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Die KPÖ zur Situation der Gemeinden

  • Donnerstag, 7. Dezember 2006 @ 09:04
Kommunal Von der neoliberalen Politik wird der Staat – und damit neben Bund und Ländern besonders auch die Gemeinden – zunehmend als Unternehmen betrachtet. Die Gebietskörperschaften sollen nach marktwirtschaftlichen Kriterien geführt werden und im Standortwettbewerb gegeneinander konkurrieren. Staatliche Institutionen sind jedoch keine Unternehmen, sondern haben soziale, ökologische und andere dem Gemeinwohl dienende Aufgaben zu erfüllen.

Gemeindebundpräsident Mödlhammer (ÖVP) betont ständig die Bedeutung der Gemeinden durch den direkten Kontakt mit den BürgerInnen vor Ort. An eine künftige Bundesregierung gerichtet beklagt er eine die Gemeinden belastende Gesetzesflut mit fehlender Folgekostenabschätzung, die finanzielle Unterdotierung, die Ausdünnung im ländlichen Raum, die Belastung der Gemeinden durch die Sozialhilfe und den Handlungsbedarf im Gesundheitswesen. Im neu gewählten Parlament sind 17 Bürgermeister (8 SPÖ, 9 ÖVP) vertreten, erfahrungsgemäß handeln sie aber dort nicht nach den Interessen der Gemeinden, sondern stimmen aus Parteiräson immer wieder Maßnahmen zu, die letztlich auf Kosten der Gemeinden gehen.

Der Stellenwert der Gemeinden

Den Gemeinden kommt eine zentrale Bedeutung zu, weil auf lokaler Ebene die Beziehung zwischen BürgerInnen und Politik am direktesten und daher eine Beteiligung der Menschen an politischen Entscheidungsprozessen im Sinne der Entwicklung einer partizipativen Demokratie am einfachsten möglich ist. Dem steht allerdings entgegen, dass die die realen Gestaltungsmöglichkeiten der Gemeinden und damit die Autonomie der Gemeinden durch eine wachsende kommunale Finanzkrise und einen zunehmenden Kompetenzverlust angesichts wachsender Vorgaben von EU, Bund und Ländern immer geringer werden.

Die BürgermeisterInnen werden im Zuge dieser Entwicklung immer stärker in der Rolle von ManagerInnen von als Unternehmen verstandenen Gemeinden gedrängt, die sich der berüchtigten Politik der Sachzwänge unterordnen bzw. verstehen diese sich selbst als solche. Durch die in den meisten Bundesländern mittlerweile eingeführte Direktwahl der BürgermeisterInnen hat sich die Abgehobenheit vom gewählten Gemeinderat verstärkt.

Die Gemeinden im „Europa der Konzerne“

Rund 80 Prozent der Kompetenzen werden heute durch Richtlinien etc. auf EU-Ebene entschieden. Die Strukturen des „Europa der Konzerne“ sind jedoch zu stark zentralistisch, zu wenig transparent und zu wenig demokratisch, die Politik der EU und ihrer Mitgliedsländer ist neoliberal und militaristisch. Die erheblichen Demokratiedefizite sollen in der geplanten EU-Verfassung mit den Kernelementen Militarisierung, Neoliberalismus und Demokratiedefizit festgeschrieben werden, die von Nationalrat und Bundesrat beschlossen wurde, aber 2005 am Nein in Frankreich und den Niederlanden vorläufig scheiterte und 2007 durch die deutsche Präsidentschaft wieder reaktiviert werden soll. Auf Initiative der KPÖ hat sich Attnang-Puchheim als einzige Gemeinde Österreichs mit Verweis auf die Betroffenheit der Gemeinden kritisch zu diesem Verfassungsentwurf geäußert und eine Volksabstimmung verlangt.

Obwohl die EU viel von Bürgernähe schwärmt, wird der Stellenwert der Gemeinden und Regionen geringer. Der Widerspruch zwischen formalen Kompetenzen und der Finanzlage nimmt zu. Auch die Gemeinden sind der neoliberalen Politik wie sie von Konservativen, Sozialdemokraten und Liberalen in Kommission, Rat und Europäischer Zentralbank betrieben wird unterworfen. Die in der Gemeindeverfassung 1962 verankerte und vielfach als vorbildlich dargestellte Autonomie wurde durch die Entwicklung der letzten Jahre stark entwertet und droht durch die geplante EU-Verfassung noch stärker ausgehöhlt zu werden.

Der Verweis auf das Subsidiaritätsprinzip, das „Europa der Regionen“ und die Mitsprache im Ausschuss der Regionen kann darüber nicht hinwegtäuschen. Im Zusammenhang damit sind auch die Auswirkungen der zahlreichen EU-Richtlinien zur Liberalisierung elementarer Bereiche der Grundversorgung (Strom, Gas, Post, Telekom, Bahn, Nahverkehr…) und auch die jetzt vom EU-Parlament beschlossene Dienstleistungsrichtlinie sowie ein verbürokratisiertes und für die Großkonzerne maßgeschneidertes Vergaberecht auf die Gemeinden zu sehen.

Gemeinden unter finanziellem Druck

Die Schere zwischen wachsenden Auflagen in Form von neuen Richtlinien, Gesetzen und Verordnungen von EU, Bund und Ländern und wachsenden Anforderungen der BürgerInnen an die Gemeinden einerseits und den Möglichkeiten zur Realisierung angesichts der finanziellen Misere andererseits wird immer größer. In der Folge sind die Gemeinden angesichts der zunehmenden finanziellen Enge immer stärker auf Bittgänge um Bedarfszuweisungen der Länder angewiesen.

Die Gemeinden (ohne Wien) erhalten laut Finanzausgleichsgesetz 2005-08 nur 11,6 Prozent der meisten gemeinschaftlichen Bundesabgaben, sie tätigen jedoch 54 Prozent der öffentlichen Investitionen und sind damit auch ein bedeutender Faktor für die Beschäftigungspolitik. Durch wachsende finanzielle Probleme können die Kommunen aber zunehmend weniger Beschäftigungsimpulse auslösen.

Die mangelnde finanzielle Ausstattung der Gemeinden, der Euro-Stabilitätspakt für ein Nulldefizit sowie die Maastricht-Auflagen für eine nachhaltige Budgetsanierung finden politisch gewollt ihren Niederschlag in Tarif- und Gebührenerhöhungen, Rationalisierung sowie Ausgliederung und Privatisierung kommunaler Leistungen und Einrichtungen. Durch die Vorgaben zur Budgetgestaltung und die Vorschreibung von Mindestgebühren bei Androhung der Verweigerung von Bedarfszuweisungen der Länder wird eine soziale Tarifpolitik der Gemeinden immer schwieriger. Dazu kommt die Möglichkeit, über die Kostendeckung hinausgehende Gebühren und Tarife einzuheben.

Auf Kosten der Gemeinden droht auch die immer wieder andiskutierte Verwaltungsreform zu erfolgen, wie die bisherigen Erfahrungen mit fehlenden Kostenersätzen für den Gemeinden bzw. Statutarstädten übertragenen Aufgaben (Meldewesen, Passwesen, Fundwesen, Fremdenrecht…) zeigen. Die KPÖ tritt als Gegenposition dazu für eine Stärkung der Kompetenzen der Gemeinden, vor allem ihrer Finanzbasis ein.

Umverteilung auch auf kommunaler Ebene

Auch auf kommunaler Ebene findet die Umverteilung zum Kapital auf Kosten der SteuerzahlerInnen, etwa in Form hoher Zinszahlungen für die wachsenden Schulden der Gemeinden als Darlehen oder Leasing-Finanzierung, ihren Ausdruck. Die Ausdünnung oder Abschaffung von Fonds zur Gewährung günstiger Kredite oder willkürliche Bedarfszuwendungen schnüren das finanzielle Korsett zunehmend enger. Die zur Erfüllung der restriktiven Maastricht-Auflagen eingeschlagenen „Auswege“ wie das (mittlerweile nach Gesetzesänderungen in den USA eingestellte) Cross-Border-Leasing, die Aufnahme von riskanten Fremdwährungskrediten oder die verstärkte außerbudgetäre Finanzierung von Gemeindeprojekten per Leasing für höchst problematisch.

EU, Bund und Länder engen durch Abschaffung oder Beschneidung kommunaler Steuern die Autonomie der Gemeinden immer mehr ein. So wurde die Getränkesteuer als eine wichtige kommunale Steuer ersatzlos abgeschafft, die Umstellung von der Lohnsummensteuer auf die Kommunalabgabe brachte für viele Gemeinden deutliche Mindereinnahmen, die Werbeabgabe, Lustbarkeitsabgabe und sogar die Kommunalabgabe werden immer wieder in Frage gestellt. Als Ausgleich wird eine zeitgemäße Reform der Grundsteuer in den Raum gestellt, wobei allerdings die Auswirkungen auf die Mieten verschwiegen werden.

Anschläge auf die Infrastruktur

In den letzten Jahren erfolgte eine massive Ausdünnung der regionalen Infrastruktur durch die Schließung von bundesweit rund tausend Postämtern sowie von zahlreichen Bezirksgerichten und Polizeidienststellen, die Einstellung von Buslinien und Regionalbahnstrecken. Verschärft wird dies durch ein Versagen der Raumordnung und Strukturpolitik. Die Zersiedelung vor allem im Umland der Städte führte zu einer wachsenden Verkehrslawine mit negativen Auswirkungen durch eine wachsende Zahl von PendlerInnen, Stau, Stress und Belastungen für die Umwelt.

Mit der bereits in der Ära der rotschwarzen Koalition erfolgten Privatisierung der Verstaatlichten wurde auch die Chance vergeben, durch staatliche Impulse mehr Arbeitsplätze in den strukturschwachen Gebieten zu schaffen, deren prekäre Lage sich mit der anstehenden Privatisierung von Post, Bahn und E-Wirtschaft weiter zu verschärfen droht. Ein Schwerpunkt für die Kommunalpolitik ist daher auch der Ausbau des Nahverkehrs um eine Verlagerung von der Straße auf die Schiene bzw. den öffentlichen Verkehr zu erreichen. Dazu ist eine Nahverkehrsabgabe zur Finanzierung des Berufsverkehrs ähnlich der Wiener U-Bahnsteuer erforderlich. Auch der Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen ist wichtig – leistbare Krippen, Kindergärten und Horte sind für die Entlastung der Familien und die Berufstätigkeit der Frauen unabdingbare Voraussetzungen.

Die Wohnkosten und insbesondere die Betriebskosten steigen seit Jahren weit über der allgemeinen Inflationsrate. Die Privatisierung der 61.000 Bundeswohnungen hat die Lage auf dem Wohnungssektor weiter verschärft. Maßnahmen um leistbare Wohnungen vor allem für Menschen bzw. Familien mit geringen Einkommen bereit zu stellen sind notwendig. Dazu muss der Bestand an Gemeindewohnungen im öffentlichen Eigentum erhalten werden und die Gemeinden selbst wieder einen kommunalen Wohnbau aufnehmen um damit beispielgebend zu wirken.

Für eine Stärkung der Gemeinden

Um die Situation der Gemeinden zu verändern muss vorrangig der Anteil der Gemeinden an den Ertragsanteilen im Wege des Finanzausgleichs deutlich erhöht werden, wobei dieser Topf durch eine höhere Besteuerung von Kapital und Vermögen insgesamt vergrößert werden muss. Landesumlage und Spitalsfinanzierungsbeiträge stellen eine hohe Belastung dar und sollen gestrichen werden. Damit würde die Gemeindeautonomie gestärkt und Bittgänge um mit Auflagen wie Mindesttarifen für Wasser und Kanal verbundene Bedarfszuweisungen entfallen. Ebenso ist eine Bemessung der Kommunalabgabe nach der gesamten Wertschöpfung statt wie derzeit nur nach der Lohnsumme notwendig um der Rationalisierung Rechnung zu tragen.

Dringend notwendig ist auch eine klare Trennung der Kompetenzen von Gemeinden, Ländern und Bund, etwa indem die Gemeinden für die Kinderbetreuung, die Länder hingegen für Sozialhilfe, Spitalswesen und Pflege zuständig sind.

KPÖ-Bundesausschuss 7. Dezember 2006

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