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Barbara Steiner im Interview mit derStandard.at

  • Mittwoch, 20. September 2006 @ 18:55
Wahlen "Man kann von einer gewissen Aufbruchsstimmung sprechen"

Die oberösterreichische KPÖ-Kandidatin Barbara Steiner berichtet im derStandard.at- Interview über die Basisarbeit

Die Studentin Barbara Steiner aus Traun, die im Regionalwahlkreis 4A (Linz-Umgebung) für die KPÖ kandidiert, sprach mit Berthold Eder über den Wahlkampf in Oberösterreich und die Entwicklung der KPÖ zur Aktivistinnenpartei.

derStandard.at: Wie sind Sie zur Politik gekommen?

Barbara Steiner: Ich habe mich anlässlich der Angelobung der blau-schwarzen Regierung im Jahr 2000 zusammen mit Freunden und Freundinnen bei den "Jungen Linken" engagiert. Diese Gruppe vertrat im Gegensatz zur eher dogmatisch orientierten Kommunistischen Jugend (KJÖ) einen offenen, pluralistischen Kurs.

derStandard.at: Was wollen Sie mit Ihrem politischen Engagement verändern?

Steiner: Eigentlich alles. Die Art, wie die Gesellschaft Menschen wegen ihrer Herkunft oder sexuellen Orientierung diskriminiert, Benachteiligung von Frauen, die Kluft zwischen Arm und Reich – diese Ungerechtigkeiten will ich abschaffen.

derStandard.at: Warum haben Sie sich entschlossen, KPÖ-Mitglied zu werden?

Steiner: Die KPÖ ist für mich wie eine zweite Familie geworden. Viele Freundinnen und Freunde sind in der Partei. Ich treffe dort Leute, die das Gleiche wollen wie ich: die Welt verändern mit Herz und Hirn, das gute Leben für alle Menschen.

derStandard.at: In der Steiermark veröffentlichen KPÖ-Spitzenfunktionäre regelmäßig ihren Kontostand – sollte diese Praxis ein Vorbild für andere Politiker sein?

Steiner(lacht): Wenn alle KPÖ-PolitikerInnen ihre Konten offen legen würden, wäre mit einer Welle des Mitleids zu rechnen. Ernsthaft: Ein Vorbild für andere PolitikerInnen wäre dies sicher. Es ist eine zunehmende Politikverdrossenheit zu beobachten. Etwas Transparenz könnte sicher dazu beitragen, dem entgegenzuwirken.

derStandard.at: Ist der Trend, dem zufolge die Mitgliederzahlen der KPÖ konstant sinken, gestoppt? Sind in Ihrer Umgebung in letzter Zeit Leute der Partei beigetreten?

Steiner: Gerade jetzt am Volkstimmefest hat sich ein Freund, der sich ohnehin seit 15 Jahren in der Partei engagiert, entschlossen, Mitglied zu werden. Ich habe den Eindruck, dass jedes Mal, wenn ich in der Drechslergasse (Bundesparteizentrale, Anm.) bin, jemand anruft und Informationen über die Parteimitgliedschaft will.

derStandard.at: Zum Volksstimmefest in Wien kamen Anfang September 20.000 BesucherInnen. Organisiert die oberösterreichische KPÖ ähnlich erfolgreiche Veranstaltungen?

Steiner: Leider nicht. Die mittlerweile eingestellte KP-Tageszeitung "Neue Zeit" veranstaltete früher ein Pressefest, aber das kann man allein von der Größe her nicht mit dem Volksstimmefest der Bundes-KPÖ, das heuer ja auch der Wahlkampfauftakt war, vergleichen. Die oberösterreichische KPÖ organisiert aber auch gute Parties.

derStandard.at: Wie läuft die Basisarbeit in Oberösterreich ab?

Steiner: Wir machen regelmäßig Infostände, obwohl das nicht immer leicht ist. Ich erinnere mich, dass vor kurzem ein junger Mann, der eine Broschüre mitnehmen wollte, von seiner Mutter mit den Worten "von denen nimmst du nichts!" weggezerrt wurde. Gegen Infomaterial der Grünen, des BZÖ oder der FPÖ hätte sie wahrscheinlich nichts einzuwenden gehabt. Das sind alte Reflexe auf die Kommunisten ... Die Stimmung der KPÖ gegenüber ist aber viel besser geworden und das allgemeine Interesse wird größer. Die undemokratischerweise nur für kleine Parteien für das Antreten bei den Nationalratswahlen erforderlichen Unterstützungserklärungen waren schnell gesammelt – wir konnten bereits Tage vor dem Stichtag 500 unterschriebene Formulare einreichen, obwohl "nur" 400 nötig gewesen wären. Viele Leute haben sich deshalb an uns gewendet oder sich die Unterstützungserklärung einfach aus dem Internet ausgedruckt, am Gemeindeamt unterschrieben und an die Partei geschickt, weil sie ein Antreten der KPÖ für wichtig halten. Außerdem erscheint sechsmal im Jahr unsere Zeitschrift "Café KPÖ", die ist als offenes Projekt konzipiert ist – dort schreiben also nicht nur Parteimitglieder.

derStandard.at: Was würden Sie als Entscheidungsträgerin in der KPÖ verändern?

Steiner: Ich bin Entscheidungsträgerin. In der KPÖ gibt es wahrscheinlich so viele Parteilinien wie Mitglieder. Ich bin nicht unzufrieden mit der derzeitigen Situation: Man kann von einer gewissen Aufbruchsstimmung sprechen. Selbstermächtigung und Eigeninitiative gepaart mit großer Solidarität sind Realität in der Partei. Die KPÖ wird mehr und mehr zur AktivistInnenpartei, nachdem ja aus finanziellen Gründen die Angestellten entlassen werden mussten und es daher praktisch keinen Parteiapparat mehr gibt. Vor allem das Zusammenhelfen unter GenossInnen begeistert mich – man findet für Aktionen wie z. B. den Infostand in meiner Heimatstadt Traun letzte Woche immer Unterstützung.

Quelle: http://derstandard.at/?url=/?id=2583598

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