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Standpunkt Öffentlicher Raum

  • Freitag, 14. Juni 2002 @ 09:58
Kommunal Im Zuge der neoliberalen Globalisierung drängt überschüssiges Kapital zunehmend in bislang unerschlossene bzw. der Öffentlichkeit vorbehaltene Bereiche. Dabei wird zunehmend der bislang der Öffentlichkeit vorbehaltene Raum der Kapitalverwertung unterworfen. Im Zusammenhang mit dem Standortwettbewerb der Handelskonzerne bei der Errichtung von immer mehr und immer größeren Einkaufszentren sowohl am Stadtrand als auch in den Innenstädten wird angestrebt den umliegenden öffentlichen Raum konsumgerecht zu gestalten. Eine zentrale Rolle bei dieser Entwicklung kommt dabei den Banken und Immobilienkonzerne zu, deren Einfluß auf die Stadtentwicklung und Raumordnung als Financiers von Großprojekten immer größer wird.

Einkaufszentren werden als Erlebniswelten und Konsum als von den KonsumentInnen nützlich und angenehm empfundenes Shopping-Erlebnis vermarktet. Das Dogma des unbegrenzten Konsums verbunden mit unbegrenzter Mobilität ist ein Ausdruck des zur „Konsumgesellschaft“ verbrämten Kapitalismus. Als Kehrseite werden alle nicht oder nicht ausreichend konsumfähigen oder konsumwilligen Bevölkerungsgruppen systematisch als unerwünschte Elemente verdrängt. Die Steigerung des Umsatzes der Handelskonzerne geht mit sozialer Kontrolle unter den Stichworten Ordnung, Sicherheit und Sauberkeit konform. Diese Tendenz wird durch die von den großen Handelskonzernen zur Verdrängung der kleinen Nahversorger forcierte Ausweitung der Ladenöffnungszeiten in die Abendstunden und an Wochenenden weiter verstärkt.

Die „Säuberung“ der Bahnhöfe im Zuge ihrer Umgestaltung zu Einkaufszentren, Bettlerverbote in Innenstädten, Alkoholverbote auf öffentlichen Plätzen oder die Ausgrenzung unerwünschter Jugendlicher aus Parks oder Plätzen sind Beispiele dafür. Erwünscht sind einzig und allein möglichst viele zahlungskräftige und unkritische KonsumentInnen. Nicht erwünscht sind alle, welche die heile Einkaufswelt stören (Sandler, auffällige Jugendliche, Alkis, Bettler usw.) oder die angepaßten KonsumentInnen unangenehm an die sozialen Defizite der Gesellschaft erinnern.

Die Beschlagnahme des öffentlichen Raumes für die Konzerne geht vor allem auch mit einer systematischen Verschärfung von Sicherheitsmaßnahmen einher. Politik, Medien und Wirtschaft machen das Thema Sicherheit systematisch hegemonial, um damit Überwachungs- und Bespitzelungsmaßnahmen und die Enteignung des öffentlichen Raumes zu legitimieren. Durchsichtige Glaspavillons sind ein zusätzliches Element von Kontrolle mit dem Ziel eines in jeder Hinsicht „gläsernen Konsumenten“.

Ist es heute bereits üblich, daß die KonsumentInnen in Supermärkte einer ständigen Video-Überwachung unterliegen, für welche Ladendiebstähle als Vorwand dienen, so wird zunehmend auch angestrebt öffentliche Plätze mit Verweis auf die Sicherheit per Video zu überwachen um als Folge davon unerwünschte Elemente rasch greifen zu können. Zu wessen Nutzen eine solche Überwachung ist, zeigt sich allein daran, daß solche Videoaufzeichnungen keinerlei öffentlicher Kontrolle unterliegen.

Die Debatte um den Einsatz von selbstermächtigten und im gesetzesfreien Raum agierenden Security-Truppen unter dem Titel „Bürgerwehr“ auf Betreiben der FPÖ ist ein weiterer Baustein, wie der öffentliche Raum der freien Nutzung durch die Öffentlichkeit zugunsten des Kapitals entzogen werden soll. Das dazu als Legitimierung angeführte Bedürfnis nach mehr Sicherheit ist durchwegs vorgeschoben, im Gegenteil wird eine Unsicherheit systematisch herbeigeredet um mit dem Einsatz solcher semifaschistischen „Law and Order“-Gruppen das Gewaltmonopol des Staates der in einer demokratischen Gesellschaft allein für die Sicherheit zuständig ist zu unterlaufen.

Die KPÖ lehnt die auf Betreiben der Wirtschaft durchgeführte Enteignung des öffentlichen Raumes für die Öffentlichkeit und alle damit verbundenen Maßnahmen von Ausgrenzung, Überwachung und Bespitzelung ab und tritt für eine Stadtentwicklung und Raumordnung ein, deren Kriterien nicht allein wirtschaftliche Kriterien, sondern Ansprüche an eine demokratische und soziale Entwicklung sind.

Stellungnahme des Arbeitskreises Kommunalpolitik des KPÖ-Bundesvorstandes, Leoben, 14. Juni 2002

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