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Rechtfertigung wegen Faymann

  • Samstag, 10. April 2010 @ 22:18
Österreich Dass es angesichts der katastrophalen Performance des SPÖ-Regierungsteams unter Kanzler Faymann wachsendes Unbehagen in der Sozialdemokratie gibt verwundert nicht. Eine Wahlniederlage nach der anderen verstärkt dieses, auch ein „Sieg“ von Heinz Fischer bei der Bundespräsidentenwahl wird daran nicht viel ändern.

Seit dem überraschenden Wahlsieg von 2006 (und nach dessen Bekräftigung 2008) wieder in Regierungsverantwortung zurückgekehrt hat die SPÖ den freilich schon lange vor der „Wende“ von 2000 verlorenen roten Faden nicht mehr gefunden, hechelt sie faktisch nur mehr der ÖVP hinterher, die eindeutig den Ton in der Regierung angibt.

Dass sich Unzufriedenheit organisieren will liegt daher auf der Hand und ist grundsätzlich legitim. Dass dies über mehrere Schienenstränge erfolgt zeigt hingegen Verwirrung und Zersplitterung und verstärkt den Eindruck, dass es manchen dabei eher darum gehen dürfte durch Selbstbeschäftigung ein Wegdriften unzufriedener Parteimitglieder von der SPÖ zu verhindern.

Neben „Wir sind auch SPÖ“, „morgen.rot“ als Projekt der 2009 in eine desaströse Wahlschlappe geschlitterten oö SPÖ und einer „Denkfabrik“ der Sozialistischen Jugend sowie der schon seit Jahren tätigen trotzkistischen „Funke“-Strömung agiert seit kurzem auch die „SPÖ-Linke“. Letztere wurde vom PR-Berater Rudolf Fußi gegründet, der als Initiator des Abfangjäger-Volksbegehrens 2002 bekannt wurde und bevor er sich der SPÖ zuwandte auch in der ÖVP und für Lugner tätig war.

Rund hundert SPÖ-Linke fanden sich am 10. April 2010 in Linz zu einer bundesweiten Konferenz zusammen. Die Grußworte von Ritsch (SPÖ-Chef Vorarlberg), Flecker (Landtagspräsident Steiermark), Taus (JG-Vorsitzende) und Ex-Sozialminister Buchinger nahm das Publikum euphorisch auf, die Abwesenheit der Genannten deutet wohl eher darauf hin, sich auf unverbindliche Signale zu beschränken als sich in die Niederungen des Alltags zu begeben. So wurde auch kritisiert, dass von der SJ entgegen früheren Zusagen kein Grußwort kam. Der oö SPÖ-Chef Ackerl und andere haben ihre deutliche Ablehnung gegenüber der „SPÖ-Linken“ ohnehin deutlich gemacht.

Laut Fußi trägt eine „schweigende Mehrheit“ in der SPÖ den Kurs Faymanns nicht mehr mit, durch den sie SP zum „Handlanger und Exekutionsgehilfen des Kapitals“ und durch den Verlust von Visionen und das Schielen auf Schlagzeilen in der „Krone“ von einer Gesinnungsgemeinschaft zum Wahlverein verkommen ist. In der Diskussion wurde treffend bemerkt, dass sich SozialdemokratInnen heute nicht wegen ihrer Grundwerte, sondern wegen Faymann rechtfertigen müssen.

Freilich hat der oö Landesbildungsvorsitzende Dobesberger bei einer ähnlichen Diskussion bereits vor einigen Wochen mit Verweis auf den Alltagsrassismus in der SPÖ treffend festgestellt, dass es falsch und verkürzt wäre zu behaupten, eine per se linke Basis der SPÖ befände sich in Geiselhaft einer rechten Führung. Aussagen wie jene bei der Linzer Konferenz, dass die Linke mehrheitsfähig sei, die SPÖ hingegen nicht, sind daher einem ziemlich unrealistischen Optimismus geschuldet.

Richtig ist Fußis Feststellung, dass die Auseinandersetzung mit den Rechten nicht über das Ausländerthema zu gewinnen ist, sondern mit der sozialen Frage. Der Generalverdacht gegen alle die soziale Leistungen in Anspruch nehmen, wie das mit Faymanns Kapitulation vor Prölls jetzt Transparenzdatenbank benanntem Transferkonto erfolgt, basiert freilich auf einer breiten Massenstimmung auch in der Sozialdemokratie, die wiederum Ergebnis jahrzehntelanger Politik von SP und Gewerkschaften ist. Gekennzeichnet ist diese Politik auch durch den Verlust an Humanismus, dass nie ernsthaft auf Integration eingegangen wurde und eine für die Kreisky-Ära maßgebliche Bildungsoffensive heute nicht mehr vorstellbar ist.

Dem Fünf-Punkte-Programm der Konferenz – Eure Krise zahlen wir nicht, Sozialstaat ausbauen und Vollbeschäftigung schaffen, der Jugend die Zukunft, für internationale Solidarität sowie kein Fußbreit dem Rassismus – kann inhaltlich ebenso zugestimmt werden wie ein Katalog konkreter Forderungen zur Budgetsanierung aus linker Sicht.

Die Problematik liegt wohl in der Strategie. Es ist keineswegs zufällig, dass Fußi betonte, man wolle die SPÖ nicht spalten oder ihr schaden und einige RednerInnen eine Beschränkung auf SPÖ-interne Kritik nach dem Vorbild Josef Hindels forderten. Ebenso die Feststellung, dass es ist historisch nicht gelungen ist, den linken Flügel der SPÖ nach außen zu präsentieren.

Für die „SPÖ-Linke“ ist nämlich ebenso wie für die anderen Diskussionsstränge typisch, dass sie in einem sehr engen Parteikorsett gefangen ist. Ein Diskussionsredner sprach dies direkt mit Bezug auf das traditionelle Dogma der Sozialdemokratie an, dass nur die SPÖ zur Vertretung der ArbeiterInnenschaft berufen sei.

So verwundert es nicht, dass bei dieser Debatte Bündnisse mit anderen linken Kräften ebenso wenig ein Thema waren wie etwa eine Absage an die zumindest formal noch immer geltende „Eisenstädter Erklärung“ der SPÖ gegen jede Zusammenarbeit mit KommunistInnen aus dem Jahre 1969. Ebenso wenig wurde etwa eine Festlegung angesprochen, dass sich linke Mandatarinnen in diversen Körperschaften gegen eine Belastungspolitik verpflichten und im Interesse linker Politik den unseligen Fraktionszwang durchbrechen.

Es ist zu bezweifeln, dass eine Beschränkung auf rein parteiinternes Taktieren eine Kurswende in der Politik der SPÖ bringt. Ohne kräftigen Druck von außen, durch Proteste auf der Straße und überparteiliche linke Bündnisse wird sich wohl nichts ändern. Damit würde freilich auch die Hoffnung vieler Linker in der SPÖ enttäuscht und sie einmal mehr dazu letztlich benutzt, den Regierenden die Mauer für eine unsoziale Politik zu machen. Die Wahlerfolge der KPÖ (mit bemerkenswerten Ergebnissen) in obersteirischen Gemeinden und (wenn auch auf niedrigerem Niveau, aber gegen den Trend) in Linz haben nicht nur gezeigt, daß es auch eine linke Alternative zur etablierten Politik gibt, sondern wie wichtig Druck von links auf die längst neoliberal eingefärbte Politik der SPÖ geworden ist.

Die österreichische Sozialdemokratie und ihre ExponentInnen sind für enorme verbale Flexibilität bekannt. Wenn das Wasser bis zum Hals steht wird auf revolutionäre Rhetorik gesetzt. So war nach Ausbruch der Krise von 2008 auffallend oft auch von hochrangigen SozialdemokratInnen von der Notwendigkeit eines „Systemwechsels“ die Rede, ein bloßer „Kurswechsel“ genügte offenbar nicht. Und forderte der ÖGB 2009 noch „Wir zahlen nicht für Eure Krise“, so beschränkt er sich 2010 auf „FairTeilen“.

Die ideologische Spannweite der Sozialdemokratie wird etwa daran deutlich, wenn manche SPÖ-Linke von „unseren“ MinisterInnen sprechen und gleichzeitig die „sozialistische Revolution“ fordern. Ebenso wenn der vom Leider-Nein-Millionär zum Multimillionär und neoliberalen Stichwortgeber aufgestiegene Industrielle Androsch von Fußi nach wie vor als „Genosse“ gesehen wird.

Statt auf Worthülsen zu setzen, wäre wohl sinnvoller sich auf einige konkrete Projekte wie etwa einen gesetzlichen Mindestlohn, eine Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnverlust, die Wertschöpfungsabgabe, eine Vermögenssteuer etc. zu konzentrieren. Das Forderungsprogramm der SPÖ-Linken bietet dazu gute Anhaltspunkte. Geht es doch darum, dass jene die Kosten der Krise bezahlen, die sie auch verursacht haben. Ein Ziel, das freilich nur gegen die Spitzen der SPÖ durchsetzbar ist.

Leo Furtlehner

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