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Aufbegehren gegen unzumutbare Zustände

  • Mittwoch, 12. Februar 2014 @ 18:00
Geschichte Rede von KPÖ-Gemeinderätin Gerlinde Grünn bei der Kundgebung der KPÖ zum 80. Jahrestag der Februarkämpfe von 1934 am 12.2.2014 am Bulgariplatz in Linz

Liebe Genossinnen, liebe Genossen, wir haben uns zu dieser Kundgebung versammelt um uns der Ereignisse des Februars 1934 zu erinnern. 80 Jahre liegen heute zwischen uns und dem kalten 12. Februar 1934.

Man könnte sich jetzt fragen, warum zurück blicken auf diese Tage des Aufstands der österreichischen ArbeiterInnen gegen Entrechtung und soziales Elend.

Uns ist bewusst, dass es wichtig ist, sich die Geschichte anzueignen. Und das wird immer nötiger, je weniger Zeitzeugen noch unter uns sind, die uns aus eigenem Erleben vom Widerstand gegen Unrecht berichten können. Denn die Geschichte des Widerständigen ist der steten Bedrohung aus der Erinnerung getilgt zu werden, ausgesetzt. Die offizielle Geschichtsschreibung ist immer auch Herrschaftsgeschichte, die kein Interesse daran hat nicht genehme Geschichtsbilder weiter zu tradieren.

Das derzeitige Februargedenken in Medien und Politik stellt den Februar 1934 oft als singuläres Ereignis dar. Zwei ehemals unversöhnliche Kontrahenten reichen sich die Hände und teilen die Schuld. Die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP legen gemeinsam einen Kranz nieder, noch ein bisschen Geplänkel und damit hat es sich. Schwamm drüber und weiter im Gedenkgeschehen. Geschichtliche Ereignisse werden abgehandelt als erledigt und ohne Verbindung zu unserer Gegenwart.

Ich gehe natürlich davon aus, dass uns die historischen Eckdaten präsent sind – die lange Vorlaufzeit der zunehmenden Unterdrückung und Rücknahme von sozialen Rechten in der ersten Republik. Die Morde von Schattendorf 1927, der Justizpalastbrand, der sich verschärfende Klassenkampf, das soziale Elend durch Massenarbeitslosigkeit, der Aufstieg der austrofaschistischen Heimwehr, die Entdemokratisierung, die Feigheit und das Versagen der sozialdemokratischen Führung. 1933 das Verbot für den Schutzbund und den Maiaufmarsch. Das Verbot der in den Auseinandersetzungen erstarkenden KPÖ am 26. Mai 1933. Im Herbst errichtet das Dollfuß-Regime die ersten Anhaltelager.

Durch einen glücklichen Zufall eines bei einer Linzer Haussanierung gefundenen KPÖ-Flugblatts aus dem Mai 1933 kann ich euch im Originalton jener Zeit berichten. Das Flugblatt beschreibt die Lage der politisierten Arbeiterschaft so: Gummiknüppeln statt Brot – Zwangsarbeit statt Arbeit – Kerker und Kuschen statt Freiheit. Und fordert: Es lebe die antifaschistische Einheitsfront, nieder mit der faschistische Diktatur!

Neun Monate später kommt es dann tatsächlich zum Aufstand. Eine Hausdurchsuchung durch die Polizei im Hotel Schiff löst den bewaffneten Aufstand österreichweit aus. Die Kämpfe zwischen Schutzbund und Militär und Heimwehr sind blutig. Der Aufstand bricht aber mangels Generalstreik rasch in sich zusammen. Die Rache des Austrofaschismus an den Aufständigen ist gnadenlos.

Der Schriftsteller Erich Hackl schreibt: „ Aber der Aufstand war mehr als eine Verzweiflungstat einiger Unentwegter, mehr als eine von Anfang an besiegelte Niederlage, nämlich das Aufbäumen sozialistischer Arbeiter, die sich nicht nur ihrer christlich-sozialen, in den Faschismus abgedrifteten Feinden erwehren mussten, der Staatsgewalt, der Exekutive, sondern gleichzeitig die ihnen oktroyierte Einstellung zu überwinden hatten, stillzuhalten, abzuwarten, zu kapitulieren, ehe noch der Kampf begonnen hatte, so wie es führende Funktionäre ihrer Partei hielten – die Verantwortung für ein unabsehbares Risiko fürchteten und es vorzogen, die Verantwortung für die Niederlage in Kauf zu nehmen.“

Auch KommunistInnen, die sich dem Schutzbund anschlossen, waren unter den Opfern zu beklagen. Stellvertretend sei hier an den Jungkommunisten Franz Mayer, der 19jährig bei den Kämpfen um den Jägermayrhof auf dem Freinberg fiel, erinnert. Er war gelernter Tischler, Kraftfahrer und im kommunistischen Jugendverband seit 1933 organisiert.

Ehemalige KJVler berichten aufgrund von Aussagen der Soldaten, die bei der Barbara-Kapelle beim Jägermayr eingesetzt waren, dass dort von einem Schutzbündler ein heftiger Schusswechsel gegen die angreifenden Soldaten geführt wurde und diese dort Verluste zu verzeichnen hatten: „Mit dem spielen wir uns nicht mehr lange. Den machen wir gleich fertig.“ Mayr Franz ist dort am Freinberg als einziger Schutzbündler gefallen.

Seine Mutter Josefine Prangerl berichtete: “Die Beerdigung war so, wie man einen Hund eingraben würde... Die Polizei ist immer am Grab gestanden. Ich habe eine rote Kerze zum Grab gebracht und diese angezündet. Ich habe sie wegtun müssen. Die Polizei hat es von mir verlangt. So habe ich mit einem angebrannten Zündholz in der Mitte das Rote weggebrannt, und somit habe ich eine rot-weiß-rote Kerze gehabt. Die durfte brennen. Mein zweiter Sohn, der auch am Aufstand beteiligt war, ist in die CSR und später in die Sowjetunion geflüchtet.“

In Linz wurden drei Standgerichturteile gefällt, von denen eines an Anton Bulgari vollstreckt wurde. 14 Schutzbündler und Zivilisten kamen ums Leben. Viele wurden verhaftet. Zahlreiche Mitglieder des Schutzbundes, der Sozialdemokratie und der KPÖ verloren ihre Arbeitsplätze und schlitterten in große Not.

Literarischen Niederschlag fanden die Ereignisse unter anderem in einem Gedicht von Henriette Haill: „Februarkämpfer: Was tun also mit so viel Erinnerung, Leid und Tod, aber auch Kampfgeist und Hoffnung. Es ist eigentlich ganz einfach: es geht darum das Wissen um das Aufbegehren gegen unzumutbare Zustände weiter zu tragen, zu sagen Widerstand gegen Entdemokratisierung und soziale Entrechtung ist möglich. Es gibt in der langen Geschichte des Klassenkampfes genug Beispiele für aktiven Widerstand, der nachkommenden Generationen Orientierung und Hoffnung geben kann.“

Wir erinnern uns also an jene Menschen im Februar 34, die Widerstand leisteten, als es geboten war sich zu erheben. In diesem Sinn ersuche ich Euch um eine Gedenkminute für sie.

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