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Solidarität und Assoziation im Mittelpunkt

  • Donnerstag, 19. Dezember 2019 @ 21:11
Partei Rede von Michael Schmida, Landessprecher der KPÖ-Oberösterreich, bei der Landeskonferenz am 30.11.2019 in Linz.

Liebe Genossinnen, liebe Genossen, liebe Gäste,

zu unserer 100 Jahr-Feier der Kommunistischen Partei in Oberösterreich, Anfang dieses Jahres, habe ich zum Abschluss meiner Rede Bini Adamczak zitiert: In ihrem Text „Die Versammlung Kommunismen 1917 – 1968 – 2017“ schreibt sie: „Das Kommunistische von 1917 stand unter dem Vorzeichen von Gleichheit und Einheit, dasjenige von 1968 unter dem Vorzeichen von Freiheit und Differenz. Ein mögliches Kommunistisches von 2017 müsste Solidarität und Assoziation ins Zentrum rücken.“

Solidarität und Assoziation

Ich will nun in meinem Statement, welches sich mit der Zukunft unserer Organisation und unseren drängenden zukünftigen Aufgaben beschäftigt, dementsprechend auch „Assoziation und Solidarität“ in den Mittelpunkt stellen. Ich meine, dass diese beiden Begriffe für uns bzw. für die Etablierung politischer und gesellschaftlicher Alternativen von immenser Bedeutung sein sollten. Ohne sie wird es uns nicht gelingen die politischen Kräfteverhältnisse (wieder) nach links zu verschieben. Sie sind meiner Meinung nach der Schlüssel, um einerseits die linken Kräfte hierzulande zu sammeln und zu stärken, aber auch darüber hinaus ganz allgemein im Bewusstsein der Menschen eine Alternative zum neoliberalen, kapitalistischen Konkurrenzprinzip wachsen zu lassen. Assoziation und Solidarität ist notwendig, um Menschen gegen die tagtäglichen Zumutungen, den Vereinzelungen und Ausgrenzungen im Gegenwartskapitalismus immun – oder wie es neuerdings so schön heißt - resilient zu machen.

Die „Mosaik-Linke“

Assoziation und Solidarität ist aber auch im politischen Feld notwendig, für die Zusammenarbeit an einem neu zu entwickelnden „politischen Subjekt“. Nicht jeder für sich, wie wir das leider viel zu oft in der sog. „österreichischen Linken“ erleben, sondern eben gemeinsam! Das bedeutet anzuerkennen, dass die Linke vielfältig ist, wie die Steinchen die im Ergebnis das Mosaik ergeben. Und das gilt auch für die Tatsache, wie die reale Linke inkl. KPÖ miteinander streitet und Auseinandersetzungen führt. Das Problem ist meiner Meinung nicht, dass sie streitet, denn Disput und Konflikt sind eine Voraussetzung von Demokratie. Aber oft vermittelt sie den Eindruck, es wird untereinander gekämpft, werden interne Auseinandersetzungen geführt, als gäbe es keine schlimmeren Feinde und als wäre jedes Mosaiksteinchen das große Ganze. Oft hat man den Eindruck, kaum ein Einzelelement scheint bereit zu sein, sich in ein stimmiges Gesamtkunstwerk einzufügen. Die Idee von einem "großen Ganzen", das alle verbindet, verblasst. Je isolierter man zum Teil selbst gesellschaftlich agiert, desto militanter wird gelegentlich zudem die Rhetorik und Phrase.

Liebe Genossinnen und Genossen, die Zeichen der Zeit deuten eigentlich immer mehr auf einen sozial-ökologischen Systemwechsel hin, bzw. machen deutlich, dass nur durch ihn die existentiellen Probleme der Menschheit noch zu lösen sind. Wir erleben aber stattdessen eine Verunsicherung in der Bevölkerung, die zunächst nicht zum Aufbruch, sondern Ängste und strukturkonservatives Festhalten am Überkommenen befördert. Und auch die progressiven Kräfte sind gerade in Österreich in der Krise. Krisensituationen und Erfolglosigkeit aber auch regionaler, nicht übertragbarer Erfolg fördern auch in der Linken (KPÖ eingeschlossen) strukturkonservatives Festhalten am Überkommenen. So wird zwar oft die Zersplitterung der Linken kritisiert, so abstrakt wird aber auch die Einheit postuliert, die sich dann ganz einfach durch die eine (neue oder alte) Partei, Person oder Idee herstellen lassen würde. Dabei bräuchten wir jetzt gerade das Gegenteil: Gerade die scheinbare Zersplitterung der Gesellschaft in diverse Formen von Gruppeninteressen, die den Blick auf die Zusammenhänge des Gemeinsamen verhüllt, müsste Gegenstand von parteilicher Aufklärung bzw. Ansatzpunkt der Überwindung sein. Also unser Anliegen!

Ich möchte mit euch kurz in die USA schauen: Dort zeigt die Bernie Sanders Campaign zur demokratischen Präsidentschaftskandidatur wie diese unterschiedlichen Partikularinteressen dann doch zumindest rhetorisch und für eine Präsidentschaftskampagne unter ein gemeinsames Dach gebracht werden können. Ich hab mir die Reden bei der „Bernie is back“ Veranstaltung in Brooklyn/New York live im Internet angesehen. Mehr als 25.000 Menschen kamen zusammen und was sich durch alle Reden bis zum Auftritt und Ansprache des Präsidentschaftskandidaten durchzog, war das Bekenntnis und die Anerkennung der Unterschiedlichkeit: „Multi Diversity“ von „Gender, Gender Identity, Ethnie, Generationen, usw. usf., um aber dann darüber hinaus das Gemeinsame zu beschwören: „Working Class“, „Against the billionaires“ usw. Ich fand das sympathisch und mitreißend zum Ansehen. Eine gelungene dialektische Synthese von Identitäts- und Klassenpolitik. Assoziation und Solidarität kulminiert in einem politischen Projekt, getragen aber durch die vielen Initiativen und Bewegungen der US-Linken. Genau so etwas bräuchten wir auch viel mehr hierzulande!

Strategische Orientierung der Bundes-KPÖ

Beim letzten Bundesvorstand Anfang November diskutierten wir über ein Papier des Bundesausschusses, in dem der aktuelle Zustand der Partei, die politische Situation in Österreich und strategische Schlüsse daraus, sehr grundsätzlich behandelt werden. Dort wird noch einmal auf die Beschlusslage der Partei hingewiesen, breite gesellschaftliche Bündnisse entwickeln zu wollen, was sich ja auch in den eingegangenen Wahlbündnissen widerspiegelt. (bis dato halt noch nicht oder nur sehr begrenzt mit dem erwünschten Erfolg) Aber eben ein klares Bekenntnis zu Assoziation und Solidarität!

Im Papier ist von „Spielbein“ und „Standbein“ die Rede. „Standbein“ meint die Partei selbst und notwendige inhaltliche und organisatorische Konsolidierungs- und Erneuerungsmaßnahmen der nächsten Zeit auf Bundesebene. Mit „Spielbein“ sind unsere Allianzen, unsere sog. „bündnispolitische Orientierung“ gemeint, wobei zurecht betont wird, dass der Stellenwert nicht (wie früher) in rein taktische Versuche der Bildung von Wahl- und andere Themenallianzen besteht, sondern es sich um eine strategische (Neu-)Ausrichtung handelt, mit dem Ziel längerfristig eine gemeinsame, neue politische Formation aufzubauen. Das war auch die Auffassung bei den Bündispartner*innen von „Wir können“ bei der letzten Nationalratswahl und deshalb haben sich diese Organisationen (drei an der Zahl – von den nicht-organisierten Kandidat*innen mal abgesehen) nach der Wahl bereits zu einer ersten Beratung weiterer Schritte in diese Richtung getroffen.

Die Basis (auch wenn es sich bei weitem nicht um die Mehrheit der progressiven Kräfte in diesem Land handelt) für etwas „qualitativ Neues“ halte ich für durchaus gegeben. Alle drei „Player“ bringen auf ihre Weise wichtige, wenn nicht sogar unabdingbare, Voraussetzungen für das Gelingen einer solchen „neuen Linken“ in Österreich mit und ein:
- Die Alternative Liste Innsbruck (ALI) kann als Prototyp im Kleinen für einen solchen neuen Typ der Organisierung unterschiedlicher Gruppierungen, Initiativen und Einzelpersonen gesehen werden.
- Viele österreichische linke Organisationen, auch die KPÖ, bestehen fast nur aus Bio-Österreicher*innen. Mit der Föderation Demokratischer Arbeitervereine (DIDF) ist eine sog. „migrantische“ Organisation mit dabei. In einer zukünftigen neuen politischen Kraft müssen die vielen Menschen in der österreichischen Bevölkerung die nicht hier geboren sind bzw. die Vorfahren nicht aus Österreich stammen, einen fixen Platz haben.
- Und dann noch wir, die KPÖ! Unser (fast) originärer Beitrag für eine vereinigende, handlungsfähige und als Alternative wahrgenommene politische Kraft in diesem Land ist die Einsicht in eine fortschrittliche Klassenpolitik. Im Jahr 2019 würde ich hinzufügen, eine verbindende, demokratische und transformatorische Klassenpolitik. Unser unermüdlicher (bei über 100 Jahren darf ich das schon sagen) Einsatz gilt den sog. „einfachen Menschen“, also jenen die es sich nicht richten können, weil sie kein, oder nur über sehr kleines, finanzielles Kapital und damit über keine gesellschaftliche Macht verfügen. Aber um es mit aller Klarheit zu sagen, die lohnabhängigen Klassen sind vielfältig oder vielfältiger als in der Vorstellungskraft so mancher Linker. Sie reichen von den nicht wenigen, die in sehr prekären Verhältnissen leben bis hin zu den (oft von Linken abschätzig bezeichneten) „Bobos“, also urbane Milieus mit etwas dickeren „Geldtascherl“. Auch die sind uns nicht egal, wenn sie sich eben nicht auf Entsolidarisierung einlassen.

KPÖ in OÖ

Natürlich geht es auch bei uns einmal darum, das sog. „Standbein“ zu stärken. Also die Parteistrukturen zu konsolidieren, neue aufzubauen (da gibt es ja z.B. in Wels hoffnungsvolle Entwicklungen) und die sehr beeindruckende Arbeit in Linz und im Gemeinderat in entsprechende Wahlergebnisse umzusetzen. Inhaltlich wie organisatorisch führt dabei meines Erachtens kein Weg an einer weiteren Öffnung und Erneuerung vorbei.

In diesem Sinne sollten wir auch mit dem „Spielbein“ aktiv werden. Dazu lade ich ein die bundespolitischen Vorhaben im Bundesland zu unterstützen und dort wo es Bündnispartner*innen gibt (dzt. ist da halt nur die DIDF) gemeinsame Aktivitäten zu entwickeln. Das andere sind natürlich die klassischen Bündnisse zu den unterschiedlichen Themen bzw. überhaupt Bewegungen wo Aktivist*innen unserer Partei aktiv sind.

Liebe Genossinnen, Liebe Genossen, Liebe Gäste, ich bin zutiefst davon überzeugt, dass nur durch Assoziation und Solidarität dass gelingen und entstehen kann, was wir dringend auch hierzulande brauchen - eine ausstrahlungskräftige, vielfältige und eben handlungsfähige „Mosaik-Linke“ mit einer starken, selbstbewussten aber nicht selbstgefälligen KPÖ!

Danke für eure Aufmerksamkeit!

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