nicht ausschließende - Angebote speziell für Randgruppen, die auf den öffentlichen Raum als Aufenthaltsort angewiesen sind. Gerade der Bahnhof ist da ein wichtiger öffentlicher Ort. Es gab noch Zeiten, da gab es auf jeden größeren Bahnhof eine Bahnhofsmission. Und es gab auch noch Zeiten, da waren die öffentliche Toiletten kostenlos und wurden permanent von Personal betreut, wie es sich für einen von vielen Menschen frequentierten Hauptbahnhof eigentlich gehört. usw...

Also lange Rede, kurzer Sinn: Infrastruktur-Offensive statt Sicherheitsgipfel. Wir stimmen gegen den Antrag.

Themen