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Freihandelsabkommen ist schwerer Anschlag auf wichtige Standards

  • Dienstag, 18. März 2014 @ 11:26
News Als ausgesprochene Mogelpackung sieht die KPÖ das geplante Transatlantische Handels- und Investitionsabkommen TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) zwischen EU und USA. Hinter einem wohlklingenden Namen, der wirtschaftliche Entwicklung durch freien Handel suggeriert verbergen sich real jene Hämmer, welche von den multinationalen Konzernen bislang durch entsprechenden Widerstand nicht durchgeboxt werden konnten.

So versteckt sich hinter TTIP etwa die Absicht der Konzerne Schadensersatz zu verlangen, wenn ihre Profite durch soziale Verbesserungen geschmälert werden, ein Vorhaben das 1999 mit dem Multilateralen Investitionsabkommen (MAI) gescheitert ist. Weiters steht auf der Agenda eine umfassende internationale Ausschreibungspflicht für kommunale Dienstleistungen als Druckmittel zur Privatisierung, ein Vorhaben das mit der Dienstleistungsrichtlinie der EU nicht im geplanten Umfang gelungen ist.

„Angesichts solcher Vorhaben ist es daher überhaupt nicht verwunderlich, dass EU und USA seit Juli 2013 über TTIP hinter verschlossenen Türen verhandeln“ meint KPÖ-Landessprecher Leo Furtlehner. Bekannt ist freilich, dass die Unterhändler beider Seiten die wichtigsten Wünsche der Konzerne erfüllen wollen: Gentech-Pflanzen, Klonfleisch, Chlorhuhn, Hormonmilch, Fracking, Abbau von Datenschutz, privatisierte Wasserversorgung, weiterer Abbau von Arbeits- und Sozialbestimmungen, Konsument_innenschutz sowie Umweltstandards sollen nach dem Willen der beiden Großmächte USA und EU zur globalen Messlatte im zunehmenden Konkurrenzkampf mit China und anderen aufstrebenden Mächten werden.

Nach offizieller Ansage soll das Freihandelsabkommen eine weitreichende Liberalisierung des Handels mit Industrie- und Agrargütern, von Dienstleistungen, die Vergabe öffentlicher Aufträge, Verbesserung des Marktzuganges und Schutz ausländischer Investitionen und geistigen Eigentums umfassen. Fakt ist freilich, dass Investoren, sprich transnationale Konzerne, mit TTIP noch mehr Macht, Einfluss und Profit anstreben. Oft reicht ja sogar schon die Androhung einer Klage, um Regierungen einknicken zu lassen.

Wie das funktioniert wurde in Kanada deutlich, als geplante strenge Gesetze zum Nichtraucherschutz nach der Androhung von Kompensationsklagen der Tabakkonzerne massiv entschärft wurden. Klagen werden nicht von einem staatlichen Gericht behandelt, sondern von einem Schiedsgericht. Dieses setzt sich aus den beiden Klagsparteien und einem von ihnen gemeinsam ernannten Richter zusammen und tagt unter Ausschluss der Öffentlichkeit, die wiederum weder Parteienstellung noch Berufungsmöglichkeit hat.

Ein Vorgriff auf TTIP sind bilaterale Verträge zum „Schutz von Investitionen“, von denen es 2011 bereits rund 3.000 gab Auf dieser Grundlage hat der schwedische Energiekonzern Vattenfall die deutsche Bundesregierung wegen des schrittweisen Ausstieges aus der Atomindustrie auf 3,7 Milliarden Euro Gewinnentgang geklagt. Die ägyptische Regierung wurde vom französischen Wasserkonzern Veolia geklagt, weil sie den Mindestlohn angehoben hat. Ecuador musste dem US-Ölkonzern Oxy 1,8 Milliarden Dollar zahlen, weil es Bohrrechte nicht verlängert hat. Bolivien wurde vom US-Konzern Bechtel verklagt, weil es die 2000 privatisierte Wasserversorgung auf Grund rasant gestiegener Preise und der Proteste der Bevölkerung wieder verstaatlichte.

TTIP bedeutet ein weiterer Schritt zum Abbau demokratischer Mitsprache der Bevölkerung und gewählten Parlamenten. Besonders gravierend ist, dass TTIP auf Dauer bindend und praktisch irreversibel wäre, weil jede einzelne Bestimmung nur mit Zustimmung sämtlicher Unterzeichnerstaaten geändert werden kann. Die Vertragsinhalte könnten somit durch demokratische Wahlen oder zivilgesellschaftlichen Protest in einzelnen Mitgliedstaaten nicht mehr angefochten werden.

Das aktuelle Prestigeprojekt der Europäischen Kommission zielt darauf ab, über Jahre hinweg erkämpfte Standards zugunsten der Profite von transnationalen Unternehmen zu opfern. Die USA erhoffen mittels TTIP die europäischen Märkte mit fragwürdigen Agrarprodukten überschwemmen zu können und bislang strengere EU-Regelungen auszuhebeln.

Einmal mehr wird ein Projekt mit Wachstumsimpulsen argumentiert, doch sind die Prognosen zusätzlichen Wachstums alles andere als seriös. Tatsächlich geht es darum, die mit der Dominanz der neoliberalen Politik seit Ende der 1970er Jahre stattfindende Umverteilung von unten nach oben fortzusetzen und noch stärker zu verankern.

Bestätigt wird dieses Klasseninteresse der parasitären herrschenden Oberschicht etwa durch eine Anfrage der Organisation Corporate Europe Observatory an die EU-Kommission, laut welcher 93 Prozent von 127 Treffen mit Konzern- und Lobbygruppen und nur die restlichen sieben Prozent mit Gewerkschaften und NGOs stattfanden.

Alle Fakten machen deutlich, dass TTIP einen schweren Anschlag auf soziale Errungenschaften, ökologische Standards und demokratische Rechte bedeutet und daher eine klare Absage verdient. Der erste Schritt dazu ist volle Transparenz über die bisherigen Verhandlungen und Vorhaben um der Öffentlichkeit reinen Wein einzuschenken: „Die Bundesregierung muss daher umgehend alle Dokumente über TTIP veröffentlichen und alle Verhandlungen ersatzlos einstellen, denn wir brauchen auch kein TTIP-light“ so Furtlehner.

Vorschläge wie vom SPÖ-Europaabgeordneten Jörg Leichtfried für eine EU-weite Volksabstimmung – die es noch gar nicht gibt – über TTIP sollen von der dubiosen Rolle der EU-Abgeordneten von SPÖ und ÖVP – darunter auch die oö Abgeordneten Josef Weidenholzer (SPÖ) und Paul Rübig (ÖVP) – ablenken, welche bei einer Abstimmung im Europaparlament gegen einen Stopp der Verhandlungen gestimmt hat. Auch geht es damit um die Verschleierung der Haltung der österreichischen Regierung, die einmal mehr in Brüssel den EU-Musterknaben spielt um dann die Schuld auf ein ominöses Brüssel zu schieben.

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