Willkommen bei KPÖ Oberösterreich 

Rassismus in der Welser Gemeindepolitik

  • Samstag, 26. April 2014 @ 19:28
Antifa Wer gegen Menschen oder Menschengruppen wegen deren Herkunft Stimmung macht, sie ausgrenzt oder benachteiligt, handelt rassistisch, mag er es noch so heftig bestreiten. Rassismus ist in der österreichischen Politik im Allgemeinen und in der Welser Gemeindepolitik im Besonderen keine neue Erscheinung. Immer wieder versuchen politische Parteien mit mehr oder weniger Erfolg, vorhandene Vorurteile zu schüren und für sich bei Wahlen nutzbar zu machen. Dass sie dabei das Zusammenleben vergiften und letztlich Angst und Hass fördern, nehmen sie in Kauf.

Schon während der 1990er Jahre betrieb die Welser FPÖ rassistische Hetzpropaganda. So behaupteten die Freiheitlichen im Gemeinderatswahlkampf 1997, mehr als die Hälfte der Welser Untersuchungshäftlinge seien Ausländer. Tatsächlich war damals von 29 Welser Untersuchungshäftlingen genau einer (!) Ausländer. Die Welser Initiative gegen Faschismus protestierte scharf gegen solche Lügen.

Im Herbst 2006 rückte dann auch die Welser ÖVP nach rechtsaußen: Sie erklärte sich zur „Inländerpartei“ und verbreitete unter anderem, 60 Prozent der Straftaten in Wels würden von Ausländern verübt. Eine sachliche Analyse ergab freilich, dass die Kriminalität der in Wels ansässigen Menschen mit nicht-österreichischer Staatsbürgerschaft ungefähr ihrem Bevölkerungsanteil entsprach. Als die Welser Initiative gegen Faschismus und andere Organisationen der Zivilgesellschaft, aber auch SPÖ und Grüne die Kampagne öffentlich verurteilten, machte die ÖVP einen Rückzieher. Sie hatte nach der verlorenen Nationalratswahl Boden für die Gemeinderats- und Bürgermeisterwahl 2009 gut machen wollen. In Wahrheit unterstützte sie so die fremdenfeindliche FPÖ.

Letztere fühlt sich durch den Wahlerfolg 2009 in ihren Methoden bestätigt. FPÖ-Wohnbaustadtrat Dr. Andreas Rabl versuchte schon mehrfach die Vergabe öffentlicher Wohnungen an Deutschtests zu knüpfen. Er scheiterte aber bisher stets an breitem Widerstand. Dass die von ihm angestrebte Regelung verfassungswidrig wäre, stört Rabl – beruflich Rechtsanwalt – keineswegs.

Rabls Agitation: fern der Wahrheit

Mit der Wahrheit nimmt er es bei seiner Agitation ohnehin
nicht genau. Im Oktober 2010 schlug er Alarm: Schulkinder in Wels hätten Allah besingen müssen. Rasch stellte sich heraus, dass katholische und muslimische Religionslehrer eine gemeinsame Feier gestaltet hatten, in der von den Kindern je nach ihrem religiösen Bekenntnis Lieder gesungen worden waren.

Heuer im Jänner behauptete Rabl, mittlerweile Vizebürgermeister, im Westen der Stadt würde ein privater Bauträger keine Wohnungen mehr bauen wollen, weil albanische Muslime dort eine Moschee planten. Bürgermeister Dr. Peter Koits (SPÖ) müsse sich – so Rabl – zwischen der Moschee und den Wohnungen entscheiden. Tatsächlich ist aber keine Moschee, sondern ein Kulturzentrum mit Gebetsraum geplant. Und der Bauträger erklärte, dass er überhaupt nicht daran denkt, deshalb das Wohnungsprojekt zu stoppen.

Rabl hält allerdings auch dann, wenn er ertappt wird, ungeniert an seinen wahrheitswidrigen Behauptungen fest.

Jahrelange FPÖ-Hetze gegen Roma

Ein besonders übles Kapitel stellt die jahrelange Hetze der FPÖ gegen durchziehende Roma dar, die traditionell in der warmen Jahreszeit mit ihren Wohnwägen auf dem Welser Messegelände einige Tage campieren und dafür auch bezahlen.

Die Welser FPÖ und andere Rechtsaußen-Kräfte machen gezielt Stimmung gegen diese Menschen. Sie schrecken nicht einmal vor der völlig absurden Anschuldigung zurück, campierende Roma hätten aus dem Tierpark neben dem Messegelände Wildenten und Schildkröten gestohlen …

Leider hat sich die Welser ÖVP von der minderheitenfeindlichen Propaganda mitreißen lassen. Am 18. November 2013 beschloss die knappe blau-schwarze Mehrheit im Welser Gemeinderat eine Verordnung, um das Campieren der Roma auf dem Messegelände zu verbieten. Bürgermeister Koits hatte zuvor eindringlich gewarnt, die Verordnung werde sehr wahrscheinlich rechtswidrig sein.

Ein Aufschrei der Zivilgesellschaft folgte dem Beschluss: Die Plattform Pro Integration, das OÖ. Netzwerk gegen Rassismus und Rechtsextremismus sowie die Welser Initiative gegen Faschismus veröffentlichten heuer im Februar einen Protestbrief von 82 bekannten Persönlichkeiten aus Wels und Oberösterreich, unter ihnen viele Vertretern der Kirchen und der Gewerkschaften. Sie appellierten an die Welser ÖVP, im Sinne der christlichen und sozialen Grundwerte der Partei eine menschliche Lösung zu ermöglichen.

Auch Altbischof Maximilian Aichern, Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer (ÖVP), Presseclub-Präsidentin http://Dr.in Christine Haiden und die Welser Messepräsidentin Mag.a Doris Schulz (ÖVP) setzten sich für eine menschliche Lösung ein. Doch nicht einmal der starke Gegenwind aus der eigenen Partei brachte die Welser ÖVP-Fraktion zum Umdenken.

Campierverbot inhaltlich rechtswidrig

Vor einigen Tagen stellte der Verfassungsdienst des Landes Oberösterreich fest, dass die fragliche Verordnung rechtswidrig ist. Dafür gibt es gleich mehrere Gründe. Am gewichtigsten sind die beiden inhaltlichen: Die Verordnung wurde ohne sachliche Rechtfertigung beschlossen. Und es handelt sich bei ihr um eine unzulässige Ungleichbehandlung (d.h. Diskriminierung), weil sie etwa das Campieren von Ausstellern auf dem Messegelände nicht verbietet.

Trotz dieser Blamage für Blau-Schwarz in Wels – besonders für FPÖ-Vizebürgermeister Dr. Andreas Rabl und ÖVP-Stadtparteiobmann Dr. Peter Csar, die beide Juristen sind, aber die Warnungen vor der Rechtswidrigkeit der Verordnung einfach ignoriert haben – soll jetzt ein neues Campierverbot durchgedrückt werden! FPÖ und ÖVP wollen im Gemeinderat beschließen, dass die Stadt Wels als Eigentümerin die Messe beauftragt, durchziehende Roma nicht campieren zu lassen.

Auf Umweg zur Diskriminierung?

Diese Umgehungstaktik hebt die Feststellung des Landesverfassungsdienstes, die Regelung sei ungerechtfertigt und diskriminierend, natürlich nicht auf. Die juristische Haltbarkeit einer solchen Eigentümerweisung wäre äußerst fragwürdig. Vor allem aber wäre diese Weisung mit Sicherheit minderheitenfeindlich und inhuman. Die Welser ÖVP würde damit gegen alle politischen Beschlüsse zur Verbesserung der Integration der Roma-Minderheit verstoßen, die ihre Gesamtpartei auf EU- und auf nationaler Ebene vollinhaltlich mitträgt. Erst am 8. April, dem Internationalen Tag der Roma, wurde diese Linie im Parlament bei einer Veranstaltung bekräftigt, an der auch der Zweite Nationalratspräsident Karlheinz Kopf (ÖVP) teilnahm. Immerhin dürfte Peter Lehner, Vizebürgermeister und Fraktionsobmann der Welser ÖVP, doch einen Anflug von schlechtem Gewissen verspüren: Sonst hätte er nicht betont, das Beharren auf dem Campierverbot sei „in keiner Weise menschenverachtend“ …

„Wissenschaftliche“ Befragung

Erst kürzlich ließ Wohnbaustadtrat Rabl einen Fragebogen „Junges Wohnen in Wels“ an rund 1300 junge Welserinnen und Welser verschicken, die in angeblichen „sozialen Brennpunkten“ der Stadt wohnen. Schwerpunkte der Befragung waren natürlich die FPÖ-Themen Migration und Sicherheit.

Auf einer Pressekonferenz präsentierte Rabl dann die Resultate der „wissenschaftlichen Studie“, an der eine Studentin der Fachhochschule Linz mitgearbeitet hatte. Wie kaum anders zu erwarten, zeichnete der freiheitliche Politiker ein wahres Horrorszenario: Zu wenig Sicherheit, zu viele MigrantInnen. 72 Prozent der befragten jungen Welser (ohne Migrationshintergrund) würden aus der Stadt wegziehen wollen, verkündete Rabl.

Doch schnell wurde klar: Die „Studie“ beruhte auf einem Rücklauf von nur 74 (!) Fragebögen, war also völlig unrepräsentativ. Die Fachhochschule Linz distanzierte sich ausdrücklich.

Rabl musste kleinlaut einräumen, dass selbst nach seinen Zahlen nicht 72, sondern nur 36 Prozent der befragten jungen Welser (ohne Migrationshintergrund) aus der Stadt wegziehen wollen. Die „Studie“ sei tätsächlich nicht repräsentativ, sondern bloß ein „Stimmungsbild“ …

Eine seriöse und repräsentative Befragung zur Wohnzufriedenheit der Welser Bevölkerung, durchgeführt von der Stadt und dem Stadtpolizeikommando im Jahr 2013, zeigte allerdings ein ganz anderes Stimmungsbild: von rund 3000 Befragten gaben 87 Prozent (Österreicher) bzw. 88 Prozent (Nicht-Österreicher) an, gerne in Wels zu wohnen. Nur 6 Prozent (Österreicher) bzw. 9 Prozent denken daran wegzuziehen.

Auch zweite Befragung unseriös

FPÖ-Vizebürgermeister Rabl ließ noch einen zweiten Fragebogen verschicken, und zwar zum Thema „Wie wohnt es sich in Wels?“. Die Befragung lief bis 5. März. Die Resultate sollen im Juni präsentiert werden.

Eine nähere Prüfung des Fragebogens macht aber deutlich, dass diese Befragung ebenso unseriös und unwissenschaftlich ist wie jene zum „Jungen Wohnen“.

Beispielsweise verknüpft Punkt 8 des Bogens die Frage nach dem Image des jeweiligen Wohnstadtviertels direkt mit der Frage nach dem dortigen Migrantenanteil. Damit wird suggeriert, die Wohnqualität im Stadtviertel sei vom Migrantenanteil abhängig. Durch diese Verknüpfung werden Vorurteile aktiviert und abgerufen.

Übrigens definiert der Fragebogen nicht, was genau unter einem „Migranten“ zu verstehen ist. Fällt der in den 1950er Jahren nach Wels zugewanderte Ungar darunter? Der in den 1970er Jahren zugewanderte Serbe? Die in Österreich geborenen Kinder oder Enkel der beiden?

Wohl kein Fehler, sondern Absicht ist, dass die Frage nach dem Migrantenanteil im Wohnstadtviertel schon in Punkt 12 des Bogens erneut gestellt wird, und zwar bevor in Punkt 13 nach gewünschten Maßnahmen zur Verbesserung der Wohnqualität gefragt wird. Eine der dabei vorgeschlagenen Maßnahmen ist eine Quotenregelung für Migranten (!) – ein offen rassistischer Vorschlag, der an die antisemitische Propaganda der 1930er Jahre erinnert.

Während die FPÖ-Themen Migration und Sicherheit mehrfach vorkommen, wird nach der – für das Wohnen ja wohl nicht unwesentlichen – Situation in den eigenen vier Wänden nur einmal (nämlich in Punkt 11) gefragt. Wichtige Themen wie die Zufriedenheit mit dem Heizsystem oder mit den Kostenabrechnungen bleiben völlig ausgeblendet.

Es geht also auch bei dieser Befragung darum, FPÖ-Themen zu transportieren und manipulativ zu verstärken, statt brauchbare Informationen zu bekommen, um die Wohnsituation der Welser Bevölkerung tatsächlich zu verbessern.

Rassismus nicht totschweigen

Rassismus ist kein Bagatelldelikt, sondern eine Verletzung der Menschenrechte und eine Gefahr für das Zusammenleben. Trotzdem gibt es auch in der Welser Gemeindepolitik laufend rassistische Vorfälle und Kampagnen. Meist gehen diese von der FPÖ aus: Sie stellt die Stadt gern als „überfremdet“, heruntergekommen und unsicher dar, nur um sich selbst als Retterin anzupreisen. Ob Wohnbaustadtrat Rabl in den bald fünf Jahren seiner Tätigkeit nichts Positives bewirkt hat, ist dabei unklar.

Dass die Welser ÖVP das zutiefst rassistische Campierverbot für Roma – trotz des Widerspruchs der Kirchen und sogar des Landeshauptmanns – mitträgt, lässt sich kaum erklären.

Die Plattform Pro Integration, das OÖ. Netzwerk gegen Rassismus und Rechtsextremismus sowie die Welser Initiative gegen Faschismus fordern dazu auf, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit nicht totzuschweigen oder zu verharmlosen, sondern wahrzunehmen und mit allen demokratischen Mitteln zu bekämpfen.

Sie fordern die Welser ÖVP dazu auf, ihren Kurs zu ändern und sich wieder an den christlichen und sozialen Grundwerten der Partei zu orientieren. Die Ausgrenzung der Roma-Minderheit durch das Campierverbot ist mit diesen Grundwerten unvereinbar.

Die Plattform Pro Integration, das OÖ. Netzwerk gegen Rassismus und Rechtsextremismus sowie die Welser Initiative gegen Faschismus werden ihre Aufklärungsarbeit durch Information der Öffentlichkeit und durch verschiedene Protestmaßnahmen konsequent fortsetzen.




Themen