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Prominente fordern Abgrenzung von den rechtsextremen „Grauen Wölfen“

  • Donnerstag, 19. März 2015 @ 08:00
Antifa Im Bild: Der "Graue Wölfe"-Verein Avrasya beim Maiaufmarsch der SPÖ 2014 am Linzer Hauptplatz.

Mit Nachdruck weist der Sprecher des OÖ. Netzwerks gegen Rassismus und Rechtsextremismus, Robert Eiter, die Reaktionen des Linzer Bürgermeisters Klaus Luger und der oö. Landes-SPÖ auf den Protestbrief von 70 Persönlichkeiten zum Thema „Graue Wölfe“ zurück.

„Während sich die Bundes-SPÖ schon gemeldet hat und unser Anliegen sehr ernstnimmt , versuchen Luger und die Landes-SPÖ es leider mit Leugnen und persönlichen Untergriffen. Das macht die berechtigte Kritik aber nicht falsch", so Eiter. Tatsache ist, dass es sich bei „Avrasya“ um eine Organisation der rechtsextremen „Grauen Wölfe“ handelt, die gegen Juden und andere Bevölkerungsgruppen hetzt (wie Dokumente, u.a. eine von „Avrasya“ verbreitete antisemitische Karikatur, beweisen).

Der Politikwissenschafter Thomas Schmidinger und der Rechtsextremismus-Experte Thomas Rammerstorfer, die 2012 das Standardwerk „Grauer Wolf im Schafspelz – Rechtsextremismus in der Einwanderungsgesellschaft“ verfasst haben, gehören ebenso wie Anton Pelinka und Wolfgang Neugebauer zu den Unterzeichnern des Offenen Briefes. „Solchen Wissenschaftern – Neugebauer war jahrzehntelang Leiter des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes – zu unterstellen, sie würden die Materie nicht kennen, ist geradezu absurd“, stellt Eiter fest.

Der Netzwerk-Sprecher betont, dass es nicht darum gehe, Luger oder andere SPÖ-Politiker ins rechte Eck zu stellen, sondern darum, die bequeme Schlamperei aufzuzeigen, mit der in Österreich für tagespolitische Vorteile – etwa einige hundert Stimmen bei Gemeinderatswahlen – über demokratiefeindliche und menschenverachtende Aktivitäten hinweggesehen wird.

„Unserem überparteilichen Netzwerk gehören 72 Organisationen an. Wir versuchen schon seit langem, die Linzer SPÖ im Dialog zu einer Abgrenzung vom „Graue Wölfe“-Verein „Avrasya“ zu bewegen. Das ist bisher nicht gelungen: Auch am Maiaufmarsch 2014 haben die Rechtsextremisten teilgenommen Dass jetzt auf die immer breitere öffentliche Kritik mit persönlichen Attacken geantwortet, ist niveaulos und bedauerlich. Es wird diese Kritik aber sicher nicht zum Schweigen bringen“, so Eiter.

Die Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek, die Doyenne des Burgtheaters Elisabeth Orth, der Aufdecker-Autor Günter Wallraff, die Schauspieler Harald Krassnitzer und Erwin Steinhauer, die Schriftsteller Robert Menasse, Eva Rossmann und Franzobel, der Politikwissenschafter Anton Pelinka, der Rechtsextremismus-Experte Hans-Henning Scharsach, der Zeichner Gerhard Haderer und der Bundesbehindertenanwalt Erwin Buchinger – das sind nur einige der Persönlichkeiten, die dem Linzer Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) gemeinsam einen Offenen Brief geschickt haben.

Darin zeigen sie sich bestürzt über das Naheverhältnis der Linzer SPÖ-Spitze zum Verein „Avrasya“, das schon seit Jahren für Diskussionen sorgt. „Avrasya“ gibt sich zwar einen demokratischen und integrationsfördernden Anschein. Tatsächlich ist der Verein aber eine Organisation der „Grauen Wölfe“, türkischer Rechtsextremisten, die in ihrer ultranationalistischen Propaganda gegen Juden, Kurden, Armenier und Linke hetzen.

So hat die „Avrasya“-Jugend eine antisemitische Karikatur verbreitet, in der ein Hund mit Davidstern vor einem türkischen Wolf zittert. Die „Grauen Wölfe“ sympathisieren offenkundig auch mit der Terrormiliz „Islamischer Staat“: Ein Linzer „Avrasya“-Aktivist wünschte auf Facebook jedem kurdischen Widerstandskämpfer in Kobane (Ain-al-Arab), dass er „qualvoll verreckt“.

Die Linzer SPÖ-Spitze ist „Avrasya“ trotzdem freundlich gesinnt. Ein Block dieser rechtsextremen Organisation nimmt alljährlich am 1.-Mai-Aufmarsch der Linzer Sozialdemokratie teil und wird von der Tribüne herab begrüßt. Im Oktober 2014 wurden auf einer internen Facebook-Seite der türkischen Rechtsextremisten Fotos veröffentlicht, die Bürgermeister Klaus Luger und seinen Integrationsstadtrat Stefan Giegler bei einem Besuch im Linzer „Avrasya“-Lokal zeigen. Proteste waren die Folge.

Im November 2014 beschloss der Bundesparteitag der SPÖ, die Partei werde gegen jede Unterstützung der „Grauen Wölfe“ und ihrer Vorfeldorganisationen sowie gegen jede Zusammenarbeit konsequent vorgehen. Ungeachtet dieses eindeutigen Beschlusses bestellte Stadtrat Giegler im Dezember 2014 den Linzer Integrationsbeirat neu (dieser wird nicht gewählt) und ernannte dabei wieder einen Vertreter von „Avrasya“ zum Beiratsmitglied.

Zu den 70 Unterzeichnern des Offenen Briefes gehören – neben Wissenschaftern und Schriftstellern – KZ-Überlebende, Menschenrechtspreisträger und Vertreter einer ganzen Reihe von türkischen und kurdischen Organisationen. Der Präsident der jüdischen Gemeinden in Österreich, Oskar Deutsch, hat ebenso unterschrieben wie der Präsident der Österreichisch-Israelischen Gesellschaft, Richard Schmitz, und der Präsident der Katholischen Aktion Oberösterreich, Bert Brandstetter.

Zu denken geben könnten dem Linzer Bürgermeister auch mehrere Namen aus der Sozialdemokratie – wie jener der früheren ÖGB-Vizepräsidentin Irmgard Schmidleithner, jener von Elisabeth Pittermann, der Tochter des ehemaligen Bundesparteivorsitzenden Bruno Pittermann, oder jener von Kurt Scholz, dem Vorsitzenden des Zukunftsfonds der Republik.

Die Unterzeichner fordern Luger auf, nicht länger unter dem Deckmantel des „Dialoges“ über menschenverachtende Hetzpropaganda hinwegzusehen: „Sorgen Sie für eine klare Abgrenzung der Stadt Linz und der Linzer SPÖ von den rechtsextremen „Grauen Wölfen“ und ihrer Organisation „Avrasya“! Damit entsprechen Sie auch dem Bundesparteitagsbeschluss Ihrer Partei.“

Initiiert hat den Brief das OÖ. Netzwerk gegen Rassismus und Rechtsextremismus. Dessen Sprecher Robert Eiter stellt fest: „Die „Grauen Wölfe“ sind brandgefährlich, weil sie ihre Hass-Ideologie immer mehr türkischstämmigen Jugendlichen einimpfen. Wir freuen uns, dass die jahrelange Kritik unseres Netzwerks am Naheverhältnis der Linzer SPÖ-Spitze zu „Avrasya“ jetzt so breite und prominente Unterstützung findet!“

Auch der SPÖ-Bundesparteivorsitzende Werner Faymann und der oö. SPÖ-Landesparteivorsitzende Reinhold Entholzer sind mit dem Offenen Brief konfrontiert: Sie haben ihn abschriftlich bekommen. Immerhin geht es um die Einhaltung eines Bundesparteitagsbeschlusses.

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