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1945: Gespaltenes Oberösterreich

  • Donnerstag, 9. Juli 2020 @ 08:00
Geschichte Franz Haider war vom 16. Dezember 1947 bis zum 27. Juli 1952 im politischen Beirat der Zivilverwaltung Mühlviertel (ZVM) tätig. Frau Gabriele Hindringer berichtet in ihrer Arbeit „Das Kriegsende und der Wiederaufbau demokratischer Verhältnisse in Oberösterreich im Jahre 1945“ über die bevorstehende Besetzung des gesamten Mühlviertels (von Freistadt, Schwertberg bis an die bayrische Grenze).

„Als sich anfangs Juli das Gerücht verbreitete, es werde eine Änderung der Besatzungszonen vorgenommen bzw. das Mühlviertel von der Roten Armee besetzt, löste diese Nachricht Schrecken und Angst unter der Bevölkerung aus und hatte einen Flüchtlingsstrom zur Folge, der sich vor allem über Linz ergoss. Unter den ca. 900 Familien, die vor den Russen die Flucht ergriffen, befanden sich in der Hauptsache Reichsdeutsche, ehemalige Parteigenossen, die von den Russen eine weit schlimmere Behandlung befürchteten.

Verstärkt wurde diese Massenbewegung noch durch die Weisung der amerikanischen Militärregierung an ihre Soldaten, alle an Nordufer der Donau vor Anker liegenden Schleppschiffe sofort nach Bayern in die amerikanische Zone zu bringen. Alle entbehrlichen Wagen der Mühlkreisbahn wurden nach Linz gebracht, alle Lagerhäuser geräumt, Saatgut, Vieh, Maschinen, ja sogar Straßenbeleuchtung, kurz alles bewegliche Gut wurde von den amerikanischen Truppen abtransportiert.

Änderung der Besatzungszonen

Da sich die amerikanische Militärregierung über die Vorgänge in Schweigen hüllte und nicht bereit war, eindeutige Erklärungen abzugeben, obwohl dies wesentlich zur allgemeinen Beruhigung beigetragen hätte, wuchsen die im Umlauf befindlichen Gerüchte so weit, dass man befürchtete, die Russen würden auch die Landeshauptstadt Linz und weitere Teile von Oberösterreich besetzen. Nach dem Bericht des Sitzungsprotokolls des Linzer Stadtrates vom 3. Juli 1945 erklärte Landeshauptmann Dr. Eigl sogar dem amerikanischen Militärkommandanten, dass er unter den herrschenden Verhältnissen demissionieren wolle. Auch Bürgermeister Dr. Koref beschloss, sich im Falle eines Rücktrittes des Landeshauptmann diesem Schritt anzuschließen...“

„Diese Änderung der Besatzungszonen war auf Betreiben der Russen durchgeführt worden, die das gesamte Mühlviertel für sich beanspruchten. Durch das Abkommen „über die Besatzungszonen von Osterreich und die Verwaltung der Stadt Wien“, welches am 9. Juli 1945 vom Beratenden Ausschuss für europäische Angelegenheiten (EAC: European Advisory Commission) unterzeichnet worden war, wurden die Demarkationslinien neu festgelegt. In diesem Abkommen wurden Niederösterreich und der auf dem linken Donauufer gelegenen Teil von Oberösterreich sowie das Burgenland zur russischen Besatzungszone erklärt, Salzburg und der rechts der Donau gelegene Teil von Oberösterreich (dieser inklusive des steirischen Ausseer Landes) zur amerikanischen, Tirol und Vorarlberg zur französischen, Kärnten, Osttirol und die Steiermark zur britischen Zone. Die Stadt Wien wurde von den Streitkräften aller vier Mächte gemeinsam besetzt ...“

„Durch das Abkommen am 9. Juli 1945 erreichten die Russen nun im Verhandlungswege die Ausdehnung ihrer Zone auf das ganze Mühlviertel, mussten dafür aber die Oststeiermark räumen, die der englischen Besatzungszone zugeschlagen wurde ...“

Eigene Verwaltung für das Mühlviertel

„Als im Juni zuerst nur gerüchteweise eine russische Besetzung des Mühlviertels befürchtet worden war, traf auch die provisorische Landesregierung Vorbereitungen und Maßnahmen, damit im Besetzungsfalle eine für die Verwaltung des Mühlviertels zuständige Behörde vorhanden wäre, die für die Aufrechterhaltung der Ordnung sorgen und die Interessen der Bevölkerung der Besatzungsmacht gegenüber vertreten könnte. Freilich konnten diese Vorbereitungen nur ein Provisorium bedeuten, denn bei einer russischen Besetzung war die provisorische Staatsregierung in Wien aus schon bekannten Gründen für das Mühlviertel zuständig.

Mitte Juni wurde der spätere Staatsbeauftragte für das Mühlviertel, Johann Blöchl, von seinem Besitz in Lasberg über die Demarkationslinie nach Urfahr geschmuggelt, wo sich im Hause der Französischen Schwestern die führenden Männer der Parteien zu einer Besprechung eingefunden hatten und an Blöchl mit der Bitte herantraten, er möge sich für den Aufbau einer zivilen Verwaltung und für die Funktion eines Vorsitzenden zur Verfügung stellen ...“

„In der ersten gemeinsamen Sitzung zwischen der russischen Besatzungsbehörde und Herren der Zivilverwaltung am 2. August 1945 bestimmte der russische Stadtkommandant von Urfahr die Errichtung folgender Abteilungen innerhalb der Verwaltung: Landwirtschaft, Gesundheitswesen, Ernährung, Gerichte, Fürsorge, Wirtschaft und Verkehr. Besonderen Wert schienen die Russen auf die Errichtung eines umfangreichen Polizeiapparates zu legen, denn der Stadtkommandant verfügte ferner eine Abteilung für Staatspolizei, Gendarmerie, Kriminalpolizei und Geheime Polizei.

Die Russen waren bestrebt, eine von ihnen abhängige Landesverwaltung im Mühlviertel zu errichten und jede Einflussnahme der provisorischen Landesregierung auszuschalten ...“

„Da die Russen die provisorische Staatsregierung in Wien aber als legale österreichische Regierung anerkannt hatten, war es notwendig, zur Regelung der Verwaltungsaufgaben und zur Anerkennung einer Zivilverwaltung Mühlviertel die Genehmigung der provisorischen Staatsregierung einzuholen. In einer Sitzung der provisorischen Zivilverwaltung, an der auch die Bezirkshauptleute teilnahmen, wurde daher der Beschluss gefasst, eine Abordnung nach Wien zu schicken ...“

Staatsbeauftragter Blöchl

„Die Abordnung setzte sich zusammen aus den Herren Blöchl, Dr. Blum, Dr. Hirsch und dem Landeshauptmann Dr. Eigl. Sie wurden vom Staatskanzler Renner in Wien empfangen, um mit ihm gemeinsam über die Errichtung einer Verwaltungsbehörde für das Mühlviertel auf Oberster Landesebene zu beraten ...“

„Die bei dieser Besprechung festgelegten Grundsätze bekamen zunächst die Form eines Regierungsbeschlusses, in dem es hieß:

‘Die österreichische Staatsregierung bestellt zur Wahrnehmung der zivilen Verwaltung in dem von der Roten Armee besetzten Teil Oberösterreichs im Einvernehmen mit dem Herrn Landeshauptmann von Oberösterreich den Herrn Johann Blöchl als Staatsbeauftragten . . .

„Dieser einfache Regierungsbeschluss wurde erweitert und mit 7. August 1945 zum Verfassungsgesetz erhoben. In diesem Gesetz wurde aber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die verfassungsmäßige Einheit des Landes Oberösterreich nicht beeinträchtigt werde und dass der Staatsbeauftragte im Namen des Landeshauptmannes von Oberösterreich zusammen mit seinen Beisitzern die Befugnisse eines provisorischen Landesausschusses auszuüben habe. Durch die Bestellung des Staatsbeauftragten im Einvernehmen mit der oberösterreichischen Landesregierung wurde der Wille zum Ausdruck gebracht, die Verbindung mit dem südlichen Oberösterreich aufrechtzuerhalten ...“

Herr Blöchl berief aufgrund des Gesetzestextes und des Regierungsbeschlusses einen Landesausschuss, der sich aus drei Parteivertretern zusammensetzte. Die personelle Zusammensetzung der ZVM: Landesausschuss, -beirat und Amt; sie setzten sich aus den Ressorts zusammen: 1. Hoheitsverwaltung, persönliche Angelegenheit, Organisation Inneres und Gemeindeangelegenheiten; 2. Erziehung und Aufklärung; 3. Sicherheit; 4. Wirtschaft, 5. Landwirtschaft; 6. Holz- und Forstwirtschaft; 7. Ernährung; 8. Soziale Fürsorge und Umsiedlung; 9. Finanzen und Vermögensrückgabe; 10. Verkehr und Post; 11. und die Leitung des Amtes. Sitz der ZVM Urfahr, Rudolfstraße 3

Beträchtliche Schwierigkeiten

Die ZVM hatte mit beträchtlichen Schwierigkeiten zu kämpfen in jeder Richtung. Der Ausschuss veränderte sich im Laufe der zehn Jahre des Bestehens (Abgang durch Tod, Pensionierungen oder die Mitglieder wurden mit anderen Aufgaben betraut, der Landesausschuss und seine Beiräte wurden verringert). Nur der Staatsbeauftragte Blöchl verblieb bis zur Auflösung der ZVM im Jahre 1955.

In der Zeit vom 16. 12. 1947 bis zum 27. Juli 1952 gehörte Franz Haider dem politischen Beirat an. Dr. phil. Erich Leimlehner berichtet in seinem Buch „Das Kriegsende und die Folgen der sowjetischen Besetzung im Mühlviertel 1945 bis 1955“ über den Auftritt von Franz Haider. Dort heißt es unter anderem:

„Differenzen bei der Zusammenarbeit des Ausschusses der ZVM

Von Zeitpunkt der ersten Landtagswahlen an, als die Kommunisten nur 696 von 76.551 Stimmen im Mühlviertel und damit null Mandate erhielten, hätten sie nach demokratischen Gepflogenheiten eigentlich kein Anrecht mehr auf Sitz und Stimme im Ausschuss der ZVM gehabt. Trotzdem waren die Kommunisten bis zuletzt im politischen Ausschuss der ZVM vertreten.

Dies war natürlich nur mit Rücksicht auf die sowjetische Besatzungsmacht geschehen, die einer vollständigen Eliminierung der Kommunisten im Mühlviertel nicht gleichgültig gegenübergestanden wäre.

Auf Grund der Geschäftsordnung des Ausschusses, die in allen Fragen Einstimmigkeit verlangte, wären nun die Kommunisten in die Lage gekommen, die Arbeit des Ausschusses durch ihr Veto zu blockieren.

Aus dieser Situation heraus kam es im Frühjahr 1949 zu einer heftigen Auseinandersetzung zwischen den Vertretern der OVP und denen der SPÖ einerseits und den Kommunisten, vertreten durch Franz Haider, andererseits. Ausgangspunkt des Streites bildete ein von Franz Haider namens der KP-Fraktion gestellter Antrag bezüglich der Besatzungskostensteuer.

Landesbeirat Haider führte unter anderem zu diesem Punkt aus: ‘Der Protest breitester Volksschichten beweist, dass die werktätigen Schichten im Staate nicht imstande sind, das enorme Ausmaß dieser Besatzungssteuer zu ertragen. Es liegt völlig klar, dass diese Steuereinnahmen nicht zur Deckung der Besatzungskosten verwendet werden, sondern zur Errichtung einer Wehrmacht und dies muss energisch abgelehnt werden. Dies ist der Antrag, den ich im Namen meiner Fraktion an den Herrn Staatsbeauftragten richte, zur Weiterleitung an die Bundesregierung, betreffend der von der Regierung beschlossenen und dem Parlament eingereichten Vorschläge der Besatzungsteuer. ‘

ZVM muss Stellung beziehen

Haider meinte, dass die ZVM als öffentliche Körperschaft zu diesem Problem Stellung zu beziehen habe. Sebinger (ÖVP) hakte nun gerade hier mit der Bemerkung ein, dass die ZVM lediglich eine Verwaltungsbehörde sei und deshalb mit so hochpolitischen Dingen nichts zu tun hätte und außerdem die KP diesen Antrag hätte einbringen sollen, damit sich die anderen Parteien damit hätten beschäftigen können.

Auch Prof. Demuth von der sozialistischen Fraktion pflichtete diesem Argument Sebingers bei und bekräftigte, dass die ZVM keine gesetzgebende Körperschaft sei, daher könnte sie sich auch nicht mit der Frage der Besatzungssteuer beschäftigen. Dies sei Sache des Parlaments. Und nun seinerseits auf ein Problem eingehend fuhr Prof. Demuth fort, dass, wenn schon ein Schreiben an die Landesregierung und an die Bundesregierung gerichtet werde, eine Protestresolution verfasst werden sollte, die sich über die Zustände an der Demarkationslinie befasste. Dabei müssten die Fragen aufgeworfen werden, warum Telefongespräche nach Oberösterreich - Süd immer noch überwacht würden und warum die Brückenkontrollen immer noch stattfänden.

Aus der weiteren Diskussion ergaben sich zwei prinzipielle Standpunkte: Die Vertreter der ÖVP und SPÖ weigerten sich in ihren Voten, einen Antrag zu billigen, der einen Appell an die Bundesregierung zur Folge gehabt hätte. Die KP wollte, dass der Ausschuss der ZVM eine solche Resolution beschließen sollte. Haider beschuldigte die beiden anderen Parteien noch, die Besatzungssteuer nur als Wahlpropaganda zu benützen, da 1949 ein Wahljahr wäre. Man spreche doch von der „Russen-Steuer“, in Wirklichkeit werde diese aber nur für den Aufbau einer Wehrmacht in Österreich benützt.

Im Verlaufe der Auseinandersetzung prallten die Ansichten derart heftig aufeinander und gipfelten schließlich im Vorwurf Haiders, dass man es hier in der ZVM mit „Heimwehrdiktatur“ zu tun habe, als der Staatsbeauftragte zwar über alle gestellten Anträge abstimmen lassen wollte, aber den Vorschlag der Kommunisten nicht als ersten zur Abstimmung brachte.

Schließlich wurde dieser Tagesordnungspunkt vorerst an die Obmännerkonferenz verwiesen und vertagt. Um die Wogen zu glätten und ein gutes Einvernehmen im Ausschuss wieder herzustellen, richtete der Staatsbeauftragte in der Folge ein Schreiben an die Parteiobmänner, in dem er im wesentlichen ausführte, dass es der Zivilverwaltung Mühlviertel unter schwierigen Verhältnissen in den vier Jahren ihres Bestehens gelungen sei, ihre Aufgabe recht und schlecht zu erfüllen. Dies sei aber auf die politische Zusammenarbeit der drei Parteien zurückzuführen, sowie auf das gute Einvernehmen mit der Besatzungsmacht.

Verwaltung, keine Gesetzgebung

In letzter Zeit seien nur Anträge gestellt worden, die Probleme behandelten, für die die Zivilverwaltung Mühlviertel nicht zuständig sei und sie auch nicht zu lösen vermöge. Die Zivil Verwaltung sei eine Verwaltungseinrichtung, ihr stünde keine Gesetzgebung zu. Andererseits würde man ja in einer freien Demokratie leben und es stünde jedem frei, in Versammlungen Resolutionen beschließen zu lassen und diese an zuständige Stellen weiterzuleiten. Zuständig aber seien für die geplante Besatzungssteuer wohl die Regierung und das Parlament. Wenn nun von den Parteien Anträge von der Art, wie dies in den letzten Sitzungen der Fall gewesen sei, gestellt werden, so sei er gerne bereit, diese an die zuständige Stelle in seiner Eigenschaft als Staatsbeauftragter weiterzuleiten. Er würde es aber im Interesse einer ersprießlichen Zusammenarbeit und im Hinblick auf die Gebote der Rücksichtnahme gegenüber der Besatzungsbehörde für zweckmäßig halten, dass es keinen Sinn habe, im Ausschuss über Probleme abzustimmen, die von dem Forum nicht erledigt werden könnten.

Auf der Sitzung vom 20. April 1949 konnte Blöchl diesen Tagespunkt mit der Erklärung eröffnen, dass er auf sein Schreiben hin positive Antworten von der ÖVP und SPÖ erhalten habe, dass aber die KPÖ das Thema „Besatzungssteuern“ nochmals diskutieren möchte.

Landesbeirat Haider (KP) führte nun in seiner Stellungnahme aus, dass der Inhalt des Schreibens mit den Anschauungen der KP-Fraktion nicht vereinbar sei. Der politische Ausschuss habe sich nach der Meinung der KP nicht nur mit verwaltungstechnischen Dingen zu befassen. Es sei zwar für die Mühlviertler Bevölkerung äußerst fruchtbringend, wenn der Ausschuss diese verwaltungstechnischen Aufgaben gut erfülle, aber seine Fraktion sei der Meinung, dass man auch diese Aufgabe nicht voll und ganz erfüllen könne, wenn man sich der Notwendigkeit entschlage, zu den politischen Dingen Stellung zu nehmen.

Nicht unerhebliches Gewicht…

Prof. Demuth (SPÖ) stellte, „nachdem ja sowieso keine Einigung erzielt wird“, den Antrag, das Problem endgültig an die Obmännerkonferenz zu verweisen. Dieser Antrag wurde nun zur Abstimmung gebracht und erreichte Einigkeit.

In der Obmännerkonferenz konnte aber offenbar auch keine Einigung erzielt werden, weil das Problem auf der Sitzung vom 17. 5. 1949 wieder zur Sprache kam. Die beiden Parteien SPÖ und ÖVP hatten aber inzwischen ihre Taktik, solchen Vorstößen seitens der KP gegenüberzutreten, geändert ...“

„Konnte die KP zwar nur auf ein kleines Häuflein Stimmen zählen, so stand doch auch wieder eine Macht hinter ihr, die ihrer Stimme nicht unerhebliches Gewicht verlieh. Deshalb war die Partei auch nicht so leicht aus dem Ausschuss hinauszubugsieren.

Dies wurde auch offenkundig, als der Staatsbeauftragte auf der Sitzung vom 4. August 1949 einen derartigen Versuch startete. Sicherlich hing es eng mit den vorausgegangenen Reibereien zusammen, dass Blöchl in der genannten Sitzung den Antrag einbrachte, den politischen Ausschuss bei der ZVM nach den bevorstehenden Wahlen vom 9. 10. 1949 nach dem wirklichen Wahlergebnis zusammenzustellen. Auf diesen Antrag reagierte die KPÖ denn auch gleich sehr empfindlich. Landesbeirat Haider führte aus, dass der Antrag des Staatsbeauftragten derzeit keine reale Berechtigung habe, sondern es müsse erst nach dem Wahlergebnis über die Zusammensetzung des Ausschusses der ZVM durch den Herrn Staatsbeauftragten entschieden werden. Und wieder zum Mittel greifend, Fragen der Bundespolitik in die Debatte zu bringen, meinte Haider: ‘Es liegt nicht im Interesse des Mühlviertels, dass gerade in dem Moment, wo über die endgültige Fassung des Staatsvertrages verhandelt wird, sich die OVP mit dem dringenden Wunsch, in den Nordatlantikpakt aufgenommen zu werden, befasst. Dies bedeutet den Staatsvertrag zu sabotieren. Die KPÖ halte es daher aus politischen Gründen nicht für glücklich, für eine Umbildung der ZVM zu sprechen, da diese Umbildung jederzeit nach dem Wahlergebnis vorgenommen werden kann. Die Zivilverwaltung wurde gebildet auf Grund der besonderen Verhältnisse in Oberösterreich...“

„Auf den Vorwurf Haiders, dass dieser Antrag Blöchls ‘offensichtlich Wahlpropaganda’ sei, verdeutlichte Blöchl den wahren Hintergrund dieses Antrages:

‘Bei der Zusammensetzung des Ausschusses der ZVM, der ja eigentlich den demokratischen Gepflogenheiten nicht entspricht und auch nicht dem Willen der Wähler - wenigstens nicht entsprochen hat - haben wir, um über die Klippe zu kommen, beschlossen, dass die Geschäftsordnung die Einstimmigkeit erfordere, um zu Beschlüssen zu gelangen. Nun glaube ich, dass die ZVM mit dieser Geschäftsordnung nicht durchkommt, sondern dass es schon an der Zeit ist, Mehrheitsbeschlüsse zu fordern’ ...“

„Nach dem Gesetz 125 werde ich mit den Parteien verhandeln, und ich werde, wenn die KPÖ durchfallen sollte, selbstverständlich einen Vertreter der KPÖ haben wollen. Es muss aber über die Geschäfts Ordnung abgestimmt werden, und es müssen dann nach dem Willen der Wähler die Beschlüsse gefasst werden. Es liegt mir vollständig fern (..), dass ich vorhabe oder dass ich den Wunsch hätte, dass die KPÖ im Ausschuss der ZVM nicht vertreten wäre ...“

Blöchls Erinnerungen

Ein Abschnitt in den Lebenserinnerungen Blöchls deutet darauf hin, dass die Angelegenheit doch hoch intern in mündlichen Auseinandersetzungen außerhalb der Sitzungen des Ausschusses eine ‘friedliche Lösung gefunden hatte. Blöchl stellt nämlich aus der Erinnerung den Kommunisten folgendes Zeugnis aus:

‘Ich muss auch den in der Zivilverwaltung vertretenen Kommunisten das Zeugnis ausstellen, dass sie immer echt österreichisch und als gute Österreicher handelten. So hatten wir nur eines im Auge: unsere Aufgabe zu erfüllen, die darin bestand, unserem so schwer bedrängten Mühlviertel zu helfen und über die Donau hinweg Faden um Faden zu knüpfen zum Band eines wiedervereinten Oberösterreichs.’„

Franz Haider bemühte sich, alle politischen Fragen, die für unser Land wichtig oder eine Gefahr bedeuteten, einer Lösung zuzuführen, sie in alle Forums, die ihm zugänglich waren - so auch die ZVM - hineinzutragen, um die Menschen dort für die Lösung der Fragen zum gemeinsamen Handeln zu gewinnen.

Franz Haider wandte sich auch entschieden gegen die vorhandenen Auffassungen, die es in der Landesorganisation der KP Oberösterreich gab. Besonders bei den Mühlviertler Genossen galt es, sich der Situation anzupassen und eine Landesleitung Mühlviertel zu errichten. Er vertrat die Auffassung, Oberösterreich ist ein einheitliches geschlossenes Land. Seine geschichtliche Entwicklung weist uns darauf hin, und wenn es vorübergehend getrennt wurde, es wird bald wieder die Zeit kommen, wo es vereint sein wird. Das war seine Auffassung, für die er entschieden eintrat.

Quelle: Peter Kammerstätter, Franz Haider – Ein Leben im Dienste der österreichischen Arbeiterklasse, Berichte aus seinem Leben, Reden und Aufsätze, Materialsammlung, 1987



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