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Interview mit der OÖ Spitzenkandidatin Christina Pree

  • Montag, 19. August 2024 @ 10:06
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Am 29. September finden die Nationalratswahlen statt. Die KPÖ Oberösterreich geht mit Christina Pree als Spitzenkandidatin ins Rennen. Die gebürtige Steyrerin arbeitet aktuell als Sozialwirtin im Diakoniewerk. Wir haben sie zu ihren wichtigsten Themen und Forderungen, zur Frage, wieso es die KPÖ im Nationalrat braucht und welche Visionen die KPÖ für die Zukunft hat, interviewt.

Du gehst in Oberösterreich als Listenerste und auf der Bundesliste als Listenvierte in den Wahlkampf. Welche Themen möchtest Du im Nationalrat vertreten?

Für mich leiten sich die wichtigsten Themen aus meinen Alltags- und Lebenserfahrungen ab. Ich arbeite im Sozialbereich, bin eine Frau und erst kürzlich Mama geworden. Von dem her sind die Themenbereiche Care-Arbeit, Feminismus und soziale Gerechtigkeit für mich wichtig und ich denke, dass ich auch weiß, welche Probleme und Herausforderungen sich diesbezüglich in Österreich stellen. Ebenfalls ein immens dringendes Thema ist für mich der Klimaschutz, denn wir haben nur diesen einen Planeten. Ich bin davon überzeugt, dass wir in der Klimafrage die Systemfrage stellen müssen, wenn wir unsere Erde lebenswert erhalten wollen.

Welche Maßnahmen würde es in den von dir genannten Themenfeldern brauchen? Welche Forderungen stellst Du da?

Es ist dringend notwendig, dass wir eine Arbeitszeitverkürzung auf dreißig Wochenstunden erkämpfen, das würde auch eine geschlechtergerechte Umverteilung von Care-Arbeit ermöglichen. Mit einer Reduzierung der Arbeitszeit können wir als Gesellschaft auch darüber reden, wie wir künftig gesünder arbeiten und demokratischer mitgestalten können im Betrieb. Zentral ist dabei für mich, dass wir uns mit einer Arbeitszeitverkürzung unseren Anteil an der in den letzten Jahrzehnten massiv gestiegene Produktivität zurückholen. Jahrzehntelang ist diese gestiegen, ohne dass Arbeitnehmer:innen davon profitiert haben – da wäre eine Arbeitszeitverkürzung also nur sozial gerecht!

Sozial gerecht wäre auch eine Sozialhilfe, von der man wirklich leben kann und deren Antragstellung nicht mit Schikanen einhergeht. Generell muss sich die Politik in Österreich dem Thema Armut annehmen. Gut 1,5 Millionen Menschen sind in Österreich armutsgefährdet, werden aber von etablierten Parteien entweder vergessen oder weiter ausgegrenzt. Wir müssen hier aber nicht nur sagen, es braucht soziale Maßnahmen, mit denen ein sicheres und würdevolles Leben möglich ist, sondern auch fragen, was können wir tun, damit Menschen überhaupt nicht erst in die Situation kommen. Und Armut hat nicht nur ökonomische Aspekte, auch die Frage der gesellschaftlichen Teilhabe ist relevant. In der Klimapolitik wird es – wenn wir die ärgsten Folgen des drohenden Kollapses noch verhindern wollen – nicht ohne schnelle und ins System eingreifende Maßnahmen gehen. Der öffentliche Verkehr muss radikal ausgebaut und günstiger werden, wenn wir es ernst mit dem Klimaschutz meinen. Die KPÖ fordert auch eine Energiegrundsicherung, bei der ein Sockelbetrag durchschnittlich benötigter Energie kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Das würde nicht nur Energie sparen attraktiv machen, sondern auch Menschen sofort finanziell entlasten. Und die exzessive Bodenversiegelung gehört in Österreich per Gesetz gestoppt – machen wir so weiter wie bisher, entziehen wir uns selbst unsere Lebensgrundlage.

Die Forderungen und das Programm stimmen also! Aber wieso braucht es eigentlich die KPÖ im Parlament?

Politik findet ja nicht nur in den Parlamenten statt, sondern auch auf der Straße, in den Betrieben, in Initiativen oder am Stammtisch. Wenn man die Gesellschaft wirklich grundlegend und demokratisch verändern will, muss man an allen Orten, an denen Politik passiert, präsent und vertreten sein. Die KPÖ hat diesen Anspruch und versucht durch verschiedene Aktionen, der Arbeit in Bündnissen oder auch mit solidarischen Projekten politische Veränderung in den Gang zu bringen. Aber natürlich ist auch die parlamentarische Ebene wichtig, denn in einem Nationalstaat werden nun einmal der politische Willen in Gesetzen ausgedrückt. Von dem her ist es auf jeden Fall wichtig, dass die KPÖ an dem Ort vertreten ist, wo das passiert – nämlich im Parlament. Und da braucht es kräftige linke Stimmen.

Angenommen die KPÖ schafft den Sprung in den Nationalrat – wie wird die Arbeit von Euch Mandatar:innen aussehen? Wird sich die KPÖ von den anderen Parteien unterscheiden?

Ich denke schon, dass wir uns deutlich von den anderen Parteien unterscheiden werden. Wir sind keine Berufspolitiker:innen, sondern verstehen uns durch unsere unterschiedlichen Lebenserfahrungen- und Realitäten als Expert:innen des Alltags. Jede und jeder unserer Kandidat:innen bringt unterschiedliche persönliche Erfahrungen und Expertisen mit. Was uns eint, ist aber, dass niemand von uns aus Karrieregründen in die Politik geht. Abgeordnete des Nationalrats verdienen über 8000€, wir werden uns von unserem Gehalt aber nur einen durchschnittlichen Facharbeiterlohn behalten. Alles darüber geht in Sozialfonds, mit denen wir Menschen in Not unmittelbar unterstützen. Abgehobene Gehälter führen dazu, dass man die alltäglichen Schwierigkeiten und Sorgen vieler Menschen vergisst – die KPÖ geht hier einen anderen Weg. Ich persönlich möchte ein errungenes Mandat, so wie wir das im Linzer Gemeinderat tun, im Kollektiv leben: Ein Mandat inne haben ist das eine, aber es ist für uns als KPÖ wichtig, dass man draußen weiß, was drinnen im Parlament passiert. Wir wollen also in einem ständigen, engen Austausch mit der Bevölkerung bleiben, um so Probleme aufzugreifen und gemeinsam Lösungsvorschläge zu erarbeiten. Politik – auch auf Parlamentsebene – muss wieder greifbarer werden. Es ist meiner Meinung nach schon wichtig, dass man weiß, wie beispielsweise eine Verschlechterung einer sozialen Unterstützung zu Stande kommt: Welche Parteien haben dafür gestimmt und wer profitiert davon? Dahinterstehende Interessen aufzuzeigen ist wichtig.

Blicken wir ein wenig in die Zukunft: Was kommt Deiner Einschätzung nach in den kommenden Jahren auf die arbeitende Bevölkerung zu? Welche Aufgaben leiten sich daraus für die KPÖ ab?

International wie auch in Österreich: die Klimakrise droht uns unsere Lebensgrundlagen zu entziehen. Wie gesagt, die KPÖ stellt hier die Systemfrage: Es wird nicht ausreichen, an der einen oder anderen Schraube zu drehen, sondern man muss Wirtschaft und Gesellschaft an sich anders organisieren. Anders heißt für uns: demokratisch, gemeinschaftlich und nicht nach Profiten orientiert. Wir wollen im Kollektiv entscheiden, was wir wie im Einklang mit dem Klima produzieren, damit sich einerseits das mit dem Planeten erhalten ausgeht und andererseits ein gutes Leben für alle herausspringt. Eine etwas andere Frage wird sich wohl fast unmittelbar nach der Wahl stellen: Finanzminister Brunner hat bereits verkündet, dass die nächste Regierung – egal welche Parteien drinnen sitzen werden – ein Sparpaket umsetzen „muss“. Wir können uns ja ausrechnen, wo „gespart“ – sprich gekürzt – werden soll: beim Sozialen. Die KPÖ wird hier wachsam sein und versuchen, die wirklichen Interessen der Menschen zu formulieren. Denn von einem Kaputt-Sparen des Sozialstaats profitieren 95% der Bevölkerung ganz sicher nicht. Im Gegenteil: Es braucht ja eigentlich innerhalb des Bundes-Budgets eine viel höhere Gewichtung des Sozialen. Gespart gehört dementsprechend woanders, beispielsweise bei verdeckten Wirtschaftsförderungen oder Rüstungsausgaben. Das bringt mich auch gleich zum nächsten Thema: Im Gegensatz zur aktuellen Bundesregierung zeigt sich die KPÖ mit Opfern von kriegerischen Konflikten – egal, um welchen Konflikt es sich handelt – solidarisch. Österreich darf die Neutralität nicht als Möglichkeit wahrnehmen, um mit Konfliktparteien Geschäfte machen zu können, sondern muss die Neutralität als Chance sehen, als Friedenspartei aufzutreten und zu vermitteln. Dafür ist die KPÖ bisher eingetreten, dafür werden wir auch weiterhin eintreten.

Als Abschluss: Die KPÖ verfolgt ja nicht nur unmittelbare „realpolitische“ Ziele, sondern auch gesellschaftliche Visionen. Wie sehen diese aus?

Zuallererst: Ich sehe die Forderungen, die die KPÖ zu „realpolitischen“ Problemen stellt, nicht entkoppelt von unseren Werten und größeren Visionen. Im Gegenteil – sie leiten sich aus unseren Überzeugungen und Ideen ab. Kleinere Maßnahmen, die in die Richtung unserer Idee einer solidarischen Gesellschaft gehen, wären auch jetzt schon möglich: So könnte der Nationalrat zum Beispiel sofort mit dem Preisregulierungsgesetz dafür sorgen, dass Lebensmittel im Zuge der Inflation nicht nach wie vor immer teurer werden. Bei den aktuellen Parlamentsparteien fehlt aber der politische Wille dazu. Grundsätzlich steht die KPÖ für eine Gesellschaft ein, in der die wichtigsten Alltagsgüter wie Wohnen, Mobilität, Nahrungsmittel und Energie in öffentliche Kontrolle kommen. Wir wollen die Bereiche, auf die alle Menschen angewiesen sind öffentlich und demokratisch organisieren. Unsere Grundbedürfnisse sollen nicht unter dem Profitzwang stehen und nicht von einigen wenigen Konzernen kontrolliert werden. Was uns alle angeht, was wir alle brauchen, soll auch von uns allen gemeinsam mitgestaltet werden. Das ist natürlich ein langer Weg dorthin, aber die Welt muss nicht so bleiben, wie sie ist. Also: Schließen wir uns zusammen und kämpfen wir gemeinsam für eine sozial gerechtere und lebenswerte Zukunft.

Das Interview führte Dario Krenn

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