Willkommen bei KPÖ Oberösterreich 

KPÖ trauert um Genossen Erwin Riess (1957-2023)

  • Dienstag, 28. März 2023 @ 12:28
Biografien
Wie kann man in der Vergangenheitsform über Erwin Riess sprechen? Gestern noch gab es ein Du und das Jetzt, manchmal war er gehetzt, in Eile, eine Arbeit musste fertiggestellt werden; dann wieder gab es lange Telefonate, in denen wir uns wiederfanden, selbst wenn uns Standpunkte trennten. Seine Auftritte beim Linken Wort am Volksstimmefest, seine Wahlkandidaturen für die KPÖ: Erwin war immer kritisch verbunden mit der Partei, ist ihr dann vor wenigen Jahren auch beigetreten.

Sein unglaubliches Wissen über die Widersprüche des historischen österreichischen Raumes wusste er zur literarischen Analyse der Gegenwart anzuwenden – als Essayist, Dramatiker und Schriftsteller. Mit beißendem Witz, unablässig die Konformisten gleich welcher Couleur vor sich hertreibend und zugetan den Menschen, die sich ausbeuterischen Systemen entgegenstemmen, wo sie können. Seine Bücherregale waren voll mit Werken historischer Literatur. Eva Priester, Ernst Fischer und andere marxistisch Fundierte hatten ihren Platz neben den Bürgerlichen. Von allen hat er gelernt, ebenso wie das erlebte proletarische Umfeld in seiner niederösterreichischen Herkunftsregion ihn prägten.

Dass er die Donau so geliebt hat, dürfte mit dem riesigen völkerverbindenden Raum, den sie durchfließt, zu tun haben, den er in seiner neokapitalistischen Hässlichkeit gezeichnet hat ebenso wie in seiner geschichtsumspannenden Größe. Und mit dem gleichmäßigen Dahingleiten der Schubverbände, das mühelos erscheint, ganz im Gegensatz zu dem Aufwand seiner eigenen Fortbewegung. Josef, so hat er seinen Rollstuhl genannt, niemand weiß mehr genau warum, und ob es Josef I, der II oder wievielte letztlich gewesen ist. Wehe, beim Wirt oder sonstwo stand dem jeweiligen Josef etwas im Weg. Da konnte er richtig rabiat werden, die große Wut des Behindertenaktivisten, der gegen die österreichische Ignoranz in der Umsetzung der Barrierefreiheit mit Josef anfuhr.

Als er in Klagenfurt/Celovec seinen Herrn Groll »Im Schatten der Karawanken« vorgestellt hat, war ich verblüfft über die agile Fähigkeit, mit der er sich die Regionalgeschichte angeeignet hat. Mit Hans Kresnik wollte er gemeinsam ein choreografisches Theater über Margarete Schütte-Lihotzky schreiben. Kresnik ist vor der Verwirklichung gestorben. Und jetzt ist ihm Erwin gefolgt. Welch ein Verlust für uns alle.

Wenn es ein Jenseits gäbe, würde er weiterschreiben und Zornesblitze herunterschleudern, die seine Essays immer waren. Das ist kein Trost. Die Leerstelle, die er hinterlässt, wird sich lange nicht schließen.

Wir trauern und wünschen eine gute Überfahrt. Počivaj v miru.

Themen