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Die Zivilgesellschaft ist alarmiert

  • Freitag, 8. Mai 2009 @ 12:54
Demokratie Bei einer Pressekonferenz informierte das Bündnis gegen Polizeigewalt und für Demonstrationsfreiheit am 8. Mai 2009 über die Polizeiübergriffe bei der linken Maidemonstration am 1. Mai dieses Jahres. Das Bündnis hat sich als spontane Reaktion auf die Vorfälle am 1. Mai in Linz gegründet: „Wir wollen die polizeiliche Repression nicht einfach so hinnehmen, und fordern die lückenlose Aufklärung der Ereignisse sowie die Rückkehr zu demokratischen Spielregeln", so Bündnissprecherin Vanessa Gaigg.

Bei der Pressekonferenz wurde das Bündnis präsentiert, das mittlerweile von 133 Organisationen und mehr als 300 Privatpersonen mitgetragen wird: „Wir sind überwältigt von der großen Unterstützungsbereitschaft innerhalb weniger Tage, und es werden stündlich mehr, noch nie hat sich in Linz in so kurzer Zeit ein so großes Bündnis gebildet", so Gaigg über die große Resonanz.

Unter den UnterstützerInnen finden sich prominente Namen wie die SchriftstellerInnen und AutorInnen Michael Amon, Franzobel, Erich Hackl, Elfriede Hammerl, Eugenie Kain, Robert Menasse, Robert Misik, Kurt Palm, Franz Schandl und Rosmarie Thüminger, der Musiker Peter Androsch, der Schauspieler Ferry Öllinger, Ex-Uni-Rektor Rudolf Ardelt und Kunstuni-Rektor Reinhard Kannonier, Asyl in Not-Obmann Michael Genner, SPÖ-Nationalratsabgeordnete Sonja Ablinger, Kinderfreunde-Landesvorsitzender Bernd Dobesberger, der Linzer SPÖ-Gemeinderat Josef Zehetner, SJ-Landesvorsitzender Michael Lindner und JG-Landesvorsitzender Philip Rafalt, Volkshilfe-Präsident Josef Weidenholzer die dritte Landtagspräsidentin Doris Eisenriegler und die grüne Linzer Klubobfrau Gerda Lenger sowie KPÖ-Landessprecher Leo Furtlehner. Mit dabei sind außerdem praktisch die gesamte freie Kunst- und Kulturszene, politische Jugendorganisationen aus unterschiedlichsten Spektren, aber auch z.B. die Volkshilfe, die Kinderfreunde OÖ und die Kulturplattform OÖ.

Das Ausmaß der Solidarität ist sensationell. Die überwältigende Resonanz ist ein deutliches Zeichen, dass hier eine Grenze überschritten wurde und die Zivilgesellschaft alarmiert und aufgebracht ist. Noch nie ist in Linz in so kurzer Zeit ein so großes Bündnis entstanden. Das Bündnis will möglichst viele Unterstützerinnen sammeln, um für eine entsprechende Öffentlichkeit zu sorgen, damit die angekündigten Untersuchungen nicht im Sand verlaufen und sich so etwas nie mehr wiederholen kann. Unterstützungserklärungen für das Bündnis können per Mail an gegenpolizeigewalt@servus.at erfolgen. Seit Mittwoch gibt es auch eine Homepage des Bündnisses, auf der sie den Bündnisaufruf, alle Unterstützerinnen und einen Pressespiegel finden. Die Adresse ist gegenpolizeigewalt.servus.at.

Bei der Pressekonferenz kamen erstmals mehrere Verhaftete zu Wort kommen und schilderten ihre Erlebnisse, es wurde neues Material präsentiert und der Friedensforscher Rainer Steinweg sprach über Gewaltprävention und Deeskalation bei Polizeieinsätzen. Vor Beginn der Pressekonferenz fand vor dem Offenen Kulturhaus eine Medienaktion statt, bei der von AktivistInnen ihr Unmut auch aktionistisch kundgetan wurde.

Bündnissprecherin Vanessa Gaigg erklärte, dass sich ein so großes und breites Bündnis natürlich nicht zum Selbstzweck zusammengeschlossen hat, sondern um die Öffentlichkeit auf die Ungerechtigkeiten, die im Rahmen der alternativen 1.Mai-Demo passiert sind, aufmerksam zu machen und gezielte Lobbyingarbeit für die Betroffenen zu leisten.

Als „Hard Facts“ zu den Folgen des Polizeieinsatzes bei der Demonstration führte sie fünf Verhaftete mit darauffolgender Anzeige wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt bzw. schwere Körperverletzung, einige weitere brutale Festnahmen, rund 70 ungerechtfertigte und teilweise nicht gesetzeskonforme Identitätsfeststellungen mit Fotozwang, 25 leicht bis schwer verletzte Demonstrantinnen und Passantinnen (von schweren Hämatomen durch Schlagstockeinsätzen bis zu Reizungen von Haut und Augen durch Pfefferspray) an. Auf bei der Pressekonferenz präsentierten Fotos war deutlich zu erkennen, dass Pfefferspray von Seiten der Polizei eingesetzt wurde und dass auch die verletzten Polizisten durch ihren eigenen Pfefferspray im Zuge einer Windböe verletzt wurden.

„Dies sind einige Zahlen und Fakten, die deutlich zeigen; dass man die Vorfälle rund um die Demonstration am 1. Mai nicht leugnen oder vertuschen kann und darf“, so Gaigg. Als Forderungen des Bündnisses nannte sie daher die lückenlose Aufklärung des Polizeieinsatzes, die sofortige Einstellung der Verfahren und die Rückkehr zu demokratischen Spielregeln und Demonstrationsfreiheit.

Der Linzer Friedensforscher Dr. Reiner Steinweg, plädierte mit Verweis auf eine von ihm in Graz durchgeführte Untersuchung für einen Dialog. An der Grazer Arbeitsgruppe „Gewalt in der Stadt" waren neben Mitarbeiterinnen städtischer Ämter und der Caritas auch Polizisten beteiligt. Es wurden Fälle von Gewalt und Fälle von erfolgreicher Gewaltvermeidung untersucht. Dabei wurde deutlich: Wenn man Gewalt vermeiden will, muss man vor allem miteinander reden, gerade dann, wenn es begründete Vorbehalte gegeneinander gibt.

„Die sich verschärfende soziale Krise wird unweigerlich zu schärferen Auseinandersetzungen führen. Dabei kann Gewalt vermieden werden, wenn die BürgerInnen und die Polizei miteinander in Kontakt treten, lange vor den Demonstrationen“, so Steinweg: „Dialog heißt, der anderen Seite auf Augenhöhe zuhören und versuchen zu verstehen, was sie bewegt. Dazu braucht man Geduld, Regelmäßigkeit und eine institutionalisierte Form“. Als wichtigste Maßnahmen nannte Steinweg sich bei solchen Konflikten dazwischenzustellen und zur Gewaltlosigkeit aufzurufen.

Der Vizerektor der Linzer Kunstuniversität, Rainer Zendron, wurde am 1. Mai als Zuschauer Opfer der Polizeigewalt. Er präsentierte bei der Pressekonferenz den Rest des Polizeischlagstockes, mit dem er niedergeschlagen wurde und stellte mit einer fiktiven Geschichte seine Eindrücke dar: „Auf dem Blumauerplatz treffen sich eine durchtrainierte und kampfbereite Rugby-Mannschaft und eine Gruppe die ein Chorsingen veranstalten will. Seitens der Rugby-Mannschaft wird jedoch erklärt, dass ein Chorsingen erst nach einem vorherigen Rugby-Spiel erfolgen kann. Im Rugby-Team kommt es zu einem Streit zwischen dem Herrn Spinner und dem Herrn Haase wer das Match anpfeifen soll. Weil Haase zögerlich ist und nicht anpfeift, tut dies Spinner eigenmächtig. Das Match geht wie erwartet mit einem klaren Sieg für die Rugby-Mannschaft aus. Erst am Ende des Spiels erscheint auch der Präsident des Rugby-Mannschaft am Schauplatz.“ Über Ähnlichkeiten im realen Leben möge sich jeder seine eigene Meinung bilden, so Zendron.

Weitere Infos: gegenpolizeigewalt.servus.at

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