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Arbeitnehmer „stark vernachlässigt“

  • Mittwoch, 3. März 2010 @ 16:07
Arbeit In früheren Jahren ein Bollwerk der Gewerkschaften schlechthin und aus gutem Grund von den Gegnern der Verstaatlichten zum Buhmann erklärt ist der Voest-Betriebsrat in letzter Zeit zunehmend zum Intrigantenstadel und zur Schmutzwäsche-Anstalt verkommen. Obwohl oder wahrscheinlich gerade weil die Dominanz der FSG dort heute eine fast hundertprozentige ist, die aus Eigennutz natürlich auch das Aufkommen einer Konkurrenz verhindert.

Bereits im Herbst kam der Betriebsrat ins Gerede, als der bisherige Vorsitzende des Arbeiterbetriebsrates, Johann Linsmaier, von seiner eigenen Fraktion abgeschossen und durch Manfred Hippold ersetzt wurde. Im Vorfeld hatten sich Vertrauensmänner in Briefen an SPÖ-Chef Werner Faymann, Landesobmann Josef Ackerl und ÖGB-Chef Erich Foglar beklagt, dass sich die Arbeitnehmer „stark vernachlässigt“ fühlten und dazu 19 Punkte Versäumnisse von Betriebsrat und SPÖ aufgelistet.

Bei der im Beisein des ÖGB-Rechtsexperten René Schindler durchgeführten Neuwahl der Führung des Arbeiterbetriebsrates (FSG 24 Mandate, FA ein Mandat) am 22. Dezember 2009 setzte sich Hippold mit 14 gegen elf Stimmen durch. Woraufhin Linsmaier sofort aus der FSG austrat und seither als „wilder“ Betriebsrat agiert, aber weiterhin SPÖ-Mitglied blieb. Die FSG revanchierte sich bei Linsmaier – der seine Abwahl darauf zurückführte, dass er nach eigenen Worten „den Schrebergarten eines anderen betreten“ hatte – indem sie ihm den bisherigen Betreuungsbereich entzog und ihm den Zugang zum bisherigen Büro durch Auswechseln des Türschlosses verwehrte.

Vorgeworfen wurde Linsmaier gegenüber dem Vorstand „zu wenig durchsetzungskräftig“ gewesen zu sein, etwa beim Aushandeln eines neuen Fünfschicht-Arbeitszeitmodells mit 34,4 Wochenstunden bei einem Einkommensverlust von 3,5 Prozent, dafür aber Freizeitgewinn. Die Auffassung Linsmaiers, dass es heute „mehr um Netzwerke als um Hierarchien, die mit Mehrfachfunktionären besetzt sind“ geht passte wohl nicht in das Denkschema seiner Konkurrenten.

Laut einem Bericht in den „OÖN“ handelt es sich um einen Stellvertreterkrieg, den der Nationalratsabgeordnete und BRV-Stellvertreter Manfred Keck gegen Konzernbetriebsratschef Hans-Karl Schaller führte und Schallers krankheitsbedingte Abwesenheit für einen Putsch benutzte.

Schon im Vorfeld des Konflikts hatte Linsmaier medial verkündet „Gefälligkeiten, die Betriebsräten zukommen, öffentlich zu machen“, was er jetzt offensichtlich durch einen Brief an die Arbeiterbetriebsräte in die Tat umgesetzt hat. Ins Schussfeld ist dabei jetzt vor allem Konzernbetriebsratschef Schaller gekommen.

Ihm wird vorgeworfen, dass er sich 2006 und 2007 einen Urlaub für 10.000 Euro auszahlen ließ, Fahrtspesen für Fahrten mit dem Privat-PKW verrechnet zu haben obwohl er ohnehin einen Anspruch auf ein Dienstauto hat, bei der Selbstentnahme von Gutscheinen großzügig gewesen zu sein und sich selbst und Betriebsratskollegen mit Leistungsprämien belohnt zu haben.

Bereits im Juni 2009 wurde das „heiße Eisen“ an Metaller-Gewerkschaftssekretär Walter Schopf herangetragen, der mit Einschaltung von AK-Präsident Johann Kalliauer dafür sorgte, dass Schaller – der auch AK-Vizepräsident ist – Rückzahlungen von Fahrtkosten an den Betriebsratsfonds leistete. Auch wurde die Arbeiterkammer für eine detaillierte Prüfung des Betriebsratsfonds eingeschaltet und kritisierte etwa, dass den Betriebsräten pauschal 90 Euro Fahrtspesen pro Monat gewährt wurde statt diese nach tatsächlichem Aufwand abzurechnen, Spenden an Dritte aus dem Fonds gewährt wurden und die Verwendung von Fraktionsgeldern mangelhaft belegt zu haben, was Linsmaier damit rechtfertigte, eine langjährige Praxis fortgeführt zu haben.

Der Hintergrund des Voest-Intrigantenstadels ist die Abgehobenheit der Betriebsratsspitzen. Innerhalb der SPÖ ist man der Meinung, dass die Wahlschlappe vom September 2009 – minus 13 Prozent – zu einem Gutteil auch dem „Wirken“ der Parteisektion Voest zu verdanken war. Vor allem das sture Beharren des damaligen Angestellten-BRV und Landtagsabgeordneten Fritz Sulzbacher auf einen Dienstwagen der Marke Audi Q7 um 70.000 Euro als Ersatz für den bisher gefahrenen VW Touareg hatte bereits zu Jahresanfang 2009 massiven Unmut erregt.

Als sich Sulzbacher bereit erklärte, das – offiziell mit dem Besuch in Berglagen stationierter Außenstellen in der Steiermark argumentierte, praktisch aber auf seine Jagdleidenschaft ausgerichtete – Allrad-Fahrzeug auf eigene Kosten anzuschaffen, war der Schaden schon angerichtet. Profitieren konnte davon beim üblichen rotblauen WählerInnenaustausch einmal mehr die FPÖ, wie schon die Arbeiterkammerwahl im März 2009 deutlich zeigte.

Sulzbacher kam schon vor einigen Jahren als einer der Spitzenreiter im Einkommensranking der SPÖ-Landespolitiker in die Schlagzeilen. Mit seinem Doppelbezug als Angestellten-BRV der voestalpine und Landtagsabgeordneter kam er auf netto 97.750 Euro pro Jahr und war damit den damaligen SPÖ-Landesregierungsmitgliedern Ackerl, Stöger, Haider und Kepplinger dicht auf den Fersen.

Der Umgang mit Dienstautos dürfte eines der Kernprobleme des Voest-Betriebsrates sein: „Ich hätte Anspruch auf einen Wagen um 50.000 Euro“ meint der abgewählte Voest-Arbeiterbetriebsratschef Linsmaier, der sich bescheiden mit einem Dienstwagen Citroen C4 um nur 38.000 Euro begnügt hatte. Auf die Überlegung, warum ein Betriebsrat überhaupt einen Dienstwagen braucht, kam aber auch er nicht.

Schaller wiederum ist ein exemplarisches Beispiel für jene Klasse von Multifunktionären die für das Image der Gewerkschafts- und ArbeiterInnenbewegung in höchster Weise kontraproduktiv sind. Er war zwölf Jahre lang von 1997 bis 2009 Linzer Gemeinderat (Funktionsbezug 1.346 Euro) und strebte bei der letzten Wahl ein Landtagsmandat (Funktionsbezug 6.120 Euro) an: Aufgrund des massiven SPÖ-Verlustes freilich mit dem Ergebnis, dass er jetzt weder im Gemeinderat noch im Landtag sitzt. Trösten kann er sich jedenfalls mit dem gutbezahlten Job eines AK-Vizepräsidenten (Funktionsbezug 2.652 Euro) und über die Belastung mit einer 80-Stundenwoche braucht er jetzt auch nicht mehr jammern.

Wenn die Spitzen der Arbeitervertretung so sehr mit der Wahrnehmung eigener Interessen beschäftigt sind, ist es freilich nicht verwunderlich, wenn die Arbeitnehmer „stark vernachlässigt“ werden.

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