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Drohnenforschung nur für Katastropheneinsatz?

  • Dienstag, 26. November 2013 @ 12:22
Linz Alles paletti, das ist der Grundtenor der Stellungnahme der Geschäftsführung der städtischen Ars Electronica Center GmbH (AEC) zu einer Anfrage von KPÖ-Gemeinderätin Gerlinde Grünn bei der Gemeinderatssitzung am 21.11.2013 bezüglich Forschungen bei der Entwicklung von Drohnen im AEC



Kulturreferent VBgm. Bernhard Baier (ÖVP) teilte in der schriftlichen Beantwortung mit, dass die Anfrage – da nicht den eigenen Wirkungsbereich sondern eine ausgegliederte Gesellschaft betreffend – laut Geschäftsordnung eigentlich nicht zulässig ist, er aber trotzdem um eine Stellungnahme der AEC-Geschäftsführung ersucht hat.

Laut der Erklärung der AEC-Geschäftsführung „gibt es keine militärischen Forschungen, Entwicklungen bzw. Kooperationen seitens Ars Electronica, weder nationaler noch internationaler Natur“. Es gab seitens der Ars Electronica Linz GmbH in der jüngeren Vergangenheit nur eine Kooperation mit dem österreichischen Bundesheer im Rahmen der voestalpine Klangwolke im Jahr 2012. Dabei kamen eine Pioniergruppe bzw. drei Helikopter zum Einsatz. Ansonsten haben sich bislang keine gemeinsamen Aktivitäten ergeben, auch nicht hinsichtlich des Einsatzes von Drohnen bzw. diesbezügliche Forschungsprojekte.

Laut Mitteilung von VBgm. Baier bestätigt das AEC, dass Verteidigungsminister Klug im Rahmen eines Linz Aufenthalts am 22.8.2013 im AEC zu Besuch war, wobei „das Unternehmen im Allgemeinen vorgestellt“ und „am Rande auch die Möglichkeit einer Kooperation im Rahmen eines vom Ars Electronica Futurelab angestrebten Forschungsförderungsprojekts erörtert“ wurden. „Ziel des angesprochenen Forschungsprojekts ist die Entwicklung eines Schwarmflug-Systems, das in der Lage ist, eine Vielzahl von UAVs (Unmanned Aerial Vehicle) für logistische Zwecke im Rahmen von Katastrophen-Hilfseinsätze nutzbar zu machen“, so das AEC.

Seit dem Besuch von Minister Klug habe es bis zum gegebenen Zeitpunkt „keine weiterführenden Gespräche mit dem Verteidigungsministerium bzw. dem Bundesheer gegeben“. Der Forschungsantrag wurde im September 2013 ohne Interessensbekundung des österreichischen Bundesheeres bei der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) im Programm „TAKE OFF“ eingereicht. Die Vergabefrist der Fördermittel läuft noch bis Ende des Jahres.

Als „konkretes Anwendungsbeispiel der Forschungsergebnisse“ nennt das AEC „Zustellung von Kleinpaketen wie etwa Notfallmedizin mittels UAV-Schwarm“, als Interessent aus der Wirtschaft konnte dafür ein Hersteller von Warehouse-Solutions gewonnen werden, der speziell im Bereich Medikamentenverteilsysteme die notwendige fachliche Expertise einbringt.

Das geplante System zeigt vor allem eine besondere Eignung für Katastropheneinsätze. Durch die geringe Baumasse (ca. 500g pro UAV) und die potentiell enorme Anzahl der UAVs, die damit gesteuert werden könnten, würde ein solcher Schwarm im Katastrophenfall die einzige Transportmöglichkeit für eine Grundversorgung darstellen.

Weiter heißt es in der Erklärung des AEC: „Diese Kleinst-UAVs könnten mit (zwar nur sehr kleinen Mengen) Wasser oder Lebensmittel an jede unzugängliche Position manövriert werden, auch an Positionen, die von üblichen Luftfahrzeugen (etwa Helikopter) nicht erreicht werden können. Helikopter verursachen im Tiefflug wegen des enormen Down-bursts Aufwirbelungen von Staub und Teilen, weshalb das Landen in Katastrophengebieten erst möglich wird, wenn Landezonen freigeräumt und gesäubert werden“. Dazu wird auf die aktuelle Katastrophe auf den Philippinen verwiesen, die einmal mehr zeige, dass für dieses ernst zu nehmende Problem bislang international noch keine Lösung existiert.

Die Tragkraft der aktuell einsetzbaren UAVs sei mit 200 Gramm Last und ca. zehn Minuten Flugdauer limitiert. Die Entwicklung von leistungsfähigeren UAVs werde aber weltweit an unzähligen Instituten betrieben. Damit sei mit der Steigerung der Leistungsfähigkeit - wie auch weiterer Miniaturisierung - schon sehr bald zu rechnen. Der Forschungsfokus des AEC richte sich „auf die logistische Herausforderung, eine Vielzahl von UAVs synchronisiert durch die Luft zu bewegen“, wobei dabei die Ars Electronica „weltweit ein Alleinstellungsmerkmal erreicht“ hat und es „derzeit kein anderes Institut weltweit gibt, das in der Lage wäre, einen UAV-Schwarm computergesteuert im offenen Gelände bei Wind und anderen Widrigkeiten zu fliegen“.

Zusammenfassend betont das AEC, dass „es keine militärischen Kooperationspartner von Ars Electronica im Bereich der Entwicklung von UAVs gibt, weder nationaler noch internationaler Natur“. Eben so wenig „gibt es Partnerschaften zur Entwicklung militärisch relevanter Systeme (sei es Soft- oder Hardware) an denen die Ars Electronica arbeitet, oder mit denen die Ars Electronica in irgendeiner anderen Form wissentlich in Berührung stünde“ so abschließend. Und es wird betont, dass es „weder Absicht noch Zielsetzung der Entwicklungen im Ars Electronica Futurelab sei, militärische Entwicklungen irgendwelcher Art zu initiieren oder im Auftrag zu verfolgen“.

Bei seinem Besuch im AEC am 22.8.2013 hatte Verteidigungsminister Gerald Klug betont, dass das österreichische Bundesheer zehn Millionen Euro in Technologie und Forschung investiert. Klug nannte dabei als Schwerpunkte „ABC-Abwehr-Fähigkeiten, Cyber Security und Cyber Defence, Pionierfähigkeiten vor allem für die Katastrophenhilfe und Robotics, also (semi)autonome Systeme“. Weiters betonte der Minister bei diesem Besuch, dass das Bundesheer bei diesen Entwicklungen mit verschiedenen Universitäten und Forschungseinrichtungen, so etwa mit dem Austrian Institute for Technology (AIT), dem Joanneum Research (JR) und auch dem AEC zusammenarbeitet.

Die AEC-Geschäftsführer Diethard Schwarzmair und Gerfried Stocker wiesen in diesem Zusammenhang auf die vom AEC betriebene Entwicklung von Quadrocoptern, das sind „Flugobjekte“ die über Computer und Satelliten gesteuert und in allen Kontinenten im Einsatz sind und einen viel beachteten internationalen Auftritt in London verzeichneten, hin. Auch wenn, wie jetzt auch in der Anfragebeantwortung, betont wird, dass solche Quadrocopter als „revolutionäres Projekt“ in Zukunft bei Hilfs- und Katastropheneinsätzen verwendet werden, ist deren militärischer Einsatz nur die zweite Seite ein und derselben Medaille.


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