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Stelzhamers Judenhass nicht länger totschweigen

  • Mittwoch, 14. Dezember 2016 @ 10:02
Antifa Gerade in Oberösterreich betonen Politiker bei Gedenkreden oft, man müsse sich der Geschichte stellen und aus ihr lernen. War doch das Bundesland der „Heimatgau des Führers“, in dem das KZ Mauthausen und seine großen Nebenlager sowie die Tötungsanstalt Hartheim den Rassenwahn der Nationalsozialisten durch bestialischen Massenmord umsetzten. Betrifft es aber den Verfasser der oberösterreichischen Landeshymne „Hoamatland“, den Mundartdichter Franz Stelzhamer (1802 - 1874), sind die Lippenbekenntnisse rasch vergessen.

„Stelzhamer war einer übelsten Judenhasser seiner Zeit, obwohl er jüdische Bekannte hatte, die ihn selbstlos unterstützten“, sagt Willi Mernyi, der Vorsitzende des Mauthausen Komitees Österreich (MKÖ). „1852 geht er in seinem Essay „Jude“ über damals verbreitete Vorurteile weit hinaus und macht sich zum Vorreiter eines Vernichtungsantisemitismus. Das Judentum sei ein „Riesenbandwurm“, dem der Kopf abgeschlagen werden müsse, schreibt Stelzhamer. Diese Tatsache wird in der oberösterreichischen Öffentlichkeit bisher völlig totgeschwiegen. “

Seit Jahren macht der international angesehene Schriftsteller und Landeskulturpreisträger Ludwig Laher auf die untragbare Situation aufmerksam. Michael John, Linzer Historiker und Obmann der Österreichischen Lagergemeinschaft Auschwitz, setzt sich ebenfalls für eine stärkere Bewusstseinsbildung durch das Land Oberösterreich ein. Landeshauptmann und Landeskulturreferent Josef Pühringer hat vor längerer Zeit festgestellt: „Wir müssen klar bekennen: Ja, es gibt antisemitische und politisch bedenkliche Texte von Franz Stelzhamer. Das können, werden und wollen wir nicht verschweigen. Ganz im Gegenteil: Wir dokumentieren es, zeigen es auf.“ Das geschah allerdings nur im Buch „Der Fall Franz Stelzhamer“, das praktisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit erschien.

„Das Land Oberösterreich und die einzelnen Gemeinden sind hier mehr als säumig“, stellt MKÖ-Vorsitzender Mernyi fest. „Es muss endlich dafür gesorgt werden, dass der ausgeprägte Judenhass des Landeshymnendichters angemessen thematisiert wird. Es braucht Hinweise bei offiziellen Erwähnungen Stelzhamers, etwa auf der Homepage des Landes, auf Denkmälern und bei Straßen sowie Schulen, die immer noch seinen Namen tragen. “

Wien ist da etwas voraus: Aufgrund des Berichts einer Expertenkommission unter der Leitung des Historikers Oliver Rathkolb bringt die Stadt in der Stelzhamergasse im 3. Bezirk eine Tafel an, die auf das antisemitische Gedankengut des Dichters hinweist. Die Kommission bewertet ihn - auch unter Heranziehung der Forschungen von Ludwig Laher und Michael John - als eine jener 28 Personen, nach denen in Wien Straßen benannt sind, die aber besonders judenfeindlich und/oder nationalsozialistisch gesinnt waren.

Ludwig Laher bringt es auf den Punkt: „Auch Franz Stelzhamer steht für die Unbegreiflichkeit menschlicher Abgründe. Als Held und Vorbild taugt er schlecht, als personifiziertes Problem, um das wir uns nicht herumdrücken dürfen, kommt ihm und seiner Rezeption dagegen gerade heute besonders aktuelle Bedeutung zu.“

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