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Verlogene Diskussion

  • Dienstag, 28. Februar 2023 @ 08:00
Frieden
Andreas Auzinger zur Debatte über die Neutralität

Gerade geistert ein „Offener Brief“ durch die Medien: Persönlichkeiten aus verschiedenen Parteien fordern endlich eine offene Debatte über die österreichische Neutralität zu führen. Man solle „Scheuklappen” ablegen und offen diskutieren. Seit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine habe sich die sicherheitspolitische Lage verändert, man müsse daher alles neu denken.

OK, dann machen wir genau das. Seit einem Jahr herrscht ein brutaler Krieg. Die aus dem Zusammenbruch der UdSSR entstandene herrschende Klasse Russlands will sich die Ukraine als Neo-Kolonie einverleiben, beide Staaten gehören seit dem Ende des Sozialismus zu den ungerechtesten Gesellschaften auf der Erde.

Das ukrainische Regime, praktisch ein Ebenbild des russischen Mafiakapitalismus, wird seinerseits durch die westlichen Großmächte unterstützt, welche die Ukraine erst 2014 als abhängigen Staat gewinnen konnten.

Jeden Tag sterben Soldaten, um zu entscheiden, ob Werktätige von russischen oder ukrainischen Kapitalisten ausgebeutet werden dürfen, mit ständig weiter eingeschränkten Rechten von Gewerkschaften. Als Österreicher wäre es mir mehr als recht, dass wir in diesem Konflikt nicht hineingezogen werden. Keine Seite kämpft für das Wohl für die Mehrheit der ukrainischen oder russischen Bevölkerung.

Die Initiatoren des „Offenen Briefes“ wollen das Leid der Ukrainer*innen ausnutzen, um für eine weitere Annäherung Österreichs an die NATO und die EU-Militärstrukturen zu werben. Sie sprechen dabei nur aus, was andere Politiker*innen ihrer Parteien und Interessenvertretungen sich aufgrund zahlreicher Umfragen niemals trauen würden offen auszusprechen. Wer für die Abschaffung der Neutralität eintritt, bekommt auf den Deckel, denn Umfragen zeigen, dass eine deutliche Mehrheit der in Österreich lebenden Menschen für den Erhalt der Neutralität ist.

Doch die Neutralität wurde schon weitgehend ausgehöhlt. So ist es Alltag, dass österreichische Soldaten gemeinsam mit NATO-Soldaten Manöver abhalten und NATO-Kriegsgerät durch Österreich transportiert wird. Auch auf EU-Ebene hat sich Österreich zur militärischen Zusammenarbeit verpflichtet. Zur Information: Die angeblich so für den Erhalt der Neutralität besorgte FPÖ hat auch für die meisten Angriffe auf die Neutralität gestimmt, manches wurde sogar unter FPÖ-Regierungsbeteiligungen in die Wege geleitet.

Bei der Einführung 1955 wurden die Parteien angeblich durch die Sowjetunion gezwungen die Neutralität anzunehmen, heute werden sie durch die Meinung der Mehrheit der Bevölkerung gezwungen sie beizubehalten. In Hinterzimmern wird aber schon länger die Annäherung an die NATO kalkuliert, und wer genau hinhört kann bei manchen Hinterbänkler auch ein Fünkchen Wahrheit heraushören.

Wenn sich Österreich weiter der NATO annähern oder beitreten würde, dann würde das bedeuten, dass die NATO gestärkt würde – ein Militärbündnis, das in den letzten Jahren über eine Millionen Tote im Irak und Afghanistan zu verantworten hat und Millionen anderer Menschen zu Flüchtlingen gemacht hat.

Es würde bedeuten das österreichische Soldaten gemeinsam mit anderen Truppen für das Wohl der westlichen Wirtschaftsdominanz souveräne Staaten in Afrika und Asien terrorisieren würden, um den Freihandel durchzusetzen. Zivilisten würden genauso wie bisher massakriert durch Drohnenangriffe, nur dass wir als Teil der NATO nun auch praktisch unseren Segen geben würden. Auch der Zwang zur Aufrüstung der NATO würde gelten, die bereits jetzt höheren Rüstungsausgaben würden weiter steigen – das Geld würde beim Sozialstaat fehlen.

Österreich hat also keine echte Alternative zur Neutralität. Oder besser gesagt, keine Alternative für jeden der will, dass unser Land sich nicht einem aggressiven Militärbündnis annähert, welches in dem größten Teil der Welt gefürchtet ist. Und für jeden der nicht daran interessiert ist, dass Österreich für die freie Wirtschaft in anderen Ländern der Erde das Leben der Menschen ruiniert. Für jeden der zuerst den Sozialstaat ordentlich finanzieren will, statt Geld für Kriegsspielzeug zu verschwenden.

Andreas Auzinger ist KPÖ-Gemeinderat in Peterskirchen und Mitglied des KPÖ-Landesvorstandes OÖ


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