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Jede Stimme muss gleich viel wert sein

  • Montag, 13. August 2018 @ 11:32
News Bestenfalls als Reförmchen können die bislang bekannten Pläne der Regierung für eine Wahlrechtsreform bezeichnet werden, weil die wirklich gravierenden Fragen dabei gezielt ausgeblendet werden, meint KPÖ-Landessprecher Leo Furtlehner. Positiv sind lediglich die Absicht alle Briefwahlstimmen bereits am Wahltag auszuzählen, einen Vorwahltag einzuführen und die Anfechtungsmöglichkeit einer Wahl durch alle Wahlberechtigten.

„Dem elementaren Grundsatz, dass jede Stimme gleich viel wert sein muss, wird das geltende Wahlrecht für Nationalrat und Landtage durch Sperrklauseln bzw. Grundmandatshürden in keiner Weise entsprochen. Immer wieder kolportierte Pläne für ein Mehrheitswahlrecht würden das noch wesentlich verschärfen“, kritisiert Furtlehner. Estland, Finnland, Belgien, die Niederlande oder die Schweiz, wo es keine derartigen Mandatshürden gibt, beweisen hingegen, dass ein striktes Verhältniswahlrecht nicht nur mehr politische Vielfalt in den jeweiligen Parlamenten, sondern auch konstruktive Regierungsbildungen ermöglicht.

Mit Grundmandatshürden wird im Nationalrat (43 Wahlkreise) und Landtagen (Vorarlberg, Kärnten, Steiermark 4, OÖ 5, Salzburg 6, Tirol 9, Wien 18, NÖ 21 Wahlkreise) oder Sperrklauseln (Nationalrat und Landtage Burgenland, NÖ und OÖ jeweils vier, andere Bundesländer fünf Prozent, Steiermark nur Grundmandat) wird die Vertretung kleinerer Parteien verhindert wird und werden gleichzeitig die Mandate für die großen Parteien verbilligt.

Niemand kann ernsthaft bestreiten, dass Grundmandatshürden und Sperrklauseln den Grundsatz, dass jede Stimme gleich viel wert sein muss, verletzen: Einerseits, weil dadurch viele Menschen mit dem Argument der „verlorenen Stimme“ abgehalten werden, eine kleine Partei zu wählen. Andererseits, weil die trotzdem für eine kleinere Partei abgegebenen Stimmen bei der Mandatszuweisung unberücksichtigt bleiben und damit faktisch annulliert werden. Damit wird der Gleichheitsgrundsatz verletzt.

Höchste Zeit ist es auch die Kandidatur zu Wahlen zu erleichtern, etwa indem verbunden mit der zentralen Wähler_innenevidenz Unterstützungserklärungen nicht nur bei der Hauptwohnsitzgemeinde und auch Online wie das mittlerweile bei Volksbegehren möglich ist abgegeben werden können. Dazu gehört auch, dass für Landtagskandidaturen (Burgenland 180, Kärnten, OÖ und Vorarlberg je 400, Salzburg 600, Tirol 666, Steiermark 800, NÖ 1.050, Wien 1.800) nicht mehr Unterstützungserklärungen erforderlich sind als für eine Nationalratswahl (Burgenland und Vorarlberg je 100, Tirol, Salzburg und Kärnten je 200, NÖ, OÖ und Steiermark je 400, Wien 500).

Auch muss eine Gleichstellung aller Parteien bei der Kandidatur erfolgen. Während nicht in Nationalrat oder Landtagen vertretene Parteien mühsam Unterstützungserklärungen sammeln müssen, genügt den anderen Parteien die Unterschrift weniger Abgeordneten, für den Nationalrat drei, für die Landtagswahlen (Vorarlberg und Wien gar keine, Burgenland und Steiermark je eine, andere Bundesländer je drei) Abgeordnete. Diese können zudem, zumindest theoretisch, für beliebig viele Parteien unterschreiben, während Unterstützungserklärungen von „gewöhnlichen“ Bürger_innen explizit nur für eine Partei anerkannt werden.

Die KPÖ lehnt eine Einschränkung der Briefwahl ab, tritt jedoch dafür ein, dass Briefwahlstimmen bis zum Wahltag bei den Wahlbehörden einlangen müssen und mit dem direkt abgegebenen Stimmen ausgezählt werden. Abgelehnt hat die KPÖ die Verlängerung der Legislaturperiode des Nationalrats auf fünf Jahre, sie tritt für eine einheitliche Wahlperiode von vier Jahren für Nationalrat (derzeit fünf Jahre) und Landtage (OÖ sechs, alle anderen Länder fünf Jahre) ein.

Eine weitere Schlüsselfrage einer demokratischen Wahlrechtsreform ist die Einführung des Wahlrechts für Migrant_innen. Derzeit sind lediglich Bürger_innen anderer EU-Mitgliedsländer bei Europaparlamentswahlen und Gemeinderatswahlen wahlberechtigt. Menschen aus Nicht-EU-Ländern sind hingegen vom Wahlrecht generell ausgeschlossen. Die KPÖ ist der Auffassung, dass Menschen, die in Österreich leben, arbeiten, Steuern und Abgaben zahlen auch alle Rechte, darunter auch das Wahlrecht erhalten müssen.

Schließlich muss auch eine Gleichstellung bei der Parteienförderung erfolgen, wenn der in Sonntagsreden vielstrapazierte politische Pluralismus ernst genommen wird. Nach Meinung der KPÖ sollen alle kandidierenden Parteien eine Parteienförderung entsprechend ihrer erreichten Stimmenanzahl – beispielsweise zehn Euro pro Stimme und Jahr – für die Funktionsperiode nach der Wahl erhalten: „Für im Nationalrat oder Landtag vertretene Parteien gibt es für ihre dortige Tätigkeit ohnehin eine entsprechend großzügig bemessene Klubförderung“ stellt Furtlehner klar.

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