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Linzer KPÖ: „Urängste sind immer noch da“!

  • Mittwoch, 9. Januar 2013 @ 12:35
Linz Mit knapp 20 Prozent hat die KPÖ in Graz ein historisches Ergebnis eingefahren. Auch in Linz wähnen sich die Kommunisten im Aufwind: Nach 18 Jahren zog KPÖ-Politikerin Gerlinde Grünn 2009 wieder in den Gemeinderat ein. Der l)inzider sprach mit Politologen Peter Filzmaier und KP-Spitzenkandidatin Grünn über die Chancen der „feuerroten“ Traditionspartei.

Im Jahr 1985 gelang den Linzer Kommunisten zuletzt der Sprung in den Gemeinderat - mit 1,98 Prozent wurde ein Mandat errungen. Ein mit 1,7 Prozent nahezu identisches Ergebnis gelang 2009. Nach dem Top-Resultat der steirischen Parteikollegen vor wenigen Wochen in Graz wurde mit knapp 20 Prozent der zweite Platz geholt - hofft man, den Rückenwind in Linz und OÖ mitnehmen zu können.

Die Linzer Spitzenkandidatin Gerlinde Grünn rechnet 2015 „mit einem zweiten oder dritten Mandat“. Politische Mitbewerber attestieren der Sozialpädagogin Grünn, die die ersten drei Jahre im Gemeinderat als „Lehrjahre“ bezeichnet, durchaus Kompetenz und Engagement: „Für mich als Solistin gelten aber andere Regeln. Ich muss alles selber machen, habe als Ein-Frau-Fraktion kein Antragsrecht.“ Sehr wohl nützt Gerlinde Grünn aber die Möglichkeit, Anfragen an die Stadtsenatsmitglieder und „lästige Fragen zu stellen, das habe ich unseren Wählern versprochen.“

Nur Linz und Graz

Außer in Graz und Linz ist die KPÖ in keiner Landeshauptstadt im Gemeinderat vertreten. Ergebnisse von 0,8 (Klagenfurt) bis 2,1 Prozent stehen zu Buche. „Gerade in der Kommunalpolitik ist es wichtig, dass man jemanden hat, der sich regional engagiert. Das ist etwas, was wir lange zu wenig beachtet haben“, kennt Grünn die Gründe.

Und auch in Zukunft wird es trotz des Grazer Rückenwindes - nicht leichter werden: Stronach. Piraten und mögliche andere Kleinparteien knabbern am Proteststimmen-Kuchen. „Stronach sehe ich nicht als Konkurrenz für unser Wählerpotenzial. Und was in drei Jahren mit den Piraten sein wird, weiß man heute auch noch nicht.“ Grundsätzen sei es aber positiv, wenn Bewegung in die politische Landschaft kommt.

Vorurteile bei älteren Wählern

Eines der großen Probleme: Für viele sind die „Kummerln“ nach wie vor unwählbar. „Kommunismus ist natürlich vor allem bei älteren Wählern sehr negativ besetzt. Nicht zufällig hat die KPÖ ir Graz bei den über 60-Jähriger - also jenen, die vor dem Zusammenbruch des Ostblocks bereits erwachsen waren - nur halb so gut abgeschnitten wie bei den 30- bis 59-Jährigen“, weiß Politologe Peter Filzmaier (siehe Interview auf der nächsten Seite).

„Antikommunistische Ressentiments wird es immer geben. Sie werden aber weniger.“

Auch Gerlinde Grünn ist sich dieses Themas bewusst: „Antikommunistische Ressentiments wird es immer geben, sie werden über die Jahre aber immer weniger. Wir wollen diese Angst durch aktive Arbeit und Begegnungen an unseren Infostandln nehmen.

Während die erfolgreiche Grazer KPÖ auf ihren Plakaten auf kommunistische Symbolik wie Hammer und Sichel, Lenin oder Che Guevara-Konterfeis verzichtete, wollen die Linzer Kommunisten diese nicht ganz verschweigen. Diese klassischen Symbole seien für Grünn zwar nicht ausschlaggebend, aber: ''Verstecken werden wir sicher nichts. Es ist Teil der Geschichte und gehört einfach dazu. Wir verwenden diese Symbole aber stets mit einem Augenzwinkern.“

Welche Sparmaßnahmen Grünn parat hätte? Die oberste Linzer Genossin nennt „vom Bund zu initiierende Maßnahmen wie Reichensteuer, eine Nahverkehrsabgabe, Senkung der Sprengelbeiträge ans AKH oder die Aufhebung der Grundsteuerbefreiung der Kirche. Und natürlich die Streichung der unnötigen Stadtwache, was zusätzlich 1,1 Millionen Euro bringen würde.“


Interview Politologe Peter Filzmaier: „KPÖ fast überall unter der Wahrnehmungsschwelle“

Peter Filzmaier - lässt sich das sensationelle Wahlergebnis der KPÖ Graz als lokales Phänomen eingrenzen?

Jein. Immerhin ist die KPÖ seit 2004 im steirischen Landtag ebenfalls vertreten. Doch das ist natürlich nur der Fall, weil man bei der Landtagswahl ein Grazer Grundmandat geschafft hat. Allerdings waren auch die Ergebnisse in Industriestädten wie Bruck an der Mur oder Kapfenberg mit rund fünf Prozent nicht so schlecht. Fast überall sonst in Österreich kämpft de KPÖ oft unter der Wahrnehmungsschwelle.

Wie weit lässt sich das „Grazer Erfolgsmodell“ auch auf andere Städte, in denen die KPÖ antritt, kopieren?

In der Theorie wären viele Erfolgsmodelle von beinahe jeder Partei überall kopierbar. Die Gegenfrage lautet nämlich ganz banal, ob die KPÖ oder sonst jemand in anderen Städten die gleiche Themenkompetenz, Kommunikationstalent und organisatorischen Fähigkeiten hat, Wer bei einem dieser Punkte arg schwächelt, wird sich von Graz nichts abschauen können.“

Was müsste die KPÖ tun, um den Rückenwind aus der Grazer Wahl in andere Städte und Bundesländer mitzunehmen?

Hier müsste es den Kommunisten gelingen, aufgrund des Triumphes in Graz quasi medial zum Selbstläufer zu werden. Doch ich bezweifle, ob dafür das Grazer Ergebnis und die KPÖ für Journalisten längerfristig spannend genug sind. Sogar der Rückerwind einer Gratiswerbung, welche die österreichischen Piraten aus Deutschland bekamen, ist bald versiegt.

Wie weit bewerten die Österreicherinnen den Begriff „Kommunismus“ aufgrund der historischen Belastung heute immer noch als extrem negativ?

Kommunismus ist natürlich vor allem bei älteren Wählern negativ besetzt. Nicht zufällig hat die KPÖ in Graz bei den über 60-Jährigen - also jenen, die vor dem Zusammenbruch des Ostblocks bereits erwachsen waren - nur halb so gut abgeschnitten wie bei den 30- bis 59-jährigen.

Diese fangen zwar mit der kommunistischen Ideologie genauso wenig an, wählten die KPÖ jedoch wegen deren Einsatz für soziale Anliegen.

Außer in Graz ist die KPÖ nur noch in Linz im Gemeinderat vertreten. Wie bewerten Sie hier deren Chancen?

Ich kann und will das von außen nicht beurteilen. Die Linzer KPÖ muss sich einfach die zuvor erwähnte Frage stellen, ob sie insbesondere bei sozialpolitischen Fragestellungen an inhaltlicher Sattelfestigkeit, Glaubwürdigkeit sowie genauso beinharter Kommunikations- und Organisationsarbeit mit ihren Grazer Kollegen mithalten kann.

Und wie sehen Sie die Chancen der KPÖ im aktuellen politischen Umfeld?

Es besteht eine derartige Verdrossenheit gegenüber etablierten Parteien und Politikern, dass fast jeder seine Chance hat, der sich irgendwie anders und neu präsentiert. Bei der KPÖ als uralte Partei ist das zwar paradox, doch in Österreich waren ja viele angeblich „Neue“ in Wahrheit schon lange in der Politik. Für die Nationalratswahl 2013 ist ein Überangebot von Neuparteien zu erwarten, sodass es für die KPÖ umso schwieriger ist, überhaupt aufzufallen.

Quelle: l)inzider, Ausgabe Jänner 2013, www.linzider.at

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