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Diese Zumutungen nicht einfach hinnehmen

  • Sonntag, 1. Mai 2011 @ 16:06
Global Rede von Franz Fend, Bezirksvorsitzender der Linzer KPÖ bei der Kundgebung des alternativen 1. Mai 2011 in Linz

Liebe Genossinnen und Genossen! Liebe Freundinnen und Freunde! Ich bin froh, hier zu sein. Ich bin froh, nicht bei einer Veranstaltung sein zu müssen, die feiert, dass die Verhältnisse so sind wie sie sind, wo doch die VeranstalterInnen selber zu einem guten Teil die Verantwortung dafür tragen.

Ich bin froh, nicht auf der Veranstaltung einer Partei sein zu müssen, deren Nationalratsabgeordnete Ablinger sich dafür von den Medien feiern lässt, dass sie NICHT gegen das so genannte Fremdenrechtspaket einer Maria Fekter gestimmt hat, weil sie hinausgegangen ist. So viel Chuzpe muss man einmal haben. Shame on you Sonja!

Der Begriff Fremdenrechtspaket ist für sich schon eine Frechheit. Er zeigt, dass Recht hierorts in der Festung Europa, keineswegs mit Gerechtigkeit zu tun hat, vielmehr das Gegenteil bedeuten kann. Geht es darin doch ausschließlich darum, Leute, die ihre Länder, aus welchen Gründen auch immer verlassen, zu demütigen, sie zu verfolgen, Männer, Frauen und Kinder, die einfach nur ein besseres Leben möchten als sie bisher gelebt haben, einzusperren und in Angst zu versetzen.

Und es geht aber auch darum zu zeigen, dass wenn Menschen bereit sind, etwas zu tun für ein besseres Leben, dies es aussichtslos ist und dass dafür Gefängnis droht. Da geht es noch gar nicht darum, dass jemand die Verhältnisse umkrempeln möchte, sondern nur darum, dass Leute ein Quäntchen mehr vom Reichtum der Welt abbekommen möchten.

Für MigrantInnen bedeutet hier in Österreich zu sein existenzielle Unsicherheit. Es geht um das nackte Überleben. Menschen, die nach Österreich flüchten, können sich ihres Lebens nicht mehr sicher sein. Ihnen wird fremdenpolizeilich nachgestellt. Menschen kommen in Schubhaft zu Tode, Menschen werden Opfer von rassistischen und neonazistischen Übergriffen, weil sie es gewagt haben, dem Elend in ihren Ländern zu entfliehen. Und die Verhältnisse haben sich nicht zum Besseren gewendet.

Es bestätigt sich einmal mehr, was Bertolt Brecht die Johanna Dark im Stück „Die heilige Johanna der Schlachthöfe“ sagen lässt: „Die aber unten sind, werden unten gehalten. Damit die oben sind, oben bleiben. Und der Oberen Niedrigkeit ist ohne Maß.“

Die maßlose Niedrigkeit der Oberen zeigt sich auch, wenn man die Bettelverbote, die kürzlich in den meisten Bundesländern beschlossen worden sind, betrachtet: Die Argumente, die etwa in Oberösterreich angeführt werden, könnten erbärmlicher und verlogener nicht sein. Sie würden ja nur die international ausgebeuteten BettlerInnen schützen wollen, die in die Hände einer Mafia geraten seien und zum Betteln gezwungen werden, ist wohl das miserabelste Argument, das je gegen BettlerInnen vorgebracht worden ist. Ihnen ginge es ja nur um die gewerbsmäßige und organisierte Bettlerei so ihr Sermon.

Abgesehen davon, dass Bettlerei immer gewerbsmäßig ist, weil es für die betroffenen Menschen die einzige Möglichkeit darstellt, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, zeigt sich hier die Niedertracht ihres Ansinnens besonders scharf. Mit dem Gerede von der Bettlermafia werde jene, die um ihr nacktes Überleben raufen, gleichgesetzt mit Schwerverbrechern. Es dient nur dazu, Angst zu schüren, um den geplanten Bettelverboten die nötige Akzeptanz zu verleihen. Es kriminalisiert die Armut und die Armen, es will glauben machen, arm sein sei organisierte Kriminalität.

Weder seriöse Untersuchungen noch die Polizei konnten bis dato Hinweise erbringen, dass BettlerInnen aus dem Osten Europas von Hintermännern gezwungen würden, betteln zu gehen. Ein Freund hat hiezu eine äußerst kluge Anmerkung gemacht hat: „Es wäre doch völlig egal, wenn diese Menschen für andere, reiche Ausbeuter betteln würden, weil zur Arbeit für den Reichtum anderer gezwungen zu sein, wäre wohl ein Schicksal, das die BettlerInnen dann mit den allermeisten von uns teilen würden.“

Im Übrigen ist es eine Sprache des Hasses, die hier in die politische Debatte Einzug gefunden hat. Zum einen werden BettlerInnen zu Kriminellen umgedeutet, zum anderen wird der Begriff Organisierung in ein schiefes Licht gerückt. Organisierung, egal in welchem Zusammenhang, wird generell als etwas Anrüchiges, Verachtenswertes dargestellt. Das passt in den neoliberalen Zeitgeist des Individualismus und der Konkurrenz aller gegen alle, einem System das Organisierung oder solidarische Bewältigung von Aufgaben als anachronistisch und leistungsfeindlich darstellt. Die Menschen könnten ja auf dumme Gedanken kommen.

Liebe Freundinnen und Freunde! Es gäbe noch Vieles, was zu skandalisieren wäre in der Gesellschaft in der wir leben. Da wäre die Tatsache, dass die Produktivität in den letzten zwei Jahren um mehr als ein Viertel gestiegen ist. Jene die das gemacht haben, die ArbeiterInnenklasse mussten Reallohnverluste hinnehmen, während die Profite um dreistellige Prozentzahlen gestiegen sind. Da wäre die zunehmende Repression und Überwachung. Das wäre das Beispiel, wie der Sozialminister, der einmal Präsident des ÖGB gewesen ist, mit Behinderten verfährt. Ich darf dazu den Experten Erwin Riess zitieren: „Diese Melange von politischer Entmündigung, sozialer Diskriminierung und menschlicher Demütigung hat durchaus totalitäre Qualität“.

Die Zumutungen, welche die Herrschenden für uns bereithalten sind nicht enden wollend. Und doch bin ich froh hier zu sein. Weil ich Menschen sehe, die nicht gedenken, diese Zumutungen einfach hinzunehmen. Das stimmt mich optimistisch, auch wenn die Zeiten finster sind.


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