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Behauptungen zum Bundesheer…

  • Montag, 7. Januar 2013 @ 08:00
Frieden …und was davon wirklich zu halten ist:

>>> Ein Berufsheer ist leichter in die EU-Militärstrategie zu integrieren und daher abzulehnen:
Richtig, weil ein reines Berufsheer besser als eine Armee mit Wehrpflicht in die neutralitätswidrige Strategie einer Euro-Armee passt und 21 der 27 EU-Länder die Wehrpflicht abgeschafft oder ausgesetzt haben. Aber auch das jetzige Bundesheer ist trotz Wehrpflicht mehrheitlich bereits ein Berufsheer (12.700 Offiziere und Unteroffiziere, 1.700 Zeitsoldaten, 11.000 Präsenzdiener) und ist bereits in die EU-Militärstrategie integriert.

>>> Ein Berufsheer könnte gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt werden:
Berufssoldaten lassen sich nicht nur leichter für Kriegseinsätze mobilisieren, sondern auch gegen die eigene Bevölkerung einsetzen. Das war etwa 1934 bei der Niederschlagung des Februaraufstandes als letzten Versuch zur Verteidigung der Demokratie der Fall. Aber laut Artikel 79 der Bundesverfassung ist einer der drei Einsatzzwecke des Bundesheeres „zur Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit im Inneren überhaupt“ und das bezieht sich keineswegs auf ein reines Berufsheer. Und Veit Sorger, Ex-Industriellenpräsident und Sprecher des Pro-Wehrpflicht-Komitees, hat laut seiner Aussage „Es ist nicht wahrscheinlich, dass unser Land überfallen wird, aber andere Bedrohungsszenarien sind aufgetaucht: Cyberwar, Terrorismus und auch soziale Unruhen … sind möglich. Daher muss sichergestellt werden, dass die nötigen Ressourcen bereitstehen“ (OÖN, 5.1.2013) kein Problem Wehrpflichtige gegen demonstrierende Bevölkerung oder streikende Arbeiter einzusetzen.

>>> Zur Wahrnehmung der Neutralität brauchen wir das Bundesheer:
Im Neutralitätsgesetz 1955 ist nur davon die Rede, dass Österreich die immerwährende Neutralität „mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln aufrechterhalten und verteidigen“ wird, von einer militärischen Verteidigung bzw. der Notwendigkeit eines Bundesheeres ist darin nicht ausdrücklich die Rede..

>>> Neue Bedrohungen wie Terrorismus und Massenvernichtungswaffen erfordern ein Berufsheer:
Gegen solche Bedrohungen helfen weder Berufsheer noch Wehrpflicht, sondern dagegen muss politisch gehandelt werden.

>>> Österreichische SoldatInnen dürfen nicht an neutralitätswidrigen Einsätzen im Rahmen von EU und/oder NATO teilnehmen:
Eine solche Beteiligung wird durch eine Berufsarmee zweifellos begünstigt, wird aber auch durch ein Bundesheer mit Wehrpflicht und einem hohem Anteil von Berufssoldaten, die für die EU-Battle Groups zur Verfügung stehen, nicht verhindert wie die Praxis zeigt. Ob Wehrpflicht oder Berufsheer - für alle Parlamentsparteien steht außer Streit, dass österreichische Soldaten im Rahmen einer Euro-Armee in- und außerhalb der EU für „europäische Interessen“, im Klartext jene der großen Konzerne, eingesetzt werden sollen. Die beste Garantie um das zu verhindern ist daher die Abschaffung des Bundesheeres.

>>> Wehrpflichtige lassen sich im Gegensatz zu Berufssoldaten nicht einfach in den Krieg schicken:
Falsch, der erste und zweite Weltkrieg als bislang größtes Massenmorden wurden mit Wehrpflichtigen geführt. Wenn die gesellschaftliche Hegemonie stark genug ist um eine entsprechende Kriegsbegeisterung zu erzeugen hindert das auch den Einsatz von Wehrpflichtigen nicht. Denn Kriegsdienstverweigerer sind immer die Ausnahme, nicht die Regel.

>>> Eine Auflösung des Bundesheeres begünstigt die Militarisierung der EU:
Eine direkte Anwerbung von ÖsterreicherInnen für eine Euroarmee und eine Mitfinanzierung derselben durch politische Entscheidung von Regierung und Parlament kann nicht ausgeschlossen werden. Aber eine direkte Einbindung des Bundesheeres in die Militärstrategie von EU und/oder NATO wäre bei einer Auflösung jedenfalls nicht mehr möglich.

>>> Ein Bundesheer mit Wehrpflicht garantiert die Neutralität:
Die bisherige Entwicklung und die aktuelle Situation zeugt vom Gegenteil. Formell neutral war Österreich seit 1955 politisch immer eindeutig dem Westen zuzuordnen. Das Bundesheer hat sich von Anfang an systematisch in die NATO-Strategie einbinden lassen, etwa mit Spionageanlagen, Durchfuhr- und Überfluggenehmigungen. Mit dem Beitritt zur NATO-Partnerschaft wurde die Neutralität auch formell weitgehend ausgehöhlt. Eine ernstgenommene Neutralität muss politisch und nicht militärisch wahrgenommen werden, was eine aktive Neutralitätspolitik erfordert. Es ist ausgesprochen verlogen, wenn jetzt ausgerechnet die ÖVP damit argumentiert, nur mit der Wehrpflicht könnte die Neutralität wahrgenommen werden. Und außerdem wird am 20. Jänner über das Bundesheer abgestimmt, nicht über die Neutralität.

>>> Die Wehrpflicht und die Volksarmee sind eine Errungenschaft der Demokratie:
Armeen waren und sind immer höchst autoritäre Instrumente der herrschenden Klasse. Die Zeit der durch Wehrpflicht geprägten Massenheere ging allerdings schon im 20. Jahrhundert zu Ende, seit sich das Verhältnis der Opfer durch neue Waffen von den Soldaten immer stärker zu Lasten der Zivilbevölkerung verschoben hat. Im Zeitalter von ABC-Waffen, Drohnen, Cyberwar, Weltraumrüstung etc. ist die Volksbewaffnung und damit die Wehrpflicht immer deutlicher historisch überholt.

>>> Ein Berufsheer würde arbeitslose Jugendliche in den Kriegsdienst drängen:
Das mag stimmen, gilt aber natürlich genauso für das jetzige Bundesheer mit Wehrpflicht und einen hohen Berufssoldatenanteil.

>>> Ein Berufsheer zieht vor allem Militaristen und Waffennarren an:
Durch den hohen Anteil von Berufssoldaten im Bundesheer kann das schon jetzt nicht verhindert werden. Dass sich waffenaffine, autoritäre und rechtsextremistische Männer verstärkt im Bundesheer finden liegt im Wesen einer Armee.

>>> Ein Berufsheer würde mehr Chancengleichheit für Frauen schaffen:
Ob eine solche Form der Chancengleichheit erstrebenswert ist, darf bezweifelt werden. Damit soll wohl die Benachteiligung von Frauen in allen anderen Bereichen der Gesellschaft relativiert werden. Außerdem propagieren militaristische Kreise unter Missbrauch der Forderung nach Gleichberechtigung sogar die Wehrpflicht bzw. eines Sozialdienstes als Wehrersatzdienstes auch für Frauen.

>>> Ohne Wehrpflicht ist der Katastrophenschutz in Gefahr:
Fakt ist, dass 90 Prozent der Einsätze im Katastrophenfall durch die 300.000 Mitglieder der freiwilligen Feuerwehren geleistet wird. In allen größeren Städten gibt es zudem eine Berufsfeuerwehr. Zusätzlich benötigt werden höchstens Spezialisten und schweres Gerät, das durch ein Technisches Hilfswerk nach dem Beispiel Deutschlands bereitgestellt und aus durch Auflösung des Bundesheeres freiwerdende Mittel finanziert werden kann.

>>> Ohne Wehrpflicht gibt es auch keinen Zivildienst, die Blaulichtorganisationen profitieren vom aktuellen Wehrsystem:
Bezeichnend wie sich ÖVP und FPÖ, die Anfang der 1970er Jahre Zivildiener als Drückeberger abgestempelt haben heute den Zivildienst als Vehikel für ihre Politik mißbrauchen. Wenn die ÖVP mit der Qualität des jetzigen Zivildienstes argumentiert meint sie in Wahrheit natürlich die niedrigen Kosten für das Sozial- und Gesundheitswesen. Fakt ist, dass rund 13.500 Zivildiener jährlich billige Arbeitskräfte im Sozial- und Gesundheitswesen sind die als Lohndrücker für diese Branche mißbraucht werden. Mit etwa 405 Millionen Euro aus freiwerdenden Mitteln durch Auflösung des Bundesheeres könnten die im Sozial- und Gesundheitssektor benötigten qualifizierten und anständig bezahlten Arbeitsplätze geschaffen werden.

>>> Aber wenn die Wehrpflicht abgeschafft wird kommt ohnehin anstelle des Zivildienstes das „Freiwillige soziale Jahr“ (FSJ):
Minister Hundstorfers Konzept sieht zwar mit 1.386 Euro brutto (14mal) eine bessere Bezahlung vor als der Zivildienst, weil anstatt 137 Millionen dann 211 Millionen Euro aufzuwenden sind. Weil für Hundstorfers Plan aber Personen bis 60 Jahre vorgesehen sind zielt das Modell eigentlich darauf, die Arbeitslosenstatistik zu frisieren, indem Arbeitslose in das FSJ abgeschoben werden, auch wenn sie dafür keine qualitativen Voraussetzungen dafür verfügen.

>>> Die Wehrpflicht fördert die Integration von Österreichern mit Migrationshintergrund:
Bemerkenswert wie ÖVP, FPÖ, Offiziergesellschaft, Kameradschaftsbund und Co. auch das Thema Integration für ihre durchsichtigen Zwecke missbrauchen. Aber wie soll in sechs Monaten nachgeholt werden, was Eltern, Schule und Gesellschaft 18 Jahre vorher verabsäumt wurde?

>>> Das Bundesheer fördert die Einbindung junger Österreicher ohne Klassenunterschied in die Gesellschaft, in einem Heer mit Wehrpflicht sind alle gleich:
Das Bundesheer als klassenlose Gesellschaft? Wer beim Bundesheer war kann anderes berichten, nämlich eine klare Hierarchie, bei welcher die Wehrdiener die untersten in der Pyramide sind und von Ausbildnern und Offizieren schikaniert werden.

>>> StaatsbürgerInnen haben nicht nur Rechte sondern auch Pflichten. Die Wehrpflicht ist notwendig, damit man lernt sich zu verteidigen und vor Gefahren zu schützen:
Wer soll was bzw. wen verteidigen? Ignoriert wird dabei, welche Interessen bei der Wahrnehmung solcher Pflichten wie der Wehrpflicht verteidigt werden. Nicht selten in der Geschichte wurden und werden Wehrpflichtige zur Verteidigung der herrschenden Verhältnisse gegen ihre eigenen Interessen missbraucht, siehe Weltkrieg I und Weltkrieg II.

>>> Der Wehrdienst hat noch keinem geschadet, Ordnung, Disziplin und Sauberkeit haben im ganzen Leben Gültigkeit, die Grundausbildung ist für Wehrpflichtige eine gute Lebensschule:
Ein typisches Law-and-Order-Argument aus der rechten Ecke und Ausdruck einer militarisierten Gesellschaft.

>>> Ohne Bundesheer wäre eine Beteiligung an UNO-Einsätzen nicht mehr möglich:
Das ist richtig. Aber die KPÖ ist der Meinung, dass UNO-Einsätze keinen militärischen, sondern Polizeicharakter im Sinne von Konfliktvermeidung bzw. Konfliktlösung haben sollten und das dafür notwendige Personal direkt durch die UNO aufgestellt werden soll.

>>> Ein Bundesheer ist notwendig um Bedrohungen abzuwehren:
Weder die EU noch Österreich werden bedroht. Auch in den Zeiten des „Kalten Krieges“ hätte das Bundesheer keine wirksame Verteidigung leisten können, genausowenig wie das seit 1936 auf Wehrpflicht beruhende Bundesheer 1938 Widerstand gegen die Annexion Österreichs durch Hitlerdeutschland leistete. Das Bundesheer ist also überflüssig. Die KPÖ fordert daher schon seit 1970, wiederholt durch Parteitagsbeschlüsse bekräftigt, die Abschaffung des Bundesheeres.

>>> Eine Berufsarmee kommt teuer:
Das österreichische Bundesheer verschlingt schon jetzt mehr als zwei Milliarden Euro Steuergelder pro Jahr. Viel Geld, das trotz des Sparwahns in allen Bereichen für teures, aber militärisch sinnloses Gerät (Eurofighter) und tausende funktionslose Offiziere und Generäle ausgegeben wird. Ein Berufsheer würde noch teurer sein, Schätzungen gehen bis zu 4,2 Mrd. Euro.

>>> Der Wehrdienst ist verlorene Zeit, bedeutet Verlust an Einkommen und Wertschöpfung:
Damit argumentiert Minister Darabos. Laut der Wirtschaftsforscherin Gudrun Biffl (Donau-Universität Krems) gehen durch den Wehrdienst jährlich 300 Mio. Euro Wertschöpfung verloren, weil Präsenzdiener keine Steuern abliefern und ihre Arbeit volkswirtschaftlich besser genutzt werden könnte. Weitergedacht heißt das freilich, dass das Bundesheer wie jede Armee generell ein unproduktiver Faktor ist. Laut SIPRI waren die neutralitätsbedingten niedrigen Rüstungskosten Österreichs (0,7 Prozent des BIP, EU-Schnitt 1,6 Prozent) ein wirtschaftlicher Vorteil. Umso mehr würde das für die Auflösung des Bundesheeres und den sinnvolleren Einsatz der dafür aufgewendeten Ressourcen gelten.

>>> Bei der Volksbefragung stehen nur die Varianten Berufsheer oder Wehrpflicht zur Wahl:
Die Regierungsparteien haben in der Bundesheer-Frage einen bezeichnenden Paradigmenwechsel vollzogen. Die ÖVP war früher für ein Berufsheer und gebärdet sich jetzt als die große Verteidigerin der Wehrpflicht, die SPÖ war immer für die Wehrpflicht und wirbt jetzt umgekehrt für eine Berufsarmee. Die Volksbefragung ist ein Blankoscheck, weil weder für ein Berufsheer noch für die Zukunft der Wehrpflicht eindeutige Konzepte vorliegen. Die ÖVP argumentiert sogar damit, erst nach der Befragung ihre Vorstellungen darzulegen. Die Regierungsparteien sehen die Volksbefragung nicht aus grundsätzlichen, sondern aus parteitaktischen Erwägungen und haben daher die Grundsatzfrage, ob Österreich überhaupt ein Bundesheer braucht, bei der Befragung ausgeschlossen. Das ist jedoch kein Grund, sich den Vorgaben der Regierung zu unterwerfen. Wer mit der angebotenen Auswahlmöglichkeit nicht einverstanden ist, hat die Möglichkeit ungültig zu stimmen und „Bundesheer abschaffen“ auf den Stimmzettel zu schreiben.

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