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Politischer Kampf um die Stärkung der Gemeindekassen

  • Freitag, 15. Dezember 2006 @ 08:48
Kommunal Von Manfred Mugrauer (KPÖ-Ersatzgemeinderat in Attnang-Puchheim)

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren,

mit Einnahmen und Ausgaben von jeweils 16,83 Millionen Euro im ordentlichen Haushalt und 1,2 Millionen Euro im außerordentlichen Haushalt gibt es im Voranschlag 2007 ein Minus gegenüber dem Nachtragsvoranschlag 2006, was vor allem dem Rückgang des außerordentlichen Haushalts geschuldet ist.

Ich möchte kurz auf einzelne Punkte des vorliegenden Voranschlags im Detail zu sprechen kommen, vor allem auf jene Punkte, die unserer Meinung nach die Probleme sichtbar machen, mit denen die Gemeinden in ihrer Finanzpolitik heute konfrontiert sind. Zunächst also kurze Bemerkungen zu den Budgetgruppen im Einzelnen und im Anschluss daran einige Schlussfolgerungen:

Im Zusammenhang mit dem Kapitel 240 – Kindergärten – fordern wir die Übernahme der gesamten Personalkosten für das Land. Derzeit zahlt das Land ja nur die Kosten des diplomierten Personals. Auf die gestiegenen Leistungserlöse in diesem Punkt habe ich ja bereits eingangs hingewiesen. Insgesamt möchte ich dieses Kapitel zum Anlass nehmen, auf die Tarifpolitik der letzten Jahre zu sprechen zu kommen. Bekanntlich ist es bei den im Voranschlag angeführten obligatorischen Hebesätzen – Grundsteuern, Lustbarkeitsabgabe, Kanal- und Wassergebühren, Abfallgebühr –so, dass von der Landesregierung angedroht wird, Bedarfszuweisung nicht zu gewähren wenn nicht bestimmte Mindestgebühren eingehoben werden.

In den letzten Jahren erfolgten vor diesem Hintergrund auch tatsächlich zahlreiche Tariferhöhungen, etwa bei den Kindergärten und Horten, bei „Essen auf Rädern“, der Müllabfuhr, den Friedhöfen. Auch aus dem vorliegenden Voranschlag ersichtlich, dass aufgrund dieser Tariferhöhungen die Leistungserlöse beispielsweise bei den Kindergärten wie im Vorjahr erneut anwachsen. Bei den Wasser- und Kanalgebühren sind bis 2010 aufgrund des Druckes der Landesregierung weitere jährliche Erhöhungen vorprogrammiert. Der finanzielle Druck von oben wird also auf die Bevölkerung abgewälzt.

Im Bereich der Wohnbauförderung – Kapitel 489 – scheinen Einnahmen von 20.800 Euro auf, offenbar Rückflüsse früherer Förderungen, jedoch praktisch keine Ausgaben.

Im Kapitel 562 – Sprengelbeiträge – wird die Problematik der Spitalsfinanzierung deutlich: Bund und Länder wälzen die Kosten immer mehr auf die Gemeinden und die Bevölkerung ab. Wie für alle anderen Gemeinden auch stellt der Gemeindebeitrag von 1,4 Millionen Euro einen harten Brocken für Attnang-Puchheim dar.

Im Kapital 612 – Gemeindestraßen – werden 30.000 Euro für Strafgelder Bezirkshauptmannschaft bzw. 24.000 Euro für Strafgelder Gemeinde ausgewiesen. Wir schlagen in diesem Punkt erneut eine Zweckbindung dieser Mittel für den öffentlichen Verkehr vor.

Im Kapitel 920 „Eigene Steuern“ steigt die Grundsteuer B mit 495.000 Euro leicht an, ebenso die Kommunalabgabe mit 3,07 Mio. Euro, auch die Lustbarkeitsabgabe mit 23.200 Euro, während die Aufschließungsbeiträge für Verkehrsflächen, Wasser und Kanal stark rückläufig sind. Aus unserer Sicht sollte die Bemessung der Kommunalabgabe der gesamten Wertschöpfung folgen, und nicht wie zur Zeit drei Prozent der Bruttolohnsumme betragen. Derzeit ist es ja so, dass Unternehmen, die vergleichsweise viele Beschäftigte haben, durch eine hohe Lohnsumme quasi „bestraft“ werden, während jene, die zur Erhöhung der Gewinne Rationalisierungen durchführen und Arbeitsplätze abbauen, steuerlich begünstigt werden. Unser Vorschlag wäre also auch ein wirtschaftlich gerechter Schritt zur Stärkung der örtlichen Unternehmen.

Die Ertragsanteile in Kapitel 925 stagnieren seit Jahren auf etwa demselben Niveau, heuer ist ein leichter Zuwachs von 4,57 auf 4,78 Millionen Euro festzustellen. Sicher spiegelt sich darin auch die allgemeine wirtschaftliche Rezession wider, mehr noch jedoch die ungerechte Verteilung der gemeinschaftlichen Bundesabgaben laut Finanzausgleich: Während der Anteil der Gemeinden an den öffentlichen Investitionen bei 54 Prozent liegt, erhalten sie aus dem Finanzausgleich nur 11,6 Prozent. 2003 waren es zumindest noch 18,3 Prozent. Wie im Vorjahr gehen aktuell 15,2 Prozent an die Länder, 73,2 Prozent jedoch an den Bund.

Im Kapitel 930 kommt die hohe Belastung der Gemeinde durch die Landesumlage zum Ausdruck: Diese ist mit 564.4000 Euro gegenüber 538.000 Euro im laufenden Jahr ausgewiesen, womit die Belastung weiter steigt. Ich möchte auch an dieser Stelle erneut die Gelegenheit nutzen, die Sinnhaftigkeit der Landesumlage zu hinterfragen. In Niederösterreich wurde die Landesumlage bekanntlich bereits abgeschafft.

Die Transferbilanz zwischen Attnang-Puchheim und Bund, Land, Gemeindeverbänden und anderen Gemeinden weist in Summe ein Minus von 1,51 Mio. Euro aus. Das Minus ist damit gegenüber dem Vorjahr erneut gestiegen. Attnang zahlt also mehr weg, als es erhält, wobei das Minus hauptsächlich dem Transfer mit dem Land geschuldet ist: Während die Landesumlage seit 1997 um 21 Prozent gewachsen ist, wuchs der Rettungsbeitrag um 72 Prozent, der Krankenanstaltenbeitrag um 94 Prozent und der Sozialhilfeumlagebeitrag wächst im Zeitraum von 1997 bis 2007 gar um 124 Prozent. Dies macht mehr als deutlich, dass eine Neuregelung der Finanzierung des Gesundheitswesens bei Entlastung der Gemeinden immer dringlicher wird.

Im außerordentlichen Haushalt sind als wichtigste Investitionsvorhaben der Neubau des Feuerwehrdepots, der Zubau beim Bezirksaltenheim und Abwasserbeseitigung genannt. Laut mittelfristigem Finanzplan für die Jahr 2007 bis 2010 sind für verschiedene Projekte Investitionen von 14,7 Millionen Euro vorgesehen, für deren Realisierung „strikte Budgetdisziplin“ und – wie es heißt – „Kürzungen bei den freiwilligen Subventionen notwendig“ seien. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, in diesem Zusammenhang an unsere Forderung nach Errichtung eines Durchreiseplatzes für Roma und Sinti und der Erhaltung des alternativen Jugendzentrums im Bundessaal zu erinnern. Zwei Punkte, die im mittelfristigen Finanzplan bis 2010 nicht vorkommen.

Meine Damen und Herren, zwei Gedanken zur Einordnung dieser Zahlen: Unserer Meinung nach ist der Zusammenhang zwischen der in diesen Zahlen zum Ausdruck gekommenen Finanzmisere und einer insgesamt verfehlten Steuerpolitik entscheidend. Dass die Gemeinden im Wege des Finanzausgleichs benachteiligt werden, ist wohl unumstritten. Um die Mittel für die Gemeinden aus dem Finanzausgleich zu erhöhen, wäre jedoch eine andere Steuerpolitik notwendig, eine sozial gerechtere Steuerpolitik: Seit Jahren wird in Österreich Kapital und Vermögen massiv entlastet, ich erinnere nur an die Abschaffung der Vermögenssteuer, die steuerschonenden Privatstiftungen, die Senkung des Spitzensteuersatzes und der Körperschaftssteuer, an die Steuerschulden der Unternehmen usw. Österreich gilt heute geradezu als Steuerparadies für die Superreichen.

Den meisten wird aus den Medien auch die ungerechte Vermögensverteilung in Österreich bekannt sein: Ein Prozent besitzt ein Drittel, neun Prozent das zweite Drittel, die restlichen 90 Prozent das dritte Drittel. Die Zahl der Armutsgefährdeten steigt gewaltig an. Mehr Mittel für die Gemeinden wären unserer Meinung nach vor allem durch eine höhere Besteuerung von Kapital und Vermögen zu erzielen. Durch eine Steuerpolitik, die das Geld dort holt, wo es zu holen ist.

In diesem Zusammenhang kommen wir auch nicht darum herum, die Auswirkungen der EU-Politik auf die Gemeinden anzusprechen. Auch aus aktuellem Anlass: Attnang-Puchheim war ja die einzige Gemeinde in Österreich, deren Gemeinderat 2005 einen Beschluss für eine Volksabstimmung über die EU-Verfassung fasste. Die gescheiterte EU-Verfassung wird 2007 von der deutschen EU-Präsidentschaft wieder aufgegriffen. Nicht nur dass die Militarisierung ein Kernpunkt der Verfassung bleibt, was ja mit der Neutralität unvereinbar ist.

Die Gemeinden sind von der EU-Verfassung auch unmittelbar betroffen: Es dürfte bekannt sein, wie tief verschiedene elementare Grundlagen der EU, konkret die vier Grundfreiheiten, das Binnenmarktkonzept, der Stabilitätspakt und die Maastricht-Kriterien, die Liberalisierungsrichtlinien, wie tief diese Elemente, die auch in der geplanten Verfassung verankert sind, in die Gestaltungsfreiheit der Gemeinden eingreifen. Ich erinnere an die 2006 beschlossene EU-Dienstleistungsrichtlinie oder daran, dass bei der Ausschreibung kommunaler Leistungen so genannte Inhouse-Vergaben, also solche an gemeindeeigene Betriebe, zunehmend verhindert werden sollen.

Vor dem Hintergrund der eben angesprochenen ungerechten Vermögensabteilung ist der unter dem Stichwort der Maastricht-Kriterien ausgeübte Druck doppelt absurd: Die Gemeinden und wir alle sollen den Gürtel enger schnallen, Sozialausgaben sollen gekürzt werden, für die EU-Militarisierung sind jedoch Milliarden vorhanden. Während also in der Prioritätenliste der Regierung die Abfangjäger ganz oben stehen, sollen sich die Gemeinden verpflichten, den Stabilitätspakt zu erfüllen und Maastricht-konform zu budgetieren.

Wie sieht es in Attnang-Puchheim mit dem Maastricht-Ergebnis aus: Im Voranschlag für 2007 wird ein Maastricht-Überschuss von 0,09 Millionen Euro ausgewiesen. Laut Budgetvorschau sind für die Jahre 2008 und 2009 erneut Überschüsse vorgesehen.

In diesem Zusammenhang muss ich auch daran zu erinnern, dass der Stabilitätspakt durch Defizite in zahlreichen EU-Ländern ins Wanken geraten und de facto ausgesetzt worden ist. In Österreich wird jedoch eisern daran festgehalten. Interessant ist, dass der Bund weiterhin ein Defizit aufweist, die Länder und Gemeinden jedoch auf ein Nullergebnis verpflichtet werden, um das nationale Maastricht-Ergebnis letztlich doch zu erreichen. Dass sich vor diesem allgemeinen Hintergrund gerade die SPÖ-regierten Gemeinden damit brüsten, eine EU-konforme eiserne Budgetdisziplin zu praktizieren, kann nur als Kuriosum angesehen werden. Unserer Meinung nach ist es höchste Zeit, das ideologische Dogma eines Nulldefizits, das sich nur über weitere Belastungen realisieren lässt, zu hinterfragen.

In diesem Zusammenhang möchte ich auf den Bericht des Landesrechnungshofes über die Stadtgemeinde Attnang-Puchheim zu sprechen kommen. Kernpunkte darin sind Empfehlungen zur Erhöhung der Tarife bei Wasser, Kanal, Müllabfuhr, Essen auf Rädern, Friedhof und Freibad, die Einführung einer Bereitstellungsgebühr für Wasser und Kanal für unbebaute aber bereits gewidmete Grundstücke, eine Reduzierung der Ermäßigungen in den Kindergärten, eine Empfehlung für Sponsoring-Finanzierung beim Jugendzentrum sowie zur Schließung der Sauna, weil diese auch privat betrieben werden kann, die Einführung einer Parkgebühr und die Umstufung des Bürgermeisterbezuges von neben- auf hauptberuflich. Keine Themen sind für die Prüfer hingegen die hohen Zahlungen für die Landesumlage, die Sozialhilfeverbandsumlage und der Sprengelbeitrag zur Krankenhausfinanzierung, ebenso wenig der EU-Stabilitätspakt und die Maastricht-Kriterien.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich komme zum Schluss: Wie bereits in den letzten Jahren erkennen wir als KPÖ an, dass im Voranschlag auch wichtige Maßnahmen im Interesse der Bevölkerung enthalten sind, denen mein Kollege Stefan Krenn im Zusammenhang mit den dazu notwendigen Beschlüssen im Wege der Budgetvollziehung im Laufe des Jahres 2007 gewiss zustimmen wird. Auch bedeuten meine Argumente in keiner Weise eine Kritik an der fachlichen Arbeit der Finanzabteilung. Ich stimme jedoch aus grundsätzlichen Erwägungen gegen den Voranschlag 2007.

Den Auswirkungen der EU-Politik auf die Gemeinde Attnang-Puchheim wird nicht gegengesteuert, sondern zum Teil entgegen gekommen. Die teilweise sogar über die Kostendeckung hinausgehende Politik der Tariferhöhungen zeigt deutlich das Beharren auf die Erfüllung des Stabilitätspaktes und eine Maastricht-konforme Budgetierung zu Lasten der Bevölkerung. Wir lehnen diesen Weg, ebenso wie die Stagnation der Kommunalabgabe, die hohen Umlagen und den Rückgang bei den Ertragsanteilen, sowie die ungerechte Verteilung im Wege des Finanzausgleichs ab.

Meine Damen und Herren, ich vermisse nach wie vor Überlegungen, wie von den Gemeinden gegengesteuert werden könnte. Gemeindebundpräsident Mödlhammer von der ÖVP betont zwar ständig, wie wichtig die Gemeinden aufgrund des direkten Kontakts mit den Bürgerinnen und Bürgern sind und beklagt ihre finanzielle Unterdotierung, die Ausdünnung im ländlichen Raum usw. Nun sind im neu gewählten Parlament 17 Bürgermeister, vertreten, acht von der SPÖ, neun von der ÖVP. Eine nicht ungewichtige Lobby, wie man meinen könnte. Diese 17 Bürgermeister stimmen dort jedoch immer allen Maßnahmen zu, die auf Kosten der Gemeinden gehen.

Ändern wird sich erst dann etwas, wenn auch die Mandatarinnen und Mandatare unseres Gremiums damit beginnen, auf die Landtagsabgeordneten, Nationalratsabgeordneten, Minister und verantwortlichen Funktionäre ihrer Parteien einzuwirken, dass eine andere Politik notwendig ist. Notwendig ist vor allem ein politischer Kampf um die Stärkung der Gemeindekassen, ein politischer Kampf um einen Kurswechsel.

Budgetrede von Ersatzgemeinderat Mag. Manfred Mugrauer bei der Gemeinderatssitzung in Attnang-Puchheim am 15. Dezember 2006

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