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Positionspapier Transitverkehr

  • Dienstag, 31. Mai 2005 @ 09:57
Verkehr Um 7,8 Prozent auf 1,3 Mio. LKW ist die Zahl der Schwerfahrzeuge auf den wichtigsten Transitrouten Österreichs im ersten Quartal 2005 gegenüber 2004 gestiegen. Hochgerechnet auf das ganze Jahr 2005 muss mit 5,2 Mio. LKW gerechnet werden. Als Ursachen für dieses Wachstum werden der Ausweichverkehr durch die Einführung der LKW-Maut in Deutschland, das Ende des Transitvertrages 2003, der Wegfall der Beschränkungen für die neuen EU-Mitgliedsländer, Rabatte für Vielfahrer und das Ende der Ferienreiseverordnung angenommen.

Prognosen zufolge wird bis 2015 mit einem Wachstum des LKW-Transitverkehrs durch Österreich um ein Drittel gerechnet. Laut dem Wiener Verkehrsplaner Max Herry wächst zwischen 1999 und 2015 der Quellverkehr aus Österreich in Richtung Osteuropa um 185 Prozent, in Richtung Westeuropa um 87 Prozent, der Zielverkehr nach Österreich aus Osteuropa steigt in diesem Zeitraum um 265 Prozent, aus Westeuropa um 99 Prozent. Die EU-Osterweiterung durch den Beitritt der mittel- und osteuropäischen Länder wird demnach insbesondere eine heute noch unvorstellbare Verkehrslawine zur Folge haben.

Rund 60 Prozent des LKW-Transits verkehrt zwischen Deutschland und Italien, weil die Hafenpreise in Italien günstiger sind als in Nordeuropa. Gerade Österreich wird bedingt durch seine geografische Lage mit sechs wichtigen Transitkorridoren sowohl in Nord-Süd- als auch in West-Ost-Richtung (Donau, Süd, Tauern, Brenner, Pyhrn, Arlberg) damit extrem belastet.

Seit dem EU-Beitritt ist Österreich zum „Durchhaus Europas“ geworden. Österreich war schon im Jahre 2000 durch den Alpengütertransit mit 32 Mio. Tonnen (24,1 Straße, 7,9 Bahn) am meisten belastet, die Schweiz verzeichnete 21,8 Mio. Tonnen (4,7 Straße, 17,1 Bahn), Frankreich 11,4 Mio. Tonnen (8,2 Straße, 3,1 Bahn). Im Unterschied zu Frankreich und der Schweiz hat Österreich im Zuge der Osterweiterung eine enorme Ausweitung des Transitverkehrs in der Ostregion zu erwarten.

In den vom Transitverkehr betroffenen Regionen leidet die Bevölkerung immer stärker unter den Auswirkungen, insbesondere unter hoher Lärm- und Abgasbelastung. Die Umweltbelastungen, aber auch die Straßenabnützung durch LKWs betragen dabei ein Vielfaches jener von PKWs, wobei natürlich auch der wachsende PKW-Transitverkehr nicht zu vernachlässigen ist.

Die Bündelung des Güterverkehrs auf wenige Routen verursacht in Gebirgszonen ungleich größere Probleme als auf dem flachen Land. Die Ökosysteme dieser Gebiete sind sensibler und der enge besiedelbare Raum muss mit der Verkehrsinfrastruktur geteilt werden. Das kommt auf den wichtigsten Transitrouten wie Brenner (508.600 LKW von Jänner bis März 2005), Gleinalmtunnel (226.000), Tauernautobahn (244.700), Bosrucktunnel (217.100), Arlberg-Straßentunnel (78.500) und Karawankentunnel (31.600) deutlich zum Ausdruck.

Laut Verkehrsclub Österreich (VCÖ) verursacht der gesamte Schwerverkehr in Österreich – also sowohl der innerösterreichische als auch der Transitverkehr durch Österreich – jährlich Kosten von 3,1 Mrd. €, umgelegt auf die Bevölkerung sind das 385 € pro EinwohnerIn. Damit ist der Gütertransport auf der Straße viermal so teuer wie jener auf der Schiene und verursacht 15-mal so viele Kohlendioxid-Emissionen. Durch die fehlende Kostenwahrheit ist der Güterverkehr auf der Straße allein von 1995 bis 2002 von 67 auf 72 Prozent gestiegen. Für den Zeitraum von 2003 bis 2015 ist laut VCÖ mit einem weiteren Wachstum um 84 Prozent zu rechnen.

Die Entwicklung des Güterverkehrs in der EU in den letzten Jahrzehnten zeigt eine alarmierende Tendenz: Von 1970 bis 2000 stieg der Anteil der Straße von 49 auf 76 Prozent, jener der Schiene sank von 32 auf 12, jener auf dem Wasser von 19 auf 12 Prozent. Der Hintergrund für diese Entwicklung ist die Entwicklung der Produktivkräfte, die durch eine wachsende Globalisierung eine immer stärkere Mobilität verlangt.

Die bereits im Maastricht-Vertrag 1991 und auch in der neuen EU-Verfassung verankerten vier Grundfreiheiten der EU (Kapital, Güter, Personen, Dienstleistungen) erheben diese Mobilität zu einem Dogma mit immer gravierenderen negativen Auswirkungen auf Umwelt und Lebensqualität. Der Verkehr ist damit immer mehr zum zentralen Umweltthema geworden. Dabei ist offensichtlich, dass eine Regulierung durch den Markt die Verkehrsprobleme nur verschärft und es ohne politische Entscheidungen keine Chancengleichheit zwischen dem motorisierten Individualverkehr und dem öffentlichen Verkehr und damit auch keine sinnvolle und zukunftsorientierte Verkehrspolitik geben kann.

Alle bisherigen Regelungen, aber auch Übergangsfristen zum Schutz österreichischer Interessen vor billigerer Ostkonkurrenz gehen an der Grundfrage vorbei. Bekanntlich haben alle österreichischen Regierungen schon mit dem Transitvertrag im Zusammenhang mit dem EU-Beitritt auf Scheinlösungen gesetzt und sind damit letztlich schmählich gescheitert, weil sie auf Sonderregelungen bei Schonung der heimischen Transportwirtschaft setzten. Solche müssen aber in einer EU, für die nicht ökologische Aspekte, sondern der Profit der Maßstab aller Dinge sind, scheitern.

Es kommt daher nicht darauf an, den ständig wachsenden Verkehr ökologisch zu behübschen, sondern in ganz schlicht und einfach zu verringern. Der dazu notwendige Ansatz liegt nicht nur in der Kostenwahrheit des Gütertransits, sondern verlangt auch eine Änderung der Förderpolitik der EU. Solange sinnlose Gütertransporte quer durch Europa subventioniert werden, kann von einem Einbremsen des Transitverkehrs keine Rede sein. Die zentrale Frage der Verkehrspolitik ist daher, das neoliberale Dogma einer unbegrenzten Mobilität bewusst in Frage zu stellen.

Bei wirksamen Maßnahmen gegen die Transitlawine kann sich Österreich dabei ein Beispiel am Nicht-EU-Mitglied Schweiz nehmen. Der Widerstand der vom Transitverkehr betroffenen Bevölkerung durch Protest- und Blockadeaktionen wird dabei ein zunehmend wichtigeres Druckmittel. Notwendig ist die Einführung einer kilometer- oder leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe für alle Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen wie in der Schweiz. Eine solche Abgabe muss im Sinne der Kostenwahrheit ohne Ausnahme für das gesamte Straßennetz gelten und nicht nur für Autobahnen.

Dazu ist auch eine Änderung der EU-Wegekostenrichtlinie notwendig, um Gebühren für das gesamte Straßennetz einheben zu können. Andernfalls wäre nur ein Ausweichen des Schwerverkehrs auf niederrangige Straßen die Folge, mit allen daraus entstehenden negativen Effekten. Aus den Mitteln dieser Abgabe muss auch eine Querfinanzierung von Eisenbahnprojekten erfolgen, wie dies in der Schweiz praktiziert wird.

Völlig kontraproduktiv ist der in der Wegekostenrichtlinie vorgesehene Vielfahrerrabatt von 13 Prozent, damit würde das Vergiften, Verlärmen und Verlagern von Arbeitsplätzen noch lukrativer gemacht. Gleichzeitig sind Maßnahmen notwendig um den Ferngüterverkehr zwingend auf die Schiene oder das Wasser zu verlagern und den Güterverkehr auf der Straße längerfristig auf den unvermeidlichen Anteil der Nah- und Regionalversorgung zu reduzieren.

Stellungnahme der KPÖ-Kommunalpolitik vom 31. Mai 2005

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