Willkommen bei KPÖ Oberösterreich 

Für eine fortschrittliche Kulturpolitik

  • Sonntag, 9. August 2015 @ 08:00
Kultur Stellungnahme der KPÖ zum Fragenkatalog der Kulturplattform OÖ zur Landtagswahl 2015

Allgemein

KUPF: Nennen Sie die drei wichtigsten kulturpolitischen Schwerpunktsetzungen Ihrer Partei in den letzten sechs Jahren. Was haben Sie hierbei kulturpolitisch bewegt?

KPÖ: Vorweg zu Verortung der KPÖ in der politischen Landschaft: Die KPÖ ist Oppositionspartei, sie ist nicht im oberösterreichischen Landtag vertreten. Viele dieser Fragen sind so formuliert, dass sich in erster Linie Regierungsparteien angesprochen fühlen müssen. Ohne Vertretung im Landtag ist es schwierig kulturpolitisch etwas zu verändern. Unsere Arbeit beschränkt sich vor Ort in den Kulturinitiativen wo manche von uns arbeiten.

Als Partei der Opposition kann sich die KPÖ den Luxus leisten, radikale Kritik an herrschenden Zuständen und den Zumutungen, welche die Politik für uns bereithält zu entwickeln. Unsere Forderungen sind nicht als Politikberatung der Regierenden zu verstehen, sie sind immer im Kontext einer grundsätzlichen Veränderung der Gesellschaft zu lesen.

Für die KPÖ ist der Kampf gegen die wachsende Prekarisierung insbesondere auch im Kulturbereich ein wichtiger Punkt. Wir unterstützen die Forderung nach mehr Mittel für die freie Szene. Es gilt, Kultur als Sensorium für Gesellschaftskritik und kritische Auseinandersetzung mit Missständen und Fehlentwicklungen zu entwickeln.

KUPF: Nennen Sie die drei wichtigsten kulturpolitischen Schwerpunktsetzungen Ihrer Partei für die kommenden sechs Jahre.

KPÖ: Friede den Hütten, Krieg den Palästen! Konkret treten wir für nachhaltige Kulturförderung mit mehrjährigen Perioden, Erhöhung des Anteils der freien Kulturarbeit am Kulturbudget und Gewährleistung sicherer und würdiger Arbeitsbedingungen in Kulturbetrieben ein.

KUPF: Was waren Ihrer Einschätzung nach die größten kulturpolitischen Versäumnisse und Fehlentwicklungen in OÖ in den letzten Jahren?

KPÖ: Der Missbrauch der Kultur zur Beschönigung politischer Grauslichkeiten, etwa wenn bestimmte Parteien offen oder versteckt Stimmung gegen Flüchtlinge machen und sich gleichzeitig in punkto Kultur weltoffen zu geben versuchen.

Davon abgesehen ist auch die Kultur zunehmend der kapitalistischen Verwertungslogik und einer absoluten Marktorientierung unterworfen. Die Kulturpolitik der Regierenden nimmt dies zu Kenntnis und fördert diesen Prozess nach Kräften. Sei es durch ihre Förderpolitik, die rein auf Erhöhung des Outputs ausgerichtet ist, sei es durch ihre inhaltliche Einflussnahme wie etwa die Fokussierung auf das was sich Kreativwirtschaft nennt, letztlich aber Markt meint. Aber das ist keine Frage, die nur die Kulturpolitik betrifft.

KUPF: Welche Bedeutung bzw. welchen Stellenwert messen Sie freier Kulturarbeit – sprich Initiativen mit privater Trägerschaft und zeitgenössischem Schwerpunkt – in/für Oberösterreich bei?

KPÖ: Versteht sich freie Kulturarbeit als Tätigkeit, die abseits von Dorfverschönerung, Operette und Kabarettismus einen kritischen Blick auf die gesellschaftliche Realität und künstlerische Entwicklungen wirft, die einlädt zu gesellschaftlicher Partizipation und Aktivismus, die jene sprachmächtig macht, die sonst nichts zu sagen haben, Räume erkämpft mit jenen, die sonst keinen Zutritt haben, dann kann die Bedeutung der freien Kulturarbeit gar nicht hoch genug angesetzt werden. Das ist eine Herausforderung, der sich die freie Kulturszene stellen muss.

Es ist wichtig ein breites kulturelles Angebot zu schaffen und zu sichern. Durch kulturelle Diskurse entstehen oft neue Ideen und Konzepte für ein besseres Zusammenleben und ein lebenswerteres Umfeld. Sie ist als korrektiv zur Politik unumgänglich für eine lebendige Demokratie.

Mehr Geld

KUPF: Die dezentrale, kulturelle Nahversorgung wird überwiegend durch ehrenamtliche Kulturarbeit gewährleistet. Für eine kontinuierliche Entwicklung braucht es allerdings tragfähige Strukturen, insbesondere auch bezahltes Personal. Wie steht ihre Partei zu dieser KUPF-Forderung nach Strukturfinanzierung?

KPÖ: Kultur muss uns etwas wert sein, darum unterstützt die KPÖ die Forderung der KUPF nach einer Strukturfinanzierung, vor allem deswegen, weil die Unsitte der Projektförderung Kulturinitiativen erpressbar macht.

Das Paradoxon der vorherrschenden Kulturpolitik ist, dass ständig von Professionalisierung und Wirtschaftlichkeit die Rede ist, andererseits wiederkehrend ein Hochamt auf die ehrenamtliche Arbeit gefeiert wird. Kulturarbeit, wenn sie abseits von Festspielen, Opernhäusern, Musikschulen und Agrikultur passiert, soll gratis geleistet werden. Eine Entwicklung, wie sie im Sozialbereich und in der Pflege ebenfalls zu beobachten ist.

KUPF: Die Fairpay-Studie der österreichischen Kulturdokumentation im Auftrag der Kunstsektion des BKA hat im Jahr 2013 die finanziellen Möglichkeiten von Kulturvereinen untersucht: Sie kommt mitunter zum Ergebnis, dass österreichweit knapp 60 Prozent der Einkommen von Kulturschaffenden unter 5.000 Euro im Jahr liegen. Wie beurteilt Ihre Partei diese Situation und was leitet sie daraus ab?

KPÖ: Die KPÖ thematisiert die Brisanz der Prekarisierung seit Jahren. Das trifft insbesondere den Kulturbereich, wo auf Grund des künstlerischen Anspruchs der dort tätigen Menschen die Tendenz zur Selbstausbeutung besonders stark ist.

Die Kulturarbeit hat immer noch nicht den Stellenwert in der Politik erreicht welcher ihr zusteht. Als Motor für gesellschaftliche Entwicklung ist die Kultur von unschätzbaren Wert und darum muss die finanzielle Situation für Kulturschaffende verbessert bzw. angeglichen werden.

KUPF: Das OÖ Kulturbudget ist mit über 180 Millionen Euro gut dotiert. Gleichzeitig geht die Schere zwischen Pflicht- und Ermessensausgaben weiter auf, derzeit stehen lediglich ca. 8% als „frei verfügbare“ Förderungen zur Verfügung. Wie beurteilt Ihre Partei diese Entwicklung und wie steht sie zur KUPF-Forderung, den Ermessensspielraum mittelfristig wieder zu erhöhen?

KPÖ: Auch die Kultur lebt wie alles andere von ihrer Weiterentwicklung, neue Konzepte und Ideen gehören erprobt und dabei unterstützt. Darum wird auch diese Forderung von der KPÖ befürwortet.

KUPF: Wie beurteilen Sie die Entwicklung des Budgetansatzes für Initiativen der Zeitkultur (und regionale Kulturprojekte – 1/38120) in den letzten Jahren bzw. treten Sie für eine Erhöhung der Mittel ein?

KPÖ: Diese Forderung wird von der KPÖ unterstützt.

KUPF: Tritt Ihre Partei für die Schaffung mehrjähriger, verbindlicher Fördervereinbarungen ein?

Ja, aus zweierlei Gründen: Erstens ist es notwendig dass die in der Kultur arbeitenden über eine gewisse Planungssicherheit verfügen, zum anderen bedeuten längerfristige Fördervereinbarungen, dass sich die Geldgeber_innen weniger in inhaltliche Belange der Kulturarbeit einmischen können.

Entwicklungen

KUPF: Globalisierung, Digitalisierung und Migration beeinflussen mit rasanter Geschwindigkeit die kulturelle Praxis: Inwieweit gelingt es Ihrer Meinung nach der OÖ Kulturpolitik, mit diesen Entwicklungen Stand zu halten bzw. wo verorten Sie den größten Handlungsbedarf?

KPÖ: Das kommt immer auf den Standpunkt an: Die herrschende Politik ist gewiss up to date, wenn es um die Verteidigung der Interessen der Eliten geht: Beispiele gibt es zuhauf: TTIP und CETA, die Migrationsregimes der reichen Länder (zu denen Österreich ja gehört), die Entwicklungen beim Urheberrecht, das die Medienkonzerne und die Kulturindustrie bevorzugt um nur drei zu nennen. Wenn man die Frage von Standpunkt der in der Kultur arbeitenden betrachten, ergibt sich jedoch ein ganz anderes Bild.

Jedenfalls gibt es hier viel zu tun, da insbesondere Globalisierung und Migration durch den Umgang der etablierten Politik damit einem Großteil der Bevölkerung als Bedrohung statt als Chance erscheinen.

KUPF: Welche Maßnahmen sind von Ihrer Partei geplant, um die kulturelle Teilhabe von MigrantInnen und ethnischen Minderheiten zu verbessern?

KPÖ: Die KPÖ knüpft in dieser Frage an die Konzepte des politischen Antirassismus an. Wir grenzen uns hier vom Toleranz-Diskurs der herrschenden Kulturpolitik ab, der, bezogen auf das kulturelle Leben, letztlich eine Folkloreveranstaltung ist. Es geht letztlich darum, den Kampf um die gleichen Rechte für alle in die sozialen Kämpfe die wir hierzulande führen integrieren.

KUPF: Welchen Aufgaben muss sich eine strukturelle Novelle des oberösterreichisches Kulturförderungsgesetzes aus Sicht ihrer Partei stellen? Welche Schwerpunkte müssen darin verankert sein?

KPÖ: Das oberösterreichische Kulturförderungsgesetz heuchelt in seine Präambel Wertschätzung für die Kultur im Allgemeinen und durchaus auch für die initiative Kulturarbeit. Doch der Inhalt des Gesetzes trägt josephinistische Züge des aufgeklärten Absolutismus. Das zeigt sich darin, dass es keinerlei Rechtsanspruch auf Kulturförderungen gibt, mehrjährigen Fördervereinbarungen nicht vorgesehen sind (außer für das Linzer Musiktheater). Oberösterreich behauptet, eine eigenständige Kulturförderung zu praktizieren, in der Praxis werden die Förderungen immer wieder abhängig gemacht von der Förderung anderer Gebietskörperschaften. Einige Schlagwörter, die ein fortschrittliches Kulturförderungsgesetz beinhalten müsste: Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Kriterien und der Förderhöhen, Rechtssicherheit, mehrjährige Fördervereinbarungen, Gleichstellung der Initiativen Kulturarbeit, Geschlechtergerechtigkeit.

Die freie Kulturarbeit muss denselben Stellenwert erlangen wie jede andere Arbeit auch. Es ist sicherzustellen, dass Kulturbetriebe ergebnisoffen und unabhängig arbeiten können und gerecht entlohnt werden.

KUPF: Das Feld der Kulturarbeit bzw. Kreativität gilt zunehmend als zivilgesellschaftliches Labor für die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaften und auch die EU-Kommission attestiert der Kulturarbeit positive Effekte auf ländliche Gebiete: Welche Maßnahmen sind von Ihrer Partei geplant, um den Stellenwert von Kulturarbeit in der Regionalentwicklung zu verbessern?

KPÖ: Wir unterstützen die Forderungen der KUPF nach öffentlichem Zugang zu regionalen Entwicklungsprojekten, nach öffentlichen Verfahrensstandards und Rechtssicherheit wie auch eines Zwischenfinanzierungstopfes für regionale Projekte voll.

Freie Medien

KUPF: Etablierte Medien – wie ORF oder OÖN – ziehen sich aus der Kulturberichterstattung zunehmend zurück, während die Vermittlung der kulturellen Vielfalt von den Freien Medien wahrgenommen wird: Ist Ihre Partei der Meinung, dass aus diesem Grund Freie Medien mehr als bisher unterstützt werden sollten?

KPÖ: Freie Medien sind eines der wichtigsten Grundsäulen der Demokratie, aber nur wenn sie unabhängig und ohne finanziellen Druck arbeiten können. Darum ist eine stärkere Förderung für freie Medien unabdingbar.

Unabhängig davon dürfen aber etablierte Medien nicht aus der Pflicht zur Kulturvermittlung entlassen werden, das gilt vor allem den öffentlich-rechtlichen ORF.

KUPF: Im Jahr 2007 hat die Presseabteilung des Landes für drei Freie Radios eine jährliche Förderung von 180.000 dotiert. Unterstützen Sie die Forderung der mittlerweile fünf Freien Medien nach einer aliquoten Erhöhung bzw. einer Inflationsanpassung dieser Förderung ab 2016 auf 350.000 Euro?

KPÖ: Jedes weitere Freie Radio in Oberösterreich ist begrüßenswert. Sie sollten mit gleicher finanzieller Unterstützung rechnen können wie die bereits etablierten Freien Radios ohne dass diese finanzielle Einbußen haben.


Themen