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Videoüberwachung als Pseudo-Sicherheit

  • Donnerstag, 1. September 2016 @ 07:55
News Als Ablenkung von der ständigen Intensivierung der Überwachung bezeichnet die Linzer KPÖ-Gemeinderätin Gerlinde Grünn die neuerliche Forderung von FPÖ und ÖVP für eine Video-Überwachung in den Fahrzeugen und bei Haltestellen der Linz Linien. Die sich abzeichnenden Bereitschaft der SPÖ von ihrer bisherigen Ablehnung einer solchen Maßnahme zugunsten der populistischen Forderungen umzuschwenken, sieht Grünn als weiteren gravierenden Umfaller nach der Einführung der Stadtwache als Bruch eines Wahlversprechens von 2009.

„Mit dem Ruf nach Videoüberwachung wird gestützt auf suggestive Umfragen statt auf Fakten eine Pseudosicherheit propagiert. Man will glauben machen, dass Videokameras Übergriffe verhindern, ähnlich wie die Waffenlobby behauptet, dass mehr Bewaffnung Verbrechen verhindern würde“ so Grünn. Denn sogar die Befürworter einer Videoüberwachung müssen eingestehen, dass diese Maßnahme keine Zwischenfälle verhindern, bestenfalls die Aufklärung erleichtern kann.

„Wem es wirklich mit der Sicherheit ernst ist, der sollte die Menschen zu mehr Zivilcourage ermuntern“ fordert Grünn. Ist es doch Fakt, dass viel zu oft bei Angriffen auf Fahrgäste demonstrativ weggeschaut wird, statt sich einzumischen, einen Alarmknopf oder die Notbremse zu drücken, den Fahrer zu alarmieren oder nach der Polizei zu rufen. Und es wäre auch zu überlegen, ob man nicht wesentlich besser mit mehr Personal – etwa der Wiedereinführung von Schaffner_innen – für tatsächliche Sicherheit sorgen kann.

Das Thema Videoüberwachung beschäftigt den Linzer Gemeinderat kontinuierlich seit 2009, bislang scheiterten FPÖ und ÖVP jedoch mit ihren Plänen, die sich nicht einmal George Orwell in seinem Werk „1984“ hätte vorstellen können. Laut der bisherigen Argumentationslinie der SPÖ wurde durch ein Maßnahmenpaket inklusive Kooperation mit Polizei und Sozialarbeit bereits 2010 eine Reduktion der Zwischenfälle in den Fahrzeugen der Linz Linien um ein Drittel erreicht, wobei der Großteil der Delikte in den Linz Linien Diebstähle sind, wogegen Videoüberwachung in überfüllten Straßenbahnen zu Stoßzeiten überhaupt nicht helfen. Die Erfahrung mit Videoüberwachung in der Londoner City und bei den Wiener U-Bahnen hat zudem gezeigt, dass Delikte in das Umfeld verlagert werden.

Die KPÖ hat am 18.4.2013 die Videoüberwachung auch mit einer Anfrage thematisiert, weil die immer umfangreichere Videoüberwachung im öffentlichen Raum eine pauschale Verdächtigung der BürgerInnen bedeutet und die verfassungsrechtlich garantierte Unschuldsvermutung faktisch ins Gegenteil umkehrt und die von den Videokameras angesammelten Datenberge immer weniger zu überblicken und zu kontrollieren sind.

In der Anfragebeantwortung hatte der damalige Bürgermeister Franz Dobusch wegen Nichtzuständigkeit Auskünfte über die Videoüberwachung bei den ausgegliederten städtischen Unternehmen verweigert. Im Magistrat waren damals im Neuen Rathaus 21 und im Alten Rathaus neun Videokameras ohne Aufzeichnung, im Lentos 64, im Nordico 25 und in der Tiefgarage des Volkshauses Solar City drei Videokameras mit Aufzeichnung im Einsatz.

Wie sehr die flächendeckende Videoüberwachung bereits zum Problem geworden ist zeigt die Tatsache, dass allein in Oberösterreich geschätzte 5.000 Überwachungskameras installiert sind, von denen laut Datenschutzexperten Paul Oberndorfer nur ein Bruchteil genehmigt ist. Die Polizei überwacht hingegen nur mit 33 Kameras (Linz 8, Wels 4, Ried 21).


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