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Die gesamte Stadtpolitik muss zu ihrer Verantwortung stehen

  • Freitag, 28. Juni 2013 @ 13:30
News Stellungnahme von KPÖ-Gemeinderätin Gerlinde Grünn bei der Sondergemeinderatssitzung am 27.6.2013 über den Rechnungshofbericht in der SWAP-Causa

Ich sehe die heutige Sondersitzung als eine dem anstehenden Wahlkampf geschuldete Fleißaufgabe.


Die Behandlung der Konsequenzen des Rechnungshofberichts ist ja auch Sache des Sonderkontrollausschuss und als gemeinderätliches Instrument hätte die ÖVP ja auch eine aktuelle Stunde zum Thema beantragen können.
Aber offensichtlich geht es hier ja nicht um die Sache an sich, nämlich die missliche Lage der Stadt angesichts des SWAP Debakels, sondern um das Schlagen von politischen Kleingeld.
Und jetzt haben die ÖVP, die Grünen und seit gestern Abend auch die FPÖ wahrlich großes vor. Sie fordern Neuwahlen.

Da zu kann man getrost aus dem Kommentar von Wolfgang Braun in den heutigen Nachrichten zitieren:
„Linz steht am Beginn eines gewaltigen Rechtsstreits mit der BAWAG. Es geht um eine halbe Milliarde Euro, es geht damit um die finanzielle Existenz der Landeshauptstadt. Das muss man sich vor Augen führen, damit man einschätzen kann, wie unglaublich es ist, was sich in diesen Tagen in der Linzer Stadtpolitik abspielt.“
Er schreibt dann weiter über wenig überzeugende Argumente für Neuwahlen, über die lange Leitung der Parteien, sei doch alles im wesentlichen seit zwei Jahren bekannt, und dass dadurch „das Wohl der Stadt riskiert wird, um parteipolitische Vorteile auszuschöpfen“

Ich teile die Überzeugung, dass die politische Hauptverantwortung für das SWAP-Desaster von Seiten der Stadt Linz die Akteure der Mehrheitsfraktion SPÖ zu tragen haben, möchte aber auch schon darauf verweisen, dass auch im aktuellen Gemeinderat vertretende KollegInnen aller Fraktionen von ÖVP bis zu den Grünen in ihrem Abstimmungsverhalten sei es 2004 beim Gemeinderatsbeschluss zu Delegation oder als gewählte Mitglieder des Finanzausschusses zum unerfreulichen Ergebnis beigetragen haben.

Ich zitiere aus dem Rechnungshofbericht:
„Sowohl die Mitglieder des FA als auch die sonstigen Entscheidungsträger der Stadt Linz, verabsäumten es, Hinweisen auf risikoreiche Finanzgeschäften konsequent und kritisch nachzugehen und damit die drohenden finanziellen Nachteile aus den SWAPs zu vermeiden oder zumindest deutlich zu reduzieren.“

Wie allgemein bekannt, war und ist Herr Vizebgm. Watzl Mitglied des Finanzausschusses. Alle namentlich jetzt nicht angesprochenen ehemaligen FA-Mitglieder dürfen sich ruhig mitgemeint fühlen.
Wo war denn damals die hartnäckige Nachfragerei im Finanzausschuss wenn es um das Debtmanagment ging – wie man aus den Protokollen weiß, herrschte Funkstille von allen Seiten.
Die KPÖ ist daher der Meinung, dass die Stadtpolitik zu ihrer Verantwortung stehen muss und das betrifft nicht nur den Bürgermeister Dobusch und den Finanzreferenten. Populistisches Dobusch- und Mayr Bashing allein ist keine Lösung des SWAP Debakels. Über so eine Eskalation kann sich derzeit nur eine freuen – nämlich die BAWAG.
Ich denke, wer die Suppe eingebrockt hat, soll sie auch auslöffeln und nicht vor den unangenehmen Aufräumarbeiten davonlaufen.

Aber nun zum eigentlichen Thema dem RH – Bericht:
In einem Spiegelartikel kann man bezüglich eines ähnlichen Falls – der Stadt Leipzig drohen nämlich auf Grund von faulen Finanzmarktgeschäften € 300 Mill. Verluste – einiges Lesen, was wohl so auch auf Linz zutrifft.
Man liest über die Mischung aus Naivität und Gier, die sich zeigt wenn sich die Lokalpolitik in der Welt der globalen Finanzmärkte verirrt, über den Abschluss von Finanzprodukten, deren Namen genauso wenig verstanden werden, wie auch die Risiken, die man damit eingeht, über die zweifelhafte Rolle von Banken, die faule Geschäfte trickreich aufdrängen, bei denen nur die Banken selbst gewinnen können.
Klarerweise ist der RH-Bericht halbherzig, weil der Rechnungshof keine Kompetenz für die Prüfung der BAWAG hat, und was die politische Verantwortung für das Swap-Debakel betrifft erfahren wir im Grunde nichts was nicht schon durch die Aufarbeitung im Sonderkontrollausschuss bekannt gewesen wäre und es wird nur die eine Seite der Vorgänge um den Swap dargestellt, nicht aber die Verantwortung der Bank.

Die Auflistung wonach einem möglichen Gewinn der Stadt von 37,5 Millionen ein Schaden von 417,74 Millionen Euro gegenübersteht war in keinem der bekannten Unterlagen die zum Vertragsabschluss geführt haben zu finden, auch steht die Forderung der BAWAG in keiner Relation zu der zugrundeliegenden Schweizer Anleihe von 195 Millionen Franken, der Bank geht es daher wohl nicht um einen Schaden, sondern um einen Gewinnentgang
Laut Rechnungshof ist der Swap 4175 durch ein "potentielles unbegrenztes Risiko" als "Absicherungsinstrument ungeeignet", im Klartext wurde die Stadt von der Bank getäuscht, zudem die Stadt über kein professionelles Risikomanagement verfügt und sich der frühere Finanzdirektor nicht über das Risiko bewußt war und das gilt wohl auch für alle anderen beteiligten Akteure.

Wie die KPÖ schon von Anfang an festgestellt hat liegt, das Grundübel in der 2004 von SPÖ, FPÖ und Grünen bei Stimmenthaltung der ÖVP beschlossenen Selbstentmächtigung des Gemeinderates durch Übertragung der Kompetenz für das Schuldenmanagement an die Finanzverwaltung.
Der Rechnungshofbericht stellt klar, dass die Kompetenz für solche Geschäfte dem Gemeinderat zukommt und eine Delegierung allenfalls nur an den Stadtsenat, nicht aber an die Finanzverwaltung zulässig wäre, ich bin überzeugt, dass das Swap-Geschäft nicht so zustande gekommen wäre, wenn öffentlich im Gemeinderat darüber diskutiert worden wäre.
Wie schon bekannt bekräftigt auch der RH-Bericht, dass die Genehmigung der Swap-Geschäfte durch GR und Land fehlte, das gilt auch für ILG, ich sehe hier auch ein Versagen des Präsidialamtes, das sonst recht pingelig ist, etwa wenn es um die Kompetenzen bei Anfragen zu ausgegliederten Betrieben geht, hinzuweisen ist auch darauf, dass noch in den 1990er Jahren sogar die Genehmigung des Finanzministeriums für Fremdwährungsgeschäfte erforderlich war, die Aufhebung hat sich für die Stadt Linz fatal und für die Banken als Freibrief erwiesen.
Laut RH-Bericht haben der Bürgermeister und der Finanzreferent die notwendige Verantwortung nicht wahrgenommen und sind kritischen Hinweisen zum Swap nicht nachgegangen, aus Sicht der KPÖ liegt hier jedenfalls eine wesentliche politische Verantwortung, entweder weil die Vorgänge erfolgreich verdrängt wurden oder weil man nicht wusste, was die Finanzverwaltung tut, beides ist für Stadtregierungsmitglieder wohl kaum akzeptabel

Eines aber kann man aus dem Bericht doch recht deutlich herauslesen, nämlich dass komplexe Derivate wie der Swap 4175 "für den Einsatz im öffentlichen Bereich nicht geeignet" sind, freilich kann sich der Rechnungshof in seinem Empfehlungen nicht zu eindeutigen Haltungen und einer klaren Absage für Derivate etc. durchringen und liefert auch keine klaren Empfehlungen für den Ausstieg aus solchen Geschäften und für das Schuldenmanagement sondern schreibt reichlich nebulös von „geeigneten Maßnahmen“.
Das verwundert freilich nicht, wurden doch auch vom Rechnungshof vor der Finanzkrise von 2008 ganz im neoliberalen Mainstream den Gemeinden empfohlen ihre Finanzen durch Geschäfte am Kapitalmarkt aufzubessern

Aus der Sicht der KPÖ bleiben zwei wesentliche Schlussfolgerungen aus der Swap-Misere:
Zum ersten die klare Erkenntnis, dass Derivate Gift für die kommunalen Finanzen sind. Solche Geschäfte mit Steuergeldern dienen dem Profit der Aktionäre. Eine Vergesellschaftung der Banken wäre hier hilfreich.
Die kommunale Finanzierung mittels Cross Borderleasing, Public Private Partnership, Fremdwährungsgeschäften oder Derivaten hat sich als destruktiv erwiesen. Daher sehen wir es als Aufgabe der Bundespolitik für eine solide Kommunalfinazierung zu sorgen, durch eine gerechte Verteilung der Mitteln aus dem Finanzausgleich und durch Fonds für zinslose bzw. günstige Darlehen für kommunale Projekte.
Der zweite Aspekt betrifft Demokratie und Transparenz, die KPÖ ist der Meinung, dass grundsätzlich der gewählte Gemeinderat für alle Finanzgeschäfte von der Darlehensaufnahme bis zum Schuldenmanagement zuständig sein soll, daher ist es bedauerlich, dass mein Änderungsantrag bei der Gemeinderatssitzung am 7.7.2011 die Kompetenz der Fremdfinanzierung grundsätzlich dem Gemeinderat zuzuordnen von allen vier Stadtsenatsparteien abgelehnt wurde.

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