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Beraten und abkassieren

  • Donnerstag, 31. März 2011 @ 12:12
Österreich Der Fall Strasser hat den Lobbyismus nicht nur im EU-Parlament, sondern generell zum Thema gemacht. Nicht genug damit, dass allein rund um das EU-Parlament rund 16.000 Lobbyisten – die meisten von Konzernen und Banken finanziert – ihr Unwesen treiben, gibt es – wie der Ex-Innenminister beweist – genug PolitikerInnen, die nur allzu willig den Wünschen und Einflüsterungen des Großkapitals nachkommen, wenn die Kohle stimmt.

Eine kleine Aufstellung zeigt allerdings, dass dies keine Brüsseler Spezialität ist, sondern sich gerade im kleinen Österreich die Berater gegenseitig auf die Zehen steigen.

Aktive PolitikerInnen „beraten“

Ernst Strasser (ÖVP) verdiente laut eigenen Angaben neben seinem EU-Abgeordnetenbezug 1,2 Mio. Euro jährlich aus Beratertätigkeit. Von Hochegger kassierte er 100.000 Euro, von der TIWAG 17.000 Euro und beriet zuletzt die Rail Holding von Haselsteiner. Er sah auch keine Unvereinbarkeit zwischen seiner Beratungstätigkeit für Bulgariens Premier Stanischew und seinem EU-Parlamentssitz. Von Mensdorff-Pouilly wurde Strasser und Mitarbeiter zur Jagd eingeladen, nachdem Strasser als damaliger Innenminister das Konsortium von Siemens, Raiffeisen und Wiener Stadtwerke mit der Digitalisierung des Behördenfunks beauftragt hatte.

Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) sitzt im Aufsichtsrat des deutschen Atomkonzerns RWE und kassiert 200.000 Euro pro Jahr zusätzlich zum Abgeordnetenbezug.

Ex-Vizekanzler Wilhelm Molterer (ÖVP), jetzt ÖVP-Abgeordneter, war neben seinem Abgeordnetenjob als Berater für die voestalpine tätig und „vergaß“ seine Tätigkeit für das Beraterunternehmen EuroAdvisory zu melden. Er kassierte lediglich dafür, für GD Eder einen Termin bei EU-Energiekommissar Oettinger zu vereinbaren.

Der Abgeordnete Kurt Gartlehner (SPÖ) lobbyierte ab 2007 eineinhalb Jahre lang für den Grasser-Spezi Hochegger und kassierte dafür rund 50.000 Euro.

Der Kärntner LHStv. Uwe Scheuch (FPK) wollte als „Beratungshonorat“ um einem russischen Magnaten zur Staatsbürgerschaft zu verhelfen eine Parteispende für das FPK.

Der ÖVP-Abgeordnete Erwin Rasinger lobbyiert mit seiner Beteiligung und als Aufsichtsrat der APEIRON Biologics AG für die Pharmaindustrie, hinter dem Unternehmen stehen der Multi Glaxo und das Generika-Unternehmen von Ex-Minister Bartenstein.

Bauernbund-Chef und VP-Abgeordneter Fritz Grillitsch bietet über seine G Solutions GmbH Beratungstätigkeit an.

Der FPÖ-Abgeordnete Johannes Hübner steht im Sold des saudischen Scheichs Al-Jaber.

Ex-PolitikerInnen mit neuem Geschäftsfeld

Ex-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) ist nach einem Intermezzo für den Baumulti Alpine jetzt für Haselsteiners Strabag im Aufsichtsrat und im Vorstand dessen Privatstiftung und Berater des autoritär regierenden Präsidenten Nasarbajew in Kasachstan.

Auch Ex-Innenminister und SPÖ-Pensionistenchef Karl Blecha (SPÖ) kassierte für Beratungstätigkeit von Hochegger.

Ex-Vizekanzler Hubert Gorbach (BZÖ) ist Berater von Weißrusslands despotischen Präsidenten Lukaschenko und erklärte die letzte Präsidentenwahl für „sauber“.

Ex-EU-Kommissarin Benita Ferrero-Waldner (ÖVP) lobbyiert als Aufsichtsrätin des spanischen Baukonzerns Alpine (für den vorher Gusenbauer tätig war) und beim deutschen Versicherungskonzern MunichRe mit einer Jahresgage von 150.000 Euro und als Aufsichtsrätin des spanischen Energiekonzerns Gamesa und Beraterin des Architekturbüros Norman Foster.

Auch Ex-EU-Kommissar Franz Fischler (ÖVP) hat eine Beratungsfirma gegründet und berät die kroatische Regierung.

Als LobbyistInnen tätig sind auch Karl Krammer, früher Kabinettschef von Ex-Kanzler Vranitzky und Heidi Glück, früher Kabinettschefin von Ex-Kanzler Schüssel, die frühere Grün-Abgeordnete Monika Langthaler und der ehemalige SPÖ-Kommunikationschef Dietmar Ecker.

Das Grasser-Netzwerk

Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grassers kassierte von der Industriellenvereinigung für seinen „Verein zur Förderung der New Economy“ 200.000 Euro Spende zur Gestaltung seiner Homepage, als Gegenleistung hat er sie wohl in punkto Steuervermeidung beraten, wovon die von Grasser durchgeführte Senkung der Körperschaftssteuer und Einführung der steuerschonenden Gruppenbesteuerung für Kapitalgesellschaften zeugt.

Peter Hocheggers Agentur kassierte 2001 und 2002 vom Finanzministerium je 140.000 Euro für PR-Beratung, für die Grasser-Show „KMU-Dialog“ 2,4 Millionen Euro. Von der Telekom kassierte er 25 Mio. Euro, unter anderem wird vermutet dafür, dass durch einen zeitgerechten Kursanstieg der Telekom-Aktie im Jahre 2004 die Vorstände Sundt, Colombo, Fischer und Nemsic durch kursgebundene Vorzugsaktien um 9.2 Mio. Euro reicher wurden. Weiters streifte Hochegger von Porr und Raiffeisen 200.000 Euro dafür ein, dass Finanzbehörden und Pensionsversicherung in den Terminal-Tower in Linz übersiedelten. Und 2006 kassierte er 100.000 aus einem Beratervertrag für Strassers Innenministerium. Hocheggers Agentur hochegger.com kassierte von 2004 bis 2009 eine Million Euro Beraterkosten vom Flughafen Wien und dessen Tochterfirmen, von der Flughafen AG werden 200.000 Euro für den Zeitraum von 2004 bis 2007 sowie 30.000 Euro für 2009 bestätigt. Seit 2002 kassierte Hochegger für einen Beratungsvertrag bei den ÖBB bis 2006 1,2 Millionen bis Ende 2008 sogar vier Millionen Euro, laut Rechnungshof ohne Erfolgskontrolle.

Ex-FPÖ-Generalsekretär Walter Meischberger lobbyierte ab 2005, als die Änderung des Glücksspielmonopols auf die Tagesordnung kam, für den Glücksspiel-Konzern Novomatic und kassierte dafür 450.000 Euro. Im Zuge der Teilprivatisierung der Telekom Austria kassierte er 6,5 Millionen „Beratungshonorat“, das Geld floss zwischen 2004 und 2007 an Meischbergers Lobbying-Agentur Valora bzw. die Werbeagentur Zehn-Vierzig und von dort auf Konten in Liechtenstein und in der Karibik. Geprüft wird auch ob Meischberger bei den unter politischer Verantwortung Grassers als Finanzminister erfolgten Privatisierungen der voestalpine (2003), Böhler-Uddeholm, Flughafen Wien und Austria Tabak (2001) mitgeschnitten hat.

Gemeinsam kassierten Hochegger und Meischberger für Beratungstätigkeit bei der Privatisierung der Bundeswohnungen 9,6 Millionen Euro dafür, dass das Konsortium Immofinanz, Raiffeisen und Wiener Städtische zum Zuge kam. Das Geld floss unversteuert via Zypern, Delaware und Liechtenstein. Über Hocheggers Zypern-Firma Astropolis kassierten Meischberger und Hochegger 2007 vom Baukonzern Porr 200.000 Euro Provision für Dienstleistungen bei dem im Zeitraum 2006-2008 errichteten Terminal Tower am Linzer Bahnhof durch Raiffeisen. Um Leerstand zu verhindern zogen „zufällig“ dort die Finanzlandesdirektion und die Pensionsversicherung ein. Finanzminister zum Zeitpunkt dieser Entscheidung war Grasser, SozialministerIn Haupt bzw. Haubner.

Grasser-Spezi Ernst Plech vermittelte 2001 den Umzug des Handelsgerichts und des Finanzministeriums und kassierte dafür 729.000 Euro Provision.

Grasser-Freund Karlheinz Muhr erhielt 433.820 Euro der 10,2 Mio. Euro Beratungshonorar für Lehman Brothers, nachdem laut dem ehemaligen Grasser-Mitarbeiter Michael Ramprecht eine Weisung von Plech dafür sorgte, dass nicht die CA-IB als Bestbieter beim Verkauf der Bundeswohnungen zum Zug kam, sondern das Konsortium Immofinanz, Raiffeisen und Wiener Städtische.

Die Werbeagentur „100% Communications“ der Grasser-Freunde Erika und Gernot Rumpold (von 1990-1996 FPÖ-Bundesgeschäftsführer) kassierte 6,6 Millionen Euro Honorare im Zuge der Geschäfte um den Eurofighter-Kauf, darunter alleine 96.000 Euro für eine einzige Pressekonferenz.


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