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Landtag zu Protest gegen CETA aufgefordert

  • Mittwoch, 2. Juli 2014 @ 16:19
Global Bei einer Pressekonferenz am 2. Juli 2014 stellte die oö Plattform gegen die Freihandelsabkommen TTIP (EU-USA) und CETA (EU-Kanada) einen Aufruf an die Abgeordneten zum OÖ Landtag vor, in welchem die Abgeordneten zum oberösterreichischen Landtag aufgefordert werden, so wie am 15.5.14 auch einstimmig gegen TTIP abgestimmt wurde, auch einstimmig gegen CETA zu stimmen in einer Petition.

Eine Kundgebung mit Übergabe der Petition findet am Donnerstag, 3. Juli 2014 von 9:00 bis 9:45 Uhr vor dem Linzer Landhaus auf der Promenade statt. In der Petition sind die folgende Forderungen an die Bundesregierung beinhaltet:
* CETA-Verhandlungen sofort beenden!
* Verhandlungsdokumente sofort offenlegen!
* Keine Sonderklagerechte für Konzerne – keine Privatisierung der Demokratie!
* Die Handels- und Investitionspolitik muss dem Gemeinwohl dienen und die Umwelt bewahren!
* Für ein soziales und zukunftsfähiges Europa!

Worum geht es bei CETA & Co.?

Dass Konzernen ein Sonderklagerecht gegen Staaten vor privaten Schiedsgerichten eingeräumt werden soll, ist einer der zentralen Kritikpunkte von Gewerkschaften und NGOs an den beiden aktuell zur Verhandlung stehenden Freihandelsabkommen der Europäischen Union mit den USA (TTIP) und mit Kanada (CETA). Während TTIP und Chlorhühner bereits viel öffentliche Aufmerksamkeit erfahren, steht beinahe unbemerkt der Abschluss von CETA vor der Tür.

Konzernprivilegien mit ISDS müssen aus den Verhandlungen raus!

Die Freihandelsabkommen TTIP (mit den USA) und das vor dem Abschluss stehende CETA (mit Kanada) bergen sozialen Sprengstoff. Sie beinhalten einen Streitbeilegungsmechanismus, das „Investor-State-Dispute-Settlement“ ISDS. Dabei handelt es sich um weitgehende Privilegien, die multinationalen Konzernen eingeräumt werden.

Brauchen keine private Parallelrechtssprechung

Das Investor-Staat-Streitbeilegungsverfahren ist im Grunde ein paralleles Rechtssystem. Es räumt Konzernen die Möglichkeit ein, Nationalstaaten zu klagen, wenn diese auf Grund von Gesetzesänderungen ihre Gewinne bedroht sehen. Internationale Investoren können sich direkt an ein internationales Schiedsgericht wenden und umgehen somit den nationalen Rechtsweg. Nationale Investoren haben diese Möglichkeit nicht. Außerdem ist unklar weshalb man bei zwei funktionierenden Rechtssystemen, dem der EU und dem der USA, noch ein zusätzliches Gremium benötigt.

Staaten drohen Millionenklagen

Auch aus demokratiepolitischer Sicht ist ISDS höchst problematisch. Regierungen können durch die Androhung von Klagen politisch unter Druck gesetzt werden. Somit können internationale Investoren Einfluss auf politische Entscheidungen und Prozesse nehmen. Die Erfahrungen mit privaten Schiedsgerichten haben gezeigt, dass es in den letzten Jahren zu einer deutlichen Erhöhung der Klagen von privaten Investoren gegen Staaten gekommen ist, gerade auch gegen die „Krisenstaaten“ im Süden Europas.

Für die Initiativplattform nahmen bei der Pressekonferenz Gernot Almesberger (Sprecher der Initiativplattform), Walter Haberl (ÖGB-Landessekretär), Bert Brandstetter (Präsident der Katholischen Aktion OÖ) und Heinz Mittermayr (Sprecher von attac Oberösterreich) Stellung.

Plattform-Sprecher Gernot Almesberger: Die Macht dem Volke und seinen gewählten Vertreterinnen und Vertretern!

Auch bei CETA ist das Gefüge, wie wir im Staat sinnvolle Entscheidungen treffen, massiv in Gefahr. Denn es offensichtlich das Ziel mächtiger Akteure, die Macht weg von der Zivilgesellschaft und ihren gewählten VertreterInnen hin zu wenigen Großkonzernen zu verschieben. Die Auswirkungen auf die in der Hand des Landes Oberösterreich liegenden Agenden wie öffentlicher Verkehr, Baudienstleistungen, Kultur, soziale Dienste, Wasserversorgung, Entsorgung, Erwachsenenbildung, Spitalsbereich, uvm. werden massiv sein.

Ein für mich überzeugendes Beispiel, auch gegen CETA zu stimmen, ist die kommunale Wasserversorgung. Die kürzlich in der EU erkämpfte Freiheit zu entscheiden, dass die kommunale Wasserversorgung in den Händen der Kommunen bleibt, wird erneut attackiert. Denn durch CETA würden alle staatlichen Aufträge und Dienstleistungen, die in der EU für private Unternehmen geöffnet sind und europaweit ausgeschrieben werden müssen, auch für kanadische Unternehmen geöffnet werden.

Und somit auch für die US-amerikanischen Tochterunternehmen, die in Kanada ansässig sind. Es gibt weltweit überwiegend negative Beispiele der Privatisierung von Wasser und manche haben sogar schon Menschenleben gekostet. In diese Gasse will wohl niemand von uns! Verbleibt die Vergabe weiter bei den Kommunen, kann die hohe Qualität der Versorgung mit dem lebenswichtigen Nass in unseren Händen bleiben.

ÖGB-Landessekretär Walter Haberl: ArbeitnehmerInnenrechte auch in Österreich wegklagbar

Jede gewerkschaftliche Errungenschaft, jeder Erfolg für ArbeitnehmerInnen ist mit ISDS im Prinzip in Gefahr. So könnte etwa eine sechste Urlaubswoche für alle einen internationalen Investor zu einer Klage veranlassen, weil mehr Urlaub seinen erwarteten Gewinn schmälert. Der Rechtsstaat und die Demokratie in Österreich werden damit ausgeschaltet. Auch Kanada hat (wie die USA) bis heute nicht alle Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO ratifiziert.

Direkte Auswirkungen auf das Leben der ArbeitnehmerInnen

Handels- und Investitionsabkommen haben direkte Auswirkungen auf das alltägliche Leben der BürgerInnen, ArbeitnehmerInnen und KonsumentInnen. Umso wichtiger ist es, sie alle durch ihre Vertretungen in die Verhandlungen einzubinden. Die Europäische Kommission will aber genau das Gegenteil, die Verhandlungen über das Transatlantischen Handels- und Investitionsabkommen (TTIP) sollen hinter verschlossenen Türen stattfinden. Bei derart einschneidenden Vereinbarungen, die sich direkt auf die Arbeits- und Lebensbedingungen der Menschen auswirken, ist das völlig inakzeptabel. Wenn über Arbeitsrechte, ArbeitnehmerInnenschutz, Löhne und mehr verhandelt wird, dann müssen Gewerkschaften mit am Tisch sitzen. Sonst passiert genau das, was nun ohnehin als Bedrohung im Raum steht: Die Interessen, die Gewinne der Konzerne zählen mehr, als ArbeitnehmerInnen, Umwelt, KonsumentInnen.

Der ÖGB fordert:
- Transparente Verhandlungen!
- Weg mit dem Investor-Streitbeilegungsverfahren ISDS!
- Die Kernarbeitsnormen der ILO müssen gleichwertige Vertragsbestandteile jedes Freihandelsabkommens sein
- Sensible Bereiche wie Gesundheit, Dienstleistungen im öffentlichen Interesse, Bildung, Kultur sowie die Politikbereiche Arbeit und Soziales, Steuerpolitik und Finanzmarktregulierung sind aus dem Geltungsbereich der Investitionsschutzbestimmungen herauszunehmen.

Attac-Sprecher Heinz Mittermayr: Demokratie statt Freihandel!

Durch den Widerstand verschiedenster zivilgesellschaftlicher Gruppen ist es in den letzten Jahren gelungen, die Freihandelspolitik der WTO – Welthandelsorganisation zu blockieren. Umso mehr wird aber jetzt mit bilateralen Verträgen versucht, eine ähnliche Wirtschaftspolitik voranzutreiben. Und immer wieder liegt es an der Wachsamkeit der Zivilgesellschaft, über diese so entscheidenden Entwicklungen aufzuklären und eine Öffentlichkeit zu erzeugen.

Neben den vielfältigen negativen sozial und umweltpolitischen Auswirkungen dieser neoliberalen Politik gibt es vor allem auch ein Problem: Demokratische Grundrechte werden den wirtschaftlichen Interessen klar untergeordnet. Die Verhandlungen finden im Auftrag der EU-Kommission hinter verschlossenen Türen statt, beteiligte Personen haben Verschwiegenheitspflicht. Informationen über Inhalte dringen nur durch Löcher in der Geheimhaltung durch, sodass eine demokratische Meinungsbildung nicht stattfinden kann. Gerade erst Anfang Juni gab es im deutschen Bundestag eine eindeutige Kritik an der geübten Praxis: Selbst ExpertInnen erhalten keinen Einblick in den Stand der Verhandlungen, um sich ein Meinung zu bilden.

Dazu kommen die Gefahren durch ISDS: Die ursprünglich zum Schutz von Investoren in nicht funktionierenden Rechtsstaaten eingeführten Verfahren kehren sich in demokratischen Staaten ins Gegenteil. Rechte wie Umwelt-, ArbeitnehmerInnen- und VerbraucherInnenschutz wurden und werden immer mehr untergraben. Der enorme Anstieg solcher Verfahren in den letzten Jahren – alleine im Jahr 2013 waren es 568 – zeigt die Bedeutung dieser. Wenn auch dabei nicht immer die Investoren gewinnen, so gewinnen zumindest immer die Anwaltskanzleien, die sich ihre Dienste teuer bezahlen lassen.

Dabei ist es nicht immer so, dass es immer die hohen europäischen Standards sind die in Gefahr sind. So z.B. sind die EU-Finanzdienstleistungsunternehmen an einer Aufweichung des viel strenger reglementierten Finanzmarktes in Kanada interessiert. Darum stehen auch so manche kanadische PolitikerInnen bei CETA auf der Bremse.

Wir wollen unsere PolitikerInnen mit diesen Demokratiedefiziten konfrontieren und zeigen, dass in einem gerechten und nachhaltige Europa auf die Stimme der Bevölkerung und nicht auf Interessen von Konzerne und Banken zu hören ist.

KA-Präsident Bert Brandstetter: Freihandel verletzt Menschenwürde

Aus Sicht der der katholischen Kirche ist zu fragen, ob wir diese Art des Wirtschaftswachstums überhaupt wollen und brauchen. Ebenso die Frage, auf wessen Kosten dieses offenbar von Großkonzernen erwünschte Wachstum geht. Wir fürchten, dass die Zeche die Kleinen zu zahlen haben werden: also die Mitarbeiter in den betroffenen Unternehmen, deren Mitsprachemöglichkeiten sinken, weiters die Konsumenten, die weniger gesunde und weniger natürliche Lebensmittel vorgesetzt bekommen und schließlich die Umwelt, die noch massiver ausgebeutet wird als das schon jetzt der Fall ist.

TTIP und CETA öffnen den Weg zu ungenierter Gewinnmaximierung, die dann rechtlich voll gedeckt ist. Oder anders gesagt: sie öffnen den rechtlich abgesicherten Weg, der Menschen zu Konsumgut macht und der sie ihrer Menschenwürde beraubt. Hier die Hoffnung auf satte Gewinne, dort Menschen, die nichts mehr zu reden haben: weder als Mitarbeiter in den Betrieben, noch auch als Konsumenten.

Die europäische Wirtschaft würde durch diese Abkommen einen dramatischen Qualitätsverlust erleiden, vor allem, und das ist sozusagen der Part der Kirche oder der Kirchen, weil es auf Kosten der sozialen Standards und auf Kosten der Verbraucher und der Umwelt geht. Diese Wirtschaft tötet, hat unser Papst Franziskus einmal gesagt. Ich bin sicher, er meint damit auch TTIP und CETA und ich gebe ihm damit voll und ganz Recht.

Über die Plattform

Die „Initiativplattform TTIPstoppen für Oberösterreich“ wurde Anfang 2014 von mehreren Organisationen der Zivilgesellschaft gegründet und besteht mittlerweile aus 19 Gruppierungen, die sich zum Ziel gesetzt haben, die Menschen über die diversen geplanten Freihandelsabkommen zwischen der EU und anderen Staaten zu informieren, sie zu sensibilisieren und sie zu mobilisieren.

Mitglieder der Initiativplattform „TTIP Stoppen“ Oberösterreich:
Attac OÖ, Die Grünen Linz, Europa Anders, GfK/OÖ Gesellschaft für Kulturpolitik, Gewerkschaftlicher Linksblock Oberösterreich, Grüne Bildungswerkstatt OÖ, IG Milch, Jahoda-Bauer Institut, Katholische Aktion Oberösterreich, Katholische ArbeitnehmerInnen Bewegung OÖ, KPÖ OÖ, Migrare, ÖGB Oberösterreich, Piratenpartei Oberösterreich, Renner Institut Oberösterreich, Soziales Netzwerk Wels, Sozialistische Jugend Oberösterreich, SPÖ-Sektion Granum Humanum, Südwind Oberösterreich

Infos: http://stop-ttip.at, https://www.facebook.com/ttipstoppen.ooe




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