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KPÖ-Maiaufruf 2012: Europa braucht einen Kurswechsel!

  • Donnerstag, 19. April 2012 @ 08:00
Global Am 28. März 2012 beschloss das Parlament das Belastungspaket der Regierung, das vor allem PensionistInnen und Beschäftigte im öffentlichen Dienst schwer belastet. Mit den Stimmen der SpitzengewerkschafterInnen, die sich damit in einen demonstrativen Gegensatz zu den Interessen der Lohnabhängigen und Gewerkschaftsmitglieder stellten.

Regierung und Parlament stützen sich dabei auf den Fiskalpakt der EU, einträchtig beschlossen von den Regierungschefs der EU-Länder, auch von Österreich, und gedacht als Knebel, um unter den Titel Schuldenabbau die Demontage sozialer Errungenschaften zu verschärfen.

Es ist widersinnig: Durch Spekulationen von Banken am Finanzmarkt wurde die stärkste Wirtschaftskrise seit 1929 ausgelöst. Aber statt die dafür verantwortlichen Banken zur Sanierung heranzuziehen sprangen die Staaten mit zig Milliarden Bankenhilfe ein. Mit Geld, das sie zu hohen Zinsen wiederum von Banken aufnahmen, was zur Zunahme der Staatsverschuldung führte.

Ob Griechenland oder Spanien, ob Deutschland oder Österreich. Alle EU-Länder haben gemeinsam, dass die Verteilung des Volksvermögens seit Jahren immer schieflastiger wird. Bezeichnend dafür ist, dass eine kleine Minderheit im Geld schwimmt, dafür aber kaum Steuern zahlt, aber letztlich an der Staatsverschuldung prächtig profitiert. Ausgangspunkt für das Übermaß an Geld ist, dass den Lohnabhängigen, die eigentlich alle Werte schaffen, das enorme Produktivitätswachstum durch zu geringe Lohnerhöhungen vorenthalten wurde und sich die Kapitaleigentümer diesen Extraprofit aneignen und am Finanzmarkt verspekulieren konnten.

Mitgegangen, mitgefangen, mitgehangen: Das gilt auch für den Euro, wenn Stimmen laut werden, die „faulen Griechen“ oder andere Schuldnerländer aus dem Euro-System hinauszuwerfen. Die EU als politische Konzentration des europäischen Kapitals, dessen Vollzugsausschüsse die Regierungen sind, ist in einer tiefen Krise, weil sie auf dem Fundament rein monetärer Kriterien wie dem Maastricht-Vertrag gebaut ist. Damit geraten soziale Anliegen zwangsläufig ins Abseits.

Was Europa braucht ist ein politischer Kurswechsel: Das bedeutet konkret die Banken vergesellschaften, die Finanzmärkte kontrollieren, die Steueroasen trocken zu legen, die Millionenvermögen besteuern, den Sozialstaat ausbauen, das öffentliche Eigentum erhalten. Wir brauchen einen Schutzschirm für Löhne, Pensionen und Sozialleistungen statt Rettungsschirme für Banken. Dafür müssen sich Gewerkschaften, Sozialbewegungen und Linksparteien europaweit stark machen.

Maßnahmen wie eine Schuldenbremse sind daher völlig kontraproduktiv und führen nur noch weiter in die Sackgasse. Das schlagende Beispiel dafür ist Griechenland, das durch die Politik der Troika (EU-Kommission, EZB, IWF) systematisch in den Abgrund geführt wird. Kein müder Cent der Milliardenpakete kommt bei den einfachen GriechInnen an, dieses Geld dient nur der Rettung von Banken und damit der Steigerung deren Profite.

Die seit Jahren anhaltenden Angriffe auf Lohn- und Sozialstandards haben längst dazu geführt, dass Prekarisierung nicht mehr eine kleine Minderheit betrifft, sondern zunehmend eine Massenerscheinung ist. Besonders betroffen davon sind Frauen, die bei der Flexibilisierung die ersten und beim Lohn die letzten sind. Wie zynisch und asozial der reale Kapitalismus ist, zeigt der Versuch von Medien und Politik, die Benachteiligung von Frauen systematisch wegzulügen.

Ein anderer Aspekt ist eine anhaltende Fremdenfeindlichkeit. Durch die unsoziale Politik der Regierung, durch die falsche Verteilung, durch die Angriffe auf soziale Errungenschaften, durch fehlende Perspektiven für die Jugend wird es rechten Demagogen erleichtert MigrantInnen als Feindbild zu präsentieren, es den Ausgegrenzten zu ermöglichen auf die noch Schwächeren hinzutreten.

Die politischen Eliten führen ihre eigenen Ansprüche von Freiheit, Demokratie und Menschenrechte immer deutlicher selbst ad absurdum. Etwa wenn wie in Griechenland oder Italien nichtgewählte Regierungschefs auf Druck von Merkel und Sarkozy eingesetzt werden, wenn die Budgethoheit der Parlamente durch den Fiskalpakt faktisch außer Kraft gesetzt wird, wenn EU-Verträge ohne Volksabstimmung für die Bedürfnisse des Kapitals geändert werden.

Aber auch wenn unter dem verlogenen Stichwort „Sicherheit“ eine immer stärkere Überwachung mit Vorratsdatenspeicherung, ACTA und dutzende andere Maßnahmen der Druck auf die Menschen zunimmt, sich ruhig zu verhalten und die unsozialen Auswirkungen neoliberaler Politik ohne Widerspruch zu akzeptieren. Wenn gegen BettlerInnen Stimmung gemacht wird ohne die Gründe zu hinterfragen, warum Menschen zum Betteln gezwungen sind.

Die etablierte Politik hat sich durch ihre Unterwerfung unter die Interessen von Kapital und Reichtum längst selbst entpolitisiert und selbstgeschaffenen Sachzwängen ausgeliefert. Im Ergebnis verkommt die Politik immer stärker zur inhaltsleeren Show und wird zugleich immer stärker für Korruption anfällig geworden. Eine Politik, deren Hauptaufgabe in der Herstellung der Zustimmung der Menschen für Kapitalinteressen, für Sozialabbau, Privatisierung und Abbau demokratischer Rechte besteht, verliert zwangsläufig an Glaubwürdigkeit und begünstigt damit auch den Ruf nach dem „starken Mann“, nach autoritären Entwicklungen.

Die vielgepriesene Globalisierung zeigt sich immer deutlich in der Auseinanderentwicklung einzelner Weltregionen, dem Gegensatz von Nord und Süd, in einer Globalisierung unter dem Dogma eines Liberalismus deren Ergebnis immer deutlicher ein existenzgefährdender Raubbau an den Ressourcen wird. Im Ergebnis führt die maßlose Konkurrenz zu wachsenden Widersprüchen zwischen den Weltmächten ebenso wie in einzelnen Regionen. Die Kriegsgefahr wächst parallel mit einer maßlosen Aufrüstung. Denn bekanntlich werden Waffen zum Töten produziert und bekanntlich floriert das Geschäft mit dem Tod.

Der Bezug zur Tradition des 1. Mai ist Anlass für einen Blick auf den Charakter dieser Gesellschaft, auf den Kapitalismus. Der 1. Mai ist Anlass, auf den grundlegenden Widerspruch zwischen gesellschaftlicher Produktion auf einem mittlerweile enorm hohen Niveau mit enorm hoher Produktivität und der privaten Aneignung der Ergebnisse durch die Kapitaleigner hinzuweisen. Die falsche Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums führt zu zunehmenden Disparitäten der Gesellschaft - woraus Konflikten und Krisen folgen.

Die KPÖ sieht es als eine wichtige Aufgabe an, der Zerstörung von Solidarität durch den neoliberalen Kapitalismus und dessen hemmungslose Konkurrenz das Konzept einer solidarischen Gesellschaft entgegenzustellen. Es gilt Solidarität wieder zu erkämpfen, sowohl im politischen, als auch im materiellen Sinne. In diesem Sinne rufen wir auf den 1. Mai zu begehen.

Bundesausschuss 19.4.2012


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