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Über Banken und Bänke

  • Montag, 7. Dezember 2009 @ 13:25
Wohnen Kurt Palms Rede beim Kupfermuckn-Fest 2009

Da ich die Arbeit der ARGE für Obdachlose mit großer Sympathie verfolge, ist es für mich eine große Ehre, heute hier sprechen zu dürfen. Im Mittelpunkt steht ja die Präsentation des Kupfermuckn-Kalenders für das Jahr 2010, bei dem es um die Bank geht. Im Deutschen gibt es ja bekanntlich viele gleichlautende Wörter mit völlig unterschiedlichen Bedeutungen.

[Bei einer Notstandshilfe von 772 Euro müssten 518 Notstandshilfebezieher den Staat ein ganzes Jahr lang betrügen um auf den BUWOG-Skandalschulden zu kommen.]

Nehmen wir als Beispiel das Wort Ausschuss. Wenn eine Ware mit Fehlern behaftet oder gar unbrauchbar geworden ist, spricht man von Ausschuss. Warum ich beim Stichwort Ausschuss gleich an Karl-Heinz Grasser denken muss, weiß ich nicht. Im österreichischen Nationalrat gibt es zwar noch immer keinen Untersuchungsausschuss in der Causa BUWOG, dafür aber 38 andere Ausschüsse und Unterausschüsse, die alle – und das ist jetzt kein Witz – aus einem Obmann, vier Obmannstellvertretern und drei Schriftführern bestehen.

In jedem dieser 38 Ausschüsse sind also acht Abgeordnete tätig, was einer Gesamtsumme von 304 Abgeordneten entspricht. Da gibt es zum Beispiel neben dem Ausschuss für innere Angelegenheiten auch noch einen Ständigen Unterausschuss des Ausschusses für innere Angelegenheiten. Man könnte also auch sagen, dass die 183 Nationalratsabgeordneten in erster Linie Ausschussverwalter sind.

Grassers ehemalige Busenfreunde Meischberger und Hochegger haben im Zuge der Privatisierung der BUWOG – eine Abkürzung für „Bauen und Wohnen Gesellschaft mit beschränkter (!) Haftung“ – bekanntlich eine Provision in Höhe von 9,6 Millionen Euro kassiert, die zu versteuern sie vergessen haben. Wofür diese beiden Prototypen der so geschätzten Tüchtigen und Anständigen die 9,6 Millionen Euro bekamen, weiß übrigens niemand.

Fakt ist, dass unabhängig von dem Skandal, dass diese Provision überhaupt bezahlt wurde, dem österreichischen Staat 4,8 Millionen Euro an Steuern entgangen sind. Dieses Beispiel zeigt, dass die Schmarotzer nicht unter uns sondern über uns sind. Geht man von einer maximalen Höhe der Notstandshilfe von 772 Euro pro Monat aus, dann müssten 518 Notstandshilfebezieher den österreichischen Staat ein ganzes Jahr lang betrügen, um auf eine solche Schadenssumme zu kommen. So schaut's aus!

Nun zur Bank. Eine Bank ist bekanntlich eine lange und schmale, meist aus Holz hergestellte Sitzgelegenheit für mehrere Personen, die sich entweder in Gebäuden oder im öffentlichen Raum befindet. Aber das Wort Bank hat natürlich noch zahlreiche andere Bedeutungen. Wir kennen die Datenbank und die Samenbank, die Fleischbank und die Meinlbank, die Kirchenbank und die Lange Bank oder die Hobelbank und die Blutbank. Wir kennen aber auch das Bankgeheimnis und das Bankert, den Bankdirektor und den Bankrott, den Bankraub und die Banknote oder die Bankenaufsicht und den Bankencrash.

[... dass der einfache Bankräuber in jedem Fall der kleinere Verbrecher Ist verglichen mit dem Bankdirektor…]

In diesem Zusammenhang fällt mir ein Zitat aus der „Dreigroschenoper“ von Bertolt Brecht ein: „Was ist der Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank? Was ist ein Dietrich gegen eine Aktie?“ Brecht wollte damit nichts anderes sagen, als dass der einfache Bankräuber in jedem Fall der kleinere Verbrecher ist verglichen mit dem Bankdirektor, der unter dem Deckmantel der Legalität die Leute in viel größerem Ausmaß bestiehlt.

Aber neben diesen Banken gibt es natürlich auch noch die Parkbank. Ich halte die Idee, die Parkbank zum Thema des Kupfermuckn-Kalenders zu machen, auch deshalb für gut, weil ich glaube, dass die Anzahl und die Beschaffenheit von Parkbänken etwas über. die Lebensqualität in einer Stadt aussagen. Deshalb gibt es in meinem Theaterstück „Der Zwerg ruft“ ja auch eine kurze Passage, bei der es im Zuge des Streitgesprächs zwischen dem Kupfermuckn-Verkäufer Berti und dem Intendanten von Linz09, Reto Dunkler, zu folgendem Dialog kommt:

Berti zu Reto Dunkler: Und von Linz haben Sie auch keine Ahnung. Oder haben Sie gewusst, dass die Bänke im Volksgarten bequemer sind als die im Schillerpark? Oder dass im WC-Pavillon am Hessenplatz die Klomuscheln aus Metall sind und einem dort im Winter der Arsch abfriert? Reto Dunkler (aufgebracht): Ich soll von Lienz keine Ahnung haben? (Er holt eine Broschüre aus seiner Tasche.) Dann werde ich Ihnen einmal mein Credo hersagen, damit Sie wissen, mit wem Sie es zu tun haben. (Er deutet auf das Buch und wirft sich in Pose.) Linz Book. Linz. A declaration of Love: Can you love Linz? Even as a Non-Linzer? Yes, you can. I am the living proof! Darauf Berti: ,Yes, you can.' Des is doch vom Barock Obama.

[Ich finde, dass eine Parkbank so gebaut sein muss, dass man darauf nicht nur bequem sitzen, sondern auch bequem liegen kann.]

Diese Passage stützt sich auf einen Artikel in der „Kupfermuckn“, in der die Qualität der Parkbänke in Linz untersucht wurde. Für Menschen, die sich viel an der frischen Luft aufhalten, ist das natürlich eine essentielle Frage. Wenn man sich den Kupfermuckn-Kalender genau ansieht, wird man allerdings feststellen, dass die Bänke im Mühlkreisbahnhof, am Schlossberg, im Schillerpark und am Menschenrechtsbrunnen den minimalen Anforderungen an eine Parkbank nicht entsprechen. Entweder sind sie aus Stahl oder durch Armlehnen unterteilt oder so konstruiert, dass man darauf nicht liegen kann. Aber ich finde, dass eine Parkbank so gebaut sein muss, dass man darauf nicht nur bequem sitzen, sondern auch bequem liegen kann.

Bei dieser Gelegenheit fällt mir ein, dass dieser Tage im Design-Center im Rahmen von Linz09 der Internationale PEN-Kongress stattfindet. Wären die Verantwortlichen für Linz09 tatsächlich auf der Höhe der Zeit, hätten sie parallel dazu einen internationalen PENNER-Kongress veranstaltet, in dessen Verlauf Experten die Qualität der hiesigen Parkbänke testen und mit anderen Städten vergleichen hätten können.

Auch wenn einzelne Parkbänke in Linz nicht unbedingt allen Anforderungen entsprechen, müssen wir dennoch über jede Parkbank froh sein, die es in dieser Stadt noch gibt. Parkbänke sind nämlich ein unverzichtbarer Bestandteil des öffentlichen Raums, der immer häufiger ins Visier privater Nutzer kommt. Solange aber ein Raum öffentlich ist, darf eigentlich kein Privater darüber entscheiden, ob ich mich dort aufhalten darf oder nicht.

Sollte man meinen. Immer häufiger gibt es nämlich Versuche, den öffentlichen Raum nicht nur durch Polizei, Securities oder Kameras überwachen zu lassen, sondern durch höchst fragwürdige Methoden auch von gewissen Leuten zu säubern. So versucht man zum Beispiel in Attnang-Puchheim, störende Jugendliche mittels eines sogenannten „Mosquito Sound Systems“ vom dortigen Schlosspark fernzuhalten.

Dieses „Mosquito Sound System“ ist ein Apparat, der unangenehme Töne in einem hohen Frequenzbereich von sich gibt. Diese Töne sind so hoch, dass sie nur junge Menschen unter 25 Jahren hören können. Wer älter ist, ist offenbar schon zu taub dafür. Durch diese unangenehmen Töne sollen die Jugendlichen von diesem öffentlichen Platz vertrieben werden. Dass dieses gegen die Menschenrechte verstoßende „Jugendabwehrsystem“ ausgerechnet im Heimatort der Innenministerin Maria Fekter installiert wurde, ist angeblich reiner Zufall.

[Solange ein Raum öffentlich ist, darf kein Privater darüber entscheiden, ob ich mich dort, aufhalten darf oder nicht.]

Der öffentliche Raum ist immer ein Spiegel der Gesellschaft und deshalb ist es so wichtig, dass vor allem jene, die diesen Raum ständig nutzen – zum Beispiel Wohnungslose – auch weiterhin in ihren Rechten nicht eingeschränkt werden. Da sich Städte und Gemeinden aber immer häufiger außer Stande sehen, öffentliche Flächen und Einrichtungen zu unterhalten und zu bewirtschaften, verstärken sich die Tendenzen zur Privatisierung solcher Einrichtungen.

Kein Wunder, dass bei vielen aufgeklärten Zeitgenossinnen und Zeitgenossen bereits die Alarmglocken läuten, weil das auf lange – oder vielleicht sogar schon auf kurze – Sicht eine sukzessive Einschränkung von Grundrechten wie der Versammlungsfreiheit oder dem Demonstrationsrecht bedeuten könnte. Ähnlich ist übrigens auch der Versuch der Linzer Stadtverwaltung zu werten, mittels Strafverfügungen gegen bettelnde Personen vorzugehen. Auch dieser Plan ist nichts anderes als Ausdruck eines völlig übersteigerten Sicherheitswahns.

Dass solche Befürchtungen berechtigt sind, belegt auch eine Aussage des ehemaligen Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes, Karl Korinek, der im Zusammenhang mit einigen zweifelhaften Aktivitäten der österreichischen Bundesregierung im Zuge der sogenannten „Terror-Bekämpfung“ vor einem „Abrutschen in einen totalen Überwachungsstaat“ warnte. Wie berechtigt Korineks Warnungen nach wie vor sind, zeigt sich zum Beispiel daran, dass das Justizministerium den heimischen Telekombetreibern im Jahr 2008 insgesamt 17 Millionen Euro für die Installation technischer Einrichtungen für Überwachungsmaßnahmen im Auftrag des Staates vergütet hat.

Auch wenn meine These ein wenig gewagt sein mag, glaube ich, dass die Parkbank durchaus auch als Symbol für eine der wenigen Bereiche gesehen werden kann, die sich noch dem kapitalistischen Verwertungsprozess entziehen. Auf einer Parkbank kann man sich ausruhen, man kann schlafen, man kann lesen, man kann nachdenken, man kann sich unterhalten, man kann schauen und man kann träumen. Und dass das so bleibt, dafür sollten wir zur Not auch kämpfen.

Aus: Kupfermuckn, 12/2009

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