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Eine solidarische und menschliche Gesellschaft realisieren

  • Montag, 13. September 2021 @ 10:45
Sozial
Das Armutsnetzwerk Vöcklabruck – eine Plattform von sozialen, kirchlichen und gewerkschaftlichen Einrichtungen im Bezirk – hat die Spitzenkandidaten aus dem Bezirk für die anstehenden Wahlen zu drei, für die Organisation zentralen Fragen, um Antworten gebeten. Für die KPÖ und unabhängige Linke hat der Spitzenkandidat im Wahlkreis Hausruckviertel, Franz Fend, von Beruf Sozialbetreuer und Betriebsrat, die Fragen beantwortet.

Vorbemerkung

Herzlichen Dank für die Einladung zur Beantwortung ihrer Fragen. Ich darf vorausschicken, dass meiner Kandidatur bei der Landtagswahl zwei wesentliche Gedanken, beziehungsweise Ansätze zugrunde liegen. Das wäre zum eine die radikale (im Sinne von grundsätzlich, an die Wurzeln gehend) Kritik der derzeit vorherrschenden Politik und des Gesellschaftssystems worauf diese Politik basiert. Dazu gehört selbstverständlich das Anprangern der Missstände in der Verwaltung und bei der Durchführung der antisozialen Gesetze. Denn das Sekkieren und Drangsalieren der Armutsbetroffenen, das bewerkstelligen zumeist die durchführenden Beamt*innen; und sie tun es mit zunehmender Begeisterung, wie wir täglich sehen.

Ich selber arbeite in der Wohnungslosenhilfe. Ich betreue Wohnungslose mit zumeist psychiatrischer Diagnose. Täglich kann ich sehen, mit welcher unvorstellbaren Kaltschnäuzigkeit und Kaltherzigkeit Jenen begegnet wird, die Hilfe brauchen. Es ist längst nicht mehr Aufgabe von Land und Gemeinden Hilfe für jene, die sie brauchen zu organisieren, sondern, es diesen möglichst schwer zu machen, Hilfe zu bekommen. Und, leider lässt sich das schon verallgemeinern, sie zu beleidigen und sie fertig zu machen.

Alls das ist in den Gesetzen festgelegt und an deren Durchführungsbestimmungen. Wir reden hier von einem kleinen Segment der herrschen Politik. Es gibt aber meines Erachtens kaum eines, bei dem die Verwüstungen und Verwerfungen, welche die vorherrschende Politik anrichtet, besser zu sehen ist (mit Ausnahme bei den Geflüchteten vielleicht).

Der zweite Gedanke oder Ansatz, der mich zur Kandidatur bewogen hat, ist jener, dass so eine Wahlauseinandersetzung auch den Luxus bieten sollte, über die bestehenden Gesetze und die vorherrschende Politik hinauszublicken. Wenn wir täglich in Fallbesprechungen verhaftet bleiben, verwehren wir uns den Blick darauf wie wir uns Gesellschaft unter solidarischen und menschlichen Vorzeichen wünschen und zu realisieren gedenken.


Zu Ihren Fragen:

A Sozialhilfe/Existenzsicherung

Die Sozialhilfe wie sie derzeit gehandhabt wird ist ein rassistisches, asoziales und abscheuliches Instrument zur Unterwerfung und Disziplinierung der Armen und der sozial Schwachen. Es ist nicht im entferntesten existenzsichernd, die Betroffenen sind der Willkür von Politik und Beamtentum ausgesetzt. Schon die Rückkehr zur Bedarfsorientierten Mindestsicherung wäre ein Fortschritt, wenn auch ein zweifelhafter.

Meines Erachtens wäre die Entkoppelung von Erwerbsarbeit und Auskommen dringend vonnöten, wie es im Konzept eines bedingungslosen Grundeinkommens beschrieben ist. Bedingungslos bedeutet, dass alle hier lebenden Menschen einen Anspruch haben, und die Menschen somit nicht erpressbar wären. Und Grundeinkommen bedeutet, dass es existenzsichernd sein muss, was Armutsgefährdung ausschließt.

Die zweite Frage wäre hiermit ebenso beantwortet. Ein Bedingungsloses Grundeinkommen.


B Arbeit/Arbeitslosigkeit

Der vorgebliche Kampf gegen die Arbeitslosigkeit ist in der vorherrschenden Politik hierzulande immer in erste Linie ein Kampf gegen die Arbeitslosen und, vermittelt, ein Kampf gegen die Arbeiter*innenklasse. Die Arbeit ist und bleibt ein Zwangsverhältnis und an den Arbeitslosen wird exemplifiziert, was real allen blüht, wenn sie sich nicht dem Regime der kapitalistischen Verwertungsbedingungen unterwerfen. Ich halte es da mit Marx, der anmerkte: „Der Arbeiter fühlt sich daher erst außer der Arbeit bei sich und in der Arbeit außer sich. Zu Hause ist er, wenn er nicht arbeitet, und wenn er arbeitet ist er nicht zu Haus. Seine Arbeit ist daher nicht freiwillig, sondern gezwungen, Zwangsarbeit. Sie ist daher nicht die Befriedigung eines Bedürfnisses, sondern sie ist nur ein Mittel, um Bedürfnisse außer ihr zu befriedigen. Ihre Fremdheit tritt darin rein hervor, dass sobald kein physischer oder sonstiger Zwang existiert, die Arbeit als eine Pest geflohen wird.“

Also wäre es ein realer Fortschritt, den Zwang jede noch so entfremdete Arbeit annehmen zu müssen zu verhindern. Das wäre mit einem Grundeinkommen, das das allgemein, Existenz sichernd, Personen bezogen, Arbeitsunabhängig, demokratisch sein muss, wie dies Lieselotte Wohlgenannt formulierte machbar.

Das heißt ein Grundeinkommen für alle, ohne Kontrolle von Arbeitsfähigkeit, Arbeitswilligkeit, ohne Repressionen und Demütigungen seitens Arbeitsmarktservices. Es muss Existenz sichernd sein, das heißt die Bezieher*innen dürfen nicht mit einem Armengeld, einem Bettel abgespeist werden. Teilhabe am gesellschaftlichen Reichtum wäre gefordert und nicht Teilhabe am Existenzminimum.

Gewiss, ein Grundeinkommen ist eine Übergangsforderung, das Ziel muss immer noch die Überwindung der Arbeitsgesellschaft sein. Oder wie der Österreichisch-Französische Philosoph André Gorz es in seinem Buch „Arbeit zwischen Misere und Utopie“ es formulierte: „Ein allen garantiertes, ausreichendes soziales Grundeinkommen untersteht einer umgekehrten Logik: Es soll nicht mehr diejenigen, die es beziehen, zu jeder beliebigen Arbeit unter allen Umständen zwingen, sondern es zielt auf die Befreiung von den Zwängen des Arbeitsmarktes ab. Es soll ihnen ermöglichen, ,unwürdige‘ Arbeit und Arbeitsbedingungen abzulehnen…“

Einen Mindestlohn halte ich als Übergangsforderung selbstverständlich für sinnvoll.

Ein Mindestlohn, verkürzte Arbeitszeiten, einen Arbeitnehmer*innenschutz welcher seinen Namen auch verdient, wären Grundvoraussetzungen Menschen in Branchen zu beschäftigen, welche unter Arbeitskräftemangel leiden.


C Wohnen/Wohnungslosigkeit

Die Wohnungspolitik hierzulande läuft längst nicht mehr darauf hinaus, die Menschen mit leistbarem Wohnraum zu versorgen, sondern ein möglichst günstiges Klima für Investoren zu schaffen. Der Anteil an geförderten Mietwohnungen geht ständig zurück, während privat finanzierte Eigentumswohnungen zu Preisen, welche sich normale Leute nie und nimmer leisten können, wie Pilze aus dem Boden schießen. Die Wohnkosten steigen seit Jahren wesentlich stärker als die Reallöhne und im Vergleich zu Arbeitslosengeld oder zu Transferleistungen exorbitant.

Mit dem neuen Wohnbauförderungsgesetz in Oberösterreich haben die Regierenden ein Gesetz geschaffen, dass die Lage noch einmal verschärft. Es ist rassistisch, weil es Nicht-EU-Bürger*innen den Zugang zu gefördertem Wohnraum und zu Wohnbeihilfe fast verunmöglicht. Es diskriminiert darüber hinaus Menschen in schwierigen sozialen Lagen, weil längerer Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung oder Sozialhilfe ein Ausschließungsgrund sind. Auf dem Feld der Wohnungspolitik wird deutlich, dass die Regierenden ausschließlich Kapitalinteressen vertreten.

Ich darf die Forderungen sehr allgemein und schlagwortartig formulieren. Das meines Erachtens beste Papier zum Themenkomplex hat die Bundesarbeitsgemeinschaft für Wohnungslosenhilfe (BAWO) vorgelegt, dessen Forderungen ich zu hundert Prozent unterstütze. Als erste, Maßnahmen wären da
• Einheitliche, niedrigere Obergrenzen für Mieten.
• Abschaffung der Maklerprovision für Mieterinnen und Mieter.
• Keine Privatisierungen öffentlichen Wohnraums.
• Ausweitung des kommunalen, öffentlichen Wohnbaus.
• Die Erhöhung und Vereinheitlichung von öffentlichen Leistungen für das Wohnen und deren Orientierung an den tatsächlichen Wohnkosten.

Abschließend darf ich anmerken, dass die Angebote für die Wohnungslosenhilfe in Oberösterreich keineswegs ausreichend sind. Wohnungslosenhilfe sollte nach dem Prinzip des Housing First gestaltet sein. Housing First sollte meines Erachtens ein gesellschaftspolitisches Prinzip sein und nicht ein windig finanziertes Projekt, bei dem wieder Sozialarbeiter bestimmen, wer in den Genuss einer Wohnung kommt.

Darüber hinaus fehlen hierzulande Einrichtungen, welche Leuten vorbehalten sind, die es nicht in Wohnungen oder anderen Einrichtungen schaffen oder dies nicht wollen (so genannte Non-Compliance-Einrichtungen). Weiters fehlen Einrichtungen für Wohnungslose mit erhöhtem Pflegebedarf. Der Zugang darf nicht nationalistischen Ausschlusskriterien unterliegen. Wohnungslosenhilfe muss für alle hier lebenden zugänglich sein.

Derzeit scheint jedoch die Wohnungslosenhilfe darauf hinauszulaufen, Wohnungslose aus dem öffentlichen Raum zu vertreiben und die Betroffenen mit polizeilichen Maßnahmen zu drangsalieren. Diesen Konzepten möchte ich eine klare Absage erteilen.

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