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Grundlegende Änderung der Flüchtlingspolitik notwendig

  • Donnerstag, 23. April 2015 @ 09:05
News Die jüngsten Flüchtlingstragödien im Mittelmeer müssen Anlass für eine grundlegende Reform des europäischen Asylsystems wie auch der österreichischen Flüchtlingspolitik sein, meint KPÖ-Landessprecher Leo Furtlehner.

Im Mittelmeer sind beim Untergang von Flüchtlingsbooten vor der Küste von Lampedusa (Italien) in wenigen Tagen weit mehr als tausend Flüchtlinge ertrunken. 2014 kamen rund 170.000 Flüchtlinge über Italien in die EU, davon starben mehr als 3.000 Menschen beim Fluchtversuch in der Hoffnung auf ein sicheres Leben. Laut Schätzungen ertranken in den vergangenen 15 Jahren alleine im Mittelmeer etwa 23.000 Menschen beim Versuch nach Europa zu gelangen.

Durch die rigide Abschottung der Außengrenzen können Flüchtlinge faktisch nur mit Hilfe von Schleppern in die EU gelangen. Um das Menschenrecht auf Asyl nicht zur hohlen Phrase verkommen zu lassen ist daher eine unverzügliche Reform des EU-Asylrechts dahingehend notwendig, dass Asylanträge bereits bei Botschaften von EU-Mitgliedsländern in Ländern außerhalb der EU gestellt werden können. Wenn Flüchtlinge die EU legal erreichen können, würde auch den Schleppern der Boden entzogen.

Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras hat mit Fug und Recht klargestellt: „Das Mittelmeer muss aufhören ein Friedhof zu sein und die südeuropäischen Länder Abstelllager für menschliche Wesen. Das Mittelmeer muss wieder zu dem werden, was es war: Eine Wiege der Zivilisation, der Verständigung, des Handels und der Menschlichkeit.“

Als Sofortmaßnahme muss um Menschen nicht ertrinken zu lassen, das zu Jahresende 2014 ausgelaufene Seenotrettungsprogramm „Mare Nostrum“ wieder reaktiviert werden. Dieses Programm wurde von Italien wegen der Weigerung der anderen EU-Staaten sich an den Kosten von 110 Mio. Euro – das ist etwa so viel wie der diesjährige G7-Gipfel in Elmau (Deutschland) oder der jährliche Wanderzirkus des Europaparlaments von Brüssel nach Straßburg kostet – zu beteiligen eingestellt und von der EU durch das Frontex-Programm „Triton“ ersetzt, welches zynisch nicht der Rettung von Flüchtlingen, sondern deren Fernhaltung dient. Auch müssen die Länder der Peripherie wie Italien, Malta oder Griechenland bei der Aufnahme von Flüchtlingen entlastet werden. Daher ist eine Aufteilung auf alle EU-Länder entsprechend deren wirtschaftlicher Leistungskraft notwendig.

Völlig daneben sind Vorstellungen und Konzepte über Asyllager in Nordafrika oder die Zerstörung von Flüchtlingsbooten. Asyllager in einem politisch in Auflösung befindlichen Staat wie Libyen wären nur ein Einfallstor für fundamentalistische Kräfte wie den „Islamischen Staat“. Und wer glaubt mit der Bekämpfung der Schlepper das Problem zu lösen und so zu tun als würden Flüchtlinge von Schleppern gezwungen hat nicht begriffen warum es geht.

Der Zynismus hiesiger Flüchtlingspolitik zeigt sich daran, dass Kanzler Faymann und Innenministerin Mikl-Leitner Krokodilstränen über die Fluchtopfer im Mittelmeer vergießen und gleichzeitig eine weitere Verschärfung der Asylgesetzgebung durchboxen. Darüber freuen darf sich einzig die FPÖ, die seit ihrem berüchtigten „Ausländervolksbegehren“ von 1993 die Regierungsparteien vor sich hertreibt und heute darüber jubeln kann, dass sie ihre Forderungen weitgehend durchgesetzt hat.

Solange Asylbewerber_innen in Österreich wie „Schwerverbrecher_innen“ behandelt und bei Bedarf in Schubhaft genommen werden kann von einer humanen Flüchtlingspolitik keine Rede sein. Denn Flucht hat Ursachen und sie ist kein Verbrechen. Zur Farce wird das Ganze dann, wenn enorme Ressourcen für faktisch leerstehende Schubhaftzentren verschleudert werden, statt diese für bessere Asylquartiere und Betreuung aufzuwenden und Arbeitsmöglichkeiten für Asylwerber_innen zu schaffen.

Hinter der gesamten Asylproblematik steckt eine um sich greifende Destabilisierung in immer mehr Herkunftsländern, die Folge der neoliberalen Globalisierung und der Interventionspolitik von USA und EU ist: „Diese Politik hat nirgends Stabilität und Sicherheit geschaffen, sondern im Gegenteil stabile Verhältnisse zerstört, extreme Bewegungen wie Taliban, al-Qaida, Boko Haram, Islamischer Staat und Konsorten entstehen lassen und Millionen Menschen zu Flüchtlingen gemacht“ kritisiert Furtlehner. Wenn auf Betreiben der großen Weltkonzerne die Entwicklungsländer wirtschaftlich ausgeplündert und dazu despotische Regime gestützt und Staaten mit scheinheiligen Schlagworten von „Freiheit“ destabilisiert werden, darf sich niemand wundern, wenn immer mehr Menschen in der Flucht in den reichen Norden als einzige Hoffnung auf ein Leben in Menschenwürde sehen.

Daher ist eine grundlegende Änderung der globalen Politik des reichen Nordens notwendig, welche die Bedingungen in den Herkunftsländern der Flüchtlinge insofern ändert, als die Gründe für die Flucht, egal ob politische, religiöse, ethnische Verfolgung oder einfach nur wirtschaftliche Not, soweit wie möglich beseitigt werden. Das verlangt gerechte Wirtschaftsbeziehungen auf Augenhöhe, die Stärkung demokratischer Strukturen, die Einstellung von Waffenlieferungen die immer offensichtlicher zur Destabilisierung ganzer Regionen führen und die Anhebung der Entwicklungszusammenarbeit zumindest auf das UNO-Ziel von 0,7 Prozent des BIP, wovon gerade Österreich weit entfernt ist.

Statt im Rahmen von EU-Missionen Soldaten in Konfliktregionen zu schicken muss Österreich im Sinne einer aktiven Neutralitätspolitik auf friedliche, diplomatische Konfliktlösungen anstelle von militärischen Strategien und Ausbeutung setzen: „Wir brauchen ein solidarisches Europa, welches den Menschen hilft und Leben rettet anstelle einer Festung Europa, an deren Grenzen tausende von Menschen sterben und dessen humane Werte Wirtschaftsinteressen untergeordnet werden“ so Furtlehner abschließend.

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