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Etappenerfolg bedeutet kein definitives Aus für Gigaliner

  • Donnerstag, 20. März 2014 @ 08:51
News Zur unendlichen Geschichte droht die Auseinandersetzung über die Zulassung von Gigalinern auf EU-Ebene zu werden, meint KPÖ-Landessprecher Leo Furtlehner. Jubelmeldungen Marke „Gigaliner-Lobby wurde in die Schranken verwiesen“, wie jetzt von Roman Hebenstreit (Vorsitzender der Sektion Verkehr in der Gewerkschaft vida) verkündet, sind daher wenig wert, wenn einige Monate später der nächste Vorstoß der Gigaliner-Lobby erfolgt wie die Entwicklung der letzten Jahre zeigt.

So löblich es ist, wenn jetzt neuerlich eine Mehrheit im Verkehrsausschuss des EU-Parlaments „ein Zeichen der Vernunft zugunsten von Umwelt, Sicherheit sowie im Sinne der Berufskraftfahrer und der Steuerzahler gesetzt“ (Hebenstreit) hat, ob die „liberalisierungswütige EU-Kommission“ mit diesem Etappensieg damit in die Schranken gewiesen wurde darf bezweifelt werden: „Vorläufig vom Tisch ist nämlich nur eine EU-weite Zulassung, die Mitgliedsländer können selbst über eine Gigaliner-Zulassung entscheiden und daher verlagert sich der Druck dorthin“, so Furtlehner.

Einmal mehr zeigt sich am Beispiel Gigaliner die Schieflastigkeit der EU-Institutionen. Das eigentlich dazu gedachte Parlament hat keine legislative Kompetenz, sondern nur Anhörungs- und Zustimmungsrecht für die Vorlagen der Kommission. Und diese handelt fast durchgehend immer im Interesse der jeweiligen Konzerne, die mit einer Lobby die auf rund 25.000 Personen – davon nur etwa 5.000 im freiwilligen Transparenzregister in Brüssel erfasst – geschätzt wird massiven Einfluss auf die diversen Arbeitsgruppen nimmt.

„Damit der Schutz von Menschen und Umwelt wirklich Priorität erlangt dürfen nicht monetäre, sondern müssen soziale, ökologische und demokratische Kriterien Vorrang haben. Das Dogma einer grenzenlosen Mobilität auf der Grundlage der vier Grundfreiheiten und des Binnenmarktkonzepts ist in Frage zu stellen, weil damit vor allem auch ein ständig wachsender Druck auf Löhne und soziale Standards wie auch die Umwelt und Lebensqualität verbunden ist“ meint Furtlehner. Die KPÖ fordert daher ein definitives Aus für Gigaliner und einen Kurswechsel in der Verkehrspolitik. Der Bahnverkehr muss sowohl für den Güter- als auch den Personenverkehr ausgebaut und attraktiviert werden.

Harmlos verpackt in einer Richtlinie für umweltfreundlichen und sicheren LKW-Verkehr versucht die Gigaliner-Lobby nunmehr seit Jahren, LKWs mit 25 Meter Länge und 60 Tonnen Gewicht für den grenzüberschreitenden Verkehr europaweit zuzulassen. Derzeit liegt das Limit bei 18,75 Metern und 44 Tonnen. Laut Berechnungen der vida würde eine EU-weite Zulassung von Gigalinern zehn Prozent des Schienengüterverkehrs auf die Straße verlagern und diese Zunahme des Lkw-Verkehrs EU-weit bis zu hundert zusätzliche Verkehrstote pro Jahr bedeuten

Eine Lobby von Transportwirtschaft und Nutzfahrzeugindustrie drängt unter Berufung auf die vier Grundfreiheiten der EU darauf, die in Schweden und Finnland als Ausnahmeregelung beim EU-Beitritt zugelassenen Fahrzeuge EU-weit auf die Straße zu bringen. Dazu laufen in Dänemark und den Niederlanden Pilotversuche, ab 2012 auch in mehreren deutschen Bundesländern, darunter in Bayern.

Führende Hersteller solcher Megatrucks sind Scania (Schweden) und MAN (Deutschland). In Schweden wird sogar mit LKWs der Größe X-Large mit 90 Tonnen Nutzlast und 30 Metern Länge experimentiert, die mehr als doppelt so schwer sind als das derzeit geltende Limit von 40 Tonnen Gesamtgewicht und 18,75 Meter Länge. Der zynische Werbeslogan „Ich bin zwei LKW“ auf solchen Gigalinern – die beladen schwerer sind als eine voll besetzte Boeing 737 – verdrängt die gravierenden verkehrs- und umweltpolitischen Auswirkungen.

Solche sind etwa ein wachsendes Sicherheitsrisiko durch Sichtbeschränkungen und längere Überhol- und Bremswege. Aber auch sündteure Investitionen in die Infrastruktur, etwa der Umbau von Brücken, Tunnels, Autobahnabfahrten, Rastplätzen, Kreisverkehren und Kurvenradien, die EU-weit auf 46 Milliarden, davon in Österreich auf eine Milliarde Euro geschätzt werden.

Purer Zynismus sind Behauptungen, Gigaliner wären umweltfreundlich, weil „zwei Riesenlaster statt drei normaler PKW“ unterwegs seien oder ihre Bezeichnung als „Ökoliner“ durch WKO-Spartensprecher Johannes Hödlmayer. Eine Zulassung würde auch in der Transportbranche zu einer massiven Rationalisierungswelle führen, weil deutlich weniger Personal benötigt wird und kleine Frächter von den großen Speditionskonzernen verdrängt werden.


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