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1917: Frauenaufstand in Reichenau

  • Dienstag, 1. August 2017 @ 08:00
Geschichte Ein Beispiel beherzten Widerstandes gegen die Obrigkeit ereignete sich im vorletzten Kriegsjahr 1917 in Reichenau. Es war Anfang August. Das Korn vom Vorjahr war längst zu Ende gegangen und die frische Ernte hatte erst begonnen. Die Mahlkarten waren noch nicht ausgestellt, aber der Marktmüller von Reichenau war bereit, die ersten Körner schwarz zu vermahlen. Überraschend kam aber die Mahlkommission nach Reichenau und beschlagnahmte unbarmherzig das wenige Mehl, das zur Stillung des ärgsten Hungers so notwendig war.

Anstatt ängstlich zu kuschen war in Reichenau aber plötzlich die Hölle los: Der Markt füllte sich mit aufgebrachten Frauen, vor allem mit Häuslerinnen vom linken Bachufer. Die kaiserlichen Kommissare flohen ins Wirtshaus, fanden aber auch dort keine Ruhe und versteckten sich schließlich in ihrem Zimmer. Über Leitern und Zimmerfenster drangen die Frauen aber zu ihnen vor und zerrten die hohen Herren auf die Straße, wo sie ordentlich verdroschen wurden. Erst als sie zusicherten, daß sie keine Anzeige erstatten würden, ließen die Frauen von ihnen ab. Nur eine einzige „Aufrührerin“ wurde später zu einer geringfügigen Geldstrafe verurteilt.

Das Reichenauer Beispiel aber machte Schule und die Kommissare konnten später auch in den umliegenden Orten, zum Beispiel in Ottenschlag, bis zum Kriegsende keine erfolgreiche „Amtshandlung“ mehr durchführen.

Quelle: Franz Steinmaßl, Bauern, Ketzer, Rebellen – Eine Revolutionsgeschichte Oberösterreichs, AZ-Thema, 29. April 1988

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