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Entschieden gegen rechtsextreme Umtriebe

  • Samstag, 9. Oktober 2021 @ 22:00
Antifa
Am 9. Oktober 2021 fand im Bildungshaus Schloss Puchberg in Wels die diesjährige Jahreskonferenz des OÖ Netzwerk gegen Rassismus und Rechtsextremismus statt.

Die mehr als 200 TeilnehmerInnen kamen aus dem ganzen Bundesland Oberösterreich sowie aus Wien, Salzburg, Tirol und Bayern. Die Stimmung war sehr positiv. Erinnert wurde an die Gründung des Netzwerks vor 20 Jahren. Netzwerk-Sprecher Robert Eiter konnte über erfreuliche Erfolge berichten.

So wurde die Umwandlung des Waffen-SS-Denkmals in Stillfüssing (Gemeinde Waizenkirchen) in ein antifaschistisches Mahnmal erreicht. Für den „Nationalen Aktionsplan gegen Rechtsextremismus“, den das Parlament im Juni beschlossen hat, setzt sich das Netzwerk schon seit Jahren mit Nachdruck ein.

Hauptreferentin beim Treffen war die junge Wiener Journalistin Christina Feist. Sie befand sich zu Jom Kippur 2019 in der Synagoge von Halle in Deutschland, als ein Neonazi-Terrorist versuchte, das Tor aufzubrechen und unter der jüdischen Gemeinde ein Blutbad anzurichten. Er scheiterte, erschoss aber eine Passantin und einen Passanten. Christina Feist beschäftigt sich intensiv mit der noch immer unterschätzten rechtsextremen Gefahr. In ihrer sehr berührenden Rede warnte sie: „Wir müssen hinhören, hinschauen, bekämpfen!“

Die Zahl der rechtsextremen Straftaten in Österreich hat sich während der letzten Jahre auf hohem Niveau stabilisiert. Heuer ist es zu einem neuen starken Anstieg gekommen: Bereits im ersten Halbjahr wurden bundesweit 443 einschlägige Delikte erfasst. Gegenüber dem ersten Halbjahr 2020 ist das eine Zunahme um 41 Prozent! Oberösterreich liegt mit 96 Straftaten im ersten Halbjahr 2021 wieder auf dem ersten Platz aller Bundesländer. In jüngster Zeit hat die Beschmierung von mehr als 40 Wahlplakaten mit Hakenkreuzen In Gallneukirchen sowie der Sturm vermummter „Identitärer“ auf das Pastoralamt der katholischen Kirche in Linz Schlagzeilen gemacht.

Die alarmierende Entwicklung wird durch den Fund mehrerer Waffenlager von Neonazis unterstrichen. Auch in Oberösterreich hat es kürzlich einen solchen Fund gegeben. Der Rechtsextremismus bedroht nicht nur Andersdenkende oder Angehörige von Minderheiten, sondern das demokratische System insgesamt.

Die TeilnehmerInnen des Treffens fordern, dass Politik und Behörden den Rechtsextremismus endlich wirksam bekämpfen. „Landeshauptmann Stelzer darf zum traurigen Spitzenplatz Oberösterreichs bei rechtsextremen Delikten nicht schweigen“, stellte Eiter fest. Der Stützpunkt, den die „Identitären“ in Steyregg errichtet haben, müsse durch Nutzung aller rechtsstaatlichen Möglichkeiten ausgeschaltet werden. Und mit den Subventionen des Landes Oberösterreich für ewiggestrige Burschenschaften müsse Schluss sein. Auf Bundesebene verlangt das Netzwerk die rasche Umsetzung des „Nationalen Aktionsplans gegen Rechtsextremismus“, und zwar unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft.

Hans-Henning Scharsach, Österreichs erfolgreichster politischer Sachbuchautor („Strache im braunen Sumpf“, „Stille Machtergreifung“), rechnete anhand vieler Fakten mit der FPÖ ab und zeigte, dass die Blauen in Oberösterreich um nichts gemäßigter und regierungsfähiger sind als Kickls Bundes-FPÖ. Robert Günthner, Politischer Referent des Deutschen Gewerkschaftsbundes, schilderte rechtsextreme Strömungen und antifaschistische Aktivitäten in Bayern. Isabel Frey umrahmte das Treffen mit großartigen jiddischen Widerstandsliedern. Insgesamt war es ein äußerst gelungenes Netzwerk-Treffen, das Kraft für die weitere antifaschistische Arbeit gibt.

Die von der Konferenz beschlossenen Anträge:

Antrag 1: Den Nationalen Aktionsplan gegen Rechtsextremismus rasch verwirklichen! (Koordinationsrunde)

Die Zahl der rechtsextremen, rassistischen, antisemitischen und islamfeindlichen Straftaten hat sich während der letzten Jahre auf hohem Niveau stabilisiert. Heuer ist es zu einem neuen starken Anstieg gekommen: Bereits im ersten Halbjahr wurden bundesweit 443 einschlägige Delikte erfasst. Im Vergleichszeitraum 2020 waren es 314. Das entspricht einer Zunahme um 41 Prozent! Oberösterreich liegt wieder auf dem ersten Platz aller Bundesländer (96 Straftaten).

Die alarmierende Entwicklung wird durch den Fund umfangreicher Waffenlager in der Neonazi-Szene unterstrichen. Der Rechtsextremismus stellt in unserem Land eine große Gefahr dar – für die konkret Betroffenen ebenso wie für das demokratische System. Lange Zeit wurden die braunen Umtriebe von offizieller Seite ignoriert oder verharmlost. Bei Innenminister Karl Nehammer scheint vor einigen Monaten ein Umdenken stattgefunden zu haben.

Der schon 2016 angekündigte Nationale Aktionsplan gegen Rechtsextremismus wurde im Juni vom Nationalrat mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS beschlossen. Die FPÖ war bezeichnenderweise dagegen. Der Beschluss ist ein wichtiger Erfolg – auch unseres Netzwerks und des Mauthausen Komitees Österreich, die sich seit Jahren gemeinsam für den Nationalen Aktionsplan einsetzen. Ein weiterer Erfolg ist die Wiedereinführung eines eigenen jährlichen Rechtsextremismus-Berichts. 2002 hatte die schwarz-blaue Regierung Schüssel diesen Bericht abgeschafft.

Das OÖ. Netzwerk gegen Rassismus und Rechtsextremismus, dem 87 politische, gewerkschaftliche, kirchliche, kulturelle und humanitäre Organisationen angehören, fordert:
- Rasche Verwirklichung des Nationalen Aktionsplans gegen Rechtsextremismus (gemeinsam mit dem Nationalen Aktionsplan gegen Antisemitismus)
- Genügend finanzielle und personelle Ressourcen für die beiden Nationalen Aktionspläne
- Einbeziehung aller wesentlichen Institutionen – Sicherheitsbehörden, Justiz, Schulen, Bundesländer und Zivilgesellschaft – in die Mitarbeit an den Nationalen Aktionsplänen
- Ausarbeitung einer breiten Palette aufeinander abgestimmter Maßnahmen
- Zeitnahe und umfassende Information der Öffentlichkeit über rechtsextreme, rassistische und antisemitische Straftaten (z.B. über Schändungen der KZ-Gedenkstätte Mauthausen)
- Wirksame Verfolgung und Aufklärung rechtsextremer, rassistischer, antisemitischer und islamfeindlicher Straftaten durch den Verfassungsschutz
- Zeitnahe Information jeder anzeigenden Person oder Institution über das Ergebnis einer Strafanzeige (z.B. Einleitung eines Strafverfahrens) wegen rechtsextremer, rassistischer, antisemitischer und islamfeindlicher Delikte
- Bekämpfung rechtsextremer, rassistischer, antisemitischer und islamfeindlicher Strömungen auch unter MigrantInnen (z.B. Ustascha und „Graue Wölfe“)
- Einrichtung regionaler Beratungsstellen gegen Rechtsextremismus (eine Stelle je Bundesland)
- Gründung einer Hilfsorganisation für den Ausstieg aus der rechtsextremen Szene (nach dem Vorbild EXIT)
- Zügige und am antifaschistischen Auftrag der Bundesverfassung orientierte Abwicklung aller Strafverfahren
- wegen rechtsextremer, rassistischer, antisemitischer und islamfeindlicher Delikte

Antrag 2: Weg mit der Hassfabrik der „Identitären“ in Steyregg! (Koordinationsrunde)

Der neue Stützpunkt der rechtsextremen „Identitären“ in Steyregg hat breite Proteste ausgelöst: von SPÖ, ÖVP und Grünen sowie vom KZ-Verband und von den Sozialdemokratischen FreiheitskämpferInnen. Die „Kronenzeitung“ hat das Thema als erstes Medium aufgegriffen und berichtet – wie der ORF und die „OÖ. Nachrichten“ – korrekt. Dass FPÖ-Landesobmann Manfred Haimbuchner jede Verurteilung der „Identitären“ vermeidet, ist kein Wunder: Nach wie vor sind die Verbindungen dieser Gruppierung zu den Blauen eng.

Die „Identitären“ bewerben ihren Stützpunkt, den sie „Castell Aurora“ („Festung Morgenröte“) nennen: Das rechtsextreme Magazin „Info-Direkt“ hat ein 13-minütiges Video ins Netz gestellt. Durch das Video führt Michael Scharfmüller, früher Aktivist des neonazistischen „Bundes Freier Jugend“ (BFJ).

In den Kauf des neuen Stützpunkts und seine Renovierung sollen 300.000 Euro (!) aus dem deutschen Fonds „Schanze Eins / Identitäre Strukturprojekte“ geflossen sein. Das „Castell“ umfasst ein Café, Büros, ein Textilgeschäft („Phalanx Europa“) und Wohnräume. Unter anderem sollen einschlägige Computerspiele entwickelt und ein eigenes Online-Magazin herausgegeben werden. Insgesamt eine gefährliche Hassfabrik mitten in Oberösterreich.

Wie die „Identitären“ Hass und Aggression in die Gesellschaft tragen, zeigt beispielhaft ihr Sturm auf das Pastoralamt der katholischen Kirche in Linz. Dass der angegriffenen Kirche aktive Solidarität gebührt, ist klar. Bloße Lippenbekenntnisse politischer Entscheidungsträger sind sicher zu wenig.

Wenn es die demokratischen Parteien und der Verfassungsschutz mit ihrer Ablehnung der „Identitären“ ernst meinen, müssen die Behörden alle juristischen Chancen zur Ausschaltung der Hassfabrik nutzen. Dabei geht es nicht nur um mögliche Verstöße gegen das Strafrecht, sondern auch gegen das Baurecht, Steuerrecht, Gewerberecht, Vereinsrecht usw. Unser Netzwerk fordert die Behörden zur Nutzung sämtlicher rechtsstaatlichen Möglichkeiten auf!

Wesentlich ist außerdem, dass die Gemeindeverantwortlichen und die Zivilgesellschaft in Steyregg die Bevölkerung über die Rechtsextremen aufklären und für ihre Isolierung sorgen. Erste positive Aktivitäten in diese Richtung hat es schon gegeben.

Unser Netzwerk wird sich mit allen demokratischen Mitteln dafür einsetzen, dass die Hassfabrik der „Identitären“ in Steyregg geschlossen wird.


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